Hörfunk
I. Begriff, Nutzung, kommunikationspolitische Position
Abschnitt drucken1. Begriffsbestimmung
Der Begriff H. setzt sich aus den Begriffen hören oder Hörer und Rundfunk zusammen. Als Synonym ist der Begriff Radio üblich. Rundfunk ist gemäß der Definition des RStV ein „linearer Informations- und Kommunikationsdienst“ (§ 2 Abs. 1 RStV) und „für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen“ (§ 2 Abs. 1 RStV). H. kann sowohl terestrisch, digital als auch über das Internet verbreitet werden. Durch die Digitalisierung und die Konvergenz verschiedener Medientypen wird die Abgrenzung des H.s zu anderen Audiodiensten (wie etwa Podcasts) zunehmend schwieriger.
2. Verbreitung und Nutzung
H. ist ein Massenmedium. Nach den Daten der „ARD/ZDF Langzeitstudie Massenkommunikation“ wurde bereits seit Mitte der 1960er Jahre eine Vollversorgung der Bevölkerung mit mindestens einem Gerät im Haushalt erreicht. Heute verfügen 96 % der Bevölkerung über mindestens ein H.-Gerät im Haushalt, daneben sind sie v. a. in Autos installiert (82 %). Trotz der technischen Entwicklung zu digitalen Radiogeräten (DABplus) oder über WLAN betriebenen Internetradios bleibt UKW in der H.-Nutzung insgesamt der dominante Empfangsweg.
Die weite Verbreitung der H.-Geräte schlägt sich in einer hohen Nutzung nieder. Gemäß der Langzeitstudie nutzten 2015 den H. 74 % der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren täglich mindestens einmal (Tagesreichweite). Nur das Fernsehen erzielte mit 80 % einen höheren Wert. Gleichwohl ist zu beachten, dass der H. zu Beginn des Milleniums (in den Erhebungsjahren 2000, 2005) höhere Werte mit 85 bzw. 84 % Tagesreichweite erzielen konnte.
Die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer des H.s betrug 2015 bei der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren 173 Minuten. Wiederum war 2015 nur die Nutzungsdauer des Fernsehens höher (208 Minuten). Zugl. zeigt sich im Zeitvergleich ebenfalls ein Rückgang: 2005 lag die tägliche Nutzungsdauer des H.s noch bei 221 Minuten, also 48 Minuten höher. Zurückzuführen ist dieser Rückgang wiederum auf jüngere Menschen (14–29 Jahre), bei denen das Internet einen immer stärkeren Anteil am Medienrepertoire einnimmt. Bei ihnen liegt der H. in der Tagesreichweite mit 64 % nur auf Platz 3 (hinter Internet mit 73 % und Fernsehen mit 67 %), ebenso bei der täglichen Nutzungsdauer von 137 Minuten (Internet 187 Minuten, Fernsehen 144 Minuten). Die längste Nutzung erfährt der H. in der Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen (mit 191 Minuten) sowie der 30- bis 49-Jährigen (mit 183 Minuten). Diese Unterschiede lassen sich v. a. durch die Sozialisation der Hörerinnen und Hörer und ihre jeweiligen Medienbiographien erklären: Einmal übernommene Nutzungsgewohnheiten werden meist beibehalten oder ändern sich nur graduell (Habitualisierung).
Gehört wird v. a. am Morgen und am Vormittag mit einer „Primetime“ von 7:30–11:00 Uhr. Der H. gilt als Begleitmedium, das neben anderen Tätigkeiten (wie Hausarbeit, Autofahren, Essen) genutzt wird. Wichtigste Nutzungsmotive sind Spaß (85 %), Information (77 %) und Entspannung (75 %) sowie Gewohnheit als Form der habituellen Nutzung. Entscheidend für die Auswahl des Programmes ist einerseits die Musikfarbe, die sich auch in fest definierten H.-Formaten (wie etwa Adult Contemporary oder das auf jüngere Menschen abzielende Contemporary Hit Radio) ausdrücken kann. Ferner ist der lokale Bezug der Informationen wichtig. Trotz des ständig wachsenden Angebots an Sendern ist die Nutzung von hoher Programmtreue geprägt. Die Hörer nutzen im Durchschnitt 1,6 Programme. Auch dieser Wert ist seit vielen Jahren stabil.
3. Anbieter und Angebote
Im H. lassen sich drei Typen von Anbietern und Angeboten unterscheiden: Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, privat-kommerzielle Unternehmen sowie nicht-kommerzielle Angebote, hinter denen Vereine oder auch die Landesmedienanstalten als Träger stehen können.
Die Programme der öffentlich-rechtlichen Anbieter richten sich meist auf das gesamte Sendegebiet, also auf ein oder mehrere Bundesländer. Privat-kommerzielle Sender richten sich ebenfalls an regionale oder lokale Verbreitungsgebiete. National ausgerichtet sind nur wenige Angebote wie der Deutschlandfunk, das Deutschlandradio Kultur auf Seiten der öffentlich-rechtlichen und einige privat-kommerzielle Anbieter.
Privat-kommerzielle Veranstalter bedürfen zur Veranstaltung von H. einer Zulassung. Zuständig dafür ist die jeweilige Landesmedienanstalt. Wer H.-Programme ausschließlich im Internet verbreitet, bedarf keiner Zulassung. Das Angebot ist der zuständigen Landesmedienanstalt jedoch anzuzeigen.
Nicht-kommerzielle H.-Anbieter lassen sich in freie Lokalradios, Offene Kanäle, den Bürgerfunk in einzelnen Bundesländern, Hochschulradios und Aus- und Fortbildungskanäle unterscheiden. Träger solcher Radios sind private Vereine oder Stiftungen, die Landesmedienanstalten oder auch Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen. Freie Radios und Radioinitiativen sind im Bundesverband Freier Radios, Ausbildungskanäle im Bundesverband Bürger- und Ausbildungsmedien organisiert.
4. Finanzierung
Die Vielfalt der Angebotsformen setzt sich bei den Finanzierungsformen fort. Die öffentlich-rechtlichen Sender werden v. a. über den Rundfunkbeitrag finanziert, daneben ist Werbung mit einem Umfang von höchstens 90 Minuten werktäglich im Jahresdurchschnitt erlaubt. Privat-kommerzielle Angebote finanzieren sich vorranging über Werbung, die bei diesen Anbietern kaum reguliert wird. Nicht-kommerzielle Radios finanzieren sich je nach Träger aus Spenden, dem Rundfunkbeitrag (bei Landesmedienanstalten), Steuergeldern (bei Hochschulen oder Aus- und Weiterbildungseinrichtungen) oder anderen.
Ähnlich wie die Nutzung ist auch die Werbung im H. von hoher Stabilität geprägt. Der Anteil der H.-Werbung an den Bruttoaufwendungen in den sog.en above-the-line-Medien (sichtbare Werbung in Medien und auf Plakaten) hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert und lag 2015 bei 5,8 %.
5. Bedeutung für die gesellschaftliche Kommunikation
Als Begleit- und musikdominiertes Medium erfüllt der H. für die meisten Hörer v. a. eine Spaß- und Entspannungsfunktion. Daneben dient er jedoch auch zur Information. Damit ist meist eine aktuelle und schnelle Grundinformation gemeint, etwa in Form der Nachrichtensendungen am Morgen. Auch bei geringer Aufmerksamkeit erfahren die Hörer hier, dass „sich die Welt noch dreht“ und sich in der Nacht auch nichts Wichtigeres als das Gemeldete ereignet hat. Die Nachrichtenangebote erreichen damit auch Menschen, die sich nicht für Politik interessieren und die Nutzung anderer politisch informierender Medien (wie die Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens oder Tageszeitungen) meiden. Auf politische Informationen spezialisierte Programme, wie etwa der Deutschlandfunk, decken spezifische Informationsbedürfnisse einer stark an Politik interessierten Bevölkerungsgruppe ab.
Öffentlich-rechtliche H.-Angebote sind dem Programmauftrag verpflichtet, der in § 11 RStV festgehalten ist. Danach haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in ihren Angeboten „einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben“ (§ 11 Abs. 1 RStV), und ihre „Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen“ (§ 11 Abs. 1 RStV). Auch Unterhaltung soll demgemäß einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.
Privat-kommerzielle H.-Anbieter unterliegen deutlich abgeschwächteren Ansprüchen an die Meinungsvielfalt, die in § 25 RStV festgehalten sind. Demnach sind im privaten Rundfunk „inhaltlich die Vielfalt der Meinungen im Wesentlichen zum Ausdruck zu bringen“ (§ 25 Abs. 1 RStV).
Nicht-kommerzielle H.-Angebote wenden sich meist an eine kleine, eng begrenzte Zielgruppe, für die die z. T. sehr spezialisierten Informations- und Unterhaltungsangebote (wie bspw. bei der Musik) durchaus relevant sein können. Durch die geringeren Hörerzahlen und die fehlende kommerzielle Orientierung werden diese Angebote von gängigen Methoden der Nutzungsforschung jedoch nicht erfasst, sodass sich wenig allgemeingültige Aussagen über die gesellschaftliche Bedeutung machen lassen. Sie gelten daher als Alternativ- oder auch Medien der Gegenöffentlichkeit, wobei auch diese Begriffe nur wenig trennscharf und daher umstritten sind.
Literatur
S. Best/B. Engel: Generationenprofile in der konvergenten Medienwelt. Kohortenanalysen auf Basis der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation, in: MP 1 (2016), 2–26 • B. Engel/S. Best: Trendsetter der Mediennutzung. Ergebnisse einer Nachbefragung zur ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation 2015, in: MP 4 (2016), 216–235 • K. Gattringer/L. Mai; Radio bleibt der Soundtrack des Tages. Ergebnisse aus der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation, in: MP 4 (2016), 206–215 • W. Klingler/I. Turecek: Medienzeitbudgets und Tagesablaufverhalten. Ergebnisse auf Basis der ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation 2015, in: MP 2 (2016), 98–107 • S. Best/M. Handel: Parallele Mediennutzung stagniert. Ergebnisse der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation, in: MP 12 (2015), 542–563 • C. Breunig/B. van Eimeren: 50 Jahre „Massenkommunikation“. Trends in der Nutzung und Bewertung der Medien, in: MP 11 (2015), 505–525 • B. Engel: Stream, Audio, Text – Nutzungsoptionen in einer konvergierenden Medienwelt. ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation, in: MP 12<?twb=.35w> (2015), 564–573 • M. Meyen: Hörfunk, in: G. Bentele/H.-B. Brosius/O. Jarren (Hg.): Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft, 22013, 116–117.
Empfohlene Zitierweise
P. Donges: Hörfunk, I. Begriff, Nutzung, kommunikationspolitische Position, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/H%C3%B6rfunk (abgerufen: 01.11.2024)
II. Historische Entwicklung
Abschnitt drucken1. Weimarer Republik und NS-Staat
Die rasante Entwicklung des Funkwesens während des Ersten Weltkriegs ermöglichte danach den Gedanken an einen Unterhaltungsrundfunk für allg.es Publikum. In Deutschland wurde jedoch v. a. von Hans Bredow, dem zuständigen obersten Postbeamten, eine kommerzielle Organisation wie in den USA, wo am 2.11.1920 die erste Radiostation ihren Betrieb aufgenommen hatte, von Anfang an verworfen. Privates Kapital wurde nur benötigt, um die verschiedenen regionalen Gesellschaften durch die Post zu organisieren. 1922–24 wurden neun Aktiengesellschaften ins Leben gerufen. Als Gemeinschaftseinrichtung entstand überdies als GmbH die Deutsche Welle. Am 29.10.1923 begann die „Funk-Stunde Berlin“ als erste mit dem regelmäßigen Programmbetrieb.
Staatliche Kontrolle war seit 1926 auf mehreren Ebenen gewährleistet. In allen Gesellschaften musste der Post unentgeltlich eine Mehrheit der Stimmen zugestanden werden, außerdem wurde eine von den Regionalgesellschaften getragene übergeordnete Reichsrundfunkgesellschaft etabliert (bei der ebenfalls die Post die Mehrheit hielt). Alle politischen Nachrichten waren von der zentralen, vom Innenministerium kontrollierten Dradag (Drahtlose Dienst AG) zu übernehmen. Nicht zuletzt erhielten alle Regionalgesellschaften staatliche Überwachungsausschüsse (für die Kontrolle allg.er politischer Programme) sowie Kulturbeiräte (für die Beaufsichtigung der übrigen Angebote). Fast zwangsläufig entstand dadurch und aufgrund der komplexen politischen Situation der Weimarer Republik ein sehr politikarmes, den Schwerpunkt auf ambitionierte kulturelle Sendungen setzendes Radioprogramm. Trotzdem erfreute sich das neue, primär die Mittelwelle zur Übertragung nutzende Medium beträchtlichen Zuspruchs. Anfang 1932 wurden bereits mehr als vier Mio. offiziell angemeldete Geräte gezählt, für die seit Anfang 1924 monatlich zwei Reichsmark Gebühr zu bezahlen waren.
Die rigide Kontrolle sicherte lange Zeit die prinzipielle politische Neutralität des Angebots und verhinderte auch eine Nutzung durch die Nationalsozialisten gerade in der Spätphase der Republik. Allerdings führte eine von konservativen Kräften getragene Rundfunkreform 1932 zu einer weitgehenden Verstaatlichung, was den Nationalsozialisten (Nationalsozialismus) in die Hände spielte. Der im März 1933 ernannte Propagandaminister Joseph Goebbels, der sich die komplette Aufsicht über das Medium sicherte und jeden nennenswerten Einfluss der Post ausschaltete, brauchte diesen Weg nur noch zu Ende zu gehen. Die privaten Kapitalgeber wurden wie die Länder aus den Regionalgesellschaften verdrängt, die bis 1934 in von der Berliner Zentrale abhängige Reichssender umgewandelt wurden.
Versuche, das Programmangebot grundsätzlich im nationalsozialistischen Sinne zu politisieren, mussten jedoch schnell aufgegeben werden; genauso erfolglos war die danach gestartete nationalkonservative Kulturoffensive. Was blieb, war ein immer stärker auf Unterhaltungsmusik ausgerichtetes Programm, das nur noch verhältnismäßig geringe Anteile (streng kontrollierter) politischer Sendungen enthielt. Dies galt erst recht, als seit 1940 von allen Sendern ein fast durchgängig einheitliches Reichsprogramm ausgestrahlt werden musste, zu dem der zentrale Deutschlandsender nur zeitweise ein gewisses Alternativangebot präsentieren durfte.
2. SBZ und DDR
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verstummten alle nationalsozialistischen Sender. Ihre technischen Anlagen wurden von den Besatzungsmächten jedoch so weit als möglich weiter genutzt. Schon im Mai 1945 begannen die Sowjets, die Sender in ihrem Gebiet wieder in deutsche Hände zurückzugeben, jedoch unter strikter Kontrolle. Zunächst entstand ein regional gegliedertes, deutsche Traditionen fortsetzendes System. 1952 wurde es mit der Gründung eines Staatlichen Rundfunkkomitees nach sowjetischem Vorbild grundlegend umgebaut. Es folgte eine Phase nahezu permanenter Reformen, die erst in den 1960er Jahren ihr Ende fand. Für die DDR waren danach fünf Programme bestimmt. Nicht zuletzt aufgrund der wesentlich begrenzteren finanziellen und technischen Möglichkeiten blieb ihr Angebot zunehmend hinter dem der BRD zurück, versuchte aber immer, dessen grundsätzliche Vorgaben zu imitieren, wenn auch mit programmatisch realsozialistischer Überformung. Nach dem Ende der DDR wurde 1990/91 das bundesdeutsche Modell übernommen.
3. Westdeutschland und BRD
Während in der britischen und französischen Besatzungszone jeweils ein zentraler Sender etabliert wurde, entschieden sich die Amerikaner für ein dezentrales, an den Ländern in ihrem Gebiet orientiertes System. Weil den Militärsendern kein Staats-, aber auch kein kommerziell betriebener Rundfunk folgen sollte, setzten die Besatzungsmächte bei den deutschen Landesregierungen auf ein System öffentlich-rechtlicher Anstalten nach dem Vorbild der BBC. Bei Briten und Franzosen entstanden NWDR bzw. SWF, bei den Amerikanern BR, SDR, HR und RB. Alle Anstalten wurden (und werden bis heute) durch ein komplex zusammengesetztes, gesellschaftlichen Pluralismus repräsentierendes, zumeist Rundfunkrat genanntes Gremium gelenkt und kontrolliert, das nicht nur den Intendanten wählt, sondern letztlich auch den gebührenfinanzierten Haushalt beschließt. Werbeeinnahmen waren nicht vorgesehen, wurden dann aber in begrenztem Maße zugelassen.
Alle Anstalten verfügten zunächst bloß über eine Mittelwellen-Frequenz, auf der sie nur ein Programm für alle Hörer ausstrahlen konnten. Um möglichst viele Interessen befriedigen zu können, wurde das Gesamtangebot in viele kleinteilige „Kästchen“ gegliedert – für Frauen, Kinder, Landwirte, Kirchen und viele andere mehr. Wie in der Weimarer Republik hatte die Bildung (einschließlich der Präsentation klassischer Musik) größere Bedeutung als Unterhaltung. Und in Abgrenzung zu NS- und SED-Propagandafunk (Propaganda) wurde großer Wert auf möglichst umfassende und unverzerrte Information gelegt. Um die Frequenz-Knappheit zu vermindern, wurde bald auf die neuen UKW gesetzt. Dies ermöglichte den Auf- und Ausbau weiterer Programme, die inhaltlich immer stärker differenziert wurden – nicht zuletzt, um dem H. neben dem stark expandierenden Fernsehen Bedeutung zu sichern. Ersten Anläufen Anfang der 1970er Jahre für Autofahrer und Jugendliche (Bayern 3, hr 3) folgte eine zunehmende Regionalisierung der Angebote.
Politische Motive veränderten das urspr.e Ensemble von Anstalten erheblich: Der NWDR wurde 1955 in einen west- und einen norddeutschen Teil zerlegt (WDR und NDR), der Berliner Teil 1957 zum SFB verselbständigt. Zwei Anstalten des Bundes für Auslandsprogramme kamen 1953 bzw. 1962 hinzu, die an die ganze Welt gerichtete Deutsche Welle und der speziell auf die DDR und Osteuropa ausgerichtete Deutschlandfunk. 1998 wurde nach einigen gescheiterten Anläufen der SWR (aus SWF und SDR) gebildet. Da hatte sich durch den Zusammenbruch der DDR auch die ostdeutsche Rundfunklandschaft schon erheblich verändert. Neben kommerziellen Sendern waren dort neue öffentlich-rechtliche Anstalten entstanden: der MDR und der ORB. Während die Fusion der beiden Bundesländer Berlin und Brandenburg im Mai 1996 scheiterte, gelang am 1.5.2003 die Verbindung ihrer beiden Rundfunkanstalten ORB und SFB zum neuen RBB. Der „Deutschlandfunk“ wurde 1994 in Verbindung mit dem früheren Deutschlandsender der DDR und dem RIAS (als letztem Nachfahren der Militärsender) neu im nationalen Deutschlandradio organisiert.
Literatur
K. Dussel: Deutsche Rundfunkgeschichte, 32010 • C. Könne: Der Hörfunk der DDR in den 1960er Jahren, 2010 • K. Dussel: Hörfunk in Deutschland, 2002 • I. Marssolek/A. von Saldern: Zuhören und Gehörtwerden, 2 Bde., 1998 • K. C. Führer: Wirtschaftsgeschichte des Rundfunks in der Weimarer Republik, 1997 • J.-F. Leonhard: Programmgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Republik, 2 Bde., 1997 • H. Kresse: Die Rundfunkorganisation in den neuen Bundesländern, 1992 • H. Bausch: Rundfunkpolitik nach 1945, 1980 • A. Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich, 1980 • W. B. Lerg: Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik, 1980.
Empfohlene Zitierweise
K. Dussel: Hörfunk, II. Historische Entwicklung, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/H%C3%B6rfunk (abgerufen: 01.11.2024)