Nationalsozialismus

  1. I. Weltanschauung und Programm
  2. II. Geschichte

I. Weltanschauung und Programm

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1. Ideologische Grundlegung

Anders als bei den kommunistischen Regimen wird bei der nationalsozialistischen Herrschaft das ideologische Moment oft als nachgeordnet betrachtet. Ist die Basis aller kommunistischen Systeme (Kommunismus) unzweifelhaft der Marxismus, so erscheint es viel schwieriger, für das nationalsozialistische System ein einheitliches Gedankengebäude auszumachen. Diese Unsicherheit hat mehrere Ursachen: War schon die nationalsozialistische Herrschaft polykratisch organisiert, so gab es auch auf ideologischer Ebene verschiedene, miteinander konkurrierende Ansätze. Zudem hatte der in der Führerdiktatur letztlich ausschlaggebende Mann, Adolf Hitler, seine weltanschaulichen Gedanken nicht in einem theoretischen Werk, sondern in einem mit Autobiographie und Parteigeschichte vermischten Buch („Mein Kampf“ [Hitler 2016], zuerst in zwei Bde.n, 1925/26) niedergelegt. Schließlich gilt die mangelnde intellektuelle Qualität dieses Werks und ihres Autors oftmals als Indiz dafür, dass es außer einem wirren Konglomerat aus Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus keine ernstzunehmende weltanschauliche Basis des N. gibt.

Doch diese Sicht ist zweifellos verkürzt. Auch wenn sich etwa Alfred Rosenbergs Versuch einer Anknüpfung an das Germanentum, Richard Walter Darrés Blut-und Boden-Mystizismus oder Heinrich Himmlers Menschenzüchtungsphantasien schwerlich zu einem stimmigen Gesamtkonzept verbinden lassen, bedeutet das nicht, dass es ein solches Konzept im N. nicht gab. Bei genauer Lektüre von „Mein Kampf“ lässt sich darin eine in sich geschlossene Weltanschauung finden, die insofern alle anderen ideologischen Ansätze (Ideologie) im N. überragt, als A. Hitler trotz des durchaus erwünschten Konkurrenzkampfs seiner Satrapen der entscheidende Mann im System blieb. Er legte die großen Linien fest, und diese folgten konsequent aus seinen weltanschaulichen Prinzipien. Insofern ist auch die Hitler’sche Programmatik ohne deren weltanschauliche Grundlegung nicht zu verstehen.

2. Hitlers Weltanschauung

A. Hitlers Denken speist sich aus einer Vielzahl von Quellen. Völkisches Denken, Geopolitik, Rassismus, sozialistische Theorie, kulturpessimistische Ansätze, Theorien über das Bevölkerungswachstum, Militärgeschichte, antisemitische Publikationen, Evolutionstheorie (Evolution, Sozialdarwinismus), Massenpsychologie (Masse), antikapitalistische Wirtschaftstheorie – dies und noch vieles andere fließt in seiner Weltanschauung zusammen. Gemäß seiner Theorie von den „Mosaiksteinchen“ (Hitler 2016: 165) verwendete er jedoch nur die für ihn brauchbaren Teile der Theorien, um sie in sein Weltbild einzufügen. Dieses voluntaristische Vorgehen erlaubte jene innere Kohärenz seiner Weltanschauung, deren Fehlen er bei den ihm geistig am nächsten stehenden Völkischen vermisst hatte.

Nach A. Hitlers Sicht ist der Mensch der Natur und ihren Gesetzen unterworfen; er ist keineswegs Herr der Natur. Diesen Sachverhalt zu missachten, rächt sich auf furchtbarste Weise. Was die Natur allen ihr Unterworfenen gebietet, ist der Kampf. Denn der Kampf hat zwei förderliche Wirkungen: die Sicherung des Überlebens und die Fortentwicklung der Gattung. Die Überlebenssicherung resultiert aus der Ordnung, die der Kampf schafft, indem er Schwächeres und Stärkeres voneinander sondert und zu Über- und Unterordnung zwingt. So entsteht ein Ordnungssystem, und nur was geordnet, also nicht chaotisch ist, kann fortbestehen. Die Fortentwicklung wiederum ergibt sich aus dem Faktum, dass der Kampf den Kämpfenden äußerste Anstrengung abverlangt, sie müssen über sich hinauswachsen. Zudem fördert der Kampf die Auslese, das Schwächste wird ausgeschieden. So will die Natur Fortbestand und Fortschritt, und der Mensch hat sich in diesen Zusammenhang zu fügen.

Von der genannten Grundkonstellation her ergibt sich für A. Hitler Feindschaft gegenüber allen Lebens- und Denkweisen, die den Kampf ächten oder abschaffen wollen. Das trifft den bürgerlichen Konservatismus mit seinem Ruhe- und Ordnungsbedürfnis ebenso wie den Liberalismus, der den „Händler“ anstelle des „Helden“ zum Leitbild erkoren und den Kampf zur Konkurrenz gemildert hat. Das trifft Pazifismus und Internationalismus, den einen wegen seiner generellen Ablehnung des Kampfes, den anderen wegen seiner Relativierung des Nationen-Prinzips und der Aussicht auf Völkerverständigung anstelle des Kampfs der Völker. Das trifft natürlich die christlichen Kirchen mit ihrer Aufhebung des Freund-Feind-Denkens und ihrem Mitleid mit den Schwachen. Und es trifft v. a. den Marxismus, in dem alle negativen Aspekte einer Negation des Kampfes kulminieren.

Für A. Hitler ist der Marxismus eine Lehre, die „aus Egoismus und Haß“ (Hitler 2016: 199) besteht, obwohl er sich als Menschheitsbeglückungs-Unternehmen tarnt. Mit seiner Gleichheitsideologie leugnet er die Unterschiede zwischen Menschen, Rassen, Völkern, jene Unterschiede, die erst die für den Kampf notwendige Spannung erzeugen. Mit seinem Ökonomismus appelliert er an die niedersten Motive des Menschen, wohl wissend, dass die Habens-Orientierung ebenso wie das Gleichheitsdenken jeden Kampfeswillen lähmt. Mit seinem Klassenhass unterminiert er die Einheit des Volkes, die unabdingbar ist, wenn es zum Kampf zwischen den Völkern kommt. Im Marxismus sieht A. Hitler die logische Fortsetzung des bürgerlichen, des liberalen Egoismus und Materialismus. Zugleich ist er Ausdruck einer zersetzenden Intellektualität, die sich von den natürlichen Überlebensinstinkten entfremdet hat.

Das entscheidende Bindeglied zwischen dieser Theorie und der späteren eliminatorischen Praxis A. Hitlers liegt in seiner „Entdeckung“, dass nicht nur die Schöpfer der marxistischen und sozialistischen Lehre, sondern auch die Führungselite der Bolschewisten, Sozialdemokraten und Räte-Republikaner v. a. jüdischer Provenienz sind. Auf Grundlage dieser verzerrten Wahrnehmung wird das verhasste Denken physisch bekämpfbar: durch Projektion auf einen lebenden Träger, eine „Rasse“. In den Juden bekämpft A. Hitler alles, was er für den Niedergang des Menschen in der Moderne verantwortlich macht: die Nivellierung zum Massenmenschen, den Verlust des Idealismus aufgrund der Verführung durch den Materialismus, die Selbstsucht auf Kosten der Gemeinschaft.

A. Hitlers Rassentheorie ist nur z. T. biologistisch. Mit den Unterschieden zwischen den Rassen sind v. a. solche der Kulturen und Einstellungen gemeint. Das Blut ist gleichermaßen physische Grundlage der Gruppenzugehörigkeit wie Symbol der Lebens- und Denkweise. In der rassischen Reinheit sieht A. Hitler den Königsweg zur Einheit der Seele eines Volkes, jene Willenseinheit, die es zum Überlebenskampf braucht. Deshalb bedeutet jede Rassenmischung eine Minderung des Überlebenswillens.

Die geschichtliche Situation und die angeführten Bausteine seiner Weltanschauung führen A. Hitler zur folgenden Lageanalyse: Der jüdische Bolschewismus ist auf dem Sprung zur Weltherrschaft. Siegt er, bedeutet das den Untergang der Menschheit, weil er mit seiner Verheißung des ewigen Friedens den Kampf aus der Welt schaffen will. Zudem ist er aufgrund seines Materialismus und seiner nivellierenden Wirkung nicht schöpferisch, sondern wird das Vorhandene nur aufzehren. Mit ihm zu siegen, liegt aber im jüdischen Interesse, da das Judentum seinen Willen zur Weltherrschaft nie in direktem Kampf, sondern nur durch physische und ideologische Infiltration der Stärkeren durchsetzen kann. Deshalb muss alle Kraft auf die Bekämpfung des Judentums und seiner marxistischen Ideologie konzentriert werden. Den Deutschen als den Exponenten der Gegenrasse zu den Juden, den Ariern, kommt dabei die Führungsrolle zu. Ihre Mission ist es, das Volk zu sein, das „in gewaltigem Ringen den Himmelsstürmer wieder zum Luzifer zurückwirft“ (Hitler 2016: 1677). Dazu bedarf es eines Planes.

3. Hitlers Programmatik

Das politische Programm, das A. Hitler für seine Partei NSDAP in „Mein Kampf“ entwirft, ist auf das eine Ziel ausgerichtet: die Verhinderung der – vermeintlichen – jüdischen Weltherrschaft. Das erfordert einen innen- und einen außenpolitischen Fahrplan. Ziel der Innenpolitik ist Herstellung von völkischer Homogenität, um die Kampfeinheit zusammenzuschmieden, die im Endkampf zwischen Gut und Böse, Ariern und Juden den Sieg ermöglicht. Ziel der Außenpolitik ist Expansion, damit das deutsche Volk, das sein Lebensrecht durch Erfüllung seiner Mission unter Beweis stellt, den ihm gebührenden Lebens- und Herrschaftsraum erhält. Alles ist aufeinander abgestimmt. Da A. Hitler den Juden „planmäßiges“ Vorgehen unterstellt, will er dessen Wirken ebenso planmäßig konterkarieren.

In der Innenpolitik ist erstes Etappenziel die Gewinnung der Macht, zunächst via Legalitätstaktik, dann, nach Aushöhlung des Parlaments, durch ein Führersystem. Ist die Macht errungen, muss die Volksgemeinschaft physisch und mental zur Einheit gebracht werden. Das bedeutet:

a) Bekämpfung des inneren Gegners, des Judentums und seines politischen Arms, der Sozialdemokratie;

b) eine effiziente Sozialpolitik, um die Menschen wieder an die Nation zu binden;

c) rassische Reinigung durch Änderung des Staatsbürgerrechts, eugenische Maßnahmen (Eugenik) und Familienpolitik;

d) durchgehende weltanschauliche Schulung, nicht zuletzt mittels neuer Ausrichtung der Schulbildung;

e) Gleichschaltung der Presse;

f) Nutzung der erzieherischen Wirkung des Heeres, auch im Hinblick auf die Relativierung der landsmannschaftlichen Unterschiede.

Der Weltanschauung kommt bei all dem der entscheidende Stellenwert zu. Denn sie gibt das Ziel vor und soll in den Menschen jene Begeisterung hervorrufen, die sie den revolutionären Neuanfang mittragen lässt.

Neben der Homogenisierung des Volkes muss der N.-Staat auch strukturell homogenisiert werden. Das erfordert erstens die Abschaffung des Föderalismus im bisherigen Sinne und zweitens die Auflösung quasi autonomer Körperschaften wie Gewerkschaften und Verbände. An ihre Stelle sollen staatliche Kammern treten, die im Geist des N. nicht die Gegensätze partikularer Interessen, sondern das gemeinsame völkische Interesse pflegen sollen.

Sind Staat und Menschen entspr. präpariert, kann der Kampf nach außen getragen werden. Die hierfür erforderlichen Schritte sind:

a) Wiederbewaffnung und Wiedergewinnung der deutschen Souveränität in Überwindung des Versailler Vertrags;

b) Schließen von Bündnissen (Wunschpartner Italien und Großbritannien, notfalls aber auch Italien und Russland);

c) Ausschalten der Westflanke, also Frankreichs;

d) Eroberung von Lebensraum im Osten.

Nur einem Volk, dass sich seiner Sendung als würdig erwiesen hat, gebührt der entsprechende Lebensraum. Dass die Deutschen den Anspruch auf Weltmachtstellung haben, ist für A. Hitler evident. Ob sie auch die Weltherrschaft verdienen, sagt er nicht explizit, legt es aber nahe.

Was ebenfalls nicht explizit formuliert wird, ist das den Juden zugedachte Schicksal. An keiner Stelle, weder in seinem Buch noch in seinen Reden und Aufsätzen, thematisiert A. Hitler ausdrücklich den Massenmord. Das korreliert mit dem Fehlen eines schriftlichen Führerbefehls für die „Endlösung der Judenfrage“. Daraus jedoch eine von A. Hitler nicht intendierte Verselbständigung seines Apparats beim Judenmord zu konstruieren, wie seitens der funktionalistischen Schule innerhalb der Geschichtswissenschaft lange geschehen, erscheint nicht schlüssig. A. Hitlers Weltanschauung birgt die radikale, die endgültige Lösung logisch in sich. Denn wenn das Denken, das restlos aus der Welt verschwinden soll, weil es den lebens- und fortschrittserhaltenden Kampf abschaffen will, einer Rasse wesensmäßig zugehört, dann lässt sich dies Denken nur durch die Auslöschung aller seiner Träger tilgen. Der Holocaust (Shoa, Völkermord) ist die logische Konsequenz eines Denkens, das von einem radikalen Freund-Feind-Gegensatz beherrscht ist und den Feind in einem selbstkonstruierten Kollektiv verortet.

II. Geschichte

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1. Entwicklung und Organisation der NSDAP

Der Aufstieg der NSDAP ist untrennbar mit Adolf Hitler verbunden, der sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und seiner Genesung im Lazarett praktisch mittel- und perspektivlos nach München begeben hat. Dort fand er in einem Demobilmachungsbataillon als Propagandist der Mehrheitssozialdemokratie eine neue Aufgabe und half im Auftrag einer Nachrichtenabteilung des Bayerischen Reichswehrgruppenkommandos verschiedene politische Parteien und Organisationen zu überwachen. Die Beobachtung der von dem Schlosser Anton Drexler und dem Journalisten Karl Harrer geführten DAP, die national und antisemitisch geprägt war, führte zu seiner baldigen Parteimitgliedschaft. Nach Entlassung aus der Armee widmete er sich der Agitation für die DAP und machte sich in kurzer Zeit unentbehrlich. Neben A. Drexler war er entscheidend an dem 25-Punkte-Programm der Partei, das am 22.2.1920 formuliert wurde, beteiligt. Die Partei nahm nun den Namen „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ an. A. Hitlers steigende Popularität verschaffte ihm die Möglichkeit, durch einen plötzlichen Parteiaustritt, seinen Einfluss weiter zu vergrößern, indem er seinen Wiedereintritt an die Bedingung der unumschränkten Führung knüpfte. So wurde er am 29.7.1921 bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Hofbräuhausfestsaal zum 1. Vorsitzenden der NSDAP gewählt. Am gleichen Tag entwarf er eine neue Satzung, die ihm eine autoritative Sonderstellung verschaffte. Der Zulauf von neuen Anhängern – Ende 1922 verfügte die Partei bereits über 20 000 Mitglieder – veranlasste A. Hitler sich als ernst zu nehmende politische Kraft mit anderen Rechten und Nationalen zusammenzutun und auf „Deutschen Tagen“ aufzutreten, wo sich wiederum andere rechte Organisationen und Verbände seiner Bewegung anschlossen.

Vor diesem Hintergrund ist der unzulänglich organisierte Versuch zu verstehen, in der aufgeheizten Stimmung der Ruhrkrise 1923 mit einem Putsch die Macht zu erobern und ähnlich wie Benito Mussolini in Italien in die Hauptstadt zu marschieren. Die Überrumpelung des bayerischen Staatskommissars Gustav Ritter von Kahr im Münchner Hofbräukeller am 8.11.1923 scheiterte jedoch ebenso kläglich wie ein Protestmarsch der Putschisten am 9.11.1923 im Kugelhagel der bayerischen Polizei. A. Hitler wurde verhaftet und am 1.4.1924 zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Die Partei, die SA und die Parteizeitung „Völkischer Beobachter“ wurden verboten. Bis zu seiner vorzeitigen Entlassung bereits am 20.12.1924 nutzte er die Haftzeit, um den ersten Bd. seiner politischen Bekenntnisschrift „Mein Kampf“ (Hitler 2016, zuerst in zwei Bde.n, 1925/6) zu verfassen. Am 26.2.1925 gab er die Neugründung der NSDAP bekannt, musste aber in der Folgezeit um seinen Führungsanspruch gegen rivalisierende parteiinterne Kräfte kämpfen. In neuer taktischer Ausrichtung propagierte A. Hitler ab 1930 die Anwendung rein legaler Mittel zur Erlangung der Macht, was jedoch den Einsatz brutaler Gewalt durch die SA in Wahlkämpfen und Parteiversammlungen bis hin zum Mord (Potempa), ungebremste Hetze gegen die demokratische Ordnung und die Entwicklung geheimer Umsturzpläne („Boxheimer Dokumente“ hessischer Nationalsozialisten) nicht ausschloss.

Die Zustimmungswerte zur NSDAP stiegen allmählich, v. a. seit Beginn der Weltwirtschaftskrise (Reichstagswahl 1928: 12 Mandate, Reichstagswahl 1930: 107 Mandate). 1932 kam es zu nationalsozialistischen Regierungen in den Ländern Oldenburg und Mecklenburg-Schwerin. Bei den Reichstagswahlen im Juli 1932 wurde die NSDAP mit 37,4 % stärkste Partei, musste freilich bei den Novemberwahlen 1932 wieder herbe Einbußen erleiden. So war es mehr die verfehlte „Zähmungstaktik“ konservativer Kreise um Franz von Papen im Rahmen einer neuerlichen Regierungskrise 1932, die durch organisiertes Einwirken auf den greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg die Ernennung A. Hitlers zum Reichskanzler am 30.1.1933 bewirkte.

Zu diesem Zeitpunkt war der Mitgliederbestand der NSDAP auf 850 000 gewachsen und stieg durch eine Vielzahl von Neuaufnahmen im Gefolge der Regierungsübernahme bis auf rund 10 Mio. (1945) an. Die Mitglieder waren überwiegend jung und entstammten der ganzen Breite der Bevölkerungsschichten. Zur Führung der Partei existierte in München eine Parteiorganisation aus Reichsleitern, die ihren Sitz im sogenannten „Braunen Haus“ hatte. A. Hitler überließ die Parteiarbeit ab 1933 aber weitgehend seinem Privatsekretär, dem zum Stellvertreter des „Führers“ aufgestiegenen Rudolf Heß, ab Mai 1941 Martin Bormann, der fortan als Leiter der „Partei-Kanzlei“ amtierte. Beide verschafften sich weitgehende Einflussmöglichkeiten, so u. a. die Beteiligung der Partei an Verwaltungsanordnungen oder die politische Beurteilung von Beamten. A. Hitler selbst trat v. a. auf den sorgsam inszenierten Reichsparteitagen öffentlich als der oberste Führer in Erscheinung und entfaltete so charismatische Wirkung (im Sinne Max Webers; Charisma) auf seine Anhänger.

In der Fläche bestimmten die NSDAP-Gauleiter die Machtentfaltung der NSDAP, und zwar umso effektiver, je mehr staatliche Befugnisse sie zugleich erlangen konnten. Sie galten bald als „Vizekönige des Dritten Reiches“ und gaben ihrem Herrschaftsbezirk ein eigenes Gepräge, ohne die von A. Hitler vorgegebenen Grundsätze der Politik durchbrechen zu können. Unterhalb der Gauleitungen setzten NSDAP-Kreisleitungen, Ortsgruppen und Zellen sowie Blockleitungen die Parteiarbeit und schließlich auch die Überwachung der Gesellschaft fort. Wie effektiv diese Überwachung durch Partei und Gestapo war und ob nicht viel mehr von einer sich durch bereitwillige Denunziationen selbst überwachenden Gesellschaft gesprochen werden muss, ist umstritten.

Neben der Partei existierten Gliederungen der NSDAP wie SA und SS und angeschlossene Verbände und Berufsorganisationen wie die DAF oder der NSRB. Die HJ oder der NSDStB übernahmen nach 1933 als Staatsorganisationen die zuvor freien Zusammenschlüsse.

2. „Machtergreifung“

Schon die Bezeichnung der Machtübernahme A. Hitlers 1933 ist umstritten: Während etwa der von den Nationalsozialisten zeitgenössisch eher selten genutzte Begriff der „Machtergreifung“ die aktive Rolle der NSDAP und ihres Führers betont, stellen Begriffe wie „Machtauslieferung“ oder „Machtfreigabe“ die aktive Rolle konservativer Eliten oder die Duldung/Zustimmung weiter Teile der Bevölkerung beim Machtübergang an die Nationalsozialisten in den Vordergrund. Zudem wird debattiert, ob die Transformierung des Weimarer Rechtsstaates in den Unrechtsstaat einer modernen totalitären Diktatur (Totalitarismus) einem zielgerichteten Plan der Nationalsozialisten oder doch mehr günstigen Zufällen und dem Entgegenarbeiten konservativer Kreise zuzurechnen ist. Dass die Realisierung nationalsozialistischer Politik jedenfalls nicht ohne A. Hitler zu denken ist, dürfte mittlerweile konsentiert sein. Dies gilt auch, wenn ein polykratisch anmutendes Führungschaos mit sich widersprechenden Kompetenzverteilungen die Herrschaftspraxis des „Dritten Reiches“ bestimmt hat. Letztlich stärkte dies die Rolle des Diktators, dessen Staat schon zeitgenössisch der emigrierte Politologe Ernst Fraenkel als „Dual State“ (Fraenkel 1941), als Maßnahmen- und traditioneller Normenstaat zugl., charakterisiert hat.

Bemerkenswert ist die hohe Geschwindigkeit, in der der Weimarer Rechtsstaat abgeschafft wurde, ohne die Verfassung formal aufzuheben. Am 4.2.1933 wurde die „Schubkastenverordnung“ erlassen, die Vorarbeiten der vorangegangenen Regierung aufgreifend, bereits Versammlungs- und Presseverbote vorsah und Schutzhaft gegenüber jenen möglich machte, die auch nur im Verdacht standen, Hoch- und/oder Landesverrat begangen zu haben. Diese Erweiterung der exekutiven Befugnisse setzte sich nach dem bis heute nicht definitiv geklärten Reichstagsbrand fort, indem mit der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ (Reichstagsbrandverordnung) vom 28.2.1933 auch in die polizeilichen Befugnisse der Länder eingegriffen wurde. Unter dem dehnbaren Vorwand der „Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ konnte das Reich nun die gesamte Exekutive übernehmen. Der Zugriff auf die Legislativgewalt erfolgte nach der Reichstagswahl vom 5.3.1933, die den Nationalsozialisten nur enttäuschende 43,9 % der Stimmen gebracht hatte. In der als Ersatzreichstag dienenden „Kroll-Oper“ stimmten die im Reichstag vertretenen Parteien mit Ausnahme der SPD am 24.3.1933 zu, dass in den nächsten vier Jahren (danach stets verlängert) die Regierung auch ohne Zustimmung des Reichstages Gesetze erlassen konnte. Diese Abstimmung war nicht mehr frei, die Abgeordneten wurden von SA-Leuten vor wie im Versammlungsgebäude massiv bedroht, sie fürchteten einen Bürgerkrieg und setzten, etwa auf Seiten der Zentrumspartei (Zentrum), auf schriftliche Zusicherungen über die Einhaltung fundamentaler rechtsstaatlicher Rahmenbedingungen, die sie aber nie erhalten haben. Die Judikative vereinnahmte Hitler im Zusammenhang mit dem sogenannten „Röhm-Putsch“ im Sommer 1934. Unter dem Vorwand, der als homosexuell nun diffamierte SA-Führer (Ernst Julius Günther Röhm) plane einen Putsch gegen die Reichsführung, ließ A. Hitler am 30.6.1934 seine innerparteilichen Widersacher verhaften und ermorden. Auch weitere Personen, die nichts mit der SA zu tun hatten, A. Hitler aber hätten gefährlich werden können, wurden zu Opfern der Mordaktionen, u. a. der Führer der Katholischen Aktion in Berlin, Ministerialdirektor Erich Klausener, oder der NS-kritische Publizist Fritz Michael Gerlich. Ein am 3.7.1934 vom Reichskabinett erlassenes Gesetz legitimierte A. Hitlers Vorgehen nachträglich. In einer mehrstündigen Reichstagsrede am 13.7.1934 bekannte sich der Reichskanzler ganz öffentlich zu den Mordbefehlen und beanspruchte, in einer Notsituation als „oberster Richter“ des „Dritten Reiches“ handeln zu dürfen. Die Mehrheit der Bevölkerung stimmte diesem Vorgehen zu, weil viele froh waren, den seit Monaten unerträglich werdenden Straßenterror der SA los zu werden.

3. Der Nationalsozialismus an der Macht

Im Besitz der staatlichen Macht setzten die Funktionäre der NSDAP ihre „Weltanschauung“ rücksichtslos gegen nur wenig Widerstand aus einer Gesellschaft durch, die durch innen- wie außenpolitische Erfolge des Regimes beeindruckt, zunehmend A. Hitlers Kurs unterstützte. Die Schaffung der von den Nationalsozialisten propagierten „Volksgemeinschaft“ bedingte an erster Stelle die Exklusion der jüdischen Mitbürger, die umgehend und in immer intensiveren Diskriminierungen vollzogen wurde. Standen traditionelle bürgerliche Anstandswerte dem am 1.4.1933 ausgerufenen „Judenboykott“ noch im Wege, so erhob sich nur noch wenig Widerspruch bei Verkündung der „Nürnberger Gesetze“ 1935 und tatenloses Schweigen war zu verzeichnen, als am 9.11.1938 eine Reichspogromnacht inszeniert wurde, die auf die durch einen Juden erfolgte Ermordung eines deutschen Botschaftsangehörigen in angeblich spontaner Volkserregung entstanden sein sollte. Von Anfang an wurden Juden aus ihren beruflichen Positionen gedrängt („Berufsbeamtengesetz“, 1.4.1933) und spätestens nach dem Pogrom systematisch ihres mobilen wie immobilen Besitzes beraubt („Arisierung“). Aber auch eugenische Maßnahmen wie Zwangssterilisierungen und ab 1939 auch die Ermordung körperlich und geistig behinderter Menschen („Aktion T 4“) sowie die Verfolgung von Sinti und Roma oder die Diskriminierung von sozial Schwachen oder Homosexuellen und Zeugen Jehovas sollten die „Volksgemeinschaft“ stärken.

Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ verlangte zum Zweiten die politische Gleichschaltung und politische Einsatzbereitschaft jedes „Volksgenossen“, um in einem gedachten Überlebenskampf der Völker bestehen zu können. Dazu wurde die Gesellschaft nicht nur gleichgeschaltet, sondern Resistenz wie Widerstand durch eine massiv vergrößerte und in die Hände des Reichsführers SS (Heinrich Himmler) übergebene Gestapo sowie eine politisierte Justiz (Sondergerichte, Volksgerichtshof) zu brechen versucht. Der Aufbau eines zunächst noch ungeordneten, dann nach dem Vorbild des KZ Dachau systematisierten Konzentrationslagersystems (Konzentrationslager) wirkte dabei in besonderer Weise abschreckend. Aber es gab auch positive Angebote und Zukunftsversprechen wie Arbeitssicherheit, steigender Wohlstand, nationale Geschlossenheit bei zahlreichen Festen und Feiern und die Wiederherstellung der gekränkten nationalen Ehre durch Überwindung der Restriktionen des Versailler Vertrages, die Zustimmung hervorriefen.

Außenpolitische Erfolge wie die Wiedereingliederung des Saarlandes (im Rahmen einer ohnehin vorgesehenen Volksabstimmung) 1935, die widerrechtliche Remilitarisierung des linksrheinischen Deutschlands 1936, die Einverleibung Österreichs und die Angliederung des Sudetenlandes 1938 und die Zerschlagung der Tschechoslowakei und Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren 1939, aber auch Demonstrationen wiedergewonnener Stärke und internationaler Handlungsfähigkeit wie der Austritt aus dem Völkerbund und der Abrüstungskonferenz (1933) oder die Beteiligung am Spanischen Bürgerkrieg (1936) stärkten in besonderer Weise das Ansehen der Regierung bei der Bevölkerung. Dass diese „Erfolge“ der zögerlichen, uneinigen Haltung der auswärtigen Mächte in krisenhaften außenpolitischen Situationen und einer durch gesteigerte Rüstung hervorgerufenen Scheinblüte zu verdanken waren, vermochten die meisten Deutschen nicht zu sehen. Am Ende drängte diese Politik zum Krieg und zur Gewinnung von „Lebensraum im Osten“.

Das war A. Hitlers eigentliches Ziel von Anfang an, wie er vor den Spitzen der Reichswehr bereits wenige Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler am 3.2.1933 ausgeführt hatte. Diese hatten seinen Kurs der widerrechtlichen „Wiederwehrhaftmachung“ durch massive Rüstungssteigerungen und Wiedereinführung der Wehrpflicht zunächst mehrheitlich begrüßt, sahen sich seit der „Blomberg-Fritsch-Krise“ 1938 aber zunehmend entmachtet und das traditionelle Korpsbewusstsein durch den schnellen Zuwachs an nationalsozialistisch indoktriniertem Offiziersnachwuchs gefährdet.

4. Der Nationalsozialismus und die christlichen Kirchen

Eine der wenigen gesellschaftlichen Großgruppen, die sich dem Gleichschaltungsdruck und der totalitären Vereinnahmung wenigstens partiell zu entziehen vermochten, waren die christlichen Kirchen, wobei deutliche Unterschiede zwischen der evangelischen (1933: 40,8 Mio. Mitglieder) und katholischen Kirche (1933: 21,1 Mio. Mitglieder) bestanden. Die traditionell staatsnahen evangelischen Landeskirchen waren schon vor 1933 durch den Einfluss der nationalsozialistisch gesinnten und antisemitischen Gruppierung der „DC“ innerlich gespalten. In mehrheitlich evangelischen Gegenden gelang es den Nationalsozialisten schon während der Weimarer Jahre leichter, Wahlerfolge zu erzielen, als in dominant katholischen. So konnte 1933 auch ein „Führer“ der evangelischen Kirche, der nationalsozialistische „Reichsbischof“ Ludwig Müller, gewählt werden, der sich jedoch nicht durchzusetzen vermochte. Denn gegen das Ansinnen der DC, das AT als „jüdisch verseucht“ zu verwerfen und die Glaubensgrundlagen zu verfälschen, erhob sich der von Pfarrer Martin Niemöller im September 1933 gegründete Pfarrernotbund, aus dem schließlich die Bekennende Kirche hervorging. Deren Vertreter trafen sich 1934 in Barmen und formulierten ihre Glaubensgrundsätze.

Die katholische Kirche hatte sich in Teilen vor 1933 eindeutig gegen den N. gestellt und die Unvereinbarkeit von N. und katholischem Glauben festgestellt. Nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten am 5.3.1933, der die bislang bekämpfte Partei zur scheinbar legitimen Obrigkeit machte, sah der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenz, der Breslauer Oberhirte Adolf Kardinal Bertram, die Notwendigkeit, in ein neues Verhältnis zur regierenden Partei zu kommen. Die partielle Rücknahme der bislang geltenden Vorbehalte durch die Erklärung vom 28.3.1933 ermöglichte vielen katholischen Deutschen, die sich in einem Zwiespalt zwischen Kirchen- und Staatstreue befanden, erst eine aktive Mitarbeit am N. Hinzu kam, dass A. Hitler am 20.7.1933 ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl schließen konnte, das die Entpolitisierung des deutschen Klerus zugestand gegen die Garantie der Sicherung des kirchlichen Freiheitsraumes. Da das Konkordat schon bald nach seiner Unterzeichnung gebrochen wurde, prangerte Papst Pius XI. 1937 die bis dahin geschehenen Rechtsbrüche in der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ an, was dem internationalen Ansehen des „Dritten Reiches“ schadete.

An den zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Kirchen und dem NS-Regime, das wegen seiner anderen Werteorientierung auf eine völlige Entchristlichung der Gesellschaft hinarbeitete und selbst kirchenähnliche Rituale im Sinne einer „politischen Religion“ (Aron 1939: 306) entwickelte (Gruß „Heil Hitler!“ z. B.), änderte dies jedoch nichts. Diese Auseinandersetzungen waren durch die Bewahrung des Freiheitsraumes wie der reinen christlichen Lehre bestimmt, sie ragten aber auch in eine weitere gesellschaftliche Sphäre hinein, wenn einzelne katholische wie evangelische Kirchenvertreter Zwangssterilisation und „Euthanasie“-Verbrechen (Euthanasie) anprangerten oder sich gegen die Vereinnahmung der Jugend und die Minimierung des christlichen Einflusses in den Schulen wandten (Schulkreuzstreit). Letztlich vermochten die gespaltenen evangelischen Landeskirchen ebensowenig wie der auf eine fruchtlose Eingabenpolitik setzende A. Kardinal Bertram etwas Substantielles gegen das Regime auszurichten, und beide Kirchen verfehlten es aus unterschiedlichen Gründen, zu Anwälten der allgemeinen Menschenrechte zu werden, da ein kraftvolles öffentliches Eintreten für die entrechteten Juden nicht erfolgte. Daher waren es nur einzelne Christen oder kleine kirchliche Organisationen, die sich den Zumutungen der Machthaber widersetzten, gegen das Unrecht aufstanden und dafür nicht selten mit ihrem Leben bezahlen mussten. Nur beispielhaft seien dafür die Pfarrer Dietrich Bonhoeffer und Alfred Delp genannt.

5. Der Zweite Weltkrieg und die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen

Der von A. Hitler angestrebte und ausgelöste Zweite Weltkrieg (Weltkriege) unterschied sich von allen bis dahin bekannten Kriegsereignissen durch seine weltanschauliche Ausrichtung und radikale Vernichtungsdimension, die nicht nur auf den militärischen Gegner zielte, sondern auch in der Vernichtung des europäischen Judentums gipfelte.

Er begann nach einem mit dem sowjetischen Diktator Josef Wissarionowitsch Stalin ausgehandelten Nichtangriffspakt mit geheimem Zusatzabkommen, das die Aufteilung Polens nach dem erfolgreichen Angriff am 1.9.1939 vorsah. In der deutschen Bevölkerung war diese militärische Auseinandersetzung nicht populär, erhebliche propagandistische Anstrengungen mussten gemacht werden, um die negative Anfangsstimmung zu verbessern. Schon in Polen zeigte sich der verbrecherische Charakter der Kriegführung: Bis zum Jahresende wurden dort ca. 45 000 polnische Zivilisten, darunter 7 000 Juden, von SS- wie Wehrmachtseinheiten getötet, unbescholtene Menschen von deutschen Wehrmachtssoldaten öffentlich erniedrigt. Die Beauftragung H. Himmlers mit der „Festigung des deutschen Volkstums“ im Oktober 1939 bedingte massenhafte Bevölkerungsverschiebungen nach rassischen Gesichtspunkten, v. a. auch die Ghettoisierung der jüdischen Bevölkerung der eroberten Gebiete im Generalgouvernement.

Im April 1940 wurde der Krieg nach Dänemark und Norwegen getragen, um einer britischen Intervention in dieser Region zuvorzukommen und die Eisenerzzufuhr aus Schweden abzusichern. Am 10.5.1940 ging der Frankreich gegenüber bis dahin geübte „Sitzkrieg“ in einen Angriff über, der mit dem von Frankreich erbetenen Waffenstillstand am 22.6. vorläufig endete. Da Großbritannien nicht zum Einlenken bereit war, entwickelte sich eine „Luftschlacht um England“, die die Luftwaffe nicht gewinnen konnte, wohl aber erstmals zu Terrorangriffen gegen die britische Zivilbevölkerung z. B. in Coventry führte.

Der Balkanfeldzug 1941 und der infolge italienischer Schwäche in Afrika begonnene Einsatz der Wehrmacht dort begannen anfänglich noch vorteilhaft für das Reich und ermöglichten ab dem 22.6.1941 den von A. Hitler eigentlich angestrebten rassischen Vernichtungskrieg gegen die UdSSR. Schon unmittelbar nach dem Angriff wurden hinter den vormarschierenden deutschen Truppen „Einsatzgruppen“ des SD und der Sipo tätig und töteten Juden in Massenerschießungen. In den Vernichtungslagern von Chelmno (ab Dezember 1941), Belzec, Treblinka und Sobibor wurde die Ermordung jüdischer Menschen durch Vergasungsanlagen zuerst erprobt und dann in großem Stil fortgesetzt. Das KZ Auschwitz, das ab Juli 1942 bes. große Zahlen von Häftlingen aufnahm, erlangte in diesem Zusammenhang traurige Berühmtheit. Wann der Befehl A. Hitlers zu diesem Vorgehen erging oder wie sonst der Übergang zu einem Menschheitsverbrechen in solchen Dimensionen zu erklären ist, bleibt ebenso umstritten wie eine Antwort auf die Frage, wie aus „ganz normalen Deutschen“ Mittäter werden konnten. Sicher ist mittlerweile, dass die sogenannte Wannseekonferenz am 20.1.1942 nur noch die organisatorischen Details einer längst getroffenen Entscheidung und anlaufender Prozesse klärte.

Wie viel die Deutschen über diese Verbrechen wussten, ist nicht definitiv festzustellen, die neuere Forschung lässt aber kaum mehr Zweifel daran zu, dass jeder, der wissen wollte, auch wissen konnte. Die Misshandlung und Tötung von Zwangsarbeitern aus KZs im Rahmen von Arbeitseinsätzen im Altreich geschah ohnehin vor aller Augen. Und als selbst im Untergang die Ermordung möglichst vieler Juden nach wie vor verfolgt wurde, konnte jeder die völlig entkräfteten KZ-Häftlinge auf regelrechten „Todesmärschen“ ins Reich sehen und beobachten, dass dabei viele Tausende umgebracht wurden.

Die Kriegserklärung des Deutsche Reiches an die USA vom 11.12.1941 bezeichnet zusammen mit den ersten deutschen Misserfolgen im russischen Winterkrieg eine Wende des Kriegsgeschehens, für die symbolisch die Kapitulation der 6. Armee bei Stalingrad 1943 steht. Am Ende stand die totale Niederlage und weitgehende Zerstörung Deutschlands bei der Kapitulation am 7./9.5.1945. Im Bombenhagel der alliierten Luftangriffe gelang den NSDAP-Funktionären vor Ort nochmals eine bemerkenswerte Mobilisierung der Gesellschaft und die weitgehende Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung durch rücksichtslose Ausbeutung der besetzten Gebiete. Im Untergang zeigte der N. nochmals sein wahres, menschenverachtendes Gesicht, indem drakonische Strafen für „volksschädigendes Verhalten“ durchgesetzt wurden und seine Funktionäre wie auch Wehrmachtseinheiten zur Stabilisierung des Abwehrwillens die eigene Bevölkerung mit erbarmungslosen Hinrichtungen bei geringstem „Fehlverhalten“ terrorisierten. A. Hitler entzog sich durch Selbstmord am 30.4.1945 seiner Verantwortung, viele NS-Funktionsträger brachten sich durch Flucht in Sicherheit.

Die Bilanz dieses Krieges war verheerend: ca. 5,3 Mio. deutsche Soldaten starben an den Fronten oder wurden vermisst, 570 000 Tote forderte der Luftkrieg unter der deutschen Bevölkerung, alleine fünf bis sechs Mio. Juden wurden ermordet. Unter den Verlustzahlen der alliierten Streitkräfte ragen die der Roten Armee mit alleine 11,4 Mio. getöteter Rotarmisten heraus.

Die Liste der deutschen durch die NS-Ideologie bedingten Kriegsverbrechen ist lang, hervorzuheben sind die durch den „Kommissarbefehl“ bedingte Ermordung russischer Politoffiziere, der massenhafte Hunger- und Seuchentod russischer Kriegsgefangener, das Verhungernlassen russischer Bevölkerung durch Ausplünderung der Nahrungsreserven, massenhafte Geiselerschießungen und die rücksichtslose Rekrutierung und Misshandlung von Zwangsarbeitern zur Aufrechterhaltung der deutschen Rüstungsproduktion. Solche Verbrechen geschahen allerdings nicht nur auf dem östlichen Kriegsschauplatz, auch für den Westen ließen sich viele Beispiele wie etwa die Ermordung der Bevölkerung von Oradour-sur-Glane benennen.

Unter den wenigen herausragenden Zeugnissen des Widerstands gegen diese Entwicklung treten der Attentatsversuch des Schreiners Georg Elser am 8.11.1939 und das am 20.7.1944 durch Claus Philipp Maria Schenk Graf von Stauffenberg durchgeführte Sprengstoffattentat hervor.

6. Aufarbeitung

Die strafrechtliche und gesellschaftliche Aufarbeitung der NS-Zeit wie ihrer Verbrechen sowie deren „Wiedergutmachung“ bedurfte im Nachkriegsdeutschland mehrerer Jahrzehnte, verlief schubweise und mit variierender Intensität. Ihre Ergebnisse sind umstritten. Sie war stets ein Politikum und stellt als dauerhafte Aufgabe der Erinnerungsverantwortung heute einen Teil des bundesdeutschen Selbstverständnisses dar.

Die alliierten Besatzungsmächte lösten die NSDAP mit all ihren Gliederungen unmittelbar nach der Besetzung auf und revidierten die vom N. geschaffene staatliche und gesetzliche Ordnung. Im Rahmen des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses und der unter amerikanischer Ägide erfolgten Nachfolgeprozesse wurden noch lebende Führer des N. abgeurteilt. Darüber hinaus fanden in den einzelnen Besatzungszonen ebenso wie in den ehemals von Deutschland besetzten Gebieten separate Prozesse wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen statt. Deutsche Gerichte verurteilten in „NSG-Verfahren“ tausende Täter, eine flächendeckende „Entnazifizierung“ verlangte von jedem einzelnen Deutschen eine Auseinandersetzung mit seiner politischen Vergangenheit. Während in der SBZ/DDR diese Beseitigung des N. zur politischen Bereinigung i. S. d. Etablierung eines kommunistischen Systems genutzt wurde und in einen wenig reflektierten „Antifaschismus“ mit starren Erinnerungsritualen mündete, blieb die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in der BRD präsent und intensivierte sich im Zuge der um das Jahr 1968 angestoßenen gesellschaftlichen Veränderungen. Hinzu kamen in der Öffentlichkeit viel beachtete Prozesse gegen deutsche Täter wie der erste „Auschwitz-Prozess“ (1963–1965), die dazu beitrugen, das Wissen über die Verbrechen in der Bevölkerung zu verbreiten und glaubhafter zu vermitteln als dies die alliierten Reeducation-Bemühungen unmittelbar nach dem Krieg vermocht hatten. Wie effektiv dies alles war, ist Teil einer fortwährenden historisch-politischen Debatte.