Hochschulen

  1. I. Pädagogisch
  2. II. Geschichtlich
  3. III. Rechtlich

I. Pädagogisch

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1. Begriff und Bedeutung

Von H. ist heute im Sinne einer Sammelbezeichnung für Einrichtungen des sogenannten tertiären Bildungsbereichs die Rede, der auf Primar- und Sekundarschulen aufbaut. Das geltende Hochschulrecht schließt Universitäten und Fach-H., wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche H. ein. Gemeinsam ist ihnen ein, wenngleich immer schwächer werdendes, allgemeines Bildungsmotiv und das ins Zentrum gerückte Moment der Berufsvorbereitung sowie das Recht, Qualifikationen und akademische Grade zu verleihen. Abzugrenzen ist der Bereich einer eher der Freizeit zugeordneten Erwachsenenbildung, der sogenannte quartäre Bereich, zu dem auch die Volks-H. gehören. I. d. R. sind H. staatliche Einrichtungen und haben den Status einer K.d.ö.R., fußend auf dem in Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Grundrecht der Lehr- und Forschungsfreiheit. Damit ist unbeschadet der staatlichen Aufsicht ein Spielraum inhaltlicher Selbstbestimmung und Selbstverwaltung gegeben. Auf Bundesebene gibt das HRG allgemeine Richtlinien vor, die dann in den Ländergesetzen spezifiziert und in den einzelnen H. nach ihrem Selbstverständnis in eigenen Ordnungen umgesetzt werden.

Die Annäherung von Universitäten und Fach-H., die durch das HRG wesentlich eingeleitet wurde, beendet die Geschichte der Universität als Ort reiner Wissenschaft und Bildung und bewirkt, dass beide jeweils Wissenschafts- und Berufsorientierung zu vereinbaren haben. Während in der klassischen europäischen Tradition die Universität gerade darum als „Hohe Schule“ oder „H.“ bezeichnet wurde, weil sie als Grundlage der akademischen Berufe eine freie Beschäftigung mit allen Wissenschaften (universitas litterarum) in ihrer Ausrichtung auf den Menschen (Humanität) ermöglichte (Universitätsidee), spezialisieren sich Universitäten aktuell auf ein bestimmtes Profil von Fächern, Forschungsschwerpunkten und spezielle Perspektiven der Berufsausbildung, und die Fach-H., die traditionell der je speziellen Anwendung wissenschaftlicher Grundlagen verpflichtet sind, suchen stärkeren Ausbau eigener wissenschaftlicher Forschung und Lehre. Es fragt sich nun, ob mit der veränderten Orientierung das mit der Tradition verbundene unbedingte Fragen und Streiten um Wahrheit aus der Distanz von unmittelbarer Verwertung preisgegeben oder quer zu den Institutionen aufzusuchen ist.

2. Bildungsauftrag und Berufsausbildung

Die obersten Aufgaben der H. bestehen laut HRG in der „Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat“ (§ 2 S. 1). Auf diese Bestätigung des im GG verankerten Grundrechts auf Freiheit der „Wissenschaft und Künste, Forschung und Lehre“ (Art. 5 Abs. 3) und ihres grundlegenden Bezugs auf die Verfassung folgt die Aufgabenbestimmung einer Vorbereitung auf „berufliche Tätigkeiten“, die „die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlicher Gestaltung erfordern“ (§ 2 S. 1 HRG). Dadurch sind die H. gemäß ihrer je spezifischen Aufgabenstellung, die die Ländergesetze bestimmen, zunächst auf die Förderung von Wissenschaft und wissenschaftlicher Bildung und Weiterbildung im Kontext der Erfüllung der Verfassung verpflichtet, stehen also im Dienst der Ermöglichung von Freiheit, Demokratie, Sozialität und Recht. Erst auf dieser Grundlage kommt die Vorbereitung auf berufliche Tätigkeit in Betracht, die über die politisch-gesellschaftliche Bedeutung hinaus auch der professionellen und ökonomischen Anwendung Rechnung trägt. Freie wissenschaftliche Bildung in gesellschaftlicher Verantwortung steht somit zur wissenschaftlich orientierten Berufsausbildung in einem Fundierungs- und Ergänzungsverhältnis. Eine einseitig an ökonomischer Verwertung und Vermarktung interessierte Berufsorientierung der H. widerspricht dieser Gesetzgebung.

Zur Pflege der Wissenschaften und Künste gehört die Verpflichtung zu Sachlichkeit, Wahrhaftigkeit und Freimut, um Manipulationen und Betrug entgegenzuwirken. Während die Berufsvorbereitung direkte gesellschaftliche Aufgaben erfüllt, leistet eine freie Wissenschaft in Forschung und Lehre auf indirekte Weise ihren Beitrag zur Stabilisierung und Verbesserung humaner Verhältnisse in der Gesellschaft. Dafür muss die ganze Bandbreite naturwissenschaftlich-technischer, politisch-ökonomischer wie sozial- und geisteswissenschaftlicher Disziplinen in Anspruch genommen werden. Zielhorizonte liegen nicht nur in wissenschaftlichen und technologischen Innovationen, sondern in der Wahrnehmung, Erneuerung und Verbesserung humaner Lebensformen. Der Wahrheitsanspruch der Wissenschaft erhält eine bes. aktuelle Bedeutung im Kontext gesellschaftlicher Phänomene des „Postfaktischen“, da ein rationales Weltbild und überprüfbares Wissen gegen beliebige Verfügbarkeit von Fakten und Darstellungen zu verteidigen sind.

3. Geschichte

Vorläufer der H. finden sich in antiken Philosophen- und Rhetorikschulen.

Die gemeinsame Wurzel für das heutige verzweigte Hochschulwesen ist die Universität des Mittelalters, deren originär europäische Rechtsform bis heute als Leitbild für die H. gelten kann. Zu den komplexen Bedingungen des Entstehens der Universität gehören die Emanzipation von Wissenschaftlern aus den Bindungen der Kloster- und Domschulen und die gesellschaftliche Anerkennung der Wissenschaft im Zuge der Wiederentdeckung des römisch-justinianischen Rechts, der Begegnung mit arabischer Mathematik und Heilkunde sowie dem Lehrgebäude der Scholastik aus der Rezeption des Gesamtwerks des Aristoteles. Angesichts der Machtallianzen und -kämpfe zwischen Kirche und Staat (Kirche und Staat), des Aufblühens der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und für eine größere soziale Mobilität war die Gründung der Universitäten von großem Einfluss. Ab dem 13. Jh. galt in den Regierungsgremien zunehmend gelehrte Bildung als Qualifikationskriterium neben adliger Herkunft. Die Gründung von Universitäten stand unter dem Schutz der Universalgewalten von Kaiser und Papsttum und wurde mit den Privilegien einer korporativen Verfassung, eigener Gerichtsbarkeit, Steuerfreiheit und dem Recht zur Verleihung akademischer Grade ausgestattet. Der Name leitet sich aus dem Begriff der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden ab (universitas magistrorum et scholarium), denen an urbanen Zentren eine offene Lebensform im Studium der Wissenschaften zugestanden wurde. Die konzedierten libertates scholarium wurden den Universitäten aufgrund ihrer studia generalia pauschal verliehen und schützten die Universitäten vor dem Zugriff der örtlichen Gewalten (König, Fürst, Stadt, Bischof), im Unterschied zu den Partikularschulen mit ihren vorbestimmten eingegrenzten Zwecken. Über das 12. und 13. Jh. hinweg breiteten sich Universitäten in ganz Europa aus (Paris 1150; Oxford 1163; Bologna 1219; Padua 1222; Salamanca 1222; Cambridge 1229; Toulouse 1229; Rom 1244; Prag 1348; Wien 1365; Heidelberg 1386; Köln 1388). Ursprünglicher Kern der universitären Lebensgemeinschaft bzw. rechtlichen Korporation waren die magistri oder doctores mit ihrer persönlichen Sachautorität, zu denen die Lernenden jeweils hinzogen. Daraus ging eine korporative Hochschulverfassung mit Selbstverwaltungsorganen wie Rektor und Fakultäten hervor, wobei sich das Modell von vier Fakultäten, meist in der Aufteilung von einer unteren propädeutischen, der Artistenfakultät, die die Gesamtheit der artes liberales vertrat, und den oberen Fakultäten der Theologie, Jurisprudenz und Medizin herausbildete. Internationale Wirksamkeit und Ansehen sowie die Freiheitsrechte der Lehrenden und Studierenden waren enorm, aber Obödienz- und Pfründenpolitik leitete mit dem Auszug deutscher Magister aus Paris und Prag (1381–1409) eine Provinzialisierung der Universitäten ein.

Im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation verstärkten sich in Westeuropa die nationalen, im deutschen Gebiet die landesstaatlichen Rahmungen der Universitäten und H. durch Bindung an die jeweils geltenden konfessionellen Bekenntnisse. Aus den konfessionellen Kämpfen und Auseinandersetzungen gingen gleichwohl auch positive Bildungsimpulse hervor, bes. durch Philipp Melanchthon und Erasmus von Rotterdam, sowie das Wirken des Jesuitenordens. Über die Konfessionskonflikte hinweg schafften die Bezüge auf devotio moderna und Humanismus europäische Gemeinsamkeiten und internationale Verbindungen, die erst im Absolutismus beschnitten wurden.

Im Absolutismus fielen die Universitäten in die Abhängigkeit der Landesherren, deren Territorialpolitik mit Beginn des 18. Jh. die Einengung des Hochschulzugangs verfügte. Durch die Zentralisierung der Politik wurden die H. auf die Funktion der Ausbildung von Staatsbeamten und Staatsdienern reduziert. Zwar öffnete sich der Absolutismus in gewisser Weise der Aufklärung, sorgte für eine Schwächung des Konfessionsprinzips, der scholastischen Disputationen und der Latinität und führte in Reformuniversitäten mit dem mundanen Ideal einer libertas philosophandi auch neue Lehrmethoden ein (Reformuniversitäten Halle 1694; Göttingen 1737). Aber polizeistaatliche Bevormundung und Staatsutilitarismus behinderten zugleich die akademische Freiheit. Der Zentralisierung und Säkularisierung fielen bis zum Anfang des 19. Jh. die Hälfte der über 40 deutschen H. durch Auflösung oder Degradierung zu Spezialschulen (Lycées) zum Opfer. Gegen diesen Niedergang setzten sich insb. die Denkschriften von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Johann Gottlieb Fichte, Wilhelm von Humboldt und Friedrich Schleiermacher zur Wehr, die in Anlehnung an Immanuel Kants „Streit der Fakultäten“ (1798) eine neue Universität entwarfen. Mit der Gründung der Berliner Universität 1810 unter der politischen Leitung W. von Humboldts wurde ein Modell geschaffen, das den mittelalterlichen Allgemeinheits-, Wahrheits- und Freiheitsanspruch mit modernem, aufgeklärtem Wissenschaftsverständnis verband. Dieses Modell verbreitete sich (Breslau 1811; Bonn 1818; München 1826 usw.) und bestimmte Gestalt und Selbstverständnis der Universität bis in die 60er Jahre des 20. Jh. Im Zentrum des Reformmodells standen: Freiheit der Wissenschaft von inhaltlicher Fremdsteuerung, Einheit der Wissenschaft in ihrem Bezug auf Bildung und Humanität, Verständnis der Wissenschaft als unfertiger Prozess, Einheit von Forschung und Lehre, gleichrangige Gemeinschaft von Lehrenden und Studierenden, Sicherung der Qualität in formaler Hinsicht durch Voraussetzung des Abiturs für Studierende und des Habilitationsverfahrens für Lehrende; in inhaltlicher Hinsicht durch wissenschaftliches Tun und wissenschaftliche Kritik selbst.

Die in W. von Humboldts Universitätsmodell geforderte (philosophisch begründete) Einheit aller Wissenschaft in ihrer humanen Grundlage und Zielrichtung scheiterte im 20. Jh. am Auseinandertreten der Wissenschaftsparadigmen in Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Soziale Umbrüche und die Studentenrevolte von 1968 (Studentenbewegungen) führten zu einem weitreichenden Traditionsabbruch, der die universitäre Gemeinschaft in politische Interessenslager aufteilte. Die akademische Freiheit wurde durch umfassende gesetzliche Einbindung reguliert. Bereits die Weimarer Republik und der Nationalsozialismus hatten mit entgegengesetzten Zielen einheitliche Hochschulgesetze eingeführt. Nach 1945 stand zunächst mit der Einsicht in den Zusammenhang von Bildung und Demokratie die „Wiedererneuerung des ursprünglichen Geistes“ (Jaspers 1946: Vorwort) im Vordergrund. Der Traditionsbruch der 60er Jahre zog eine Neubestimmung der H. nach sich, die sich in der Rahmengesetzgebung des HRG und in der Verdichtung von Beratungs- und Steuerungsgremien niederschlug.

4. Reform

Reformen betreffen die Veränderung der Struktur und Bedeutung der H. nach gesellschaftlichen Bedürfnissen und wissenschaftlichem Selbstverständnis. W. von Humboldts Reform hatte mit der Freisetzung einer allgemeinen, unabhängigen Wissenschaft und Bildung von der unmittelbaren Berufsausbildung die mittelalterliche Ordnung umgekehrt. Wissenschaftliche Forschung und akademische Bildung sollten nicht unmittelbar im Dienst kirchlicher, staatlicher und wirtschaftlicher Interessen stehen, sondern diesen umgekehrt auch Grenzen und Maßstäbe setzen. Dies hatte in der inneren Organisation die Gleichrangigkeit der Fakultäten und das Kollegialitätsprinzip der Wissenschaftler zur Folge. Allerdings war damit eine Sonderstellung der Universitäten sowohl in der Gesellschaft als auch gegenüber anderen Schulen und H. gegeben. Die Hochschulreform der 1970er Jahre bereitete die Aufhebung dieser Sonderstellung vor. Sie stand im Zusammenhang mit der starken Zunahme der Studierendenzahlen und einer sprunghaften Expansion der H., die nicht nur dem erhöhten Bedarf entsprechen, sondern durch die Gewährung von Chancengleichheit im Sinne einer „Bildung als Bürgerrecht“ (Dahrendorf 1965) auch eine Steigerung sozialer Bildungspartizipation forcieren wollte. Der Ausbau der H. wurde empfohlen und gelenkt vom Wissenschaftsrat, einem 1958 aus Vertretern der Regierungen und der Wissenschaft paritätisch gebildeten Planungsgremium, das bis heute tätig ist. Auf dessen Empfehlungen kam es seit 1961 zu einer großen Zahl von Neugründungen (allein acht in NRW 1970). Eine strukturell einschneidende Veränderung bot dabei das neue Modell der Gesamt-H., mit dem die Umstrukturierung eines vertikal gegliederten in ein horizontal gegliedertes Bildungssystem gelingen sollte (statt verschiedener Schulformen durchlässige Stufen des Primar-, Sekundar-, Tertiär- und Quartärbereichs als Grundschule, Gesamtschule, Gesamt-H. und Fort- und Weiterbildung). Mit der Eingliederung der Pädagogischen H. in die Universitäten wurde ein weiterer Schritt in die Ausweitung und Egalisierung einer differenzierten Hochschullandschaft eingeleitet. Eine innere Strukturveränderung dieser Reform stellt die durch Gesetzgebung von Bund und Ländern eingerichtete „Gruppenuniversität“ dar, die die Partizipation aller Hochschulmitglieder an Selbstverwaltungsaufgaben anteilig nach Gruppen; Professoren, Studierende, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter, vorschreibt.

Die aktuell virulente Hochschulreform, der sogenannte Bologna-Prozess, benannt nach einer politisch-programmatischen Erklärung zu einem gemeinsamen Europäischen Hochschulraum (Bologna-Deklaration 1999) gemäß einer Absprache der französischen, deutschen, italienischen und britischen Bildungsminister in Paris (Sorbonne-Erklärung 1998), hat seither nahezu flächendeckend die Stufung der Studiengänge, eine standardisierte Effizienzkontrolle und eine quasibetriebliche Umstrukturierung der H. bewirkt. Die weitgehende Abschaffung zusammenhängender facheinheitlicher Vollstudiengänge wie Diplom, Magister oder Staatsexamen zugunsten fachdiverser Kurzstudiengänge als Bachelor- und Masterstudien (Ausnahme: Jura und Medizin) sollte einer internationalen Vereinheitlichung, Mobilisierung und Vereinfachung dienen sowie die hohen Studienabbrecherzahlen deutlich reduzieren. Aber nicht diese Ziele, deren kaum eines belegbar erreicht werden konnte, sondern eine konsequente Wirtschafts- und Berufsorientierung haben, insb. in Deutschland, den Charakter der H. tiefgreifend beeinflusst. Dazu führten Steuerungsmaßnahmen (wie Hochschulpakt und Zielvereinbarungen), die über die bundes- und landesgesetzlichen Regelungen hinaus ein engmaschiges Netz von Vorgaben und Kontrollen der Produkte und Produktionsweisen der H. als Qualitätsprüfung einzogen. Damit sollte ein für die Gesellschaft befriedigendes Kosten-Nutzen-Verhältnis hinsichtlich des Outputs der H. sichergestellt werden. Unter dem Stichwort der (Finanz-)Autonomie der H. trat der wirtschaftliche Wettbewerb in den Vordergrund und forciert zunehmend privatwirtschaftliche Beziehungen und Partnerschaften (public-private-partnership nach amerikanischem Vorbild). Dem entsprechen die Veränderungen der inneren Organisation. Die Gleichrangigkeit der Fakultäten und Fachbereiche wird nach Leistungsparametern modifiziert (u. a. Einwerbung von Drittmitteln in der Forschung; Nachfrage und Absolventenzahlen in der Lehre). Anstelle des Kollegialitätsprinzips trat eine gestaffelte Hierarchisierung: Rektor oder Präsidenten und Dekane wurden zu Vorgesetzten, während sie zuvor je auf Zeit gewählte Vertreter aller als primus inter pares waren. Für die Studierenden werden modularisierte Lehreinheiten in einer Vielzahl von Studiengängen angeboten, die teilweise flexibel abrufbar und montierbar sind, aber durch ein kleinschrittiges System von Zeit- und Prüfungsvorgaben gesteuert und kontrolliert werden.

Während die Hochschulreformen der 1970er Jahre sich unter den Stichworten von Bildungsexpansion, Chancengleichheit und Demokratisierung zusammenfassen lassen, orientiert sich die Bologna-Reform an Humankapital, Wettbewerb und Ökonomisierung. An beiden Reformwellen lassen sich berechtigte Anliegen und problematische Wirkungen unterscheiden.

5. Kritik

Gestaltung und Entwicklung der H. ist nicht nur als Erfolgsgeschichte zu beschreiben, sondern auch im Spiegel kritischer Reflexion zu betrachten. Die Politisierung der H. in den 1970er Jahren und ihre Ökonomisierung seit der Jahrtausendwende sind selbst aus massiver Kritik an traditionellen Verhältnissen hervorgegangen. Ihre Wirkungen sind nun ihrerseits kritisch zu revidieren. Dazu gehört neben den implementierten Verfahrensweisen der Qualitätskontrolle auch die Prüfung abweichender Urteile und Gegenstimmen. Kritik ist ein notwendiges Moment der Bildung wie auch der Demokratie. Grundlegende Kritik wird derzeit aus den H. geäußert an möglichem und faktischem Verlust der Unabhängigkeit der Wissenschaft und Forschung, an einer engen und einseitigen Ökonomisierung der Bildung, an einer fragwürdigen Reduktion auf standardisierte Kompetenzen, an einer kleinschrittigen Zerteilung der Bildung auf Kosten sachlicher Zusammenhänge und persönlicher Einsichten, an einer Berufsorientierung, die hinter die mittelalterliche Universität zurückfällt. Ein gemeinsamer europäischer Bildungsraum ist noch weitgehend Desiderat, solange sich Gemeinsamkeiten auf durchgesetzte Nomenklatur und Kontrollen beschränken. Gleiche Verfahrensweisen der Qualitätssicherung begründen noch keine gemeinsamen Perspektiven; Wettbewerb und ökonomische Effizienz eröffnen noch keine zu teilende Welt. Den komplexen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Terrorismus, Krieg, Armut, Migration und Flucht, Klimawandel und Umweltzerstörung bei gleichzeitiger globaler Vernetzung von Wirtschaft, Politik und Medien in den Beschleunigungszirkeln ihrer technologischen Entwicklung ist mit spezialisiertem Know-how allein nicht zu begegnen. Es bedarf dazu kritischer Reflexion, ethischer Maßstäbe, kultureller Differenziertheit, Sensibilität für Dehumanisierungen und sozialer Phantasie. Dafür ist es notwendig, dass H. ihren Bildungsauftrag bedenken und wieder neu aneignen. „Hochschulen sind nicht lediglich Fachkräfte-Zulieferer für den Arbeitsmarkt, sondern Orte der Bildung und übernehmen damit nicht zuletzt politisch-gesellschaftliche Verantwortung“ (Miller/Ostertag 2017: 1).

II. Geschichtlich

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1. Von den Anfängen bis zum 17. Jh.

In ihren Anfängen seit dem späten 11. Jh. war die europäische Universität noch keine Institution. Als „Hohe Schulen“ wurden damals die bedeutenden Kathedralschulen der Ile-de-France (Laon, Reims, Chartres, auch Paris) bezeichnet und Interessierte nahmen weite Wege auf sich, um dorthin wie auch an die bekannten Rechtsschulen in Oberitalien, v. a. nach Bologna, zu ziehen. Vorrangig wurden die „Bildungsmigranten“ von dem Ruf berühmter Lehrer angezogen, die die neue Wissenschaftsmethode der Scholastik lehrten. In der Mitte des 12. Jh. erhielten die Gelehrten aus Bologna von Kaiser Friedrich I. eine Schutzzusage gegen Übergriffe Dritter auf den Reisewegen und vor Ort („Authentica Habita“, 1158). Als Grund ihrer Mobilität gaben sie an, aus Liebe zum Studium (amor sciendi) auf Wanderschaft zu sein.

In Paris prägte die Universität das Vier-Fakultäten-Modell aus, das die Artes-Fakultät als unterste (seit dem 18. Jh. als philosophische bezeichnet), die Rechtsstudien, die Medizin und die Theologie als obere Fakultäten kannte. Bologna blieb auf Rechtsstudien spezialisiert. Bereits vor oder um 1100 verließen etliche der Studenten die kirchlichen Schulen in Paris und fanden sich am linken Seineufer zu unabhängigen, informellen „Schulen“ zusammen. Diese scolares unterstellten sich der Leitung und dem Unterricht von Magistern, die ihrerseits zuvor Lehrer an den Kathedralschulen gewesen waren. Mit diesem Schritt begann die Geschichte der Universität selbst. Noch heute hat die Universität Paris dort, im deshalb so genannten Quartier latin, einen ihrer zentralen Orte. Bald erkannte der Hof die Chancen einer Nutzung der gelehrten jungen Männer für den Königsdienst. Als man im frühen 13. Jh. die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernen bezeichnen wollte, wählte man für sie den Begriff universitas, der als Fremdbezeichnung fortan bestehen blieb und der Universität bis heute ihren Namen gibt.

Die Bezeichnung als Hohe Schule kam jetzt nicht mehr vor und wurde erst in der Aufklärungszeit wieder verwendet, für exklusive Schulen, die sich von gewöhnlichen Schulen wie von Universitäten deutlich unterschieden. Seit dem ausgehenden 19. Jh. kam der Begriff der H. auf, für nichtuniversitäre Einrichtungen wie Technische H. und die späteren Fach-H.

Auf ihrem Siegel und in urkundlichen Dokumenten wurde es seit dem Spätmittelalter üblich, dass die Universität Paris sich als universitas magistrorum et studentium bezeichnete. Sie vertrat das zukunftsweisende Modell einer Korporation, als welche sie fortan von kirchlichen wie weltlichen Autoritäten privilegiert wurde. Obwohl stets in Städten lokalisiert, waren Universitäten in Europa nur im Ausnahmefall städtischer Gründungen für einen Zugriff kommunaler Instanzen offen.

Rasch wurde deutlich, dass die Absolventen der Universitäten in vielen gesellschaftlichen Bereichen nachgefragt waren. Anfänge eines Arbeitsmarktes entstanden im ausgehenden Mittelalter und sie boten neuartige Chancen für studierte, v. a. für graduierte Universitätsabsolventen. Wer nach dem Baccalarius- und Licenciatus- sowie dem Magistertitel einen Doktorgrad an einer der höheren Fakuläten erwarb, hatte hervorragende Aussichten auf eine Karriere als gelehrter Rat im städtischen, fürstlichen und bischöflichen und bald auch im königlichen Dienst. Selbst für Ungraduierte boten die Schreiberfunktionen im Kanzleidienst Aussicht auf Versorgung. Städte im römisch-deutschen Reich waren die ersten, die den besonderen Nutzen universitär graduierter Juristen (syndici) und den Prestigegewinn erkannten, der mit der Anstellung solcher Rechtsgelehrter oder auch Mediziner (physici) verbunden war; fürstliche Höfe und zuletzt der Königshof folgten. Der Übergang von personaler Herrschaft und Frühformen staatlicher Ordnung war wesentlich von den Universitäten und deren Absolventen beeinflusst.

Kaiser Friedrich II. hatte als König von Sizilien bereits 1224 in Neapel die erste vorrangig auf die Qualifikation gelehrten Personals für die Herrschaft ausgerichtete Universität gegründet, der spätere Kaiser Karl IV. folgte als römisch-deutscher König und v. a. König von Böhmen 1348 diesem Vorbild mit der Gründung der Universität Prag, der ersten im Reich nördlich der Alpen. Längst waren in Oberitalien, England und Frankreich weitere Universitäten gegründet worden, im Reich folgten diejenigen in Wien 1365, Heidelberg 1386, Köln 1388 und Erfurt 1392 sowie neun weitere im 15. Jh., jeweils zehn im 16. und 17. Jh., sieben im 18. und elf Neugründungen im 19. Jh.

Fast ausnahmslos waren Landesfürsten die Gründer und Stifter der neuen Universitäten. Mit der Inanspruchnahme der Universitäten durch die territoriale Landesherrschaft und deren Entwicklung zu frühmoderner Staatlichkeit wurde die Rolle der Universität neu definiert. V. a. Juristen waren jetzt gefragt und unter ihnen bes. die Kenner des römischen Rechts, die Legisten. Seit dem 15. Jh. wurden die Rechtswissenschaften als scientiae lucrativae beschrieben. Entscheidend für den Erfolg der scholastischen Wissenschaft und ihrer Vertreter war die seit dem 12. und im 13. Jh. breit einsetzende Rezeption der aristotelischen Logik. Universitäre Wissenschaft wurde zur Kunst des logisch schlüssigen Fragens (der quaestio), die sämtliche gelehrte Disziplinen und mit ihnen alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrang. Die sich schnell verdichtenden Prozesse der administrativen Organisation von Herrschaft, der Ausbau zentraler gerichtlicher Gewalt und der Übergang zu einem transpersonalen Verständnis königlicher Regentschaft – in Frankreich seit um 1200, im föderalen römisch-deutschen Reich endgültig erst kurz vor 1500 durchgesetzt – wurden durch die Verwissenschaftlichung der zeitgenössischen universitären Diskurse entscheidend befördert. Gelehrte juristische Kompetenz trat im Rat der Fürsten mehr und mehr an die Stelle militärischer Expertise, die gefolgschaftliche Bindung wurde durch Formen früher Beamtenschaft gelehrter Räte bürgerlicher, ab dem 16. Jh. auch niederadeliger Herkunft abgelöst. Eine subtile Herrschaftstheologie sicherte den Königen ihre exklusive Stellung, eine entwickelte politische Theorie band sie zugleich an die Beachtung des Rechts und öffnete den Horizont für Ansätze völkerrechtlicher Normativität.

Die Durchsetzung territorialfürstlicher Gewalt im römisch-deutschen Reich seit dem Übergang zum 16. Jh., begünstigt durch die Erfindung des Buchdrucks sowie unter dem Eindruck von Reformation und Konfessionalisierung wie auch des Humanismus, profitierte von universitärem Wissen. Weiterhin sollten die Universitäten den Landesherrn qualifizierte Gelehrte als Ratgeber und Funktionsträger, möglichst aus den Landeskindern hervorgegangen, zur Verfügung stellen. Eine Sonderrolle nahmen die kirchlich und traditional dominierten Jesuitenuniversitäten des 16. und 17. Jh. zumeist im süddeutschen Raum ein.

Allerdings gingen die Territorialfürsten vielfach dazu über, in die inneren Angelegenheiten ihrer Landesuniversitäten einzugreifen, die Auswahl der Professoren (die als Nachfolger der mittelalterlichen doctores seit dem 16. Jh. diese bis heute übliche Titulatur führten) und die Lehrinhalte zu beeinflussen. Die Neugründungen des 17. Jh., v. a. diejenige in Gießen 1607 oder das 1622 folgende Straßburg, vermochten zunächst kaum größere Geltung zu erlangen. Die Gründung in Halle 1694 verwies bereits auf die Reformen der Aufklärungszeit.

2. Vom 18. Jh. bis 1945

Seit dem Anfang und verstärkt der Mitte des 18. Jh. neu gegründete Akademien der Wissenschaften – die früheste in Berlin, die erste in Verbindung mit einer Universität in Göttingen, weiterhin diejenigen in München und Mannheim/Heidelberg – eigneten sich mehr als die Universitäten dazu, geistes- und naturwissenschaftliche, auch technische Disziplinen zusammenzuführen, wie es jetzt vielfach gefordert wurde.

Die mit der Aufklärung verbundene wissenschaftliche Innovation wirkte sich methodisch nicht an allen Universitäten impulsgebend aus. Dennoch gelang es einigen Universitäten, v. a. Göttingen und Halle, etwas später auch Jena, sich als Reformuniversitäten einen Namen zu machen. Davon profitierten neu ausgebildete politisch-ökonomische Disziplinen wie die Kameralistik oder die Nationalökonomie. Die Rechtswissenschaft behielt daneben ihre praktische Bedeutung, philologische und moralphilosophische Studien kamen hinzu. Durch die steigende Nachfrage nach Absolventen solcher Studien gewannen Universitäten wieder an politischer Bedeutung, so neben den genannten Reformuniversitäten auch diejenigen in Ingolstadt, Leipzig, Wien, Leipzig oder Krakau.

War früher ein Vorrang der traditionalen Disziplinen, v. a. der Theologie, allgemein anerkannt, so gewannen mit dem Beginn des 19. Jh. weiterhin wegen ihrer staatspolitischen Relevanz die Rechts- und Kameralwissenschaften und wegen ihres gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzens die sich etablierenden Naturwissenschaften an Bedeutung. Im revolutionären Frankreich waren die Universitäten als Ausdruck des Alten aufgelöst und durch fachspezifische, auf praktischen Nutzen angelegte Schulen ersetzt worden. Diesem Anspruch konnten sich auch die Universitäten im Reichsgebiet nicht völlig entziehen. Sie vermochten es aber, die neuen Ideen ihrer Zeit innerhalb der traditionalen Vier-Fakultäten-Ordnung zur Geltung zu bringen.

In der Restauration vermochte sich zunächst mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 eine staatsdirigistische Richtung durchzusetzen, bis der Liberalismus um 1848 unter studentischen Protestbewegungen (Studentenverbindungen) eine Phase der wissenschaftlichen Neuorientierung wie auch der Politisierung der Professorenschaft erlaubte. Idealistische Konzeptionen, die Vorstellung von gehobener Menschenbildung, ein neuer Begriff von ergebnisoffener Forschung und die programmatische Bindung von Forschung und Lehre prägten die Universitäten und wurden international rezipiert. Eine neue Idee von Wissenschaft und Universität (Universitätsidee) manifestierte sich darin, wie sie Wilhelm von Humboldt gegen das Vorgehen des napoleonischen Frankreich und im Anschluss an ältere Reformen wie in Göttingen geprägt und bereits in der Gründung der Universität in Berlin 1810 realisiert hatte. Sie verband disziplinäre Innovationen (wie die historisch-kritische Methode) mit strukturellem Konservatismus (in dem weiterhin dominanten Verständnis von Landesuniversitäten) und wirkte darin seit dem ersten Drittel des 19. Jh. nachhaltig.

Nach 1871 erreichten die Universitäten im Gebiet des neu gegründeten kleindeutschen Reiches vor diesem wissenschaftspolitischen Hintergrund eine herausragende internationale Geltung, blieben aber weiterhin vorrangig auf ihren Dienst für den Staat bezogen. Von den zeitgenössischen Kriegsereignissen, 1870/71 und nochmals 1914–18, waren die Universitäten, über die Absenz und den Verlust an Professoren wie Studenten hinaus, in ihrer organisatorischen Struktur kaum betroffen.

Das Ringen um Wissenschafts- und Forschungsfreiheit unter der Herausforderung staatlichen Zugriffs fand sich hingegen wieder auf der Agenda. Durch den nationalen Impetus erfuhren die Geisteswissenschaften eine deutliche Aufwertung, insb. die historischen und politischen Disziplinen. Die mechanischen und technischen Fächer wurden nochmals aufgewertet. Sie waren auf (Fach-)H. außerhalb der Universitäten konzentriert, doch auch dort wurde die Frage nach dem praktischen Nutzen von Wissenschaft zunehmend stärker gestellt.

Mit der Durchsetzung der NS-Ideologie seit 1928 wurden die Universitäten einer singulären Herausforderung ausgesetzt. Durch die antidemokratischen und antisemitischen Terrorgesetze seit 1933 und die Folgen der Gleichschaltung wurden die Universitäten im Reichsgebiet in ihrer traditionellen Identität als Korporation, trotz formal struktureller Weiterführung, faktisch zerstört. Der Verlust durch die Exilierung jüdischer Gelehrter und der nur geringe Widerstand der übrigen Professorenschaft dagegen fügten der Wissenschaft dauerhaften Schaden zu. Der Neubeginn nach 1945 bot den Universitäten die Chance, auch die eigene Geschichte als Ort freier Wissenschaft und der Verbindung von Forschung und Lehre wieder zu entdecken, wie sie seit dem Mittelalter entstanden und seit den Reformen W. von Humboldts zum politischen Programm geworden war.

III. Rechtlich

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Das Hochschulrecht ist breit angelegt. Es umfasst das Völker- und Europarecht, das Bundes- und Landesverfassungsrecht, Staatsverträge und Verwaltungsabkommen zwischen (dem Bund und) den Ländern, das Gesetzesrecht des Bundes und der Länder, Rechtsverordnungen, sowie das von den H. beschlossenen Satzungsrecht. Das System lässt sich wegen der partikulären Selbstverwaltungsautonomie der H. und der weitreichenden Regelungshoheit der Länder, die dem Hochschulrecht potentiell einen stark regionalen und lokalen Charakter verleiht, nur unzureichend als Hierarchie erfassen. Die vielfältigen Kooperationen der Länder v. a. im Rahmen der KMK und die Notwendigkeit einer Vergleichbarkeit mit Blick auf die vielfältigen Förderprogramme auf Bundesebene verhindern aber eine Zersplitterung des Hochschulrechts in Deutschland.

Das Völkerrecht normiert v. a. Vorgaben hinsichtlich des Rechts auf Bildung (etwa Art. 26 Nr. 1 S. 4 AEMR, Art. 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 c IPwskR) und der Anerkennung von Abschlüssen von Studierenden. Das Welthandelsrecht hat Implikationen für die Ansiedlung von ausländischen Bildungseinrichtungen, allerdings haben hier EU und Mitgliedstaaten erhebliche Vorbehalte vereinbart. Im Rahmen des Europarats sind v. a. die „Äquivalenzkonventionen“ zu nennen. Keine rechtliche Vorgabe ist der sogenannte Bologna Prozess, der wohl nur in Deutschland als mehr oder minder verbindlich betrachtet wird. Das Europarecht enthält keine umfassenden Kompetenzen hinsichtlich des Hochschulbereichs. Allerdings finden sich im europäischen Gemeinschaftsrecht viele Ansatzpunkte für eine z. T. erhebliche Beeinflussung mitgliedstaatlicher Strukturen, die nicht zuletzt durch die integrationsfreundliche Rechtsprechung des EuGH befördert wird (s. z. B. Art. 165 Abs. 1, 167 oder 179 AEUV).

Als Normen des Hochschulrechts auf Bundesebene sind neben der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 3 und Art. 12 GG v. a. zu nennen die Bestimmungen über die Gesetzgebungskompetenz (Art. 70–82 GG) und die Möglichkeiten des Bundes, bei der Bildungsplanung und Forschungsförderung mitzuwirken (Art. 91 b GG). Die Garantie der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ist „neben einem individuellen Freiheitsrecht eine objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm“ (BVerfGE 136, 338, 362). Gerade in den mittelintensiven Forschungsbereichen ist die Wissenschaftsfreiheit als Individualrecht essentiell abhängig von einem institutionellen Umfeld, das die notwendigen Ressourcen bereitstellt und verwaltet. Daher wird sie v. a. als Leitbild für eine geeignete Organisation der Wissenschaft bedeutsam. Ziel ist ein Gesamtgefüge, das die freie wissenschaftliche Betätigung strukturell sichert (BVerfGE 127, 87, 115 f.). Das gilt sowohl für die H. als auch für die einzelnen Wissenschaftler, denen aus der Wertentscheidung „ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer Art [erwächst], die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiraums unerlässlich sind, weil sie ihm freie wissenschaftliche Betätigung erst ermöglichen.“ (BVerfGE 35, 79, LS. 3). In der Praxis spielt dabei die „Professorenmehrheit“ eine zentrale Rolle, wonach bei Entscheidungen, welche unmittelbar die Lehre betreffen, der Gruppe der Hochschullehrer der ihrer besonderen Stellung entsprechende maßgebende Einfluss verbleiben muss; Bei Entscheidungen über Fragen der Forschung oder der Berufung von Hochschullehrern muss dieser Einfluss ausschlaggebend sein (BVerfGE 35, 79). Das Gebot hat eine nicht zu unterschätzende disziplinierende Wirkung auf Reformvorhaben, weil es die möglichen Organisationskonzepte für H. beschränkt und insb. die Möglichkeiten begrenzt, zentrale Fragen der Hochschulverwaltung externem Einfluss zu unterwerfen. Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG hat entscheidende Bedeutung auf die Frage des Zugangs und der Zulassung der Studierenden. Im Zusammenspiel mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Gleichheitsgrundsatz hat das BVerfG im „Numerus Clausus“-Urteil (BVerfGE 33, 303) das prinzipielle Recht jedes qualifizierten Studienbewerbers entwickelt, zum Studium als einer Form der Berufsvorbereitung zugelassen zu werden. Heute entfaltet die Berufsfreiheit zudem Schutzwirkung bei sogenannten Eignungsfeststellungsverfahren, in denen H. einschätzen wollen, ob Studienbewerber ein Studium erfolgreich absolvieren werden können. Mit Art. 12 GG ist ein solches Verfahren nur dann vereinbar, wenn die darin geprüften Kompetenzen für das Studium unverzichtbar sind und in diesem nicht erlernt werden können. Art. 33 Abs. 2 GG entfaltet Bedeutung bei der Gewährleistung einer sachgerechten Ausgestaltung des Zugangs zu der Position des Professors. Derzeit vertraut man hier den Instrumentarien der Ausschreibung, der vergleichenden (externen) Begutachtungen oder des Hausberufungsverbots, um sicherzustellen, dass die Position des Professors mit den damit verbundenen akademischen Rechten innerhalb der staatlichen H. nur solchen Personen verliehen wird, die eine entsprechende Ausbildung und wissenschaftliche Leistungsfähigkeit besitzen. Zunehmend wird allerdings auch auf die Bewährung bei der professoralen Tätigkeit als Qualifikationsweg abgestellt, so bei der Juniorprofessur und der sogenannten Tenure-Track-Professur. Die Berufung auf eine solche Professur erfolgt bisher meist noch in einem traditionellen Ausschreibungsverfahren, die Anschlussberufung auf eine W2 oder W3-Professur oder die Entfristung einer Tenure-Track-Professur folgt aber anderen Vorgaben. Auch die zunehmende Bedeutung von hoch kompetitiven Nachwuchsförderprogrammen stellt das derzeitige Verfahren in Frage, weil die Preisträger bereits ein objektives Auswahlverfahren durchlaufen haben.

Soweit die Zuständigkeit der Länder durch Bundesbestimmungen nicht eingeschränkt ist, entfalten die Landesverfassungen Bedeutung, so etwa Art. 138 BayVerf, der die H. explizit als Selbstverwaltungskörperschaften etabliert. In Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV ist das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen über kirchliche H. verankert.

Der Landesgesetzgeber verfügt in diesem Rahmen „über einen weiten Gestaltungsspielraum, um den Wissenschaftsbetrieb mit Blick auf die unterschiedlichen Aufgaben von wissenschaftlichen Einrichtungen und auf die Interessen aller daran Beteiligten in Wahrnehmung seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung zu regeln. Er ist nicht an überkommene Modelle der Hochschulorganisation gebunden“ (BVerfGE 35, 79; ständige Rspr.). Nach einer Phase der stärkeren Regulierung und Aufsicht über die H. durch Bund und Länder nach 1968 üben die Länder seit 1998 wieder größere Zurückhaltung bei der Steuerung der H. im Bereich der staatlichen Angelegenheiten. Leitbild ist die „Hochschulautonomie“ im Sinne einer Selbstverantwortung auch für die organisatorische Gestaltung ihrer Aufgaben. Kennzeichnend sind die Übertragung der Dienstherrnfähigkeit und des Berufungsrechts auf die H., Freiheiten bei der Gestaltung der hochschulinternen Organisation sowie bei der Errichtung, Änderung oder Aufhebung von Studiengängen. Aufgefangen werden soll dieser Rückzug des Staates durch eine Professionalisierung der Leitungsstrukturen bei gleichzeitiger Einrichtung aufsichtsratsähnlicher Organe (Verwaltungsrat, Hochschulrat, Aufsichtsrat). Ein typisches Element der Anpassung an unternehmerische Organisationsmuster ist auch die Ergänzung der Professorenbesoldung durch variable Leistungsbezüge. In den meisten Fällen (Ausnahmen v. a. das Modell der Stiftungs-H. in Niedersachsen) blieben die staatlichen H. Selbstverwaltungskörperschaften des Landes, die zugleich als staatliche Einrichtungen fungieren.

Das Kompetenzgefüge im Hochschulbereich hat sich durch die sogenannte Föderalismusreform von 2006 stark verändert, insb. wurde die Kompetenz des Bundes zur Rahmengesetzgebung (Art. 75 GG a. F.) aufgehoben. V. a. die Entscheidungen des BVerfG zum fünften und sechsten HRGÄndG haben die engen Grenzen der Rahmengesetzgebungskompetenz deutlich werden lassen und deren Abschaffung forciert (s. BVerfGE 111, 226, E 112, 226). Das HRG ist durch die Aufhebung der Rahmengesetzgebungskompetenz aber nicht obsolet. Vielmehr gilt es nach Maßgabe der Art. 125 a Abs. 1 GG bzw. 125 b Abs. 1 GG als Bundesrecht nach wie vor. Eine Fortschreibung des HRG ist allerdings nicht möglich. Der Bund behält die Möglichkeit, Hochschulzulassung (nicht: Hochschulzugang; §§ 27–35 HRG) und Hochschulabschlüsse (§§ 9–13 und 15–20 HRG) in konkurrierender Gesetzgebung zu regeln, Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG. Die Länder haben die Möglichkeit, von den bundesrechtlichen Normen abweichende (landesrechtliche) Regelungen zu erlassen (Art. 72 Abs. 3 Nr. 6 GG). Der Bund hat seinerseits die Möglichkeit, die nach Art. 125 b Abs. 1 GG weiter geltenden Vorschriften des HRG über die Hochschulabschlüsse (§§ 9–21 HRG) und die Hochschulzulassung (§§ 29–35 HRG) aufzuheben und insoweit von Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG Gebrauch zu machen.

Daneben wurde von den Gemeinschaftsaufgaben des Art. 91 a GG der „Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkiniken“ gestrichen und durch Art. 91 b GG ein vorhabenbezogenes Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Wissenschaft ermöglicht. Bereits 2015 kam es zu einer erneuten Änderung des Art. 91 b Abs. 1 GG, mit der die Lehre ausdrücklich aufgenommen wurde und der Begriff „Vorhaben“ entfiel, so dass jetzt ohne eine zeitliche Einschränkung das Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre möglich ist. Im Ergebnis hat sich das föderalistische Gefüge insoweit verschoben, als die Rechtsetzungskompetenz im Ergebnis auf die Länder übergegangen ist, der Bund aber durch eine erhebliche Stärkung der exekutiven Mitgestaltungsmöglichkeiten neue Steuerungsmöglichkeiten gewonnen hat.