Medien

  1. I. Kommunikations- und politikwissenschaftlich
  2. II. Soziologisch

I. Kommunikations- und politikwissenschaftlich

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1. Begriffsbestimmung

Unter M. werden i. d. R. Mittel zur Verbreitung kommunikativer Inhalte verstanden, obwohl der Begriff zuweilen allgemeiner verwendet wird. Als Massen-M. gelten nach klassischer Definition Organisationen, die mit Hilfe technischer Mittel unterschiedliche Arten kommunikativer Inhalte produzieren und an ein disperses Publikum vermitteln, wobei dieser Prozess der Massenkommunikation i. d. R. einseitig vom Sender zu den Empfängern (Publikum, Rezipienten) verläuft. Zu den klassischen, traditionellen Massen-M. zählen insb. Presse, Radio und Fernsehen, deren Inhalte neben journalistischer Berichterstattung über das aktuelle Geschehen u. a. auch unterhaltende und allgemeinbildende Angebote sowie Werbung umfassen. Die politische Bedeutung der M. in Demokratien liegt aber v. a. in ihrer aktuellen Berichterstattung, in der sich politische Öffentlichkeit konstituiert, die für die Funktionsweise und Legitimation demokratischer Herrschaft eine herausragende Bedeutung besitzt. Auch in nicht-demokratischen Systemen sind Massen-M. ein zentrales Mittel zur Absicherung von Herrschaft und werden deshalb oftmals scharf kontrolliert und unterliegen unterschiedlichen Formen der Zensur. Neben ihrer unmittelbaren politischen Bedeutung besitzen M. darüber hinaus Relevanz als Träger bzw. Vermittler von Kultur, Traditionen und Identität sowie als Faktor gesellschaftlicher Integration. Zudem haben M. als Werbeträger erhebliche ökomische Bedeutung.

Digitalisierung und Ausbreitung des Internets seit Mitte der 1990er Jahre haben für die klassischen Massen-M. nicht nur einen neuen Verbreitungskanal erschlossen, sondern auch zur Entstehung völlig neuer Arten von Online-M.-Angeboten geführt (z. B. Suchmaschinen, Blogs, Foren, Wikis, Messenger-Dienste). Die technischen Bedingungen des Internets ermöglichen im Vergleich zu den klassischen Massen-M. zumindest prinzipiell ein erheblich höheres Maß an Partizipation, Interaktion, Vernetzung, Beschleunigung, Personalisierung und Algorithmisierung der öffentlichen Kommunikation. Die Möglichkeiten von Bürgern und Akteuren aller Art, auch abseits der klassischen M. Öffentlichkeit herzustellen, haben sich erheblich erweitert (Disintermediation). Aber auch im Rahmen der Onlineangebote klassischer M. sind öffentlich sichtbare Reaktionen von Nutzern sehr viel schneller und einfacher möglich (Kommentarfunktion). Die Grenzen zwischen M.-Gattungen, Angebotstypen, öffentlicher, halböffentlicher und privater Kommunikation verschwimmen im Internet zusehends, da Nutzer unmittelbar zwischen Gattungen und Angeboten wechseln können, ohne die gemeinsame Plattform Internet verlassen zu müssen (M.-Konvergenz). Eine weitere Umwälzung vollzieht sich durch die Ausbreitung mobiler Endgeräte (Mobilkommunikation), die über unterschiedlichste Anwendungen (Apps) ständigen Zugriff auf das Internet und damit fast fortwährende M.-Nutzung ermöglichen („always on“).

Welche Folgen die Expansion des Internets und der Mobilkommunikation für die Strukturen politischer Öffentlichkeit hat, ist Gegenstand intensiver Debatten und Forschungsanstrengungen. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen dabei das Web 2.0 und die sogenannten Sozialen Netzwerke (Facebook, Youtube, Instagram). In Abgrenzung zum Web 1.0, das Onlineangebote umfasst, die im Wesentlichen auf die aus den Massen-M. bekannte einseitige Kommunikation beschränkt bleiben, werden unter diesen Begriffen Dienste bzw. Plattformen gefasst, die sich durch ein hohes Maß an Interaktivität und die Möglichkeit der Nutzer auszeichnen, Inhalte selbst zu produzieren, zu gestalten und zu verbreiten (User-Generated Content).

2. Medienstrukturen

Analysen der gesellschaftlichen Bedeutung von M. setzen auf der abstraktesten Ebene an der Beschreibung und Erklärung der Konstitution von M.-Strukturen bzw. M.-Systemen an. Diese werden i. d. R. vom politischen System bestimmt und haben erheblichen Einfluss darauf, welche Funktionen verschiedenen M. zugeschrieben werden, wie intensiv sie reguliert sind und ob sie eine wirklich eigenständige Rolle als Faktor gesellschaftlicher Prozesse und Entwicklungen spielen. So hängt vom Charakter des politisches Systems bspw. ab, wie stark staatliche Interventionen in das M.-System ausfallen, wie ausgeprägt der politische Parallelismus zwischen Parteien und M. ist, wie kommerzialisiert und wettbewerbsorientiert ein M.-System ist und welche Stellung staatliche bzw. öffentlich-rechtliche M. haben. Verschiedene M.-Systeme lassen sich auf Basis der genannten Dimensionen zu Typen zusammenfassen. In Europa kann man bspw. nordatlantisch-liberale, demokratisch-korporatistische (Mittel- und Nordeuropa) sowie polarisiert-pluralistische (Südeuropa) unterscheiden. Deutschland wird dem demokratisch-korporatistischen Modell zugerechnet, u. a. weil M. eine gesellschaftliche Aufgabe zugewiesen wird, die Presse noch immer vergleichweise hohe Auflagen erzielt, der privat-kommerzielle Rundfunk relativ spät eingeführt wurde und der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch immer eine hohe Reichweite besitzt. Politische Strukturen und Strukturen des M.-Systems (z. B. Wettbewerbsintensität) haben dabei als Kontextfaktoren nicht zuletzt Auswirkungen auf das Verhältnis von Politik und M. (politische Kommunikationskulturen) sowie die Strukturen politischer M.-Berichterstattung.

In vielen westlichen Nationen hat seit Mitte der 1980er Jahre ein durchgreifender M.-Wandel stattgefunden: ein Expansions- und Differenzierungsprozess, der durch ein Zusammenspiel von technischen Innovationen, medienpolitischen Entscheidungen und ökonomischen Strategien von M.-Unternehmen ausgelöst bzw. vorangetrieben wurde. Aus Sicht der Bürger bzw. M.-Nutzer stellte sich diese Entwicklung als erhebliche Pluralisierung von M.-Angeboten dar. Startpunkt dieses Wandelungsprozesses ist die Dualisierung des Rundfunks, also die Zulassung privater Rundfunkveranstalter neben den bis dahin allein bestehenden öffentlich-rechtlichen. Die Digitalisierung der M. und die Ausbreitung des Internets bzw. des WWW seit Mitte der 1990er Jahre haben die Veränderungen nochmals beschleunigt.

Dieser strukturelle Wandel hatte erhebliche Auswirkungen auf die M.-Nutzung der Bürger, veränderte aber auch das Verhalten von Anzeigenkunden insb. im Pressebereich, mit erheblichen Folgen für die ökonomische Situation vieler traditioneller M. und insb. der Tagespresse (M.-Krise). Die erhebliche Ausweitung unterhaltender Angebote, die bereits mit der Dualisierung des Rundfunks begann, hatte eine stärkere Spaltung in informations- und unterhaltungsorientierte Publikumssegmente zur Folge. Die Abwanderung verschiedener Arten von Anzeigen (u. a. Immobilien, Kfz) ins Internet sowie zunehmende kostenlose Verfügbarkeit zuvor zahlungspflichtiger Informationsangebote von Print-M. im Internet verschlechterten die Ertragssituation insb. der Tagespresse erheblich. Erst seit 2010 gehen immer mehr M. dazu über, ihre Angebote auch im Internet zahlungspflichtig zu machen (Paid Content), wobei verschiedene Modelle zum Einsatz kommen (z. B. Paywall, Social Payment).

Da sich M. und ihre Angebote nach wie vor mit erheblicher Geschwindigkeit verändern, wird über die Folgen insb. für die politische Öffentlichkeit vor intensiv debattiert, u. a. darüber, ob zunehmende, ökonomisch motivierte Publikumsorientierung zu generellem Qualitätsverlust in der aktuellen Berichterstattung führt; ob dieser Qualitätsverlust oder journalismuskritische Online-Angebote das Vertrauen in traditionelle M. beschädigen (Lügenpresse-Diskussion); ob die Pluralisierung von M.-Angeboten und der Einsatz algorithmen-gesteuerter Personalisierungstechnologien in Online-M. zu einer Fragmentierung von Öffentlichkeit und Bildung in sich abgeschlossener, homogener Teilöffentlichkeiten führt (Echokammern), und ob die Bedingungen des Internets zum Verfall der Qualität politischer Diskurse (Hassrede) sowie zu zunehmender Ausbreitung von Gerüchten und Verschwörungstheorien beitragen. Auch über sich daraus ergebende Notwendigkeiten der M.-Regulierung wird kontrovers diskutiert, etwa im Hinblick auf Daten- und Persönlichkeitsschutz, auf die Rechte an Daten, die Menschen im Internet durch ihre Nutzung hinterlassen und die kommerziell genutzt werden, sowie hinsichtlich der Verantwortung, die Plattformbetreiber für die auf ihren Angeboten publizierten Inhalte haben (NetzDG).

3. Journalistische Nachrichtenauswahl

Die Produktion jeglicher Art massenmedialer Inhalte ist ein komplexer Prozess, auf den eine Vielzahl normativer, ökonomischer, technischer, sozialer und politischer Einflüsse einwirkt. Allerdings unterscheiden sich die Entstehungsprozesse fundamental danach, um welche Art von Inhalten es sich handelt (z. B. fiktionale TV-Formate, Musikauswahl für Radiosender, Produktionsprozess einer Lifestyle-Zeitschrift). Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung aktueller Berichterstattung kommt der Frage, wie in den Redaktionen Entscheidungen darüber getroffen werden, ob und in welcher Form Themen, Ereignisse und Akteure Eingang in ihre aktuelle Berichterstattung finden, die größte Relevanz zu. Diese Zusammenhänge sind Gegenstand der Journalismusforschung und verschiedener Theorien der Nachrichtenauswahl, die den Schwerpunkt ihrer Erklärung entweder auf die Merkmale von Themen und Ereignissen oder auf die Motive und Interessen von M. und Journalisten legen.

Generell ist davon auszugehen, dass die journalistisch konstruierte M.-Realität schon allein aufgrund der Notwendigkeit zur Selektion weniger Themen und Ereignisse aus einem kaum überschaubaren Angebot stets nur eine mehr oder weniger gute Annäherung an die gesellschaftliche Realität darstellen kann. Wie stark entsprechende Abweichungen bzw. Verzerrungen sind, ist ein Indikator dafür, wie gut M. ihre gesellschaftlichen Funktionen erfüllen. Zudem hat sich gezeigt, dass Prozesse der Nachrichtenauswahl nicht allein und wohl auch nicht vornehmlich durch individuelle Merkmale von Journalisten (Journalismus) geprägt werden, also etwa durch Herkunft, Geschlecht oder politische Einstellungen. Vielmehr deuten zahlreiche Studien darauf hin, dass v. a. die organisationale Ebene, also die jeweilige Redaktion bzw. das Medium, entscheidend sind. Wesentliche Ursache dafür ist, dass M. i. d. R. hierarchisch organisiert sind und leitende Redakteure oder Verleger Richtlinien vorgeben, die die redaktionelle Linie bestimmen oder über ihre Entscheidungsmacht erheblichen Einfluss auf Auswahl und Gestaltung ausüben können. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche M., die zumindest in Deutschland kodifizierte Programm-Richtlinien besitzen, die sich aus ihren in Staatsverträgen festgelegten Aufgaben ableiten. Darüber hinaus werden die Strukturen der Berichterstattung auch von den Charakteristika von M.-Systemen bzw. M.-Märkten und gesellschaftlich-historischen Faktoren beeinflusst, etwa von der jeweiligen politischen Kultur oder presserechtlichen Vorgaben (Presserecht).

Grundsätzlich lassen sich Nachrichtenauswahl bzw. Strukturen journalistischer Berichterstattung nur dann befriedigend erklären, wenn man sowohl die reale Ereignislage als auch die Kriterien der Nachrichtenauswahl in Betracht zieht. Diese Kriterien können sich zwischen verschiedenen M.-Gattungen und Einzel-M. erheblich unterscheiden. Die Berücksichtigung dieser Faktoren liegt dem Zwei-Komponenten-Modell der Nachrichtenauswahl zugrunde, das verschiedene klassische Ansätze integriert. Zur Erklärung muss man einerseits wissen, welche Themen und Ereignisse mit welchen Merkmalen überhaupt zur Auswahl stehen und andererseits, welchen dieser Merkmale Journalisten welches Gewicht im Rahmen ihrer Publikationsentscheidung beimessen. Die journalistisch relevanten Merkmale werden als Nachrichtenfaktoren bezeichnet. Dazu zählen bspw. die Reichweite eines Themas oder Ereignisses, seine Konflikthaltigkeit bzw. sein Schadenspotential, die Prominenz oder Bedeutung der beteiligten Personen, sowie die wirtschaftliche, politische oder geographische Nähe des Ereignisortes. Inwieweit diese Merkmale Einfluss auf die Publikationsentscheidung haben, hängt jedoch maßgeblich von der zweiten Komponente des Modells ab, den Selektionskriterien. Sie definieren das relative Gewicht, das ein Nachrichtenfaktor für eine Publikationsentscheidung erhält. Verantwortlich für Berichterstattungsunterschiede kann demnach sein, dass verschiedenen Nachrichtenfaktoren in den Redaktionen unterschiedliches Gewicht beigemessen wird. So hat der Nachrichtenfaktor Prominenz für die Boulevardpresse höheres Gewicht als für eine überregionale Qualitätszeitung.

4. Medieninhalte

Die aktuelle Berichterstattung macht nur einen Teil aller massenmedial verbreiteten Botschaften aus, die bspw. auch unterhaltende Formate, Musik oder Werbung umfassen. Dennoch kommt dieser redaktionell produzierten Berichterstattung in demokratischen Gesellschaften, die auf eine funktionierende politische Öffentlichkeit angewiesen sind, die größte gesellschaftliche Bedeutung zu. Entspr. wird der Frage, welche Muster die politische Berichterstattung kennzeichnen, in Forschung und Öffentlichkeit bes. Beachtung geschenkt. Den Maßstab für die wissenschaftliche Beurteilung der Leistungen bzw. der Funktionserfüllung der M. bilden oftmals demokratietheoretisch hergeleitete und/oder professionell-journalistische Qualitätskriterien. Diese und damit auch die Qualitätsurteile können sich jedoch deutlich unterscheiden, etwa deshalb, weil unterschiedliche demokratietheoretische Vorstellungen zugrunde gelegt werden (z. B. liberales v deliberatives Paradigma). Die Forschung zeigt außerdem, dass Laien die Qualität von M.-Berichten oftmals nur schlecht einschätzen können und Qualitätsurteile stark vom Vertrauen in eine M.-Quelle und von der Übereinstimmung des M.-Tenors mit der eigenen Meinung beeinflusst werden.

International vergleichende Untersuchungen politischer Berichterstattung zeigen, dass ihre Intensität und inhaltliche Ausprägung zwischen verschiedenen Ländern, M.-Gattungen und Einzel-M. oftmals erheblich divergieren. Im Ländervergleich wird sichtbar, dass ein intensiverer M.-Wettbewerb zu stärkerer Personalisierung und Negativität politischer Berichterstattung beiträgt, der Grad des Föderalismus ebenfalls die Personalisierung fördert und eine größere Zahl von Parteien mit Regierungsbeteiligung eine stärkere Akzentuierung strategischer Aspekte von Politik zur Folge hat (Strategic News Framing). Im Vergleich westlicher Länder zeigt sich, dass in manchen weniger über politische Inhalte und mehr über Strategien bzw. negativer, personalisierter und interpretativer berichtet wird. Dies ist etwa in Frankreich, Griechenland, Israel, Italien oder den USA der Fall. In einer Reihe skandinavischer und mitteleuropäischer Länder (z. B. Deutschland, Niederlande) ist die politische Berichterstattung dagegen ausgewogener und stärker an politischen Sachthemen orientiert.

Allerdings haben Charakteristika der jeweiligen M.-Organisationen einen sehr viel stärkeren Einfluss als nationale Kontextfaktoren. So sind die TV-Nachrichten privatwirtschaftlich organisierter Sender typischerweise interpretativer, negativer, personalisierter und weniger politisch als jene öffentlich-rechtlicher Sender. Diese legen dagegen einen stärkeren Schwerpunkt auf Sachpolitik und haben ingesamt einen höheren Anteil politischer Nachrichten. Im Vergleich von Qualitäts- und Boulevardpresse haben Qualitäts-M. ebenfalls einen höheren Politikanteil, zeichnen sich jedoch gleichzeitig durch einen starken Fokus auf strategische Aspekte des Politikbetriebs und eine vergleichsweise starke Intensität von negativ gefärbten und kritischen Beiträgen aus. Die parteipolitische Polarisierung der M. ist in Deutschland vergleichsweise gering, was auch dadurch zu erklären ist, dass sowohl im öffentlich-rechtlichen wie im privaten Rundfunk Regelungen zur Sicherung von Ausgewogenheit und Vielfalt eine zentrale Rolle spielen. Politisch extremere und einseitigere M.-Angebote finden sich zwar auch im Pressebereich, haben aber v. a. im Internet zugenommen.

5. Mediennutzung

M. stellen für die Bürger moderner Gesellschaften den wichtigsten Zugang zu gesellschaftlicher Realität abseits der persönlichen Erfahrungswelt dar. Unterschiedliche M.-Systeme und unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zu M. konstituieren dabei spezifische Informationsumgebungen, die verschiedenartige Gelegenheitsstrukturen für die Konfrontation mit aktuellen politischen Informationen schaffen. Diese auch historisch bedingten Gelegenheitsstukturen sind neben individuellen Faktoren (z. B. politisches Interesse, politische Einstellungsmuster) verantwortlich für spezifische Muster der M.-Nutzung und die Bedeutung, die unterschiedliche M.-Gattungen und M.-Formate als Quellen politischer Information in verschiedenen Ländern besitzen. Auch in westlichen Industriegesellschaften und selbst innerhalb Europas divergiert die Bedeutung verschiedener M.-Gattungen wie Print, Fernsehen, Internet und Sozialer Netzwerke für die aktuelle Information der Bürger z. T. nach wie vor erheblich.

Die rasante Entwicklung hat dazu geführt, dass sich die M.-Nutzung zwischen der älteren und jüngeren Generation heute so stark unterscheidet, wie vermutlich kaum je zuvor. Trotz eines erheblichen Bedeutungsgewinns des Internets seit Mitte der 1990er Jahre ist die M.-Nutzung in Deutschland aber im internationalen Vergleich nach wie vor durch eine hohe Bedeutung traditioneller Massen-M. und ihrer Onlineangebote gekennzeichnet. Soziale Netzwerke und sogenannte Alternativ-M. stellen dagegen nur für wenige Menschen die wichtigste oder gar die einzige Quelle von Informationen über das aktuelle Geschehen dar. Eine Ursache dafür ist neben der Stärke und Qualität der traditionellen M., dass Soziale Netzwerke in Deutschland noch immer stark als M. der Kommunikation über Privates bzw. zur Kommunikation mit dem unmittelbaren sozialen Umfeld betrachtet werden. Nutzer von Nachrichtenanbietern oder explizit politischen Angeboten, sind dort nach wie vor in der Minderheit. Dies ist einer der Gründe, warum die Ausbreitung des Internets nicht zu einer Angleichung der Intensität geführt hat, mit der sich politisch Interessierte und Desinteressierte aktuellen politischen M.-Angeboten zuwenden. Stattdessen hat die M.-Expansion diese Kluft eher vergrößert, was auch damit erklärt werden kann, dass Inhalte im Internet aktiv aufgesucht werden müssen (Pull-M.), während man politischen Inhalten im Fernsehen oder Radio mit höherer Wahrscheinlichkeit auch zufällig und nebenbei begegnet (Push-M.). Ob entsprechende Effekte in Sozialen Netzwerken wieder stärker auftreten, ist umstritten.

Generell unterscheiden sich die Intensität der informierenden M.-Nutzung und die Art der dabei genutzten M.-Gattungen und M.-Typen sowohl auf der individuellen als auch auf der Ebene sozialer Gruppen bzw. Milieus ganz erheblich. Auf individueller Ebene gehen wichtige Einflüsse von politischem Interesse, formaler Bildung, Alter und Geschlecht aus. Politisch Interessierte, höher Gebildete, Ältere und Männer nutzen aktuelle politische Informationen häufiger und wenden sich dabei eher überregionalen Zeitungen und den Informationsangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu. Dem entspricht der Befund, dass insb. in prekären sozialen Milieus mit höherer Distanz zur Politik die geringste Nutzung überregionaler und regionaler Tageszeitungen sowie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu beobachten ist, hingegen privatwirtschaftlich organisierter Rundfunk und Soziale Netzwerke die größte Bedeutung als Quelle aktueller Information besitzen. Zudem ist in diesen Milieus und Gruppen auch der Anteil derjenigen am größten, die die mediale Berichterstattung über das aktuelle Geschehen überhaupt nicht mehr regelmäßig verfolgen. Verschiedene Studien zeigen, dass der Anteil dieser Nichtnutzer bzw. Nachrichtenverweigerer seit der Deregulierung des Rundfunks und der damit einhergehenden Expansion von Unterhaltungsangeboten in zahlreichen Ländern Europas deutlich angewachsen ist. Da die Gruppe derjeningen, die sich von Nachrichtenangeboten abwenden, auch sozial klar konturiert ist, kann man von einer zunehmenden informationellen Spaltung der Gesellschaft ausgehen, die Folgen für die gesellschaftliche Verteilung politischen Wissens und vermutlich noch weitere Folgewirkungen hat, etwa im Hinblick auf die soziale Differenzierung von Wahlbeteiligung. Gestützt wird dies auch von international vergleichenden Studien, die einen Zusammenhang zwischen der Kommerzialisierung von M.-Systemen bzw. der Stärke von öffentlich-rechtlichen Anbietern einerseits sowie der Größe gesellschaftlicher Wissensdifferenzen andererseits nahelegen.

6. Medienwirkungen

Das breite Spektrum gesellschaftlich relevanter M.-Effekte reicht von Nachahmungseffekten als Reaktion auf Suizidberichte (Werther-Effekt) über die Veränderung der Wahrnehmung des eigenen Körpers als Reaktion auf Körperdarstellungen in der Werbung bis hin zu Einflüssen von TV-Serien auf Berufswünsche. Bes. Aufmerksamkeit finden jedoch politik-bezogene Wirkungen. Trotz erheblicher konzeptueller und theoretischer Differenzen im Detail herrscht in der kommunikationswissenschaftlichen Rezeptions- und Wirkungsforschung weitgehend Einigkeit, dass M.-Wirkungen auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen betrachtet werden können. Unter individuellen oder Mikro-Wirkungen wird die Veränderung, Stabilisierung oder Formung von Emotionen, Vorstellungen und Wissen, Meinungen und Einstellungen sowie Verhalten bzw. Handeln verstanden, die ganz oder teilweise auf die Existenz oder die Inhalte von M. zurückgeführt werden können. Wirkungen können einerseits aus dem unmittelbaren Kontakt des Einzelnen mit M.-Inhalten resultieren (direkte M.-Wirkungen), andererseits durch die Vermittlung anderer Instanzen zustande kommen, etwa wenn massenmediale Inhalte Menschen erst über interpersonale Kommunikation erreichen (indirekte M.-Wirkungen). Aus individuellen M.-Wirkungen können dann weitere Effekte entstehen, die auf der Ebene von Milieus, Gruppen und Organisationen (Meso-Wirkungen) oder auf der Ebene der Gesamtgesellschaft (Makro-Wirkungen) beobachtet werden können (z. B. Wertewandel, politische Polarisierung). Solche Wirkungen können sich bspw. daraus ergeben, dass auf viele Mitglieder eines Milieus ähnliche Effekte wirksam oder massenmedial vermittelte Informationen über Gespräche weitergetragen bzw. verstärkt werden. Gleichzeitig bilden Wahl- und Parteiensystem, politische Kultur und jeweiliges M.-System wichtige Rahmenbedingungen für Wirkungsprozesse. Allerdings lassen sich zahlreiche (sozial-)psychologisch begründete Wirkmechanismen über verschiedene kulturelle und nationale Kontexte hinweg beobachten und entspr. generalisieren.

6.1 Medienwirkungen auf Bürger

Neuere Modelle konzeptualisieren individuelle M.-Rezeptionen als dynamische Abfolge von Auswahl- und Wirkungsprozessen, in denen einmal auftretende Effekte Voraussetzungen für die künftige Auswahl und Verarbeitung von M.-Inhalten bilden. Dies kann dazu führen, dass sich selbstverstärkende Prozesse aus M.-Selektion, M.-Wirkung und M.-Selektion ergeben (reinforcing spirals). Die Auswahl, Wahrnehmung und Wirkung von M.-Inhalten hängt dabei ganz wesentlich von den individuellen Prädispositionen der Rezipienten ab, etwa ihrem politischen Interesse, ihren politischen Einstellungen und den Motivationen in spezifischen Nutzungssituationen. Diese Faktoren führen zu erheblichen interindividuellen Differenzen bei der Selektion, kognitiven Verarbeitung und Bewertung von M.-Inhalten (motivated reasoning). Ein Faktor ist in diesem Zusammenhang die Tendenz zur Vermeidung bzw. verzerrten Wahrnehmung dissonanter, nicht mit eigenen Vorstellungen übereinstimmender Informationen (confirmation bias).

Im Bereich der politikbezogenen M.-Wirkungen gilt möglichen Effekten auf Partei- und Kandidatenpräferenzen bzw. Wahlentscheidungen besonderes Interesse. Daneben werden nicht nur der Wahlentscheidung theoretisch vorgelagerte Emotionen, Vorstellungen, Urteile und Einstellungen untersucht, sondern auch M.-Wirkungen auf politische Sozialisation, politisches Interesse, politisches Wissen, politische Beteiligung, die Wahrnehmung des politischen Meinungsklimas und Einstellungen zum politischen System (Politikverdrossenheit). Alle diese M.-Effekte sind i. d. R. abhängig von spezifischen Randbedingungen, also bspw. von den Prädispositionen der Rezipienten oder situationalen Faktoren, sowie von den konkreten M.-Inhalten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt publiziert und von den Rezipienten genutzt bzw. wahrgenommen werden.

Die analytische Isolierung von M.-Effekten stellt dabei v. a. auf der individuellen Ebene noch immer eine erhebliche methodische Herausforderung dar. Dies hat u. a. mit der Dynamik von Kommunikations- und Wirkungsprozessen und dem Ineinandergreifen unterschiedlicher M.-Quellen zu tun, deren sich verändernde Inhalte mit möglichen Effekten bei verschiedenen Rezipienten in Beziehung gesetzt werden müssen. Zudem heben sich gegenläufige Wirkungen unterschiedlicher M. oder in unterschiedlichen Gruppen unter Umständen im Aggregat gegenseitig auf, so dass ein Nachweis nur durch aufwändige Individualanalysen möglich ist, die Veränderungsprozesse in der Zeit abbilden können (z. B. Panel- oder Rolling Cross-Section-Design). Dennoch liegt eine Fülle von Nachweisen für eine Vielzahl politikbezogener M.-Wirkungen vor. Intensität, Reichweite und Dauerhaftigkeit dieser M.-Effekte variieren aber z. T. erheblich.

Als konkrete Ursachen werden je nach Wirkungsphänomen unterschiedliche Charakteristika aktueller Berichterstattung betrachtet: Dazu zählt erstens die Intensität der Berichterstattung über ein Thema, einen Akteur etc. Sie steht etwa im Mittelpunkt von Studien zu Effekten der reinen Sichtbarkeit von Parteien und Politikern auf Wahlverhalten (Visibility-Effekte), zu Einflüssen auf die durch die Bevölkerung wahrgenommene Bedeutsamkeit von Themen (Agenda-Setting-Effekte), zu Veränderungen von Realitätsvorstellungen und Wissensbeständen (Kultivations-Effekte, Lern-Effekte, Meinungsklima-Effekte) oder zur Veränderung der Kriterien, nach denen Sachverhalte oder Akteure beurteilt (Priming-Effekte; Issue-Priming-Effekte) werden. Ein zweites Merkmal ist die Akzentuierung verschiedener Themen- oder Ereignisaspekte. Die Fokussierung kann dabei Auswirkungen darauf haben, wie Sachverhalte und politische Lösungsvorschläge wahrgenommen und wie Verantwortung attribuiert wird (Framing-Effekte; instrumentelle Aktualisierung). Drittens geht es um die Einflüsse des Tenors der Berichterstattung, also ihrer wertenden Tendenz. Der Tenor wird v. a. als mögliche Ursache der Veränderung von Vorstellungen, Meinungen, Einstellungen und Handeln betrachtet (Image-Effekte, Affective Priming, Persuasions-Effekte). Viertens geht es um mögliche Effekte formaler Merkmale, also etwa um Auswirkungen des Einsatzes verschiedener sprachlicher und visueller Darstellungsmittel (z. B. Visualisierung, Fallbeispiele, Grafiken, Musik). Schließlich werden auch strukturelle Merkmale wie Vielfalt, Ausgewogenheit oder Konsonanz der Berichterstattung in einzelnen M., M.-Gattungen oder innerhalb eines gesamten M.-Systems in den Blick genommen.

6.2 Medienwirkungen auf die Politik

M.-Wirkungen auf die Politik lassen sich auf verschiedenen Analyseebenen, aber auch in unterschiedlichen Phasen des politischen Prozesses unterscheiden. Eine wichtige Bedingung für Effekte auf einzelne Politiker ist, dass sie selbst davon ausgehen, dass die Berichterstattung auf Bürger, aber auch auf politische Konkurrenten und Parteifreunde wirkt. So motiviert die Annahme starker M.-Wirkungen Politiker zu aktiverer M.-Arbeit, die sich wiederum in häufigerer M.-Berichterstattung niederschlägt. Zudem gibt es Belege dafür, dass manche Politiker eher Themen aufgreifen, die intensive Beachtung durch die M. erwarten lassen. Entsprechende Untersuchungen zu Mikrowirkungen auf Politiker knüpfen aus theoretischer Sicht v. a. an (sozial-)psychologische Konzepte der Reziproken Effekte, den Third-Person-Effekt sowie die Theory of Presumed Media Influence und das Hostile Media Phenomenon an.

M.-Effekte auf der Meso- und Makroebene des politischen System werden dagegen nicht mit (sozial-)psychologischen Modellen, sondern oftmals anhand institutioneller Ansätze untersucht. Strittig ist, ob der Einfluss von M., M.-Logik und M.-Berichterstattung im Laufe der letzten Jahrzehnte generell zugenommen hat, ob also eine Medialisierung der Politik zu beobachten ist. Dafür spricht die generelle Expansion von M. und M.-Nutzung, aber auch die Abnahme von Parteibindungen, die dazu führen, dass politische Akteure mögliche M.-Wirkungen stärker in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen. Auch wird diskutiert, ob eine zunehmende Antizipation der Selektions- und Präsentationslogiken von M. zu einer Veränderung der Kriterien führt, nach denen politisches Personal ausgewählt wird. Allerdings sind auch gegenläufige Entwicklungen zu beobachten, die den Einfluss journalistischer M. wieder einzuschränken vermögen. So können politische Akteure heute sehr viel leichter journalistische M. umgehen und Wähler direkt über Internet und Soziale Netzwerke erreichen (Bypassing). Bes. bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, welche Einflüsse die M.-Logik bzw. politische M.-Berichterstattung auf politische Entscheidungen haben. Generell scheinen M.-Wirkungen darauf, mit welchen Themen sich die Politik beschäftigt, sowie Effekte auf symbolische politische Handlungen (Symbolische Politik) wahrscheinlicher als Effekte auf die Substanz politischer Entscheidungen. Allerdings werden in der Literatur auch solche Effekte beschrieben.

7. Medien- und Kommunikationswissenschaft

Das wissenschaftliche Interesse an gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen reicht bis in die Antike zurück. Philosophen wie Aristoteles, Plato, Quintilian oder Cicero beschäftigten sich mit den Mechanismen der Rhetorik, später Denker wie Sun Tzu, Thomas von Aquin, William Shakespeare oder Niccolò Machiavelli mit der Kunst des Überzeugens und Überredens. Seit der durch Johannes Gutenberg im 15. Jh. initiierten M.-Revolution motivierten die M.-Innovationen der folgenden Jahrhunderte Wissenschaftler ganz unterschiedlicher Disziplinen immer wieder, über das Wesen öffentlicher Kommunikation zu reflektieren. Denn die Veränderung von Kommunikationsstrukturen beeinflusst oftmals auch gesellschaftliche Machtstrukturen. Die Geschichte der M.- und Kommunikationsforschung ist deshalb eng mit politischen Fragestellungen verknüpft. Bis in das späte 19. Jh. stand wissenschaftliches Nachdenken über Kommunikation und M. ganz in der Tradition der Geisteswissenschaften. Geschichtswissenschaft und politische Ökonomie waren die wichtigsten Ursprünge. Dies änderte sich mit der Etablierung der modernen Sozialwissenschaften.

An der Wende vom 19. zum 20. Jh. gehörten Gelehrte aus den USA, Frankreich und Deutschland zu den ersten in einem sich neu entwickelnden Feld der M.- und Kommunikationswissenschaft, das begann, sich sozialwissenschaftlicher Forschungsmethoden zu bedienen, aber zunächst v. a. der akademischen Journalistenausbildung diente. Dies galt auch für das erste europäische Institut für Zeitungswissenschaft, das 1916 in Leipzig gegründet wurde. Die Angebotsexplosion im Bereich der Presse, die Entwicklung elektronischer und später digitaler M. sowie das Interesse an den Ursachen mutmaßlicher Erfolge politischer Propaganda und Werbung trugen in der Folgezeit wesentlich zur Etablierung und Expansion des Feldes bei. Die Notwendigkeit systematischer Beschäftigung mit entsprechenden Fragestellungen wurde in Politik und Gesellschaft zunehmend anerkannt, so dass das Feld seit den 1970er nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern expandierte. Methoden und Fragestellungen waren dabei zunächst von US-amerikanischen Vorbildern ebenso geprägt wie von den Auseinandersetzungen des Kalten Krieges. Allerdings setzte bald eine Diversifizierung ein und das Spektrum der Fragestellungen erweiterte sich beträchtlich. Die großen nationalen und internationalen Fachgesellschaften umfassen eine Vielzahl thematisch orientierter Fachgruppen, die nahezu alle Aspekte individueller und gesellschaftlicher Kommunikation in den Blick nehmen. Dabei haben sich auch die disziplinären Zugänge wieder diversifiziert, so dass sich in Deutschland bspw. zwei Fachgesellschaften finden, von denen die eine eine eher sozialwissenschaftlich orientierte Kommunikations- und M.-Wissenschaft, die andere eine eher geisteswissenschaftlich orientierte M.-Wissenschaft repräsentiert.

II. Soziologisch

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1. Begriffsumgrenzung

M. finden sich aktuell in fast allen Bereichen des Alltags und auch in der Praxis und der Theorie fast aller wissenschaftlichen Disziplinen. Sie sind omnipräsent: Alle Teilbereiche der Gesellschaft werden durch den Gebrauch der M., durch die Materialität der M. und durch die Inhalte der M. wesentlich beeinflusst.

Diese omnipräsente Nutzung des M.-Begriffs ist eine wesentliche Ursache dafür, dass sich heute sehr viele unterschiedliche, oft nicht miteinander kompatible Gebrauchsweisen des Wortes „Medium“ bzw. „M.“ finden lassen. Je nach Fachdisziplin oder theoretischer Ausrichtung variieren die Definitionen teils erheblich. Gemeinsam ist fast allen Begriffen lediglich die Vorstellung, M. seien etwas, was „dazwischen“ ist, M. seien Dinge, Techniken oder Menschen, die zwischen zwei Parteien etwas vermitteln. Nach Niklas Luhmann: Das Medium ist durch eine lose Kopplung zwischen Elementen (die praktisch als voneinander unabhängig betrachtet werden können) gekennzeichnet.

Aus soziologischer wie auch kommunikationswissenschaftlicher Sicht sind M. im weiten Sinne entweder Menschen oder von Menschen geschaffene Techniken, Organisationen und Institutionen oder auch Dinge, die es ermöglichen, kommunikative Handlungen über Raum- und Zeitgrenzen hinweg zu beobachten, zu übertragen, zu speichern, zu bearbeiten, zu erzeugen und auch auszuführen. M. werden entweder von individuellen Nutzern im Alltag gebraucht, um ihren Alltag zu gestalten, oder von institutionellen Nutzern bzw. Organisationen, welche die M. einsetzen, um ihr Handlungsziel besser zu erreichen, so z. B. ökonomischen Gewinn zu erzielen. M. sind immer eingebunden in soziale Organisationen und Unternehmen, die daran interessiert sind, bestimmte M. und M.-Inhalte in den Markt zu bringen und am Markt zu halten.

Verkompliziert hat sich die Lage in den letzten Jahrzehnten v. a. dadurch, dass einige Kommunikations-M. (meist aufgrund der Einbindung via Internet) miteinander verschmelzen und sich vollkommen neue Möglichkeiten der Nutzungsermächtigung und Nutzungsberechtigung ergeben, somit immer weniger klar zu unterscheiden ist zwischen denen, die M.-Inhalte herstellen, und denen, die diese Inhalte und M. (nur) nutzen.

Eine solche weite Begriffsumgrenzung fokussiert allein die Kommunikations-M. Adressiert sind damit v. a. M. wie Stimme, Sprache, Schrift, Buchdruck, Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen, sowie Telefon, Internet und die sogenannten sozialen M. (Social Media). Im Weiteren richtet sich die Betrachtung nur noch auf die Kommunikations-M.

Diese ermöglichen es Menschen, andere Menschen über die Raum- und Zeitgrenzen zu erreichen bzw. anzusprechen und sie im Hinblick auf ihre Ideen, Ziele und Wünsche zu beeinflussen. Dabei schafft jedes Medium aufgrund seiner Materialität eine eigene Form von Öffentlichkeit. So erreicht die Stimme nur die, die sich in Hörweite aufhalten, während Zeitungen all jene erreichen, die lesen und die Sprache verstehen können und bereit sind, für die Zeitung zu bezahlen oder sie in Bibliotheken oder Kaffeehäusern zu lesen.

Kommunikations-M. können jedoch kein bestimmtes Verhalten erzwingen, sondern lediglich nahelegen (auch indem sie Druck aufbauen oder Verpflichtungen einklagen). Dabei hängt die Wahrscheinlichkeit, dass Angesprochene dem kommunikativ angetragenen Wunsch Ansprechender folgen, von der Kommunikationsmacht des Ansprechenden ab.

2. Gesellschaftliche Wirkungen

Traditionellerweise steht in wissenschaftlicher Forschung und gesellschaftlicher Diskussion v. a. die Wirkung der Inhalte von Kommunikations-M. im Vordergrund – also die intentional übermittelten Inhalte oder die Botschaft. Oft wird befürchtet, dass Unmoralisches zur gesellschaftlichen Unmoral anstiftet, oder es wird erhofft, dass die gezeigten Wege zum Guten von den Rezipienten auch beschritten werden. Ob die Inhalte der M. wirklich solche weitreichenden, handlungsanstiftenden Folgen haben, ist umstritten.

Führend in dieser Debatte ist die Position von Stuart Hall. M.-Inhaltsrezeption wird in diesem Ansatz als produktive Auseinandersetzung eines Nutzers mit einem „Text“ verstanden, der grundsätzlich polysem (mehrdeutig) ist. S. Hall unterscheidet drei Lesarten von Texten durch die Nutzer: die dominant-hegemoniale (= die gewünschte, offizielle Lesart wird vom Nutzer angenommen), die ausgehandelte (Zwischenstufe mit Anteilen der dominant-hegemonialen und der eigenständigen/oppositionellen) und die oppositionelle (= widerständige) Lesart. So kann man das medial übertragene Statement eines Politikers als Bekundung seiner Überzeugung ernst nehmen (dominant), man kann es als reines Wahlkampfmanöver und somit unwahr und täuschend auffassen (oppositionell, subversiv) oder verschiedenste Zwischenstufen aus beiden Extremen einnehmen (ausgehandelt).

Von der Wirkung des Inhalts ist deutlich zu unterscheiden die M.-Wirkung, die von der Materialität des Mediums ausgeht. Die Materialität der M. ändert die Welt schon allein dadurch, dass das Medium in der Welt ist, dass es einen bestimmten Raum einnimmt, dass es einen Körper hat, dass dieser Körper produziert, dass er verteilt, dass er funktionieren, dass er repariert und später auch entsorgt werden muss. Aber zur Materialität der M. gehört auch, dass die Widerständigkeit des M.-Körpers diejenigen, welche die M. nutzen wollen, zu bestimmten Wahrnehmungen und Handlungen bewegen, damit sie genutzt werden können. Dadurch greifen die M. sowohl in die Körperlichkeit als auch die Sinnlichkeit der Nutzer ein. Manche M. fordern Auge oder Ohr, manche Fingerspitzen oder technisches Verständnis. So werden bestimmte Fertigkeiten, aber auch bestimmte Wahrnehmungsorgane geübt, verfeinert oder verstärkt; andere Fertigkeiten und Wahrnehmungsorgane aber werden entlastet und entwickeln sich manchmal zurück. So fordern und fördern die oralen M. Menschen in anderer Weise als die literalen oder digitalen M.

M. entfalten aber auch dadurch Wirkung, dass sie im Alltag der Menschen alltäglich gebraucht, angeeignet werden. Die M.-Aneignung ändert nicht nur den, der sich dem Medium anpasst, um es zu benutzen. M.-Nutzung verändert vielmehr auch die Interaktion und Kommunikation zwischen den Individuen, schafft neue Handlungsbereiche bzw. verschließt andere, verknüpft Menschen miteinander oder trennt sie, eröffnet und schließt Welten, schafft soziale Gruppierungen, neue Institutionen und neue Organisationen.

Der Prozess der Aneignung von M. ist von der Einführung eines neuen Mediums bis zu seinem alltäglichen Gebrauch keineswegs ein einheitlicher, sich spontan und in einem Schritt herstellender Prozess. Neue M. erreichen zudem nicht die Gesellschaft im Ganzen. Vielmehr nutzen unterschiedliche (meist privilegierte) Gruppen sie zu unterschiedlichen Zeiten und Zwecken. Jedes Medium verändert die gesellschaftliche Interaktion und Kommunikation und gestaltet somit die Gesellschaft, aber auch sich selbst um.

3. Medialisierung und Mediatisierung

Mit dem Begriff der Medialisierung wurden und werden die Transformationen der Gesellschaft adressiert, die mit dem Aufkommen neuer (Massen-)Kommunikations-M., insb. von Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen einhergehen. Insb. werden damit die Funktionsveränderungen/-verluste verschiedener Bereiche gesellschaftlichen Lebens in den Blick genommen, v. a. die in der Politik, der Wissenschaft und der Kultur.

Der Begriff der Mediatisierung ist sehr viel jüngeren Datums. Er adressiert vornehmlich, dass Leben und Erfahrungen der Menschen im Alltag zunehmend in und mit Bezug auf mediatisierte Welten stattfinden. Sowohl Kultur und Alltag, als auch alle Teile der Gesellschaft werden durch den Gebrauch der M. wesentlich beeinflusst, oft sogar geprägt. Zu analytischen Zwecken kann man Medialisierung und Mediatisierung voneinander abtrennen. Praktisch und empirisch sind es zwei ineinanderfließende Prozesse ohne scharfe Grenzen.

Beim Prozess der Mediatisierung sind mehrere Stufen auseinanderzuhalten, die wegen der Unterschiedlichkeit der M. jedoch nicht generell für alle M. gelten. Die Reihenfolge der einzelnen Stufen ist nicht zufällig, sondern die nachfolgende Stufe ergibt sich in der Regel aus der vorhergehenden. So lassen sich für den Prozess der Mediatisierung derjenigen M., die selektive Repräsentationen ihrer Welt konstruieren (also z. B. das Fernsehen), auseinander halten:

Die vormediale Stufe: Die gesellschaftliche Praxis vollzieht sich ohne das jeweils neue Medium – allerdings sind in den Alltag die bereits vorhandenen M. eingebunden. Die vormediale Stufe z. B. des Fernsehens wäre die Zeit des Rundfunks und der Zeitungen, also die Zeit des Lesens, Sprechens und Zuhörens. Die vormediale Stufe im Falle des Internet wäre die Zeit des Fernsehens, also die Zeit des Schauens, Hörens, Lesens und Sprechens.

Medialisierung: Die gesellschaftliche Praxis wird mit Hilfe des neuen Mediums entlang der Selektivität des Mediums und der Relevanzen der M.-Akteure konstruiert und (gegen Entgelt) verbreitet. Um im Beispiel zu bleiben: Das Fernsehen zeichnet ausgewählte Bereiche der Wirklichkeit (Krönungen, Fußballspiele, Pressekonferenzen, Filmproduktionen etc.) auf und verteilt diese Aufzeichnungen an ein verstreutes Publikum. Diese Repräsentationen werden entweder als fiktional oder als nichtfiktional gerahmt (Film oder Dokumentation).

Primäre Mediatisierung: Eine hinreichend große Anzahl von Zuschauern erachtet diese Repräsentation der gesellschaftlichen Wirklichkeit für relevant und

a) stimmt ihren Alltag und ihr Handeln darauf ab und entwickelt entsprechende Handlungsgewohnheiten im Umgang mit dem Medium oder

b) macht selbst das Medium zum Gegenstand ihres Handelns, um mit ihm zu handeln. Menschen müssen also in großer Zahl Fernseher kaufen und in ihren Wohnungen platzieren, zudem regelmäßig das Gesendete anschauen. Darüber hinaus müssen sie das Fernsehen in ihr alltägliches Leben einbauen und sich darum bemühen, selbst im Fernsehen aufzutauchen.

Sekundäre Mediatisierung: Sie ist gekennzeichnet durch die systematische Vermessung der M.-Nutzung. Vorgenommen wird diese Vermessung meist durch die Anbieter und/oder Produzenten von M. (im Fall des Fernsehens von der GfK oder den sendereigenen Vermarktungsgesellschaften). Zu dieser sekundären Mediatisierung gehört, dass die Messergebnisse statistisch ausgewertet und dann vermarktet werden. Erworben werden sie, um zur weiteren Gestaltung bzw. Optimierung des Mediums entweder vom Anbieter von M. oder aber für relevante Akteure im Feld genutzt zu werden.

Tertiäre Mediatisierung: Wenn alle in den Prozess der Mediatisierung miteinander verflochtenen Akteure um die systematische Vermessung und Vermarktung der M.-Nutzung wissen, also auch darum, dass sie selbst und ihr Handeln vermessen, ausgewertet und vermarktet werden, kommt es zum (teils bewussten, meist aber praktischen) reflexiven Umgang mit dem Medium und zur strategischen Gestaltung der eigenen M.-Nutzung.

Den Gesamtprozess, also den Prozess von der Medialisierung bis hin zur tertiären Mediatiserung kann man mit dem Begriff der reflexiven Mediatisierung bezeichnen. Reflexiv deshalb, weil Mediatisierung sich immer auch (geplant oder nicht) auf sich selbst bezieht und damit sich selbst mitkonstituiert, verstärkt oder auch hemmt.