Mönchtum

1. Begriff

Der Begriff M. ist abgeleitet von der zunächst im Griechischen (monachos) später auch im Lateinischen (monachus) fassbaren Bezeichnung für diejenigen, die aus religiösen Gründen allein und abgesondert von gesellschaftlichen Formationen lebten. Bereits seit dem 4. Jh. diente der Ausdruck ebenso zur Benennung eines eigenen, durch bestimmte religiöse und – aus diesen folgend – auch lebensweltliche Praktiken gekennzeichneten Standes. Der griechische Begriff des monachos wurde anfänglich nicht geschlechtsspezifisch verwendet; erst später wurde zwischen männlichen und weiblichen Vertretern dieser Lebensform unterschieden, sodass neben den nun ausschließlich männlichen monachus die monialis (auch: monacha, sanctimonialia) als Verkörperung einer weiblichen religiosen Lebensform trat. Der diese geschlechtliche Differenzierung vermeidende Begriff des Religiosentums hat sich im Deutschen bisher nicht durchsetzen können. Mit dem Begriff M. wird allgemein ein Kreis von Personen benannt, der sich durch eine bes. Strenge in der Befolgung religiöser Ge- wie auch Verbote auszeichnet. Die dabei praktizierte Askese (Nahrungs-, Besitz- oder Schlafverzicht, sexuelle Abstinenz, soziale Seklusion usw.) führt sowohl zu einer Form zunehmender Heiligung als auch – und auf dieser gründend – zu einem Prestigegewinn, durch den das M. seinen Status als religiöse Elite gewinnt. Das M. ist in vielen (neben dem Christentum z. B. Buddhismus, Hinduismus oder Jainismus), wenn auch nicht allen Religionen präsent (z. B. Islam). Nicht zu verwechseln ist das M. mit den Priestern als eigentlichen Spezialisten einer Religion, auch wenn – gerade im Christentum der nachantiken Zeit zunehmend häufiger – M. und Priestertum oftmals personell zusammenfallen, sei es in Form eines reguliert lebenden Klerus oder sei es, dass Mönche zugleich auch priesterliche Weihen besaßen.

2. Christliches Mönchtum

Das zentrale Motiv des christlichen M.s ist die Gottessuche. Hierfür orientiert es sich in besonderer Weise an der für das Christentum überhaupt prägenden Idee des Supererogatorischen, der zufolge zwischen dem ethisch Gebotenen und dem darüber hinausgehend Geratenen (evangelische Räte nach Mt 19,12; 19,21; 20,26) unterschieden wird. Das M. sieht sich dabei als Lebensform eines permanenten Strebens nach dem in sich unbestimmten „Mehr“, das den Unterschied des Geratenen vom bloß Gebotenen herausstellt und aus dem heraus sich die asketischen Praktiken des M.s ebenso begründen wie dessen Elitebewusstsein.

2.1 Historische Entwicklungen

2.1.1 Anfänge

Das christliche M. hat sich nicht zuletzt als eine Reaktion auf das Ausbleiben der Parusie Christi entwickelt, gleichwohl auch andere Faktoren eine entscheidende Rolle spielten; unter diesen sind v. a. die Einflüsse der altorientalischen Religionen, der griechischen Philosophenschulen, des Judentums sowie der Gnosis und des Manichäismus zu nennen. So vielfältig, wie die Einflüsse auf das christliche M. sich darstellen, so verschieden verlaufen auch dessen Entwicklungslinien, die sich – anders als lange Zeit angenommen – nicht auf einen singulären Ursprung in der Wüste Ägyptens zurückführen lassen, sondern auch in Syrien, Palästina, Anatolien und anderen Regionen ihre Anfänge haben. Bevor das M. seine noch heutigentags bekannteste gemeinschaftliche Lebensweise (im Kloster) ausbildete, war es zunächst durch eine Fülle von Formen gekennzeichnet, die nicht allein durch Weltflucht und Askese geprägt sind, sondern auch durch eine starke Dominanz des eremitischen Moments, auf das, wie dargelegt, auch der Begriff des M.s zurückzuführen ist. Neben diesem Eremitentum sind seit dem 2. Jh. jedoch bereits Formen eines Wanderasketentums oder auch gemeinschaftlicher Lebensweisen an einem Ort nachweisbar. Diese drei Haupttypen begegnen später auch in der ihrerseits außerordentlich einflussreichen Benediktsregel, die neben den im Kloster lebenden Mönchen die Einsiedler sowie jene kennt, die „zügellos umherziehen“; als eine vierte Gruppe werden hier jene identifiziert, die zwar gemeinschaftlich, aber dennoch regellos leben. Diese wirkmächtigste aller monastischen Regeln entstand im 6. Jh. und damit in einer Zeit, als die Formierungsphase des M.s bereits abgeschlossen war. Die christianisierten Gebiete waren mit einem dichten Netz von Klöstern überzogen, in denen Männer und Frauen unter einer Regel lebten und in geordneter Weise Gott dienten.

2.1.2 Mittelalter

Das M. war in seinen Anfängen eine Laienbewegung (Laie), die sich neben – und nicht selten im Konflikt mit – kirchlichen Strukturen entwickelt hatte. Diesen Charakter verlor es im Mittelalter durch einen kontinuierlichen Prozess der Klerikalisierung, in dessen Folge sich das M. als religiöse Elite weiter zu etablieren vermochte. Dieser weitestgehend unbestrittene Status machte das M. zu einem attraktiven Partner auch weltlicher Potentaten. Mönche und Nonnen waren zuverlässige Agenten herrschaftlichen Handelns und aufgrund ihres hohen Alphabetisierungsgrads auch für die Übernahme der Kommunikation innerhalb der zu regierenden Territorien bestens geeignet. Bes. eng waren hier die Beziehungen der Karolinger zum M. Unter ihnen erfuhr es zudem eine Vereinheitlichung unter der Benediktsregel, die das M. innerhalb des karolingischen Reiches und seiner nachfolgenden Herrschaften bis zum Aufkommen der Bettelorden im 13. Jh. prägen sollte. Benediktiner, namentlich jene zum Klosterverband von Cluny gehörenden, führten das M. zu einer bis dahin nie erreichten Blüte. Die Äbte dieser burgundischen Abtei agierten auf Augenhöhe mit den Päpsten ihrer Zeit – Cluny selbst wurde als ecclesia cluniacensis neben die römische Kirche gestellt. Diese Macht- und Prachtentfaltung rief allerdings zunehmend auch Kritik aus dem M. selbst auf den Plan, weil nicht wenige hierin Zeichen einer Verweltlichung sahen und man einen Widerspruch zu Idealen der Seklusion und der Askese erkannte. Wie schon vorangegangene mönchische Erneuerungsbewegungen orientierten sich auch die in Abkehr vom cluniazensischen Modell stehenden an den Evangelien und versuchten, diese als Norm zu etablieren, neben der alle weiteren Regeln nur sekundär zu verstehen gewesen wären. Die bedeutendste unter diesen neuen Gemeinschaften waren zweifellos die an der Wende vom 11. zum 12. Jh. gegründeten Zisterzienser. Mit ihnen begegnet zugleich ein neues organisatorisches Modell innerhalb des M.s, das mit den Beschlüssen des Vierten Laterankonzils als beispielhaft und in seiner Form verbindlich für alle religiösen Gemeinschaften erklärt wurde: Mit den Zisterziensern nämlich entstand das bis heute bestehende Prinzip des religiösen Ordens – ausgedrückt in einer institutionell verbindlichen Eigengesetzgebung, einer regulären und jährlichen Kontrolle aller zur Gemeinschaft gehörenden Klöster durch Visitationen und die Einrichtung einer alle zur Gemeinschaft gehörenden Klöster repräsentierenden Vertretungskörperschaft, das sogenannte Generalkapitel.

Eine weitere und entscheidende Neuerung erfuhr das christliche M. mit den im 13. Jh. entstandenen Bettelorden, allen voran Franziskanern und Dominikanern. Mit ihnen wurde – wenn auch nur für Männer – das bisher dominierende Prinzip der Ortsgebundenheit klösterlichen Lebens aufgebrochen zugunsten einer Bindung des Einzelnen an die Gemeinschaft als Ganzes, verkörpert in diesem Fall durch einen Ordensoberen, vor dem nun bei der Profess die Gelübde abzulegen waren. Hierdurch wurde auch rechtlich jene räumliche Mobilität gewährt, die es ermöglichte, neue Aufgaben in Predigt und Seelsorge zu erfüllen, die der Papst den Bettelorden zunehmend übertrug.

2.1.3 Neuzeit

Die reformatorischen Umwälzungen des 16. Jh. hatten in Territorien, die sich zum neuen Glauben bekannten, fundamentale Folgen auch für das M. Hier wurden Klöster i. d. R. nach einer gewissen Übergangszeit aufgelöst und ihr Besitz konfisziert. Doch auch in altgläubigen Territorien blieb das M. nicht unbeeinflusst von den grundstürzenden Entwicklungen der Zeit: Hierzu trugen nicht nur verstärkte Bindungen der bereits im späten Mittelalter entstandenen Kongregationen und Verbände, in denen sich das M. zunehmend organisierte, an die neu entstehenden oder sich erneuernden Territorial- und Nationalstaaten bei. Auf dem Konzil von Trient wurden zudem weitreichende Beschlüsse für eine Erneuerung des M.s getroffen, die nicht allein eine Rückkehr zu den Ursprüngen mönchischen Lebens ermöglichen sollten, sondern die als Reaktionen auf die Herausforderungen der nun offensichtlichen Kirchenspaltung allgemein disziplinarische Verschärfungen formulierten, um das M. verstärkt in den Glaubenskampf einbinden zu können. Unter den zahlreichen Ordensneugründungen der Zeit (Theatiner, Barnabiten, Oratorianer usw.) nimmt die SJ (Jesuiten) des Ignatius von Loyola zweifellos eine Sonderstellung ein. Diese Gemeinschaft wurde nicht nur zu einer Speerspitze der Gegenreformation (z. B. Rekatholisierung Polens), sondern wirkte v. a. auch in den Bereichen der Seelsorge, der Bildung und der außereuropäischen Mission, insb. in China, Japan, Indien und v. a. in Süd- und Mittelamerika. Bedeutende Einschnitte für die Geschichte des M.s markieren die vielfachen Säkularisierungsprozesse (Säkularisation) in weiten Teilen Europas, v. a. unter Kaiser Joseph II. und Napoleon Bonaparte. Nun wurden auch Klöster aufgelöst, die bis dahin von den zunächst reformatorischen, späterhin aufklärerischen Umwälzungen (Aufklärung) verschont geblieben waren. Seit der Mitte des 19. Jh. kam es zu einer neuen Blüte mönchischen Lebens innerhalb wie außerhalb Europas, dessen gesellschaftlicher Einfluss jedoch kaum mehr an denjenigen vergangener Zeiten anknüpfen konnte.

2.1.4 Moderne

Zwar entstand seit dem 19. Jh. eine kaum zu überblickende Vielzahl neuer religiöser Gemeinschaften, doch blieb deren Bedeutung in den meisten Fällen sehr begrenzt. Dies gilt sowohl für jene Orden, die sich der Missionsarbeit widmeten, als auch für solche, die karitativ beschäftigt waren, die im Bildungswesen tätig wurden oder auf den Feldern liturgischer und spiritueller Erneuerung wirkten. Das M. hat seine Strahlkraft und v. a. seinen Einfluss auf Kultur und Gesellschaft weitestgehend verloren. Ein vielfach zu konstatierender Mangel an Nachwuchs führt in der Gegenwart zu einer weiteren Erodierung dieses Lebensmodells, das in seiner einzigartigen Verknüpfung von transzendenter Sinnorientierung und immanentem Wirken durchaus einen Beitrag zu den Diskursen der Gegenwart leisten könnte.

2.2 Gesellschaftliche Funktion

Von Anbeginn an sah das M. seine wesentliche Funktion darin, durch seine spezifische Lebensform Heil für sich selbst und für andere zu gewinnen und zu vermitteln. Neben diese primäre und selbstgewählte Aufgabe traten jedoch rasch auch weitere, die mehr oder weniger unmittelbar mit der genannten Heilsmittlerfunktion verknüpft waren: Gebetsleistungen, Seelsorge, karitative Aufgaben (wie Sterbebegleitung, Krankenpflege oder Gefangenenbetreuung), Mission und Wissensvermittlung sind nur einige der hier zu nennenden. Hinzu kommen Funktionen, die weniger intendiert waren als vielmehr aus moderner Perspektive erkannt werden können. Unter diesen ist wohl die Transferleistung antiker Kulturen als wichtigste zu nennen. Ohne die Abschreibetätigkeit bereits spätantiker Klöster (z. B. Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus’ Vivarium) wäre kaum ein antiker Text bis in die Moderne überliefert worden.