Bischof

Ein B. (vom griechischen epískopos – Aufseher) ist ein Angehöriger der höchsten Stufe der Weihehierarchie in der römisch-katholischen Kirche.

1. Göttliche Einsetzung und sakramentale Grundlegung

Der B.s-Stand wird von der katholischen Kirche auf göttliche Einsetzung zurückgeführt; er gilt als von Gott gewolltes unabdingbares Strukturelement der Kirchenverfassung. Die B.e bilden zusammen mit dem Papst als ihrem Haupt das B.s-Kollegium. Zusammen mit dem Papst und niemals ohne ihn ist das B.s-Kollegium – wie der Papst – Träger höchster und voller Gewalt in der Kirche (can. 336 CIC), allerdings mit der bedeutsamen Einschränkung, dass allein der Papst entscheidet, ob er die Höchstgewalt persönlich oder im Verbund mit dem Kollegium ausübt (can. 333 § 2 CIC).

Die Zugehörigkeit zum B.s-Stand wird sakramental vermittelt. Durch die B.s-Weihe werden die B.e als Hirten der Kirche in Dienst genommen und in die Nachfolge der Apostel eingebunden (375, 1008 CIC); zumindest theoretisch lässt sich die Weihe jedes B.s über eine ununterbrochene Kette von Weihehandlungen auf die Apostel zurückführen. Die so verstandene apostolische Sukzession spielt eine wichtige Rolle im ökumenischen Gespräch. Wo sie nicht bewahrt wurde, – aus katholischer Sicht bei den aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften – fehlen nach katholischem Verständnis wesentliche Elemente des Kirche-Seins; v. a. gibt es wegen des Fehlens gültig geweihter Bischöfe und Priester dort auch nicht eine gültige Feier der Eucharistie.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat die bis dahin vorherrschende Auffassung überwunden, die B.s-Konsekration bringe gegenüber der Priesterweihe nur einen Zuwachs an Jurisdiktionsgewalt und sei lediglich höchster Grad der Priesterweihe. Nach konziliarer Lehre und geltendem Recht ist die B.s-Weihe eine eigenständige Weihestufe. Sie vermittelt die „Fülle des Weihesakraments“ und befähigt ihre Empfänger in umfassender Weise zu den Diensten des Lehrens, des Heiligens und des Leitens (LG 21).

2. Hierarchische Gemeinschaft und kirchliches Amt

Unmittelbar aufgrund der Weihe kann der B. nur einzelne Aspekte der ihm übertragenen Befähigung wahrnehmen (Heiligungsdienst, Predigt). Im Übrigen wird sie erst ausübbar, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind.

Der B. muss erstens in hierarchischer Gemeinschaft mit dem Papst als dem Haupt und den übrigen B.en als Gliedern des B.s-Kollegiums stehen. Er befindet sich außerhalb dieser Gemeinschaft, wenn er ohne Auftrag des Papstes geweiht wird, oder wenn der Papst verbindlich feststellt, die Gemeinschaft sei verlorengegangen, was z. B. in Betracht kommt, wenn ein B. Glaubenswahrheiten leugnet oder in offenem Ungehorsam gegen den Papst verharrt.

Der B. kann die übertragene Befähigung zweitens nur ausüben in Verbindung mit einem ihm übertragenen kirchlichen Amt. Zu unterscheiden sind Diözesan-B.e und Titular-B.e. (can. 376 CIC):

2.1 Diözesanbischöfe

Der Diözesan-B. ist Vorsteher einer Diözese (Bistum). Als Träger dieses Amtes ist er im Vollsinn oberster Lehrer und Hohepriester der ihm anvertrauten Gläubigen, die er mit oberster gesetzgebender, ausführender und richterlicher Gewalt leitet. Eingeschränkt wird seine Amtsgewalt durch den Vorrang, der dem Papst in Bezug auf alle Teilkirchen zukommt (can. 333 § 1 CIC) und den der Papst wegen seines Jurisdiktionsprimats jederzeit geltend machen kann.

2.2 Titularbischöfe

Alle übrigen B.e sind Titular-B.e. Unter Rückgriff auf eine Praxis, die urspr. den Anspruch vertriebener B.e auf verlorengegangene B.s-Sitze unterstreichen sollte, wird ein Titular-B. auf den Titel einer untergegangenen Diözese geweiht. Dadurch bleibt zumindest als Rechtsfiktion die ekklesiologisch bedeutsame Lehre gewahrt, wonach jeder B. eine Teilkirche repräsentiert und in ihr das „sichtbare Prinzip und Fundament der Einheit“ verkörpert (LG 23). Titular-B.e bekleiden unterschiedliche Ämter, z. B. als Hilfs-B.e (Weih-B.e) oder Hilfs-B.e mit Nachfolgerecht (Koadjutor-B.e) in einer Diözese, als Päpstliche Gesandte oder als hochrangige Mitarbeiter der Römischen Kurie. Leitungsgewalt nehmen sie in dem durch das jeweilige Amt festgelegten Umfang wahr. Da ihnen – mit Ausnahme jener Titular-B.e, die das Vorsteheramt einer bistumsähnlichen Teilkirche bekleiden – nicht die Sorge für eine Gemeinschaft von Gläubigen anvertraut ist, können sie ihre Befähigung, authentisch zu lehren, nur als Glieder des B.s-Kollegiums und ggf. als Mitglieder einer Bischofskonferenz (B.s-Konferenzen), nicht aber als Einzel-B.e zur Geltung bringen (can. 753 CIC). Vorschlägen, die als unzeitgemäß kritisierte Rechtsfigur des Titular-B.s abzuschaffen und seine Aufgaben Priestern zu übertragen, ist der Gesetzgeber bisher nicht gefolgt.

3. Bischofsbestellung

Urspr. blieb ein B. zeitlebens Vorsteher jenes Bistums, zu dessen Leitung er geweiht wurde; der Wechsel auf einen anderen B.s-Sitz war verboten. Nach geltendem Recht sind Veränderungen jeder Art zulässig (Versetzung eines Diözesan-B.s auf einen anderen B.s-Sitz oder an die Römische Kurie, Bestellung eines Titular-B.s zum Diözesan-B., etc.). Die Aufnahme in den B.s-Stand und die Bestellung für ein B.s-Amt sind daher zu unterscheiden.

Zum B. kann geweiht werden, wer neben formalen Kriterien (35 Jahre alt; seit fünf Jahren Priester) bestimmte Eignungsvoraussetzungen erfüllt. Der Fragebogen, den der Päpstliche Gesandte vor der Bestellung eines Diözesan-B.s ausgewählten Personen zur geheimen Beantwortung übersendet, fragt u. a. nach „Rechtgläubigkeit“ (d. h. z. B. Treue zum Lehramt und zur kirchlichen Lehre, bes. in Bezug auf Priesteramt [ Priester ], Frauenordination, Ehe, Familie, Sexualethik) und Disziplin (d. h. z. B. Gehorsam gegenüber dem Papst, Achtung und Annahme des Zölibats, Beachtung liturgischer Normen, priesterliche Kleidung) der Kandidaten und soll den Lehr- und Leitungsgehorsam künftiger B.e gewährleisten. Zur Ausübung eines bestimmten Amtes werden weitere amtsbezogene Qualifikationen gefordert.

In der lateinischen Kirche entscheidet der Papst in der Regel frei, wer zum B. geweiht bzw. für ein bestimmtes B.s-Amt bestellt wird. B.e und B.s-Konferenzen haben dem Papst regelmäßig Listen mit geeigneten Personen vorzulegen, die er bei seiner Entscheidung berücksichtigen kann, aber nicht berücksichtigen muss. Nur bei der Bestellung von Diözesan-B.en und nur im deutschsprachigen Raum und in Elsass-Lothringen hat er historisch gewachsene, konkordatär (Konkordat) vereinbarte Ausnahmeregelungen zu beachten: In den bayerischen Diözesen und in Speyer ist er an Vorschlagslisten gebunden, in den übrigen deutschen Diözesen, in Salzburg und in Chur wählt das Domkapitel aus einer vom Papst vorgelegten Dreier-Liste, in St. Gallen und Basel wählt es ohne Listenbindung. Bei der Besetzung der B.s-Sitze in Metz und Strasbourg hat der französische Staatspräsident ein den Papst bindendes Präsentationsrecht; indes wird vorab auf diplomatischem Weg geklärt, welche Person präsentiert wird. Auch andere den staatlichen Instanzen eingeräumte Mitwirkungsrechte (z. B. Geltendmachung politischer Bedenken gegen einen Kandidaten) sind in der Praxis weitgehend bedeutungslos. Bisweilen wird gefordert, die Gläubigen an Auswahl und Findung von B.en stärker zu beteiligen; dass der Gesetzgeber beabsichtigt, darauf zu reagieren, ist derzeit nicht erkennbar.

In den katholischen Ostkirchen wird der B. regelmäßig durch die B.s-Synode (Synode) der jeweiligen Rituskirche gewählt und nur ausnahmsweise vom Papst frei ernannt (can. 181 CCEO).

4. Verlust eines Bischofsamtes

Die B.s-Weihe prägt nach katholischem Verständnis ein unauslöschliches Siegel ein. Die Zugehörigkeit zum B.s-Stand und die damit verbundenen Befähigungen im Bereich des Heiligungsdienstes und der Predigt sind unverlierbar.

Verloren gehen kann das dem B. übertragene Amt (can. 416 CIC). Jeder B. ist gehalten, mit Vollendung des 75. Lebensjahres (aus wichtigen – z. B. gesundheitlichen – Gründen auch früher) dem Papst den Verzicht auf sein Amt anzubieten (can. 401 CIC). Nimmt der Papst an, wird der Verzicht rechtskräftig; andernfalls kann das Angebot zu einem späteren Zeitpunkt erneuert werden. Ein Amt geht auch verloren, wenn der Papst den B. in ein neues Amt versetzt. Der Papst kann einen B. strafweise von seinem Amt absetzen. Seit 2016 ist auch die Amtsenthebung von B.en rechtlich geregelt. Sie kommt z. B. in Betracht, wenn ein B. im Umgang mit Sexualstraftaten von Klerikern seiner Hirtenaufgabe nicht gerecht geworden ist. In der Regel soll einem B. eine kurze Frist eingeräumt werden, um einer drohenden Amtsenthebung durch das Angebot des Amtsverzichts zuvorzukommen.