Miete

M. bezeichnet die entgeltliche Gebrauchsgewährung von Sachen auf Zeit. Zivilrechtlich handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag, geregelt im Schuldrecht des BGB (§§ 535–580a). Anders als bei der eng verwandten Pacht berechtigt die M. nicht zur Fruchtziehung (Abgrenzungsschwierigkeiten z. B. bei Restaurants). Die M. umfasst Sachen jeder Art wie Strandkörbe, Mietwagen bis hin zu Brautkleidern. Die umgangssprachliche Bezeichnung als Leihe ändert an der rechtliche Einordnung nichts, sofern eine Gegenleistung, die M., geschuldet ist. Seine bes. Bedeutung erhält das Mietrecht durch die Wohnungs-M. Dies ist eine deutsche Besonderheit. Zusammen mit der Schweiz hat Deutschland die höchste Mieterquote in Europa (über 50 %). Die Fragen des Mietrechts sind weit mehr als nur dogmatische Probleme des Bürgerlichen Rechts. Vielmehr handelt es sich um gesellschaftliche Weichenstellungen von größter Bedeutung. Die Mietrechtsvorschriften gehören daher zu den am häufigsten geänderten Normen des BGB überhaupt. Eine Mietrechtsreform von 2001 zog hieraus die Konsequenzen. Nach allgemeinen Vorschriften über Mietverhältnisse (§§ 535–548 BGB) bildet die Wohnungs-M. seitdem den Kern und das Leitbild des Mietrechts schlechthin (§§ 549–577a BGB). Die M. anderer Sachen wird dagegen in wenigen ergänzenden Vorschriften abgehandelt (§§ 578–580a BGB).

1. Der Weg zum sozialen Mietrecht

In der ursprünglichen Fassung des BGB von 1896/1900 bestand das Mietrecht überwiegend aus abdingbaren (dispositiven) Vorschriften. Das Gesetz hatte die Rechte und Pflichten von Vermietern und Mietern zwar ausgewogen verteilt. In der Rechtspraxis konnte der wirtschaftlich stärkere Vermieter aber oftmals für ihn günstige Vetragsklauseln durchsetzen und auf diese Weise die Rechtsstellung des Mieters verschlechtern. Kurze Zeitmietverträge waren weit verbreitet, fristlose Kündigungen bei kleinsten Vertragsverletzungen des Mieters vielfach vorgesehen. Auf der anderen Seite konnte in einem privatautonomen Mietrecht der Vermieter nicht einseitig die M. erhöhen. Die Rechtsprechung kontrollierte überdies benachteiligende Klauseln und kam vielen Mietern auf diese Weise zu Hilfe.

Das freie Mietrecht des BGB endete bereits im Ersten Weltkrieg. Staatliche Interventionen aus verschiedenen Gründen prägten für mehr als drei Jahrzehnte den rechtlich regulierten Wohnungsmarkt. Erst in den 1960er Jahren war eine Rückkehr zum Vertragsmodell des BGB wieder denkbar. Nach behutsamen Liberalisierungsversuchen setzte aber bereits seit 1971 die Gegenbewegung ein. Die freie Kündigung durch den Vermieter wurde abgeschafft, Vorschriften über Mieterhöhungen und Sicherheitsleistungen traten hinzu. Ebenso führte man das sogenannte Eintrittsrecht der Familienangehörigen und Mitbewohner beim Tod des Mieters ein. Das politische Ziel ist eine starke rechtliche Position des Mieters, Sicherheit vor unfreiwilligen Umzügen, Schutz vor überzogenen Mietpreisen und allzu starken Mieterhöhungen. Rechtstechnisch erreicht man dies durch einseitig zwingendes Recht. Die Vorschriften des BGB können nicht zum Nachteil des Mieters abbedungen werden. Fast alle Paragraphen des Wohnungsmietrechts enthalten diesen ausdrücklichen Zusatz. Das Gesetz formuliert auf diese Weise einen Mindeststandard, den die Vertragsparteien nicht unterschreiten dürfen. Damit ähnelt das Mietrecht in seiner gesetzlichen Ausgestaltung, aber auch in seiner politischen Aufladung, dem Verbraucherrecht sowie dem Arbeitsrecht. Hier geht es immer darum, vermeintlich oder wirklich schwache Bevölkerungsgruppen gegen wirtschaftlich überlegene Vertragsparteien zu schützen. Da es sich bei den Mietern um die Mehrheit der Wähler handelt, hat sich an der politisch gewollten Parteilichkeit des Mietrechts über Jahrzehnte kaum etwas geändert. Einzelne Stellschrauben wie Mietpreisbremsen bleiben umstritten, doch das Grundgerüst eines staatlich feinmaschig vorgegebenen, nicht dispositiven Mietrechts ist stabil.

2. Vertragsschluss und Hauptpflichten

Der Abschluss von Mietverträgen ist formfrei möglich. In der Praxis sind schriftliche Verträge zwar weit verbreitet. Für die Wirksamkeit der jeweiligen Rechte und Pflichten kommt es hierauf aber nicht an. Allerdings gelten Mietverträge für längere Zeit als ein Jahr, solche, die nicht in schriftlicher Form geschlossen sind, für unbestimmte Zeit, § 550 BGB. Diese Vorschrift hat sich in den letzten Jahren zu einem der größten Streitpunkte des Mietrechts entwickelt, nicht bei Wohnräumen, sondern im wirtschaftlich wichtigen Gewerbemietrecht. Dort kann man befristete Verträge nicht ordentlich kündigen, Verträge auf unbestimmte Zeit dagegen jederzeit ohne Grund. Wenn eine Partei sich vorzeitig aus einem langfristigen Vertrag lösen möchte, muss sie also versuchen, einen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform darzulegen. Die hieraus entspringenden Prozesse haben eine Flut obergerichtlicher Rechtsprechung zu kleinsten Einzelheiten der Vertragsgestaltungen hervorgerufen. Hier bestehen gute Verdienstmöglichkeiten für findige Anwälte, die bereits beim Vertragsabschluss Sollbruchstellen in die Formulierungen einbauen. Im Wohnungsmietrecht spielt das Problem nur eine untergeordnete Rolle, weil die freie Vermieterkündigung hier nicht erlaubt ist.

Anders als bei anderen Vertragstypen gibt es im BGB-Mietrecht seit 2001 keine Vorschrift mehr, die klar die vertragstypischen (synallagmatischen) Pflichten im Gegenseitigkeitsverhältnis benennt. Der Vermieter hat dem Mieter gemäß § 535 BGB nämlich nicht nur den Mietgebrauch zu gewähren, sondern darüber hinaus die Sache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Zudem muss er die auf der Mietsache ruhenden Lasten tragen. Rechtstechnisch handelt es sich um den ungewöhnlichen Fall abdingbarer Hauptpflichten. In der Praxis ist die Verpflichtung des Mieters, Nebenkosten zu zahlen, allerdings weit verbreitet und unproblematisch zulässig. Die Instandhaltungskosten und Schönheitsreparaturen werden durch Formularverträge ebenfalls oftmals auf den Mieter abgewälzt. Das führt zu zahlreichen Streitigkeiten. Eine nach starren Fristen berechnete formularmäßige Renovierungspflicht zu Lasten des Mieters ist jedenfalls unzulässig, ebenso die Kombination von Anfangs- und Endrenovierung unabhängig vom Zustand der Wohnung sowie die Verpflichtung, anfallende Arbeiten zwingend von Fachfirmen durchführen zu lassen. Für Instandhaltungsreparaturen ist eine Obergrenze anzugeben, deren Höhe umstritten ist. Für Einzelreparaturen darf der Mieter aber nicht mehr als 75 bis 100 Euro zahlen, über das Jahr verteilt wohl nicht mehr als 6 % der Jahreskalt-M. Anderenfalls geht man von einer unangemessenen Benachteiligung aus. Falls die Mietsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, ist die M. gemäß § 536 BGB automatisch gemindert. Bei Mietmängeln kann der Mieter zuviel gezahlte M. nach den Grundsätzen der ungerechtfertigen Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) zurückfordern. Die Hauptpflicht des Mieters beschränkt sich demgegenüber darauf, die fällige M. zu zahlen.

3. Miethöhe

Beim Abschluss von Verträgen legen die Parteien die jeweiligen Leistungspflichten fest, beim Mietvertrag also auch die Miethöhe. Fordert der Vermieter unangemessen hohe M.n, kann je nach Sachlage eine Mietpreisüberhöhung (Ordnungswidrigkeit gemäß § 5 WiStG) oder Mietwucher (Straftat gemäß § 291 StGB) vorliegen. Daneben hat eine 2015 eingeführte Mietpreisbremse die Gestaltungsfreiheit bei Neuabschlüssen stark eingeschränkt. In Gebieten, die durch Landes-VO als angespannter Wohnungsmarkt ausgewiesen sind, dürfen bei Neuvermietungen bereits zuvor vermieteter Wohnungen (Bestandswohnungen) die M.n nicht höher als die ortsübliche Vergleich-M. zzgl. 10 % liegen. Auf diese Weise kommt es zu einer Kontrolle vertraglicher Hauptleistungspflichten, rechtlich und politisch eng verwandt mit dem Mindestlohn im Arbeitsrecht. Die immer stärkere gesetzliche Begrenzung der Vertragsfreiheit wird begründet mit der überragenden Bedeutung bezahlbaren Wohnraums für das alltägliche Leben der Bevölkerung.

Mieterhöhungen während eines laufenden Mietvertrages sind einseitig nicht möglich. Das Gesetz gibt dem Vermieter deswegen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen den Mieter, einer Mieterhöhung zuzustimmen. Die M. darf höchstens bis zur ortsüblichen Vergleichs-M. erhöht werden. Zudem muss gemäß § 558 BGB die M. seit mindestens 15 Monaten unverändert gewesen sein, und die einzelne Mieterhöhung darf eine Kappungsgrenze nicht überschreiten. Die Kappungsgrenze ist politisch ständig im Streit und beträgt zur Zeit 20 %. Elf Bundesländer haben aber durch VO die Kappungsgrenzen in Problemzonen auf 15 % gesenkt. Auf diese Weise will man einen übermäßig schnellen Mietanstieg verhindern. Auf der anderen Seite können zu starke staatliche Vorgaben die Bereitschaft, Wohnungen zu vermieten, deutlich beeinträchtigen. Deswegen werden die Beschränkungen der Vertragsfreiheit regelmäßig von staatlichen Investitionen in sozialen Wohnungsbau, die Förderung umweltgerechter Renovierungen und barrierefreier Umbauten begleitet. Das Mietrecht ist damit nur ein einzelner Baustein einer viel umfassenderen staatlichen Wohnungspolitik.

4. Vertragsbeendigung

Nach der Konzeption des Gesetzes ist der Mietvertrag ein zeitlich begrenztes Rechtsverhältnis. Die Mietzeit kann entweder bestimmt oder unbestimmt sein. Eine zeitliche Befristung von Wohnraummietverträgen ist nach § 575 BGB nur noch unter ganz engen Voraussetzungen erlaubt. Nur wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder Angehörige nutzen, sie aufgeben oder renovieren will oder die Wohnung an einen betrieblichen Mitarbeiter vermieten möchte, sind Wohnungsmietverträge auf bestimmte Zeit möglich. Etwaige Verstöße verwandeln den Vertrag in ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit. Soweit es noch befristete Mietverträge gibt, also v. a. im gewerblichen Mietrecht, ist eine ordentliche Kündigung hier ausgeschlossen. Laut § 542 BGB endet der Vertrag grundsätzlich mit Zeitablauf, ausnahmsweise durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund. Im Wohnungsmietrecht mit den überwiegend zeitlich unbestimmten Verträgen gibt es dagegen ein kompliziertes Kündigungsrecht. Der Mieter darf das Mietverhältnis jederzeit ohne besonderen Grund kündigen. Gemäß § 573 BGB kann der Vermieter dagegen nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Vertragsbeendigung hat. Das entspr. dem Gedanken des Kündigungsschutzes zugunsten des Wohnungsmieters. Die gesetzliche Generalklausel wird für drei Anwendungsfälle näher bestimmt. Bei erheblichen schuldhaften Pflichtverletzungen des Mieters, bei Eigenbedarf des Vermieters sowie bei der Absicht, das Grundstück wirtschaftlich angemessen zu verwerten, liegt das berechtigte Interesse in jedem Fall vor. Andere Kündigungsgründe sind denkbar, jedoch ist eine Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ausdrücklich verboten. Die praktisch größte Bedeutung besitzt wohl die Eigenbedarfskündigung. Sind die Kündigungsgründe nur vorgeschoben, entfaltet die Kündigung keine Wirkung, weil sie rechtsmissbräuchlich ist. Aber selbst bei berechtigtem Interesse des Vermieters kann der Mieter der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Kündigung für ihn oder seine Haushaltsangehörigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde (sogenannte Sozialklausel). Diese Härte liegt etwa dann vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann, § 574 BGB.

Die politisch gewollte Regelungstechnik mit einander gegenüberstehenden Generalklauseln verlagert die Verantwortung vom Gesetzgeber auf die Gerichte. Es gibt keine allgemeinen gesetzlichen Entscheidungen, sondern nur Abwägungen im Einzelfall. Der Erfolg in einem Kündigungsprozess ist auf diese Weise schwer vorhersehbar. Die Rechtsposition des Vermieters ist zusätzlich aus zwei anderen Gründen verschlechtert. Zum einen verlängert sich seine Kündigungsfrist je nachdem, wie lange der Mieter bereits in der Wohnung gelebt hat, während für die Mieterkündigung einheitlich dieselben kürzeren Fristen gelten (sogenannte asymmetrische Kündigungsfristen, § 573c BGB). Zum anderen muss der Vermieter abweichend von der üblichen Regelung teilweise selbst dann die Verfahrenskosten tragen, wenn er in einem Räumungsprozess gegen den Mieter gewinnt, § 93b ZPO. Der erschwerten Kündigung durch den Vermieter entspricht auf der anderen Seite das Eintrittsrecht in den Mietvertrag. Wenn der Mieter verstirbt, können der Ehegatte, Lebenspartner, Kinder oder andere Verwandte und dauerhafte Haushaltsangehörige gemäß § 563 BGB nach einer festgelegten Reihenfolge den Mietvertrag in ihrer Person fortsetzen. Der Vermieter kann nur dann außerordentlich kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt. Auf diese Weise ist die Partnerwahlfreiheit des Vermieters erheblich ausgehöhlt. Er kann sich praktisch seinen Vertragspartner nicht mehr aussuchen, wenn er einmal die Wohnung vermietet hat.

5. Verdinglichung des Mietrechts

Angesichts der starken Stellung des Wohnungsmieters stellt sich die Frage, ob seine Rechtsposition tatsächlich nur auf einem Schuldverhältnis beruht. Das BVerfG hat in einem hoch umstrittenen Beschluss von 1993 den Mieter als Eigentümer i. S. d. GG angesehen (BVerfGE 89, 1). Mieter und Vermieter können sich auf diese Weise beide auf die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG berufen. Für die Verdinglichung des Mietrechts spricht neben dem Eintrittsrecht der Wohnungsbewohner auch der Grundsatz Kauf bricht nicht M., § 566 BGB. Wird nämlich der vermietete Wohnraum an einen Erwerber veräußert, tritt dieser von Gesetzes wegen für die Dauer seines Eigentums in den bereits bestehenden Mietvertrag ein. Auf diese Weise wandelt sich der Mietvertrag von einem schuldrechtlichen Zweipersonenverhältnis zunehmend zu einer dinglichen Belastung des Hausgrundstücks. Eine grundsätzliche Änderung des Mietrechts ist nur vorstellbar, wenn die Eigentumsquote bei Wohnraum deutlich steigt. Aber dies ist nur ganz langfristig zu erwarten.