Konfession

1. Begriffsgeschichte und -bedeutungen

Der K.s-Begriff nimmt in der Geschichte des Christentums drei verschiedene Bedeutungen an: Erstens bezeichnet K. (lateinisch confessio: Geständnis, Bekenntnis) ursprünglich das Bekenntnis des Glaubens als adäquate Antwort des Menschen auf die Offenbarung Gottes. Dieses Glaubensbekenntnis ist für die biblisch-christliche Existenz zentral und für die Glaubensgemeinschaft konstitutiv. Zweitens findet der K.s-Begriff neben dem Glaubensbekenntnis in einer weiteren Begriffsbedeutung auch für gemeinschaftliche Lehr- bzw. Bekenntnistexte spezifisch geprägter Kirchen Anwendung. Dies ist erstmals in der Reformationszeit der Fall, als in den Kirchentümern der Reformation trotz des reformatorischen Sola-scriptura-Prinzips lehrhafte Bekenntnisschriften zur Sicherung des eigenen Glaubensverständnisses entstehen (z. B. Confessio Augustana [CA], Konkordienbuch, Confessio Helvetica, Confessio Gallicana). K.en als Bekenntnistexte gelten als hermeneutische Verstehenshilfe zum rechten Schriftverständnis. Ihnen ist, sofern sie vom Schriftbeweis getragen sind, eine bindende Lehrnorm eigen. Sie sind universalchristlich konzipiert, können diesen Anspruch aber nicht einlösen und bestimmen darum im Gegensatz zu ihrer ursprünglichen Intention als norma normata die Identität des Protestantismus. Eine starke K.s-Bindung prägt daher den K.s-Typus, der im protestantischen Bereich eine große Rolle spielt. Die katholische Kirche versteht sich in diesem Sinne nicht als K.s-Kirche, obgleich Johann Adam Möhler diesen K.s-Begriff als einer der Ersten auf sie anwendet. Der Grund ist, dass lehrhafte Bekenntnistexte für sie nicht so gewichtig sind wie das Dogma, was ähnlich auch für die orthodoxen und altorientalischen Kirchen gilt. Drittens wandelt sich die Bedeutung des K.s-Begriffs im 19. Jh. nochmals. Neben der Bezeichnung von Glaubensbekenntnis und Bekenntnistext dient er nun als terminus technicus zur Bezeichnung einzelner christlicher Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften, die sich in Lehre, Organisation, Frömmigkeit oder Praxis unterscheiden bzw. z. T. getrennt sind und ihre Identität v. a. anhand eines spezifisch geprägten Gesamtverständnisses des Evangeliums ausbilden. Dieser K.s-Begriff kann auf alle christlichen Kirchen und Gemeinschaften angewandt werden, sofern sich diese eigenständig organisieren und sich allgemein durch Eigenheiten bzw. Gegensätzlichkeiten auszeichnen; in den 1970er Jahren wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff „Konfessionalität“ geprägt, der das prinzipiell Bekenntnishafte einer K.s-Kirche zum Ausdruck bringen soll, ohne dass spezielle Bekenntnistexte vorliegen müssen. Insofern diese Bedeutung des K.s-Begriffs v. a. das Unterscheidende bzw. Trennende betont, ist er eher aus- und abgrenzend konnotiert. Um diese einseitige Färbung zu vermeiden, wird teils wertneutral von einer bestimmten konfessionellen Tradition im Sinne einer eigenständigen und umfassenden Geschichte und Identität einer K.s-Kirche gesprochen oder einfach der englische Begriff Denomination übernommen. Zwar kommt diese dritte Bedeutung des K.s-Begriffs zur Bezeichnung einzelner christlicher Kirchen und Gemeinschaften erst in der Neuzeit auf, doch wird sie heute ebenfalls auf die Abspaltungen in der Alten Kirche angewandt. Überdies ist sie auch in Bezug auf Schul- und Parteibildungen in nicht-christlichen Religionen gebräuchlich. Dann handelt es sich allerdings um eine abgewandelte Begriffsbedeutung, zeichnen sich die christlichen K.en doch dadurch aus, dass sie sich an die eine Kirche Jesu Christi gebunden wissen und konfessionelle Unterschiede in einer Neuinterpretation der christlichen Botschaft gründen.

Seit der Aufklärung fand eine wissenschaftliche Beschäftigung mit den verschiedenen K.en unter der Bezeichung K.s-Kunde statt. Ihre Methode ist mehr deskriptiver bzw. vergleichender und weniger polemischer Art. Während anfänglich v. a. von offiziellen Lehr- und Bekenntnisdokumenten ausgegangen wurde – darum noch häufig der Titel „Symbolik“ –, versuchte man später auf die gesamte Lebensäußerung einer K.s-Kirche einzugehen. Zugleich verband sich damit die Intention, nicht nur Kenntnis über die einzelnen K.en bereitzustellen, sondern auch dem ökumenischen Gespräch zuzuarbeiten.

2. Entstehung getrennter Konfessionskirchen

Schon in der Alten Kirche kam es zu Verwerfungen und Spaltungen. Um der einen Kirche willen glaubte man, Exkommunikationen aussprechen zu müssen. Bes. zwischen dem 5. und 7. Jh. führten christologische und trinitätstheologische Streitigkeiten zu ständigen Verwerfungen und Spaltungen. Kirchen, die das Konzil von Chalkedon (451) nicht anerkennen (sogenannte altorientalische Kirchen), wurden als illegitim marginalisiert und teils bekämpft. Die sichtbare Einheit der Kirche zerbrach durch schuldhaftes Versagen zunehmend, nicht aber ihre Einzigkeit. Sie liegt allem menschlichen Tun voraus; als von Christus gestiftet, kann sie von Menschen nicht zerstört werden. Streitpunkte zeigten sich im Laufe der Jahrhunderte auf allen Feldern kirchlichen Lebens:

a) rituell (Ostertermin, Gestaltung der Eucharistie, Taufpraxis etc.),

b) praktisch (ethischer Rigorismus, Bußpraxis etc.),

c) dogmatisch (Erlösungsverständnis, Gnadenlehre, Christologie, Trinitätslehre, Sakramentenlehre etc.) sowie

d) rechtlich (päpstlicher Primat, apostolische Sukzession, Priestertum etc.).

Von besonderer Bedeutung ist die Trennung der Kirche in Ost und West (11. Jh.) sowie die reformatorische Spaltung der abendländischen Christenheit (16. Jh.). Während sich die Ost- und Westkirche das Kirchesein nicht gegenseitig absprachen, beanspruchten die katholische Kirche und die Kirchen der Reformation je für sich, die eine Kirche Jesu Christi zu sein und allein die Einheit kontinuierlich bewahrt zu haben. Damit ist dem Anspruch nach erstmals aus der einen Kirche Jesu Christi eine Vielzahl getrennter K.s-Kirchen entstanden. Zur Begründung der eigenen kirchlichen Dignität wurde das eigene Selbstverständnis in Ab- und Ausgrenzung zu den anderen Kirchentümern polemisch und kämpferisch ausgebildet. Das Unterscheidende und Gegensätzliche wurde identitätsbestimmend, und andere K.en wurden als Abfall vom Evangelium und als Entstellung wahrer Gestalt von Kirche verurteilt bis hin zu ihrer Bekämpfung (K.s-Kriege). Diese Profilierungsbewegung, in der gerade nicht das Gemeinsame (Heilige Schrift, altkirchliche Glaubensbekenntnisse und Konzilien, Credo, Taufe etc.) betont wird und die zur Ausbildung spezifischer Milieus führte, bezeichnet man heute als das Zeitalter der Konfessionalisierung (16./17. Jh.). Für die Absolutsetzung einer bestimmten K. wird der Ausdruck „Konfessionalismus“ verwandt.

Die Forderung nach Toleranz setzte sich ab der Mitte des 16. Jh. umso entschiedener durch, als eine kirchlich-religiöse Pluralität unabwendbar zu sein schien. Um den Frieden zu wahren, kam eine pragmatisch gefasste Toleranz zur politischen und rechtlichen Anwendung; erstmals beim Augsburger Religionsfrieden (1555), im Edikt von Nantes (1598) und nach 30 Jahren Krieg beim Westfälischen Frieden (1648). Die Duldung verschiedener K.en oder religiöser Weltanschauungen, die allein durch die Autorität gewährt wird, löste das konfessionelle Problem jedoch nicht. Dies geschieht erst durch die ökumenische Bewegung, die sich um die Zusammenführung der K.s-Kirchen bemüht.

3. Konfessionen als christlicher Selbstwiderspruch

Der Begriff „Kirche“ kommt im NT ausschließlich in der Einzahl vor. Wie es nur einen Christus gibt, kann es auch nur einen Leib Christi geben (Eph 4,2–6; Joh 17,21–23). Dies darf nicht vergessen werden, wenn heute zahlreiche christliche K.s-Kirchen vorgefunden werden und von Kirchen im Plural gesprochen wird. Getrennte K.s-Kirchen stehen im Widerspruch zum Evangelium. Das können auch folgende Interpretationen des K.s-Phänomens nicht entkräften:

a) Anfang der 1950er Jahre stellte der evangelische Exeget Ernst Käsemann die pointiert antiökumenische These auf, das NT enthalte unvereinbare theologische Gegensätze und unterschiedliche Ekklesiologien, weshalb es nicht die Einheit der Kirche begründe, sondern die Existenz verschiedener, getrennter K.en ermögliche. Schon in der Urchristenheit habe eine Fülle verschiedener K.en nebeneinander existiert. Dem wurde unter Verweis auf die Lehreinheit des Bibelkanons entschieden widersprochen. Die neutestamentliche Vielfalt dürfe nicht mit der konfessionellen Vielfalt verglichen werden, weil Erstere in eine lebendige theologische Auseinandersetzung eingebunden gewesen sei, Letztere aber aus einer konfessionalistischen Aus- und Abgrenzung resultiere.

b) Nicht rezipiert wurde auch der Versuch Oscar Cullmanns, die verschiedenen K.en in Anlehnung an die paulinische Charismenlehre (1 Kor 12,3–11) als Ausdruck unterschiedlicher Charismen innerhalb der einen Kirche zu deuten.

c) Theologisch unhaltbar ist schließlich auch die Auffassung, bei den einzelnen K.s-Kirchen handele es sich um unterschiedliche legitime Ausdrucksformen der einen, unausschöpflichen Wahrheit des Evangeliums. Zwar kann das christliche Glaubensverständnis in unterschiedlichen K.en Gestalt annehmen, doch können diese nur dann als legitime, kontextuell bedingte Ausprägungen christlichen Glaubens gelten, wenn sie sich gegenseitig als Kirche Jesu Christi anerkennen. Prinzipiell ist es theologisch unzulässig, getrennte und sich gegenseitig verurteilende K.en miteinander harmonisieren zu wollen.

Angesichts getrennter K.-Kirchen ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten, sofern sie der Intention Jesu widersprechen:

a) Ihre Existenz stellt die Glaubwürdigkeit des Christentums massiv in Frage.

b) Für das, was evangeliumsgemäß nicht sein darf, gibt es keine adäquate Bezeichnung. Letztlich stellt jede K.s-Bezeichnung einen Selbstwiderspruch dar: Nicht allein die katholische Kirche nimmt die Katholizität für sich in Anspruch, nicht allein die orthodoxen Kirchen beanspruchen die Orthodoxie und nicht allein die evangelischen Kirchen das Evangelium.

c) Konfessionelle Identität ist nur um den Preis der Einschränkung christlicher Identität zu haben.

d) Kirchlichkeit ist eine Strukturkomponente christlicher Theologie, doch kann aufgrund der Kirchenspaltung diese Komponente nur konfessionell gelöst werden. Das Evangelium unterläuft aber jedes konfessionell-abgrenzende Prinzip, weshalb eine konfessionelle Theologie immer in ökumenischer Absicht betrieben werden muss.

4. Ökumenische Perspektiven

Heute sind alle K.s-Kirchen überzeugt, dass das Evangelium das Ringen um Kircheneinheit vorgibt; Ökumene ist zu ihrem unumkehrbaren Anliegen geworden. Sehr spät hat sich die katholische Kirche der ökumenischen Bewegung angeschlossen. Erst das Zweite Vatikanische Konzil revidierte die bis dahin gängige Lehrmeinung, dass alle, die nicht zur katholischen Kirche gehören, Häretiker, Abtrünnige und Schismatiker seien; sie würden zu keiner Kirche gehören und auch keine Kirche bilden. Aufgrund der Absolutsetzung des eigenen Kircheseins (Konfessionalismus) sei die sichtbare Kircheneinheit nur durch die Rückkehr zur Mutterkirche wiederzuerlangen (Rückkehr-Ökumene). Die Konzilsväter gaben diese Position auf. Gleichwohl gilt bis heute, dass die Kirchen der Reformation „keine Kirchen im eigentlichen Sinne“ sind (vgl. Vatikanische Erklärung „Dominus Iesus“ [2000]: Nr. 17). Denn zur wahren Kirche Jesu Christi gehören nach katholischem Verständnis die Lehre der Apostel, die Sakramente und das kirchliche Amt, das in den reformatorischen Kirchen nicht gültig bewahrt worden sei. Die katholische Argumentationsführung konzentriert sich traditionell auf die sichtbare, institutionelle Seite der Kirche, v. a. auf das kirchliche Amt einschließlich des Primats. Die allgemein gültige orthodoxe Ekklesiologie hebt sich, von der Primatslehre abgesehen, nur sehr unbedeutend von der katholischen Ekklesiologie ab.

Charakteristikum des Protestantismus ist, dass die sichtbare Gestalt der Kirche nicht als das von Gott gesetzte, christologisch strukturierte und sakramentale Zeichen des göttlichen Heils angesehen wird. Betont wird die Verborgenheit der Kirche. Sie bedarf auch einer Sichtbarkeit, doch ist diese deutlich nachgeordnet. Kirche ist darum überall, wo zum einen Gottes Wort rein gepredigt und zum anderen die Sakramente (Taufe und Abendmahl) stiftungsgemäß gespendet werden. Das sei genug (satis est) für die wahre und sichtbare Kircheneinheit (CA VII). Einheit ist Bekenntnis- und Verkündigungseinheit, die in der Abendmahlsgemeinschaft gelebt wird. Daneben nennt CA XIV aber auch das Dienstamt, das von Gott für den öffentlichen Dienst an Evangelium und Sakrament eingesetzt wurde.

Das von allen anerkannte ökumenische Ziel ist eine „Einheit in Vielfalt“ bzw. eine „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“, ohne dass die eigene konfessionelle Identität gänzlich aufzugeben wäre. Große ökumenische Annäherungen sind bislang in der Rechtfertigungslehre, im Eucharistie- bzw. Abendmahlsverständnis, in der Ämterlehre etc. erreicht. Doch divergierende Vorstellungen in Bezug auf die sichtbare Gestalt von Kirche erschweren noch die Übereinkunft hinsichtlich einer konkreten Struktur und Ordnung einer künftigen sichtbaren Kircheneinheit. Weil Gehalt und Bezeugungsgestalt kirchlicher Einheit kontrovers diskutiert werden, werden ungleiche Bedingungen für die Möglichkeit von Kirchengemeinschaft aufgestellt und ökumenische Teilergebnisse unterschiedlich bewertet. Das Desiderat einer Fundamentalekklesiologie markiert demnach die Schwierigkeiten der augenblicklichen Ökumene. Es bedarf einer noch stärkeren ekklesiologischen Grundlagenarbeit, um zu einem differenzierten Konsens im Kirchenverständnis zu gelangen, auf den sich dann eine Einigung über die künftige Gestalt kirchlicher Einheit stützen bzw. von dem aus eine ökumenische Zielvorstellung formuliert und geklärt werden kann, wie viel Einheit in der sichtbaren Kirchenordnung nötig ist, um das K.s-Phänomen überwinden und Kircheneinheit erreichen zu können.