E-Commerce

1. Begriff

Der Begriff E. ist die Kurzform für Electronic Commerce. Dem entspricht als deutsche Übersetzung der Elektronische Handel. Der Begriff wird je nach Kontext und Funktion unterschiedlich weit verstanden. Das Substantiv des Handels in seiner allg.sten Bedeutung meint den Austausch von ökonomischen Werten. Begrifflich werden dadurch allein Schenkungen und nicht-ökonomische Werte ausgesondert. Dem Objekt nach enger ist ein Verständnis, wonach einer der ökonomischen Werte Geld sein muss. Außerhalb des Begriffs liegen insofern Tauschverträge. Der Austauschvorgang selbst lässt sich zeitlich in seine Vorbereitung, in seine Vereinbarung und in seinen Vollzug unterscheiden.

Von den Subjekten des Austauschvorganges wird regelmäßig selbstständiges Handeln verlangt. Diese Einschränkung erfolgt je nach Reichweite des Selbstständigkeitskriteriums mit dem Ziel, unternehmens- und konzerninterne Austauschvorgänge aus dem Begriff des Handels auszuscheiden. Abgesehen davon wird kontextspezifisch sowohl auf der Angebots- als auch der Nachfrageseite danach unterschieden, ob Unternehmer und/oder Verbraucher erfasst sein sollen. Die möglichen Kombinationen sind B2B, B2C, C2B und C2C. Teils wird diese Betrachtung noch um staatliche Akteure, abgekürzt mit G für Government, ergänzt.

Das Attribut elektronisch leitet sich von Elektron und Technik ab. Elektronischer Handel setzt daher in seiner allg.sten Form voraus, dass sich der Handel unter Einschaltung eines elektro(-tech-)nischen Mediums vollzieht. Die Begriffsverständnisse unterscheiden sich zum einen danach, in welchen Phasen des Austauschvorgangs das elektronische Medium eingesetzt wird. Am meisten verbreitet dürfte ein Verständnis sein, das den Abschluss der Vereinbarung als gleichermaßen erforderlich und ausreichend erachtet. Damit geht die Qualifikation des elektronischen zu einem zugleich interaktiven und vernetzten Medium einher. Unerheblich wäre nach diesem auf die Vereinbarung bezogenen Verständnis, ob die Anbahnung (z. B. Teleshopping) des Handelsgeschäfts über ein elektronisches Medium erfolgt.

Zum anderen unterscheiden sich die Begriffsverständnisse nach Maßgabe der unter das elektronische Medium gefassten Einzelphänomene. In einem engen Verständnis wird das elektronische Medium mit dem für jedermann offenen, computergestützten und branchenunspezifischen Internet als dem praxisrelevantesten Phänomen gleichgesetzt. In einem umfassenderen Sinne sind auch geschlossene (z. B. die elektronischen Handelssysteme des Finanzmarkts), mobilfunkgestützte (auch als „M-Commerce“ bezeichnet) und branchenspezifische elektronische Netzwerke (z. B. Flugbranche) einbezogen.

2. Geschichtliche Entwicklung

Handel ist so alt wie die Menschheit. Die Elektronik findet ihren Ursprung in der Entdeckung des Elektrons als Träger elektrischen Stroms in der zweiten Hälfte des 19. Jh. Die für den interaktiven Abschluss eines Handelsgeschäfts erforderliche Vernetzung elektronischer Systeme geht auf den Vorgänger des Internets aus den 60er und 70er Jahren des 20. Jh. zurück, das ARPANET als ein vom US-Militär initiiertes Projekt zur Bündelung der Rechenkapazitäten von Universitäten und Forschungseinrichtungen. Parallel entwickelten sich VAN, die über EDI „papierlosen Handel“ ermöglichten, aufgrund hoher Nutzungsentgelte aber nur von größeren Unternehmen in Anspruch genommen wurden. Erst die Kommerzialisierung des Internets in den 1990er Jahren führte zum Durchbruch des E. Sie ging einher mit dem verbreiteten Einzug von PCs in die Privathaushalte und der Schaffung des World Wide Web, eines Systems von durch Hyperlinks miteinander verknüpften Webseiten, deren Zusammenspiel auch dem Privatnutzer eine einfache Bedienung ohne bes. technische Kenntnisse gestattete. Eine von vorneherein auf die kommerzielle Nutzung ausgelegte Parallelentwicklung in Deutschland aus den 1980er Jahren war das Bildschirmtextsystem Btx der Deutschen Bundespost, das über die Fernsehgeräte bestimmte Waren- und Dienstleistungsangebote zum Vertragsschluss bereitstellte.

3. Rechtlicher Rahmen

Das Recht des E. ist eine Querschnittsmaterie. Ihr kommt die Aufgabe zu, die durch den E. betroffenen individuellen und öffentlichen Interessen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Besonderheiten des E. in Ausgleich zu bringen. Zu diesen tatsächlichen Besonderheiten zählen die ex ante fehlende Möglichkeit zur Inaugenscheinnahme von Vertragspartner und Vertragsgegenstand, die Fehler- und Missbrauchsanfälligkeit des elektronischen Mediums und seine virtuelle, nicht an Staatsgrenzen gebundene Universalität. Ihrer Bewältigung dienen Transparenz-, Authentifizierungs- und Informationspflichten zwischen den Vertragspartnern, das Widerrufsrechts des Verbrauchers, Organisationspflichten der Cyberintermediäre, sanktioniert teils durch öffentlich-rechtliche Eingriffsbefugnisse, teils durch privatrechtliche Haftungsregelungen und das Internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht zur Abgrenzung staatlicher Rechtsanwendungs- und Rechtsdurchsetzungsinteressen. Insoweit gelten in Deutschland im Ausgangspunkt die allgemeinen, für den Handelsverkehr relevanten Gesetze, insb. das BGB, das HGB, das UWG, die GewO und das StGB. Spezifische Bedeutung entfalten das TMG, das Fernabsatz- und E.-Recht des BGB in § 312 b–h sowie § 312 i–j, das EGBGB in Art. 246 a–c, das SigG sowie die PAngV in § 1 Abs. 2. Viele dieser materiellrechtlichen Regelungen haben ihren Ursprung in europäischen Harmonisierungsbestrebungen wie z. B. der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr oder der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher. Unionsrechtliche Regelungen wie die Brüssel Ia-VO, die Rom I-VO und die Rom II-VO bestimmen über die internationale Zuständigkeit der nationalen Gerichtsbarkeiten und das auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht.

4. Ökonomische Bedeutung

In der ökonomischen Theorie werden die Auswirkungen des E. sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlich kontrovers diskutiert. Volkswirtschaftlich legt einerseits die Einebnung räumlicher und zeitlicher Grenzen eine Erweiterung des Anbieter- und Nachfragerkreises, damit eine Stärkung des Wettbewerbs und insofern eine effizientere Preisbildung nahe. Andererseits zeigen sich in der Praxis gerade bei elektronischen Handelsplattformen bisweilen potentiell wettbewerbsschädliche Konzentrationstendenzen. Auf der einen Seite dürfte der E. zu einer Verringerung der Transaktionskosten (z. B. Suchkosten) führen und so eine effiziente Ressourcenallokation fördern. Auf der anderen Seite werden negative externe Effekte befürchtet (z. B. Verödung der Innenstädte). Zum einen hat die Entwicklung des E. neue Dienstleistungssektoren (Dienstleistungen) hervorgebracht, in denen Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Zum anderen sind infolge E. bedingter Rationalisierungen Arbeitsplätze verloren gegangen.

Betriebswirtschaftlich können zwar traditionelle Fixkosten eingespart werden (z. B. für Verkaufs- und Lagerräume). Demgegenüber drohen aus den Risiken des Online-Zahlungsverkehrs neue Fixkosten (z. B. Einschaltung von Zahlungsdienstleistern, Abschluss von Versicherungen); hinzu treten die Investitionskosten für die Implementierung der notwendigen Hardware- und Software-Infrastruktur. Zudem eröffnet der E. die Möglichkeit, die Zwischenhändlerstufe auszuschalten und so ggf. deren Gewinnmarge für sich zu realisieren bzw. an die Kunden durch niedrigere Endpreise weiterzugeben. Umgekehrt droht der durch den Zwischenhandel vermittelte persönliche Kundenkontakt geschwächt zu werden; soweit Kunden einen solchen Kontakt als wichtig erachten, birgt es die Gefahr, bisherige Kunden zu verlieren. Die infolge des E. massenhaft generierten persönlichen Daten gestatten einerseits eine spezifischere Ausrichtung an den individuellen Kundenbedürfnissen, können andererseits jedoch auch Abwehrreaktionen des Kunden hervorrufen.

In der ökonomischen Praxis nutzten laut StBA 2015 ca. 80 % der privaten Internetnutzer in Deutschland das Internet für Einkäufe oder Bestellungen. Im Jahr 2014 tätigten laut StBA 44 % aller Unternehmen Einkäufe über Websites, Apps oder EDI, 25 % aller Unternehmen auch Verkäufe und erzielten hierdurch ca. 30 % ihres Umsatzes. Laut bevh betrug 2015 der Online-Umsatz (inkl. USt) des Einzelhandels mit Waren 46,9 Mrd. Euro, mit digitalen Gütern und Dienstleistungen 13 Mrd. Euro.