Anstaltsseelsorge

1. Begriff

Die A. zählt zu den res mixtae, den gemeinsamen Angelegenheiten von Kirche und Staat (Kirche und Staat). Unter ihr werden verschiedene Erscheinungsformen der bes. Seelsorge – namentlich in Militär, Krankenhaus, Strafvollzug und Polizei – zusammengefasst. Diese Sonderformen der Seelsorge gelten Personen, denen aufgrund ihrer spezifischen Lebenssituation eine Inanspruchnahme allgemeiner Seelsorgeangebote nicht oder nicht ohne Weiteres möglich ist.

2. Rechtliche Grundlagen

Die A. ist Gegenstand unterschiedlicher (staatskirchen-)rechtlicher Reglelungen. Eine ausdrückliche Pflicht zu ihrer Gewährleistung folgt aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 141 WRV. Dieser Pflicht korrespondiert ein Anspruch der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften, der sich nicht allein auf Zugang zu den betreffenden Anstalten richtet, sondern auch darauf abzielt, dass die Religionsausübung in diesen Anstalten durch positives Handeln tatsächlich ermöglicht wird. Der staatliche Anstaltsträger muss daher Räume für Gottesdienste, seelsorgerische Aussprachen etc. bereitstellen. Statthaft ist zudem eine staatliche Unterstützung der A. in organisatorischer und finanzieller Hinsicht.

Ergänzt wird die Verbürgung des Art. 141 WRV durch die Gewähr der Religionsfreiheit gem. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Aus ihr folgt jedenfalls ein grundrechtlich fundierter Anspruch des Einzelnen auf Ausgleich hoheitlich veranlasster Beschränkungen der Religionsausübung, wie sie etwa mit einer Inhaftierung verbunden sind. Dieser Anspruch setzt die Befugnis des Anstaltsträgers zur Erkundigung nach der Religionszugehörigkeit voraus, wobei die Auskunftserteilung in die Freiheit des Einzelnen gestellt ist.

Weitere Verbürgungen der A. finden sich in der überwiegenden Zahl der Landesverfassungen. Diese enthalten teilweise eine explizite Regelung (so etwa Art. 148 BayVerf), teilweise eine Inbezugnahme der bundesverfassungsrechtlichen Gewährleistung (so etwa Art. 109 Abs. 4 SächsVerf). Daneben bestehen gesetzliche Regelungen einzelner Bereiche, im Recht des Bundes bspw. § 36 SG, im Recht der Länder etwa §§ 70–72 SächsStVollzG. Diese werden ergänzt durch Verwaltungsvorschriften. Ferner ist die A. Gegenstand staatskirchenvertraglicher Vereinbarungen, exemplarisch in Art. 28 RK und in Art. 12 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2.7.1996. Schließlich enthält auch das kirchliche Recht Vorschriften zur A. Das gilt exemplarisch für cann. 564 ff. CIC und Art. 18 Grundordnung EKD.

3. Erscheinungsformen

Die von der A. erfassten Lebensbereiche sind vielgestaltig. Zu ihr gehören u. a. die Seelsorge in Krankenhaus, Strafvollzug und (Bundes-)Polizei. Aus den Unterschieden der erfassten Bereiche resultiert die z. T. erheblich divergierende konkrete Ausgestaltung der A. So stehen etwa Seelsorger in der Krankenhaus- und Polizeiseelsorge, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, im kirchlichen Dienst, Seelsorger im Strafvollzug hingegen, sofern keine Gestellungsverträge abgeschlossen werden, vielfach im Staatsdienst. Gleichwohl sind auch Letztere – wenngleich verpflichtet, die staatlichen Belange zu achten – in ihrer geistlichen Tätigkeit frei von staatlichen Weisungen. Gemeinsam ist sämtlichen Erscheinungsformen der A., dass ihre Angebote freiwilliger Natur sind.