Kirchliche Bildungsarbeit: Unterschied zwischen den Versionen

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J. Freise: Kirchliche Bildungsarbeit, I. Pädagogisch, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Kirchliche Bildungsarbeit}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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M. Blasberg-Kuhnke: Kirchliche Bildungsarbeit, II. Theologisch, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Kirchliche Bildungsarbeit}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
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M. Blasberg-Kuhnke: Kirchliche Bildungsarbeit, II. Theologisch, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Kirchliche Bildungsarbeit}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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Version vom 4. Januar 2021, 12:21 Uhr

  1. I. Pädagogisch
  2. II. Theologisch

I. Pädagogisch

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K. B. kann von der jesuanischen Jüngerbelehrung hergeleitet werden und wird oft historisch auf den Dominikanermönch Meister Eckhart und dessen Überlegungen zur Ebenbildlichkeit Gottes bezogen. In Meister Eckharts mystischem Gottesverständnis kann die Gottesebenbildlichkeitswerdung als Selbstbildung verstanden werden, weil das tiefste menschliche Selbst und das göttliche Licht im Menschen zusammenfallen und eine Einheit bilden. Dabei geht es „insbesondere darum, Bildung weniger als einen Vorgang anzusehen, in dem andere Menschen etwas mit einem selbst als Lernenden machen. Vielmehr ist Bildung ein Vorgang, bei dem man etwas mit sich selbst macht […] Bildung ist demzufolge ein Prozess, durch den man auf sich selbst einwirkt und kann vor diesem Hintergrund als die Führung seiner Selbst verstanden werden“ (Wieser 2004: 164 f.). Kirchliche Bildung hat neben der Wissensvermittlung immer die Bildung der Persönlichkeit in ihren Haltungen und Handlungsfähigkeiten im Blick.

1. Formale, non-formale und informelle Bildung

In der bildungspolitischen Debatte wird zwischen einem formalen Bildungssystem mit Zertifizierung und Benotung, non-formalen Bildungsarrangements ohne Bildungsabschlüssen und informeller Bildung ohne formalisierte Lernveranstaltungen unterschieden. K. B. ist in allen drei Bereichen vertreten: Formal mit kirchlichen Universitäten, kirchlichen Hochschulen und Schulen, im non-formalen Bereich mit kirchlichen Akademien sowie Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Jugendbildung und Familienbildung und im informellen Sektor durch Bildungsprozesse im Kontext von Nachbarschaftsgruppen, Gemeindeveranstaltungen usw. Im Folgenden liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf dem Bereich der non-formalen Bildung, wobei eine zunehmende Verwobenheit zwischen den drei Bereichen zu berücksichtigen ist.

2. Die Debatte um das Selbstverständnis kirchlicher Bildungsarbeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg übertrugen die Siegermächte gesellschaftlichen Gruppen in Deutschland die Aufgabe, neben dem staatlichen Schulsystem im non-formalen Sektor politische Bildung zur Förderung des demokratischen Bewusstseins zu gestalten. Die beiden großen Kirchen hatten dabei in der BRD eine bes. Bedeutung. Die evangelischen und katholischen Akademien waren hier Vorreiter; kirchliche Bildungswerke förderten mit den Sozialen Seminaren demokratisches Bewusstsein und entwickelten nach und nach ein breit gefächertes Angebotsspektrum.

Indes sah sich in den 1990er Jahren k. B. unter dem Zugzwang, Systeme der Qualitätssicherung einzuführen. Im Kontext neoliberaler Entwicklungen, sich wandelnder Bildungslandschaften und einer immer weiter voranschreitenden rasanten Säkularisierung kam es zu Finanzierungsproblemen und Schließungen in der k.n B. Wenn Sozialkatholizismus und Milieukatholizismus (Sozialer Katholizismus, Katholizismus) ihre Bedeutung und Prägekraft verloren haben und der christliche Glaube keine Alltagsrelevanz mehr hat, habe christlich-religiöse Bildung „ihre Grundlagen, ihre Ziele, ihr Konzept und ihre Instrumentarien neu zu bestimmen“ (Bergold 2016: 10). Die Frage nach dem „Kerngeschäft“ k.r B. wird von einzelnen Kreisen dahingehend beantwortet, dass die Rückbesinnung auf kirchlich-katechetische Arbeit und die Gemeindepastoral in den Mittelpunkt zu rücken seien. Die einschlägigen Grundsatzpapiere bspw. der Arbeitsgemeinschaft Katholisch Sozialer Bildungswerke und der Orientierungshilfen des Rates der EKD verweisen demgegenüber auf zentrale gesellschaftliche Herausforderungen wie „die Erhaltung des Friedens, die Bewahrung der Schöpfung, das friedliche Miteinander der Kulturen und Religionen und die Sicherung der Zukunft nachfolgender Generationen“ (Beer 2015). Eine Mittelschichtszentrierung k.r B. wird daran deutlich, dass die wachsende Schere zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft eher selten thematisiert wird. Ausnahmen bilden hier Organisationen wie die KAB. Auch Julio Mario Bergoglio, Papst Franziskus, betont auf Grundlage der Werke geistlicher Barmherzigkeit die Bedeutung k.r B. für die Überwindung von Armut und Diskriminierung.

3. Neue religiöse Akteure in der Bildungsarbeit: Freikirchen und islamische Initiativen

Wenn über religiös geprägte Bildung in Deutschland zu sprechen ist, dürfen religiöse Bildungsinitiativen jenseits der katholischen und evangelischen Kirche nicht ungenannt bleiben. Evangelische Freikirchen sind in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit und Jugendbildung bes. stark vertreten. Auf muslimischer Seite (Islam) geht ein Innovationsschub von Fakultäten der Islamischen Theologie verschiedener deutscher Universitäten aus. Das Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e. V. in Köln ist wegweisend für muslimische Bildungsinitiativen. Muslimische Jugendverbände führen Jugendleiterkurse durch, beteiligen sich an öffentlich geförderten Projekten wie Demokratie leben und vernetzen sich in Landes- und Bundesjugendringen. Zukunftsweisend ruft Papst Franziskus k. B. hier zum Dialog (Interreligiöser Dialog) auf und fordert auf, die „Grammatik des Dialogs“ (Vatikan 2017) zu lehren, die das Zusammentreffen und die Förderung der Verschiedenheiten – auch in kultureller und religiöser Hinsicht – stärken.

II. Theologisch

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Das Christentum und die christlichen Gemeinden konstituieren sich von Anfang an als bildende Kirche in Predigt und Katechese, zunächst vorrangig in Tauf- und Eucharistiekatechese. K. B. entwickelt sich im Verlauf der Geschichte christlicher Erziehung und Bildung in Klöstern und ihren Schulen, bevor im Gefolge der Aufklärung, der Reformation und katholischen Reform und der Entwicklung des modernen Bildungswesens im 19. und 20. Jh. k. B. zum lebenslaufbegleitenden Leben- und Glaubenlernen zwischen den Generationen wird. Sie siedelt sich an einer Vielzahl von Glaubensorten, Familie, Schule und Religionsunterricht, Erwachsenen-, Familien- und Altenbildungseinrichtungen an. Für die Beteiligung an gesellschaftlichen und politischen Diskursen sind die katholischen und evangelischen Akademien als Trägerinnen religiös-kultureller Wertebildung bes. wichtig. Die Zahl der Teilnehmenden an gemeindlich organisierter B. in den kirchlichen Bildungswerken, die oft von Vereinen und Verbänden getragen und programmatisch ausgerichtet sind und ihre Mitglieder auf Dauer binden konnten, sinkt seit geraumer Zeit deutlich. Dagegen wächst die Bedeutung von Akademien und Bildungseinrichtungen, die für begrenzte Zeit und mit definierten Bildungszielen Bildungsangebote auf der Schnittfläche von Kirche und Gesellschaft (Kirche und Gesellschaft) bereitstellen und christlichen Einstellungen, Haltungen und Werten gesellschaftlich Gehör verschaffen. Katholische B. bindet nachkonziliar alle Bildungsanstrengungen im Blick auf ihre kirchliche Verantwortung als Bildungsträger zusammen. Sie versteht sich als Diakonie (Caritas, Diakonie), als Dienst der Kirche in und an der Gesellschaft und wird öffentlich wahrgenommen und gefördert als anerkannte konfessionelle B. Ihren Kontext bilden die Pluralität gesellschaftlicher B. ebenso wie die bes.n Herausforderungen von konfessorischer und religiöser Heterogenität.