Bundespräsident

  1. I. Rechtswissenschaftlich
  2. II. Politikwissenschaftlich

I. Rechtswissenschaftlich

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1. Der Bundespräsident als Staatsoberhaupt

In der vom GG konstitutierten repräsentativen Demokratie hat der B. als Staatsoberhaupt eine v. a. repräsentative und integrative Funktion. Er ist kein politisch-operatives Verfassungsorgan und besitzt nur wenig verfassungsrechtlich verortete politische Macht: eine bewusste Abkehr von der potentiellen Machtfülle des Reichspräsidenten in der Weimarer Reichsverfassung. Erstmals 2014 mit dem Amt des B.en befasst, stellte das BVerfG fest: „Aus der Sicht des Verfassungsgebers der Jahre 1948/49 hatte dieses Präsidialsystem mit seinen weitreichenden Machtbefugnissen jedoch entscheidend dazu beigetragen, der Diktatur den Weg zu bereiten […]. Bei der Schaffung des Grundgesetzes bestand deshalb weitgehend Einigkeit, dass der Bundespräsident nicht unmittelbar vom Volk gewählt […] und nicht mit einer dem Reichspräsidenten vergleichbaren Machtfülle ausgestattet […], auf dieses Amt aber auch nicht verzichtet werden sollte. Mit dem Bundespräsidenten sollte weiterhin ein ‚Repräsentant der Volkseinheit‘ […] an der Spitze des Staates stehen. Demgemäß sollte der Bundespräsident gegenüber anderen Organen möglichst unabhängig, insb. nicht verantwortlich im parlamentarischen Sinne sein […] und eine ausgleichende Stellung haben […]. Der Bundespräsident lässt sich nach der Ausgestaltung seines Amtes nicht einer der drei klassischen Gewalten zuordnen […].“ (BVerfGE 136, 277 Rn. 93 f.)

2. Verfassungsrechtliche Aufgaben und Befugnisse

Der B. verkörpert die Einheit des Staates. Sie kommt in seinen verfassungsrechtlich ausdrücklich festgelegten Befugnissen zum Ausdruck: insb. in der völkerrechtlichen Vertretungsmacht (Art. 59 Abs. 1 GG), in Ernennungs- und Vorschlagsrechten (Art. 60 Abs. 1 GG – Bundesbeamte und Soldaten, Art. 63 Abs. 1, Art. 64 GG – Vorschlag zur Wahl und Ernennung des Bundeskanzlers, Ernennung und Entlassung der Bundesminister), in der Gesetzesausfertigung (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG) und in politischen Leitentscheidungen in Krisenfällen (vgl. Art. 63 Abs. 4, Art. 68 GG – Bundestagsauflösung; Art. 81 GG – Erklärung des Gesetzgebungsnotstands). Die Verfassung setzt voraus, dass er allg.e Repräsentations- und Integrationsaufgaben wahrnimmt. Nach Ansicht des BVerfG zeigen sich Autorität und Würde des Amtes darin, dass es v. a. auf geistig-moralische Wirkung angelegt ist.

Die völkerrechtliche Vertretung (Art. 59 GG) ist entspr. der Praxis fast aller Staaten beim B.en zentriert. Rechtsverbindliches internationales Handeln bedarf einer formellen Rückführung auf den B.en, da nur er alleinvertretungsberechtigt ist. Er unterzeichnet die Ratifikationsurkunden, mit denen auf völkerrechtlicher Ebene die Erklärung Deutschlands abgegeben wird, an einen Vertrag gebunden zu sein. Im Rahmen der Ausfertigung des Vertragsgesetzes und bei der Ratifikation prüft er die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen. Der B. beglaubigt die eigenen und empfängt die ausländischen Gesandten. Trotz der dem B.en allein zustehenden völkerrechtlichen Vertretung führt er nach herrschender Meinung nicht die operative Außenpolitik, die vielmehr in die Zuständigkeit der Bundesregierung fällt. Zwar kann sich der B. nicht gegen die Außenpolitik der vom parlamentarischen Willen getragenen Regierung stellen. Gleichwohl ist er nicht gehindert, eigene Schwerpunkte zu setzen und spezifischen außenpolitischen Zielen bes. Aufmerksamkeit zu schenken, wie es in der Realität alle B.en – meist in Abstimmung mit der Bundesregierung – taten. Die vielfach in der Literatur behauptete Gegenzeichnung von Reden im Ausland findet in der Praxis nicht statt.

Der B. ernennt und entlässt Beamte, Soldaten (Soldat) und Bundesrichter (Art. 60 Abs. 1, Art. 95 Abs. 1, 96 GG), gemäß Art. 63 Abs. 2 S. 2, Art. 64 Abs. 1 GG auch den Bundeskanzler und die Bundesminister.

Zusätzlich beruft er Mitglieder anderer Institutionen, wie z. B. des Normenkontrollrats (§ 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Einrichtung eines nationalen Normenkontrollrates), soweit dies gesetzlich vorgesehen ist.

Bei den Ernennungen und Berufungen besitzt der B. indes nicht die Personalhoheit, also das politische Personalentscheidungs- oder -prüfungsrecht. Er prüft aber, ob die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Rechtskontrolle). Dem B.en steht im Einzelfall das Begnadigungsrecht (Art. 60 Abs. 2 GG) zu. Begnadigungen beziehen sich lediglich auf solche Strafen, die von Bundesgerichten verhängt worden sind. Generalamnestien können nur durch den Gesetzgeber vorgenommen werden (Art. 74 Satz 1 Nr. 1 GG).

Ihm obliegt die Gesetzesausfertigung (Art. 82 Abs. 1 GG) nach Gegenzeichnung (durch den Bundeskanzler und den zuständigen Bundesminister) der nach den Vorschriften des GG zustande gekommenen Gesetze (Gesetz). Mit dem Verkündungsauftrag sorgt er für die amtliche Bekanntmachung. Ausfertigung ist die Beurkundung der Übereinstimmung von Gesetzestext mit dem von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gesetzesinhalt (= Vermutung für die Echtheit des Gesetzestextes, ordnungsgemäßer Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens, Übereinstimmung mit der Verfassung). Verkündung im Bundesgesetzblatt ist die amtliche Bekanntgabe.

Unumstritten ist heute ein Prüfungsrecht zur Verweigerung der Ausfertigung, soweit ein Gesetz nicht nach den Vorschriften des GG zustande gekommen ist (formelle Verfassungswidrigkeit). Eher umstritten in der verfassungsrechtlichen Literatur ist dagegen unter dem Stichwort des materiellen Prüfungsrechts die Frage, ob dem B.en auch ein Verweigerungsrecht zusteht, wenn das Gesetz seiner Auffassung nach materiell verfassungswidrig ist. Das Recht zur Ausfertigungsverweigerung bei materiell verfassungswidrigen Gesetzen lässt sich auf den Amtseid des B.en (Art. 56 GG) „das Grundgesetz zu wahren“ stützen sowie auf die Bindung aller Verfassungsorgane an Grundrechte und verfassungsmäßige Ordnung (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG), die es dem B.en im Grunde verbietet, „sehenden Auges“ am Inkrafttreten eines von ihm als verfassungswidrig erkannten Gesetzes mitzuwirken. In der Staatspraxis haben alle B.en auch ein materielles Prüfungsrecht ausgeübt und die Ausfertigung ihrer Überzeugung nach der verfassungswidrigen Gesetze verweigert. Das BVerfG hat dies – was meist übersehen wird – anerkannt, indem es im B.en die letzte Stelle im Gesetzgebungsverfahren (Gesetzgebung) gesehen hat, an der über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes „reflektiert und entschieden werde“. Ein politisches Prüfungsrecht in Bezug auf den Inhalt eines Gesetzes hat der B. dagegen nicht.

Der B. schlägt den Bundeskanzler vor und ernennt ihn nach seiner Wahl durch den Bundestag (Art. 63 GG). Zudem ernennt und entlässt er die Bundesminister (Art. 64 GG).

Bes. Bedeutung kommt seiner Befugnis zu, den Bundestag aufzulösen. Allerdings ist dieses Auflösungsrecht stark eingeschränkt. Um einerseits eine Minderheitsregierung zu verhindern und andererseits regelmäßige Legislaturperioden zu gewährleisten, kann der Bundestag den Kanzler nur abwählen, indem er einen neuen wählt (konstruktives Misstrauensvotum, Art. 67 GG). Ein Selbstauflösungsrecht für den Bundestag fehlt, eine Auflösung des Bundestages außerhalb der Legislaturperiode ist letztlich nur im Wege der Vertrauensfrage (Art. 68 GG) oder nach einem gescheiterten Misstrauensvotum möglich. Das Ziel des Grundgesetzes, weitgehende Stabilität zu gewährleisten, hat sich im Grunde erfüllt. Nur dreimal kam es bisher zu vorgezogenen Neuwahlen: 1972, 1983 und 2005.

Anordnungen und Verfügungen des B.en bedürfen zu ihrer Gültigkeit mit Ausnahme der Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers, der Auflösung des Bundestages gemäß Art. 63 GG und des Ersuchens gemäß Art. 69 Abs. 3 GG (Fortführung der Amtsgeschäfte) der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder der zuständigen Bundesminister (Art. 58 GG). Die Gegenzeichnungspflicht gilt allg. als maßgeblich dafür, dass dem B.en keine eigenen politischen Funktionen zugebilligt sind. Unter die Anordnungen und Verfügungen fallen nur rechtlich verbindliche Akte und nach außen wirkende, schriftförmige Entscheidungen. Deshalb ist es nicht überzeugend – und entspr. auch nicht der Staatspraxis –, dass darüber hinausgehend auch alle amtlichen und politisch bedeutsamen Handlungen und Erklärungen des B.en, also auch Reden und Interviews, gegenzeichnungspflichtig sein sollen. Die Gegenzeichnung ist in der Praxis meist eine Vorzeichnung, d. h. alle rechtlich relevanten Handlungen des B.en, etwa die Ernennungsurkunden, auszufertigende Gesetze usw. werden dem B.en erst vorgelegt, wenn die „Gegenzeichnung“ vorliegt. Der B. ist in der Entscheidung frei, ob er die Handlung vornimmt oder nicht. Zudem ist davon auszugehen, dass bei originär allein dem B.en zustehenden Befugnissen wie dem Gnadenrecht (Art. 60 Abs. 2 GG) die Gegenzeichnung nicht verweigert werden kann. In der Staatspraxis werden v. a. – rechtlich nicht relevante – Tätigkeiten des B.en im auswärtigen Bereich mit der Bundesregierung „abgestimmt“, etwa Auslandsreisen oder Reden bei Staatsbesuchen im Ausland. Über Reisen, Besuche und Reden im Inland entscheidet der B. allein, informiert aber oft den Bundeskanzler bei den turnusmäßigen Treffen.

3. Der Bundespräsident als politischer Akteur

Nach der Verfassungserwartung repräsentiert der B. die staatliche Einheit von Bund und Ländern, da er durch beide Ebenen legitimiert ist. Seine Integrationsfunktion wird etwa in seiner Unterschriftsleistung unter Gesetze deutlich: Er erklärt den politischen Streit für beendet, den Mehrheitswillen in Form des Gesetzes für rechtlich verbindlich und macht ihn damit zum Staatswillen, der von allen Bürgern befolgt werden muss. Das GG erwartet keinen apolitischen B.en, sondern ein ausgewogenes, parteipolitisch nicht inspiriertes und kein einseitiges Agieren. Gleichwohl ist seine Aufgabe durchaus politisch: „In Erfüllung seiner Repräsentations- und Integrationsaufgabe obliegt es dem Bundespräsidenten, im Interesse der Wahrung und Förderung des Gemeinwesens das Wort zu ergreifen und die Öffentlichkeit durch seine Beiträge auf von ihm identifizierte Missstände und Fehlentwicklungen – insbesondere solche, die den Zusammenhalt der Bürger und das friedliche Zusammenleben aller Einwohner gefährden – aufmerksam zu machen sowie um Engagement bei deren Beseitigung zu werben. Er kann in diesem Sinn integrierend nur wirken, wenn es ihm freisteht, nicht nur die Risiken und Gefahren für das Gemeinwohl, sondern auch mögliche Ursachen und Verursacher zu benennen. […] Dem steht die verfassungsrechtliche Erwartung nicht entgegen, dass der Bundespräsident – insb. zu Wahlkampfzeiten – eine gewisse Distanz zu Zielen und Aktivitäten von politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen wahrt […], weil mit ihr nicht die Vorstellung eines politisch indifferenten Amtswalters verbunden ist.“ (BverfGE 136, 323 Rn. 31)

II. Politikwissenschaftlich

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1. Das Amt im institutionellen Kontext

Der deutsche B. ist kein regierender Präsident. Er soll auch keine Stellung haben, die mit der Funktionslogik eines parlamentarischen Regierungssystems (Regierungssysteme) wie des deutschen in Widerspruch geriete. Deshalb wird der B. auch nicht vom Volk gewählt, wodurch ihm potentiell eigene Legitimation als Gegenspieler von Regierung und Parlament zufiele. Dank seiner Wahl durch die Bundesversammlung besitzt der B. zwar demokratische, doch nur mittelbare und zugl. zum föderativen Staatsaufbau (Föderalismus) passende Legitimation. Denn die Bundesversammlung besteht aus den Abgeordneten des Bundestags sowie aus einer gleich großen Anzahl von Mitgliedern, die von den Landtagen nach parteipolitischem Proporz wie nach der Größe der Bevölkerung gewählt werden. Die Bundesversammlung tritt ausschließlich zur – ohne Aussprache durchgeführten – Wahl des B.en zusammen, kann einen B.en also nicht zur Verantwortung ziehen.

Ins Amt gewählt, muss der B. seine Parteiloyalität abstreifen, um als Integrationsfigur aller Deutschen wirken zu können. Das gelang den bisherigen Amtsinhabern weitgehend. Es entstünde allerdings ein demokratiepraktisches Problem, wenn ein B. glauben machen wollte, in seiner Überparteilichkeit gedeihe eine gemeinwohlverträglichere Politik (Gemeinwohl) als im Parteiendiskurs.

Bloß protokollarisch hervorgehoben, ist der B. eines von fünf Bundesorganen. Seine Kompetenzen und deren Grenzen sind im GG nicht klar umschrieben. Zwar Gegenstand staatsrechtlicher Kontroversen, wurden sie in der Staatspraxis klugerweise noch nicht ausgetestet. Eindeutig besitzt der B. auch in Notstandssituationen (Notstand, Staatsnotstand) – außer der formalen Erklärung des Verteidigungsfalles – keine über Normalzeiten hinausgehenden Befugnisse. Die meisten Akte des B. bedürfen der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers oder zuständigen Bundesminister. Dem B.en ist verwehrt, ohne Zustimmung der parlamentarisch legitimierten Bundesregierung zu handeln.

2. Wählbarkeit und Amtsdauer

Zum B.en kann jeder Deutsche ab 40 Jahren gewählt werden. Das Amt endet – bei einmaliger Wiederwahlmöglichkeit – nach fünf Jahren sowie durch Tod, Rücktritt oder Amtsenthebung durch das BVerfG bei vorsätzlicher Verletzung von Verfassung oder Bundesgesetzen. Im Verhinderungsfall übt der Präsident des Bundesrats bzw. dessen Stellvertreter die Befugnisse des B.en aus. Dabei ist er an Weisungen des B. nicht gebunden, agiert aber mit Takt und Diskretion.

3. Kompetenzen

Auf die Regierungsbildung hat der B. im Normalfall keinen Einfluss. Hat der Bundestag mit absoluter Mehrheit einen Kanzler gewählt, so muss der B. diesen auch ernennen. Weil dann ohne Handlungsspielraum, ist der B. gehalten, genau jenen Kandidaten vorzuschlagen, der die erforderliche Mehrheit finden dürfte. Eigene Entscheidungsmacht besitzt der B. nur, falls während zweier Wochen kein Kanzlerkandidat im Bundestag die absolute Mehrheit erreicht. Dann kann der B. binnen einer Woche einen mit relativer Mehrheit gewählten Kandidaten zum Kanzler ernennen oder den Bundestag auflösen. Das aber kam noch nicht vor. Die Bundesminister (Minister) werden vom B.en auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt oder entlassen. Wie weit damit ein präsidiales Prüfungs- oder gar Vetorecht einhergeht, ist umstritten und wurde in der Staatspraxis nicht wirklich ausgetestet. Entlassen kann – und muss – der B. den Bundeskanzler auf dessen Ersuchen oder im Anschluss an ein erfolgreiches konstruktives Misstrauensvotum. Ferner kann der B. – muss aber nicht – nach parlamentarischer Verneinung einer vom Bundeskanzler gestellten Vertrauensfrage binnen dreier Wochen den Bundestag auflösen, falls dieser nicht in dieser Frist einen neuen Bundeskanzler gewählt hat.

Die Bundesgesetze (Gesetzgebung) fertigt der B. – nach Unterzeichnung durch den Bundeskanzler oder zuständigen Bundesminister – durch seine Unterschrift aus und verkündet sie im Bundesgesetzblatt. Es ist umstritten und mitunter Anlass eines – dann mit staatspraktischer Umsicht behandelten – Konflikts zwischen B. und Bundestag, ob der B. ein Gesetz nur auf die Rechtsförmlichkeit des Zustandekommens oder auch auf inhaltliche Übereinstimmung mit dem Verfassungsrecht überprüfen darf. Unbestrittener Leitgedanke ist, dass ein „mit wirklichen oder möglichen verfassungsrechtlichen Mängeln behaftete[s] Gesetz nicht in Kraft treten [soll], solange ein Verfassungsorgan Mängel zu erkennen überzeugt ist und das Inkrafttreten verhindern kann“ (Stern 1980: 236). Entspr.e Einschätzungen und Entscheidungen des B.en sind bei einem späteren Normenkontrollverfahren vor dem BVerfG allerdings nicht bindend, denn dieses allein ist „Hüter der Verfassung“.

Bei der Vertretung des Bundes nach außen hat der B. nur symbolische Funktionen. Diese können zwar politisch wirkungsvoll sein; doch insgesamt drückt der B. einen ohne sein Zutun gebildeten Staatswillen nur in völkerrechtlich konventionellen Formen aus. Insgesamt hielten sich B.en bislang im Wesentlichen an die von Regierung und Parlament bestimmten außenpolitischen Linien (Außenpolitik).

Die sonstigen Kompetenzen des B.en umfassen das – für eigenständige Personalpolitik keineswegs ausreichende – Recht, hohe Richter, Beamte und Offiziere zu ernennen bzw. zu entlassen; die Genehmigung der GOBReg; die Festlegung des Tags der Bundestagswahl auf Vorschlag der Bundesregierung; das Recht, beim Bundestagspräsidenten die Einberufung des Bundestags zu verlangen; das Begnadigungsrecht (Begnadigung) bei Urteilen von Bundesgerichten; das Antragsrecht bei einem Organstreitverfahren vor dem BVerfG; sowie die – gemeinsam mit dem Bundestag wahrgenommene – Zuständigkeit für die Hervorbringung und Pflege staatlicher Symbole. Wird nach einer Vertrauensfrage des Bundeskanzlers (Art. 68 GG) der Bundestag nicht aufgelöst, kann der B. im Zusammenwirken mit diesem und dem Bundeskanzler für eine bestimmte Gesetzesvorlage den Gesetzgebungsnotstand verkünden, um Blockaden zu vermeiden.

Auch eigenständige Rechtssetzungsakte des B.en – Verfügungen, Erlasse, Anordnungen – bedürfen der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder den zuständigen Bundesminister. Die wichtigsten Ausnahmen sind gegenüber dem Bundestag der Vorschlag eines Kanzlerkandidaten, die Ernennung oder Entlassung des Bundeskanzlers oder die Auflösung des Bundestags. Unterlassungen und Weigerungen des B.en sind allerdings von der Gegenzeichnungspflicht frei, weshalb sich in ihnen – eng beschränkte – präsidiale Machtmöglichkeiten finden. Für deren Nutzung kann der B. allein durch die öffentliche Meinung, nur bei bewusster Verletzung von Verfassung oder Gesetzen auch vor dem BVerfG zur Rechenschaft gezogen werden. Ansonsten stellt die Gegenzeichnung seiner Akte durch Mitglieder der Bundesregierung den B.en von jeglicher politischen Verantwortung frei.

4. Politische Rolle

Das Verfassungsrecht sieht den B. nicht als dominierenden politischen Faktor. Auch eine Stellung als „Schiedsrichter“ kommt ihm nicht zu. Sein politisches Gewicht hängt davon ab, wie weit seine Amtsführung von der – ohnehin höchst zurückhaltenden – Kritik durch Politiker und Öffentlichkeit verschont bleibt; wie wirkungsvoll er seine relativ geringen Kompetenzen in der Praxis zu bündeln vermag; und inwiefern seine Impulse ein positives öffentliches Echo erzielen können. Folglich kann auch die alltägliche Amtsführung politische Wirkungen zeitigen, die über rein rechtliche Befugnisse hinausgehen. V. a. kann der B. dank seines Privilegs, weder selbst entscheiden noch für Entscheidungen einstehen zu müssen, zu einem wirkungsvollen Moderator zwischen den politischen Lagern oder zwischen dem Volk und dessen Vertretern werden. Durch gut inszenierte Reden kann er obendrein wichtige Themen besetzen, argumentationsprägende Denkfiguren ins Gespräch bringen, ja sogar ein gewisses Maß an politischem Handlungsdruck aufbauen. Auf diese Weise werden persönliche Eigenschaften und Begabungen zu wichtigen Prägefaktoren dieses Amtes.