Neues Steuerungsmodell (NSM): Unterschied zwischen den Versionen

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Vor rund 20 Jahren fingen in Deutschland die ersten Kommunen mit viel Euphorie an, das NSM umzusetzen. Seit knapp zehn Jahren ist es um das NSM eher ruhig geworden; eine umfassende Evaluation unterblieb. Dafür fand in fast allen Bundesländern ein gesetzlich erzwungener Umstellungsprozess von der [[Kameralistik]] zum Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) statt, der sog.en [[Doppik]]. Grundidee des NSM ist es, über betriebswirtschaftliche Informationssysteme die politische und finanzielle [[Steuerung]] in den Kommunen zu verbessern. Zudem werden, als wesentliche Elemente des NSM, auch Produkthaushalte, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Controlling-Systeme implementiert. Zumal zur Umsetzung des NKF mittlerweile Studien vorliegen.
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Vor rund 20 Jahren fingen in Deutschland die ersten Kommunen mit viel Euphorie an, das NSM umzusetzen. Seit knapp zehn Jahren ist es um das NSM eher ruhig geworden; eine umfassende Evaluation unterblieb. Dafür fand in fast allen Bundesländern ein gesetzlich erzwungener Umstellungsprozess von der [[Kameralistik]] zum Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) statt, der sogenannten [[Doppik]]. Grundidee des NSM ist es, über betriebswirtschaftliche Informationssysteme die politische und finanzielle [[Steuerung]] in den Kommunen zu verbessern. Zudem werden, als wesentliche Elemente des NSM, auch Produkthaushalte, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Controlling-Systeme implementiert. Zumal zur Umsetzung des NKF mittlerweile Studien vorliegen.
 
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Erst relativ spät wurde in Deutschland das [[Public Management]] eingeführt, v.&nbsp;a. in den Kommunen. Ein umsetzungsreifes Konzept wurde von der KGSt mit dem sog.en NSM vorgelegt. Dieses Modell unterschied sich von vielen ausländischen „Vorbildern“. Es ging im NSM weniger um eine Neubestimmung des staatlichen Außenverhältnisses ([[Privatisierung]], marktlicher [[Wettbewerb]] etc.), sondern in erster Linie um eine Binnenmodernisierung der Kommunalverwaltung. Durch Dezentralisierung, finanzielle Anreize und stärkere Outputorientierung sollte die [[Verwaltung]] effizienter werden, auch um gegenüber der privatwirtschaftlichen Konkurrenz wettbewerbsfähig zu bleiben. Der hierarchische Aufbau der Verwaltung, der einst als idealtypische Errungenschaft rationaler [[Bürokratie]] galt, wurde nun als ineffizienter „bürokratischer Zentralismus“ kritisiert.
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Erst relativ spät wurde in Deutschland das [[Public Management]] eingeführt, v.&nbsp;a. in den Kommunen. Ein umsetzungsreifes Konzept wurde von der KGSt mit dem sogenannten NSM vorgelegt. Dieses Modell unterschied sich von vielen ausländischen „Vorbildern“. Es ging im NSM weniger um eine Neubestimmung des staatlichen Außenverhältnisses ([[Privatisierung]], marktlicher [[Wettbewerb]] etc.), sondern in erster Linie um eine Binnenmodernisierung der Kommunalverwaltung. Durch Dezentralisierung, finanzielle Anreize und stärkere Outputorientierung sollte die [[Verwaltung]] effizienter werden, auch um gegenüber der privatwirtschaftlichen Konkurrenz wettbewerbsfähig zu bleiben. Der hierarchische Aufbau der Verwaltung, der einst als idealtypische Errungenschaft rationaler [[Bürokratie]] galt, wurde nun als ineffizienter „bürokratischer Zentralismus“ kritisiert.
 
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Die Evaluationsergebnisse nach zehn Jahren zeichneten ein ambivalentes Bild. Einerseits gab es in den deutschen Kommunen eine breite Bewegung für die Verwaltungsmodernisierung. Zahlreiche Maßnahmen wurden in die Wege geleitet – z.&nbsp;T. erfolgreich, aber auch mit deutlichen Rückschlägen. Eine einheitliche Entwicklung, ein umfassender „Paradigmenwechsel“ der deutschen Verwaltung, weg vom weberianischen Bürokratiemodell hin zum New Public Management, ist allerdings nicht festzustellen. Gemessen an den ursprünglichen Absichten des NSM könnte man, bei einem harten Soll-Ist-Vergleich, sogar von einem weitgehenden Scheitern sprechen.
 
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J. Bogumil.: 20 Jahre Neues Steuerungsmodell – Eine Bilanz, in: E. Wiechmann/ders. (Hg.): Arbeitsbeziehungen und Demokratie im Wandel, 2014, 41–59 • Ders. u. a.: 10 Jahre Neues Steuerungsmodell. Evaluation kommunaler Verwaltungsmodernisierung, 2007 • G. Banner: Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen – Die Kommunen brauchen ein neues Steuerungsmodell, in: VOP 1 (1991), 6–11.
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J. Bogumil.: 20 Jahre Neues Steuerungsmodell – Eine Bilanz, in: E. Wiechmann/ders. (Hg.): Arbeitsbeziehungen und Demokratie im Wandel, 2014, 41–59 • Derselbe u. a.: 10 Jahre Neues Steuerungsmodell. Evaluation kommunaler Verwaltungsmodernisierung, 2007 • G. Banner: Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen – Die Kommunen brauchen ein neues Steuerungsmodell, in: VOP 1 (1991), 6–11.
 
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[[Category:Politikwissenschaft]]

Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:10 Uhr

Vor rund 20 Jahren fingen in Deutschland die ersten Kommunen mit viel Euphorie an, das NSM umzusetzen. Seit knapp zehn Jahren ist es um das NSM eher ruhig geworden; eine umfassende Evaluation unterblieb. Dafür fand in fast allen Bundesländern ein gesetzlich erzwungener Umstellungsprozess von der Kameralistik zum Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) statt, der sogenannten Doppik. Grundidee des NSM ist es, über betriebswirtschaftliche Informationssysteme die politische und finanzielle Steuerung in den Kommunen zu verbessern. Zudem werden, als wesentliche Elemente des NSM, auch Produkthaushalte, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Controlling-Systeme implementiert. Zumal zur Umsetzung des NKF mittlerweile Studien vorliegen.

1. Konzept

Erst relativ spät wurde in Deutschland das Public Management eingeführt, v. a. in den Kommunen. Ein umsetzungsreifes Konzept wurde von der KGSt mit dem sogenannten NSM vorgelegt. Dieses Modell unterschied sich von vielen ausländischen „Vorbildern“. Es ging im NSM weniger um eine Neubestimmung des staatlichen Außenverhältnisses (Privatisierung, marktlicher Wettbewerb etc.), sondern in erster Linie um eine Binnenmodernisierung der Kommunalverwaltung. Durch Dezentralisierung, finanzielle Anreize und stärkere Outputorientierung sollte die Verwaltung effizienter werden, auch um gegenüber der privatwirtschaftlichen Konkurrenz wettbewerbsfähig zu bleiben. Der hierarchische Aufbau der Verwaltung, der einst als idealtypische Errungenschaft rationaler Bürokratie galt, wurde nun als ineffizienter „bürokratischer Zentralismus“ kritisiert.

Wesentliche Bausteine des NSM sind:

a) die Zusammenführung von Aufgaben- und Finanzverwaltung in Fachbereichen, insb. durch Budgetierung, und damit einhergehend die Dezentralisierung von Haushaltskompetenzen;

b) der Übergang von der Input- zur Outputsteuerung durch flächendeckende Gliederung des Haushaltsplans in Produkte sowie durch den Aufbau einer Kosten- und Leistungsrechnung;

c) ein Kontraktmanagement zwischen Politik und Verwaltung, dem gemäß die Politik nur noch die Ziele („was“) definieren sollte, die Ausführung („wie“) aber der Verwaltung zu überlassen hätte, um eine wirtschaftlichere Aufgabenerledigung zu gewährleisten.

Die KGSt hat von Anfang an verdeutlicht, dass diese Bausteine des NSM nur gemeinsam umsetzbar sind. Diese im Zuge der Binnenmodernisierung angestrebten neuen Verwaltungsstrukturen sollten zusätzlich von außen durch eine stärkere Kundenorientierung sowie durch interkommunale Leistungsvergleiche „unter Strom gesetzt“ werden, um insgesamt v. a. eine effizientere Mittelverwendung zu garantieren.

2. Umsetzung

Die Evaluationsergebnisse nach zehn Jahren zeichneten ein ambivalentes Bild. Einerseits gab es in den deutschen Kommunen eine breite Bewegung für die Verwaltungsmodernisierung. Zahlreiche Maßnahmen wurden in die Wege geleitet – z. T. erfolgreich, aber auch mit deutlichen Rückschlägen. Eine einheitliche Entwicklung, ein umfassender „Paradigmenwechsel“ der deutschen Verwaltung, weg vom weberianischen Bürokratiemodell hin zum New Public Management, ist allerdings nicht festzustellen. Gemessen an den ursprünglichen Absichten des NSM könnte man, bei einem harten Soll-Ist-Vergleich, sogar von einem weitgehenden Scheitern sprechen.

Bemessen an den Erkenntnissen über die Veränderungsresistenz öffentlicher Verwaltungen sieht die Bilanz hingegen besser aus. Die Kommunalverwaltungen sind heute zweifellos bürger- und kundenorientierter. Zu denken ist insb. an die Schaffung von Bürgerbüros, an so manche Verfahrensbeschleunigung oder an die Stärkung professioneller Konzepte im Sozial- und Jugendhilfebereich. Allerdings sind dies keine originären Kernelemente einer betriebswirtschaftlichen „Neuen Steuerung“, obgleich sie ohne das NSM wahrscheinlich nicht im gleichen Umfang umgesetzt worden wären. Insgesamt ist die Verwirklichung des NSM als Reformkonzept inzwischen vielfach ins Stocken geraten und beschränkt sich auf „Modernisierungsinseln“ sowie die selektive Umsetzung einzelner Instrumente. Hierfür sind neben schlechten finanziellen Rahmenbedingungen insb. die konzeptionellen Mängel eines zu stark betriebswirtschaftlich ausgerichteten Modells ursächlich.

Anstatt modernisierter Verwaltungsstrukturen ist deshalb gerade in jenen Kommunen, die sich zwischenzeitlich auf jene Modernisierung eingelassen hatten, eine Art „Rückkehr zu Max Weber“ festzustellen. Auf die – ganz unbeabsichtigten – Folgeprobleme der NSM-Reform wurde in den Pionierkommunen entweder dadurch reagiert, dass man die neuen Strukturen und Verfahren bewusst „zurückbaut“ oder im Verwaltungsalltag sukzessiv wieder auf altbewährte Handlungsroutinen vertraute. Die deutschen Kommunen unterliegen damit – zumindest binnenorganisatorisch gesehen – einem Trend zur Rezentralisierung und Rehierarchisierung. Zu ihm hat, neben den erkannten NSM-Funktionsstörungen, gerade auch die sich zuspitzende Finanzkrise einen erheblichen Beitrag geleistet. In der Konsequenz rücken viele Kommunen – und dies ist als ein wichtiger Lerneffekt zu interpretieren – von der „Reinform“ des NSM ab, setzen sich wohl gerade dadurch in die Lage, negative Reformwirkungen zu bearbeiten und zu beheben. Bei dieser Rückkehr einer hierarchie- und regelgesteuerten Verwaltung wurden freilich nicht alle Reformelemente über Bord geworfen, zumal die über ein Jahrzehnt währende Diskursvorherrschaft des NSM deutliche Spuren hinterlassen hat. Jedenfalls hat sich die Organisationskultur und Einstellungswelt in den Kommunalverwaltungen nachhaltig verändert. Auch die Idee eines – mehr oder minder machbaren – Konzepttransfers aus der Privatwirtschaft in die Kommunalverwaltung dürfte wohl im „institutionellen Gedächtnis“ der Kommunen verbleiben. Dass in der deutschen Verwaltung heute nicht nur über Rechtsförmigkeit und formale Richtigkeit nachgedacht und diskutiert wird, sondern auch über Kosten und Leistungsqualität, ist unübersehbar. Doch ein neues Verwaltungsmodell ist nicht entstanden.

Die Studien zur Umsetzung des „Nachfolgemodells“ NKF zeichnen ein ähnliches Bild. Auch wenn das NKF ohne Zweifel aussagekräftigere finanzwirtschaftliche Informationen als die Verwaltungskameralistik liefert, ist dessen zweites Ziel nicht erreicht worden, nämlich die Einführung einer zielorientierten Ergebnissteuerung. Produkthaushalte haben sich als untaugliche Steuerungsinstrumente für ehrenamtliche politische Mandatsträger eerwiesen. 20 Jahre nach dem Start des NSM und acht Jahre nach der Einführung der Doppik in einigen Bundesländern bestätigt sich somit die frühere Diagnose, dass das NSM kein Allheilmittel für öffentliche Verwaltungen ist, sondern allenfalls eine Medizin, die erst nach sorgfältiger Diagnose verabreicht werden sollte. Es gibt denn auch eindeutig Bereiche, in denen sie nicht hilft, zumal bei der Optimierung politischer Steuerung. Je politiknäher der Verwaltungsbereich ist, umso unangebrachter erscheint also die Übertragung des privatwirtschaftlichen Managementmodells. Dies ist auch einer der wesentlichen Gründe für die weitaus geringere Implementationsdichte (Implementation) in Ministerien. Damit bestätigt sich, dass durch eine bessere Informationsversorgung nicht gleichsam automatisch bessere politische Entscheidungen getroffen werden.

Die Implementationsprobleme des NSM und der Doppik lassen sich auf zweierlei Weise erklären. Entweder hängen sie damit zusammen, dass eine an sich richtige Theorie unzulänglich implementiert wird. Hier kann man darauf verweisen, dass das Modernisierungsmanagement schlecht konzipiert war (keine Freistellungen, keine Kompetenzen, falsche organisationsinterne Ansiedlung), dass es an der Prozessorientierung fehlte oder dass die Beschäftigten unzureichend einbezogen wurden. Oder es erklären sich die Implementationsprobleme daraus, dass die zugrunde liegende Theorie selbst schon falsch ist. Dann wird darauf aufmerksam gemacht, dass öffentliches Verwalten spezifischen Besonderheiten unterliegt, die im betriebswirtschaftlich ausgerichteten Public Management-Modell nicht berücksichtigt werden und in der Modernisierungspraxis dann eben zu Problemen führen. Beide Erklärungen treffen zu: Ein Teil der Implementationsprobleme hängt mit unzulänglicher Implementation zusammen; doch die Versuche einer Umgestaltung des Verhältnisses von Politik und Verwaltung oder der Schaffung eines strategischen Managements scheitern an einer falschen Theorie.