Zollunion, europäische: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 14. November 2022, 06:02 Uhr

1. Begriff, Funktionen und Erscheinungsformen

Zölle sind Abgaben, die nach Maßgabe des Zolltarifs von der Warenbewegung über die Zollgrenze erhoben werden. Das Zollrecht gehört zu den am weitreichendsten vergemeinschafteten Rechtsgebieten in der EU überhaupt.

Im Recht der EU (Europarecht) handelt es sich ganz überwiegend um Importzölle aus wirtschaftspolitischen Motiven, die – von wenigen Ausnahmen abgesehen – auf den Warenwert abstellen. Die Abschöpfungsabgaben der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik werden inzwischen als Agrarzölle bezeichnet.

2. Zollintegrationsstufen

Schon in historischer Perspektive neigten einzelne nationale Volkswirtschaften aus unterschiedlichen Motiven zur Zusammenarbeit von und zum Zusammenschluss zu Zollgebieten. Regelungen über Zölle oder zollgleiche Abgaben bildeten zumeist den Anfang einer umfänglicheren wirtschaftlichen oder auch politischen Zusammenarbeit. Der Deutsche Zollverein von 1834 hat in spezifischer Hinsicht eine Pionierfunktion bei der wirtschaftspolitischen Einigung Deutschlands im 19. Jh. eingenommen. Kern der EWG von 1957 und der EU heute ist eine Z., Art. 28 AEUV. Idealtypisch lassen sich zwei Formen zollpolitischer Integration unterscheiden: die Freihandelszone und die Z.

In einer Freihandelszone bestehen zwischen den Mitgliedstaaten keine Zölle; die handelspolitische Souveränität wird dadurch gewahrt, dass kein gemeinsamer Außenzoll existiert. Z.en bilden aus dem Zusammenschluss zweier oder mehrerer politisch selbständiger Hoheitsgebiete ein einheitliches Zollgebiet: für den ganz überwiegenden Teil der zwischen ihnen auszutauschenden Leistungen müssen sowohl die Zölle, als auch sonstige Handelsbeschränkungen vollständig beseitigt sein; gegenüber Drittstaaten muss ein einheitlicher Außenzoll bestehen; auch die übrigen Handelsvorschriften gegenüber Drittstaaten müssen weitgehend einheitlich sein.

3. Entwicklung der Zollintegration in der EU

Bei der Entwicklung der e.n Z. können zwei Stufen unterschieden werden:

a) der Abbau der Binnenzölle zwischen den Mitgliedstaaten und die Aufrichtung eines gemeinsamen Zolltarifs nach außen;

b) die Harmonisierung des Zollrechts.

Als Zeitrahmen war zunächst der Zeitraum bis Ende 1969 festgelegt worden; dieser Zeitrahmen konnte als Folge der durch die Aufrichtung der EG (mit-)ausgelösten wirtschaftlichen Dynamik zum 1.7.1968 vorgezogen werden. Eine stufenweise Einbeziehung in die Z. erfolgte auch jeweils beim Beitritt neuer Mitgliedstaaten. Die zweite Entwicklungsstufe kann mit dem Schlagwort „von der Tarifunion zur Zollrechtsunion“ umrissen werden: Vollendung konnte die Z. erst durch eine weitgehende Angleichung des Zollrechts finden. Zweifelhaft erscheint die Sichtweise, dass die Z. mit der Erreichung des Europäischen Binnenmarkts in diesem „aufgegangen sei“. Die Z. allein konnte noch keinen Binnenmarkt schaffen, sie stellt inzwischen ein wesentliches Teilelement eines solchen Marktes dar, behält aber ihre eigenständige Bedeutung.

4. Rechtsquellen der Zollunion

Das primäre Unionsrecht enthält die rechtlichen und institutionellen Grundlagen. Im sekundären Unionsrecht können als Regelungsbereiche das Zolltarifrecht und das allg.e Zollrecht getrennt werden. Das Zolltarifrecht regelt Art und Höhe der Zölle. Der Gemeinsame Zolltarif besteht wiederum aus zwei Elementen: aus einem umfassenden Verzeichnis von Waren (Zolltarifschema/Nomenklatur) und aus den Zollsätzen. Ergänzt wird die sog.e Kombinierte Nomenklatur durch Regelungen über Zollaussetzungen, Zollkontingente u. ä. Für die endgültige Berechnung des Zolls muss bei den – ganz überwiegenden – Wertzöllen noch das Zollwertrecht zur Ermittlung des zugrundezulegenden Zollwerts hinzutreten. Im Unionszollrecht entscheidend ist regelmäßig der Transaktionswert, d. h. der gezahlte oder zu zahlende Kaufpreis. Das allg.e (nicht-tarifäre) Zollrecht regelt Art und Weise der Erhebung des Zolls. Es ist in Einzelfragen vom Zolltarifrecht nicht zu trennen. Dazu gehören die Bestimmungen über das Zollgebiet, Zollabfertigung, Zollüberwachung, bes. Zollverfahren und das Zollschuldrecht. Das allg.e Zollrecht der EU ist in einer Verordnung, dem Zollkodex und seiner Durchführungsverordnung niedergelegt.

5. Unionsrechtliches Zollgebiet

Das unionsrechtliche Zollgebiet bezeichnet den geographischen Raum, in dem das Zollrecht der EU Anwendung findet. Ähnlich wie urspr. beim mitgliedstaatlichen deutschen Zollgebiet decken sich Hoheitsgebiet der Union und Zollgebiet nicht vollständig. In Bezug auf Deutschland gehören die Insel Helgoland und der Zollausschluss Büsingen am Oberrhein nicht zum unionsrechtlichen Zollgebiet. Im Unterschied zu assoziierten Gebieten gehört das Fürstentum Monaco zum Zollgebiet der EU.

6. Abgrenzung der Zollhoheit

Die Zollgesetzgebungshoheit liegt als ausschließliche Zuständigkeit bei der EU, die Mitgliedstaaten können daher nur tätig werden, wenn sie durch die EU hierzu ermächtigt werden oder dies der Umsetzung europäischer Rechtsakte dient. Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes über Zölle in Art. 105 Abs. 1 GG greift daher ins Leere. Da die Zölle seit 1970 zu den Eigenmitteln der Gemeinschaft zählen, steht die Zollertragshoheit jetzt ausschließlich der EU zu; die Gläubigerschaft hinsichtlich der Zollschuld, die den die Zölle erhebenden, d. h. verwaltenden Mitgliedstaaten zukommt, ist davon zu trennen. Die Zollverwaltungshoheit liegt bei den Mitgliedstaaten, auch im Zollbereich besitzt die EU keinen eigenen Verwaltungsunterbau. In Deutschland ist das ZollVG vom 21.12.1992 einschlägig.