Wiedergutmachung

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  1. I. Geschichtlich
  2. II. Sozialethisch
  3. III. Rechtlich

I. Geschichtlich

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1. Begriff

Der Begriff „W.“ hat sich v. a. als Bezeichnung für die materielle Kompensation von Verfolgten des Nationalsozialismus eingebürgert. Dem gelegentlich erhobenen Vorwurf, damit würden die nationalsozialistischen Verbrechen verharmlost, steht die Begriffsgeschichte entgegen, die auf den Zusammenhang der Kriegsreparationen zurückführt: 1919 diente „W.“ im Versailler Friedensvertrag als deutsche Übersetzung für reparations bzw. réparations. In der Bundesrepublik wurde dagegen die begriffliche Unterscheidung von äußeren (Kriegs-)Reparationen an andere Staaten und innerer W. für die Opfer innerstaatlicher Verfolgung zur offiziellen Doktrin. Die damit verbundene Trennungslinie zwischen „normalen“ Gewaltfolgen des Zweiten Weltkriegs (Weltkriege) und spezifisch nationalsozialistischen Verbrechen hat sich jedoch beständig verschoben. In der englischsprachigen Welt haben sich zur Bezeichnung der materiellen Kompensation der Opfer von historischer Gewalt v. a. die Begriffe restitution und reparation(s) durchgesetzt, ohne dass hier genau von Kriegsreparationen abgegrenzt wird. Dies gilt insb. für die seit den 1990er Jahren entstandene Transitional Justice, die sich mit dem Übergang von Diktaturen zu liberalen Demokratien beschäftigt, sowie für die vielfältigen Forderungen nach Entschädigung auch weit zurückliegenden historischen Unrechts. Dort spielt zwar nicht der Begriff, aber das Konzept der W. historischen Unrechts i. S. d. materiellen Kompensation der Opfer eine zentrale Rolle.

2. Bundesrepublik: Wiedergutmachung v Kriegsreparationen

In Westdeutschland bzw. der BRD prägten die westlichen Alliierten die Grundstrukturen der W. nach 1945. Den Vorrang besaß zunächst die Rückerstattung von im Dritten Reich geraubtem und entzogenem Eigentum. Zwischen 1947 und 1949 bestimmten alliierte Militärregierungsgesetze die Rückerstattung wiederauffindbaren Eigentums, wobei es v. a. um jüdisches Eigentum, aber auch das Eigentum von Gewerkschaften und Parteien ging. Erst 1957 regelte das BRüG verfolgungsbedingte Vermögensansprüche gegen das Deutsche Reich. Die Entschädigung persönlicher Schäden aufgrund rassistischer, religiöser oder politischer Verfolgung begann zunächst in den Ländern und wurde schließlich 1953 bzw. 1956 durch das BEG bundesweit vereinheitlicht. Rückerstattung wie Entschädigung zielten auf die Wiederherstellung einer bürgerlichen, liberalen Gesellschaftsordnung. Die Wiederherstellung geordneter Eigentumsverhältnisse und der Schadensersatz im Verhältnis zur verlorenen sozialen Stellung standen daher im Mittelpunkt.

Der Fokus des BEG lag auf deutschen NS-Verfolgten, darunter v. a. aus dem Dritten Reich geflohenen deutschen Juden (Antisemitismus). Ausländische NS-Opfer wurden dagegen auf die Reparationsregelungen ihrer jeweiligen Staaten verwiesen. Das Abkommen mit Israel und der Jewish Claims Conference 1952 sowie zwölf Globalabkommen mit westlichen Staaten Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre durchbrachen diesen Grundsatz teilweise. Formal sollten damit aber lediglich NS-Verfolgte und keine Kriegsopfer entschädigt werden. Osteuropäische NS-Verfolgte blieben in der Zeit des Kalten Krieges dagegen von Entschädigungsleistungen weitgehend ausgeschlossen. Erst nach 1990 wurden osteuropäische Juden entschädigt und zu Beginn des 21. Jh. folgte die symbolische Entschädigung ehemaliger osteuropäischer Zwangsarbeiter durch eine Stiftungslösung. Zugleich begann eine Auseinandersetzung um die Restitution von Raubkunst aus jüdischem Besitz. Zuletzt erweiterte sich dies zu einer noch anhaltenden Debatte über die Restitution von Objekten, die im Kontext des Kolonialismus nach Deutschland gelangt waren. Damit hat sich die W. in der Bundesrepublik zu einem umfassenden Feld erweitert, innerhalb dessen nun gleichermaßen etwa auf den Zweiten Weltkrieg bezogene Reparationsforderungen Polens und Griechenlands wie auf den Kolonialismus bezogene Forderungen der Herero und Nama diskutiert werden.

3. Wiedergutmachung in der DDR: Kriegsreparationen und Opferrenten

Die DDR knüpfte anders als die Bundesrepublik an die durch den Versailler Vertrag geprägte Begriffsverwendung von „W.“ an: Sie gebrauchte diesen in der Bedeutung von Kriegsreparationen, die von der DDR verhältnismäßig umfangreicher als von der Bundesrepublik geleistet wurden. Materielle Leistungen für individuelle Opfer des Nationalsozialismus spielten dagegen eine geringe Rolle, zumal sich die DDR als antifaschistische Neugeburt verstand und sich damit der Verantwortung für die Verbrechen des Dritten Reiches entledigte. Die Rückerstattung des im Dritten Reich geraubten und entzogenen Eigentums widersprach zudem der dort betriebenen Sozialisierung von Privateigentum. Seit 1949 erhielten Verfolgte des NS-Regimes, die auf dem Gebiet der DDR lebten, einen Rentenanspruch. 1965 wurden Ehrenpensionen für ehemalige NS-Verfolgte, darunter v. a. kommunistische Widerstandskämpfer, gesetzlich festgelegt. Nach 1990 führte die Bundesrepublik diese Renten fort. 1992 wurden durch das Opferrentengesetz auch Opfer des SED-Regimes entschädigungsberechtigt. Auf diese Weise überlagerte sich in der vereinigten Bundesrepublik W. für verschiedene Schichten historischen Unrechts, wobei NS-Opfer und SED-Opfer gelegentlich konkurrierten.

4. Internationale Entwicklungen

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde das Konzept der materiellen Kompensation von Opfern historischen Unrechts zum Element einer globalen Bewegung. Verantwortlich dafür waren neben dem Aufstieg der Identitätspolitik v. a. zahlreiche Umbrüche von Diktaturen in liberale Demokratien. Solche Forderungen benutzten immer wieder auch das Beispiel der deutschen W. für NS-Verfolgte als Referenzfall. Ausgehend vom Modell der Holocaust-Reparationen, die im Rahmen der menschenrechtsorientierten Politik der USA in den 1990er Jahren eine wichtige Rolle spielten, wurden und werden in zahlreichen Ländern materielle, aber auch symbolische Kompensationen für die Opfer von Diktaturen, Kolonialismus, Genoziden und Kriegsverbrechen (Völkermord) gefordert. Teils beziehen sich diese Forderungen auf rezente politische Umbrüche, die zu einer Auseinandersetzung zwischen ehemaligen Tätern und Opfern führen. Teils beziehen sie sich aber auch auf lang zurückliegendes historisches Unrecht. Hier stellt sich die Frage, wie weit in die Vergangenheit solche Forderungen zurückreichen können, zumal sich die moralischen und rechtlichen Maßstäbe geändert haben. Und wer sind die Berechtigten, an wen richten sich die Forderungen? Überdies fordern die Globalisierung und Universalisierung der materiellen Kompensation von historischem Unrecht oftmals das traditionelle Prinzip der staatlichen Souveränität heraus. Bislang ist es eine offene Frage, wie sich dies weiter entwickeln wird.

II. Sozialethisch

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Der Begriff „W.“ stellt etwas in Aussicht, was nur unter günstigen Voraussetzungen gelingen kann. Es verhält sich damit ähnlich wie mit dem Begriff der „Entschädigung“. Denn den angerichteten Schaden rückgängig zu machen, ist i. d. R. nicht möglich. Bei reversiblen Schäden spricht man von „Heilung“, „Rehabilitierung“ bzw. „Rehabilitation“, in finanziellem Zusammenhang von „Rückerstattung“, in technischem von „Reparatur“. Dagegen bezieht sich das mit W. bezeichnete insb. auf die Frage, wie man mit nicht reversiblen Schädigungen angemessen umgehen kann. Sie stellt sich v. a., wenn diese Schädigung darin besteht, dass Leiden und Tod von Menschen fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurden. Im Hinblick auf die Millionen Opfer der Shoa, die absichtsvoll, systematisch, heimtückisch und grausam ermordet wurden, erscheint die Rede von W. bes. unangemessen. Daraus wird die ablehnende Haltung zahlreicher Überlebender gegenüber dieser Vokabel verständlich.

Die Geschichte der W.s-Verfahren in Bezug auf die individuellen Folgen nationalsozialistischer Gewaltherrschaft zeugt zudem vielfach „von der bürokratischen Kleinkrämerei und verdeckten Feindseligkeit, die den Opfern entgegenschlug“ (Pross 2001: Vorwort). Dadurch wurden bes. ihre gesundheitlichen Schädigungen oft nur unzureichend, in zahlreichen Fällen auch gar nicht, als Folgen des erlittenen NS-Unrechts anerkannt. Nach 1989 hatten es viele Menschen, die durch die Methoden politischer Repression in der ehemaligen DDR geschädigt worden waren, aus anderen Gründen schwer, als Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen Anerkennung zu finden: Die mehrfachen Überarbeitungen der Rehabilitierungsgesetze zeugen davon, dass sich ein adäquater Blick auf die Eigenart dieser Maßnahmen und ihre charakteristischen Auswirkungen nur sehr langsam entwickelte. Die Folgen des in der Vergangenheit verübten Unrechts konnten auf je spezifische Weise nach 1945 wie nach 1989 fortwirken, so dass die Betroffenen oft für ihre gesamte Lebenszeit darunter zu leiden haben. Inzwischen ist unstreitig, dass gerade Traumata, die durch menschliche Gewalt physischer oder psychischer Art verursacht wurden, oftmals auch die folgenden Generationen der Opferfamilien belasten (transgenerationale Weitergabe von Traumatisierungen). Auch deswegen enden die Auswirkungen der Tatfolgen nicht mit dem Tod derer, die sie unmittelbar erlitten haben.

Eine ethische Sicht auf diese Zusammenhänge wird daher das Unzureichende jeder Form materieller Entschädigungsleistungen konstatieren und umso mehr die Bedeutung immaterieller Formen von W. betonen müssen. Hier können unterschiedliche Wege gleichzeitig beschritten werden; ihre jeweiligen Aussichten auf Erfolg hängen eng mit den Bemühungen zusammen, die auf den parallel eingeschlagenen Pfaden unternommen werden.

a) Am wichtigsten ist die öffentliche Anerkennung des von den Opfern erlittenen Leides als Folge von systemischem, nicht nur individuellem Unrecht. Unter diesem Aspekt erscheinen W.s-Leistungen auch dann bedeutsam, wenn sie das mit dem Begriff Beanspruchte nicht einlösen können: In ihnen dokumentiert sich der Wille einer Gesellschaft, die verletzte Würde der Opfer wieder aufzurichten, von dem ihnen Widerfahrenen Kenntnis zu nehmen und sie in den Prozess der Aufarbeitung von Systemunrecht zu integrieren, anstatt sie sozial auszugrenzen und dadurch in ihrer Situation gefangen zu halten. Die Anerkennung der Tatsache, dass Menschen durch politische Verfolgung und/oder physische Gewalt traumatisiert wurden, kann in Prozessen der Bewältigung solcher Erfahrungen durch die Betroffenen entscheidend sein. Zudem lässt sich nur so verhindern, dass die Erinnerung an ihre Leiderfahrungen im kollektiven Gedächtnis der Mehrheitsgesellschaft untergeht.

b) W. bedeutet, jede Form der Linderung des durch die fortwirkenden Tatfolgen bewirkten Leides zu ermöglichen. Dazu bedarf es psychosozialer und medizinischer Hilfsangebote für Opfer von Systemunrecht. Ebenso müssen die Bedingungen dafür geschaffen und erhalten werden, dass ihnen und ihren Hinterbliebenen, zumal im fortgeschrittenen Alter, ein Leben in Würde möglich bleibt.

c) Juristische Aufarbeitung ist zugleich Teil von W., insofern sie wesentlich dazu beiträgt, die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht zu schärfen und klarzustellen, dass die Rechtfertigungsgründe der Täter für das den Opfern zugefügte Leid keinen Bestand haben. Dies ist ein unverzichtbarer Teil der Bemühungen um die moralische Rehabilitierung der Opfer, da es auf diese Weise möglich wird, sie von der Stigmatisierung zu befreien, die sie selbst noch in Transformationsgesellschaften nach dem Ende von Unrechtssystemen oft erfahren.

d) Es bedarf eines „aufarbeitungsfreundlichen“ politischen Klimas, in dem der Etablierung selektiver und dadurch verfälschender Narrative über die Zusammenhänge systemischen Unrechts entgegengewirkt wird. Dabei ist mit einem andauernden Kampf um die „Deutungshoheit“ über jüngste Geschichte zu rechnen, da den Verantwortlichen für systemisches Unrecht an einer Interpretation gelegen ist, die ihre Handlungen in positivem Licht erscheinen lässt. Hieraus ergibt sich die bleibende Bedeutung einer qualifizierten, öffentlich geförderten Arbeit an authentischem Erinnern in Gedenkstätten, im Schulunterricht, in den Curricula von Schulen und Hochschulen und vielem mehr (Erinnerungskultur).

III. Rechtlich

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1. Grundlagen

Wenn man bedenkt, dass das Recht in erster Linie dazu dient, das (stets auch konflikthafte) Zusammenleben von Menschen zu regeln, überrascht es nicht, dass W. als Ziel und Inhalt von Rechtsnormen hohe Relevanz besitzt. Es geht dabei um die (tatsächliche oder eher symbolische) Beseitigung eines defizitären Zustands mit dem Ziel, für die Zukunft Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten zu schaffen. Dabei fällt auf, dass W. zwar zahlreichen rechtlichen Regelungen implizit zugrunde liegt, als Rechtsbegriff aber selten explizit im Gesetz erscheint.

Das gilt etwa für das Zivilrecht, welches die Rechtsverhältnisse der Bürger untereinander regelt und damit gerade auch die Bewältigung konflikthafter und schadensträchtiger Interaktionen zum Gegenstand hat. So gilt etwa im Schadensersatzrecht der Grundsatz der Naturalrestitution, der in § 249 BGB geregelt ist. Danach hat der Schädiger „den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Der Sache nach geht es um W., allerdings findet sich der Begriff nicht im Gesetz. Das dürfte auch daran liegen, dass der Begriff des Schadensersatzes (der im BGB auch an vielen anderen Stellen verwendet wird, s. nur §§ 280 ff. und 823 BGB) eher neutral gehalten ist. Anders als beim Begriff der „W.“ schwingt hier nicht die Vorstellung mit, dass jemand den problematischen, wiedergutzumachenden Status quo durch vorwerfbares Fehlverhalten verursacht hat.

Gleiches gilt für den Begriff der Entschädigung, der nicht nur im Zivilrecht, sondern v. a. im öffentlichen Recht eine Rolle spielt, welches die Rechtsbeziehungen des Staates zu seinen Bürgern regelt. Entschädigung erhalten bspw. nach Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG kraft Verfassung Bürger, die von einer staatlichen Enteignung betroffen sind. Auch das Sozialrecht kennt Entschädigungstatbestände, etwa im Bereich des OEG von 1976, das eine staatliche Zahlung an Opfer von vorsätzlichen Gewalttaten vorsieht.

Eine spezielle Form der staatlichen Entschädigung sind die zahlreichen Gesetze, die (hier bemerkenswerterweise sogar ausdrücklich) der W. von nationalsozialistischem Unrecht gewidmet sind, darunter das BEG von 1956 sowie das auf Vermögenswerte bezogene BRüG von 1957. Hinzu kommen spezielle von der Bundesregierung eingerichtete Entschädigungsfonds, darunter der im Jahre 2000 geschaffene Fonds für NS-Zwangsarbeiter (in dessen Kontext der Begriff der W. dann allerdings bewusst vermieden wurde).

Die bes. Problematik der Rückerstattung von in der ehemaligen DDR enteigneten Vermögenswerten ist im VermG geregelt; dort finden sich auch Regelungen zum verfolgungsbedingten Verlust von Vermögenswerten während der NS-Zeit (Nationalsozialismus).

2. Wiedergutmachung im Völkerrecht

Von W. im völkerrechtlichen Sinn spricht man allg., wenn ein Staat für von ihm ausgehende völkerrechtswidrige Beeinträchtigungen (etwa die illegitime Wegnahme von Gegenständen durch eine Besatzungsmacht) Ausgleichsleistungen an den Verletzten erbringt. Das kann in drei Formen geschehen: Restitution durch Herstellung des früheren Zustands, Schadensersatz, wenn Restitution in diesem Sinn nicht möglich ist und (ggf. ergänzend) Maßnahmen der Genugtuung, bspw. durch ausdrückliche Anerkennung des Unrechts. Dass in einer solchen Situation eine W.s-Pflicht besteht, ist ein Allgemeiner Rechtsgrundsatz, der mittlerweile als Gewohnheitsrecht gilt. Anders ist dies bei Verletzungen von Rechten des Individuums, für die eine (im Völkerrecht nur selten vorzufindende) spezielle Anspruchsgrundlage erforderlich ist. Zwar besteht grundsätzlich eine Pflicht der Staaten, entsprechende Anspruchsgrundlagen in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen vorzusehen; tatsächlich hängt die W. damit aber stark von einem entsprechenden Willen des jeweiligen Staates ab.

3. Wiedergutmachung im Strafrecht

Das Strafrecht betrifft grundsätzlich das Verhältnis des Staates zum Straftäter. Im Laufe der Zeit wurden allerdings zunehmend W.s-Elemente inkorporiert, die den Ausgleich zwischen Täter und Opfer betreffen. Im angloamerikanischen Sprachraum wird dafür der noch etwas umfassendere und nur schwer adäquat übersetzbare Begriff der Restorative Justice verwendet.

Gemäß § 46a StGB kann sich der Angeklagte durch einen Täter-Opfer-Ausgleich oder eine (mehr auf materielle Ersatzleistungen zugeschnittene) Schadens-W. die Aussicht auf Strafmilderung oder sogar ein Absehen von Strafe verdienen. Dabei wird W. regelmäßig als Oberbegriff verwendet, der die beiden idealtypischen, sich in der Praxis oft überlappenden Formen des Täter-Opfer-Ausgleichs und der Schadens-W. umfasst. Dass es sich hierbei um ein wichtiges Anliegen handelt, das vom Gesetzgeber gefördert wird, zeigt § 155a StPO, der regelt, dass Staatsanwaltschaft und Gericht in geeigneten Fällen aktiv auf die Durchführungen eines Ausgleichs hinwirken sollen. Neben der unmittelbaren Befriedigung von Opferinteressen sowie möglichen Lerneffekten auf der Seite des Täters geht es dabei um das übergeordnete Ziel der Wiederherstellung des Rechtsfriedens, das man dem Strafzweck der positiven Generalprävention zuordnen kann.

Auch im Völkerstrafrecht spielt die W. eine wichtige Rolle. Der IStGH hat in seiner Lubanga-Entscheidung Grundsätze für W.s-Leistungen im Rahmen von Völkerstrafverfahren auf der Basis von Art. 75 Abs. 2 des IStGH-Statuts aufgestellt; zu diesem Zweck existiert gemäß Art. 79 des Statuts ein Treuhandfonds.