Wertpapiere

1. Definitionen

Obwohl W. auch eine ökonomische Seite haben, greift der Ökonom bei der formalen Definition des W.-Begriffs auf die juristische Literatur zurück. Danach ist in der weiten Definition ein W. eine Urkunde, die ein privatrechtliches Recht verbrieft, womit aus dem „Recht am Papier das Recht aus dem Papier“ folgt. Infolgedessen genügt es für die Geltendmachung seiner Rechte, das Papier in Händen zu halten. Umgekehrt können ohne Besitz des W.s die Rechte nicht geltend gemacht werden. Schon in dieser Definition steht also die Verbriefung von Rechten im Vordergrund, die der leichteren Nachvollziehbarkeit dienen soll und somit die Handelbarkeit von Rechten positiv beeinflusst. Im engeren Sinne muss zusätzlich gelten, dass der Kauf und Verkauf eines Rechts auf Basis sachenrechtlicher Bestimmungen erfolgen muss. Das bedeutet im engeren Sinne, dass ein W. nach dieser Definition durch Einigung und Übergabe übertragen werden kann. Im Gegensatz etwa zur Zession von Forderungen ist damit der W.-Kauf und -verkauf erheblich vereinfacht.

2. Funktionen

Der rechtliche Rahmen determiniert auch die Funktionen, die W. erfüllen. Hier unterscheidet man von der Indiz- und Beweisfunktion die Liberalisierungs-, Präsentations- und Transportfunktion. Die Indiz- und Beweisfunktion ermöglicht es dem Eigentümer, seinen Rechtsanspruch nachzuweisen. Im Rahmen der Liberalisierungsfunktion darf der Schuldner mit befreiender Wirkung an den Inhaber des W.s leisten, da er aufgrund der Legitimationsfunktion annehmen kann, dass der Inhaber der Urkunde auch tatsächlich berechtigt ist, die Leistung anzunehmen. Zur Geltendmachung der Rechte aus dem Papier muss das W. vorgelegt werden. Letzteres entspricht der sog.en Präsentationsfunktion. Die ökonomisch wichtigste Funktion ist die Transportfunktion. Sie ist bei W.n im engeren Sinn bes. stark ausgeprägt und ermöglicht die Übertragung der Rechte zwischen verschiedenen Wirtschaftssubjekten. Die Transportfunktion ist bei unterschiedlichen Typen unterschiedlich ausgeprägt. Hier unterscheidet man Inhaber-, Order- und Rektapapiere.

3. Wertpapierarten

3.1 Aktien

Klassische Beispiele für W. des Typs Inhaberpapier sind Inhaberaktien, die wohl die bekanntesten Vertreter von W.n darstellen. Sie verkörpern das Eigentumsrecht (Eigentum) an einer Aktiengesellschaft, das aus vielen Einzelrechten, wie Rechten an der Gewinnausschüttung, am Liquidationserlös oder dem Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung, besteht. Die Übertragung erfolgt durch Einigung und Übergabe oft unter Zuhilfenahme einer Bank, welche den physischen Transfer vornimmt. Namensaktien unterscheiden sich von Inhaberaktien, da der bloße Besitz nicht ausreicht, um die Rechte aus dem W. wahrnehmen zu können. Hierzu bedarf es zusätzlich der Namenseintragung im Aktienbuch, womit Namensaktien Orderpapiere sind. Bei den vinkulierten Namensaktien tritt hierzu noch die Zustimmung des Vorstands. Letzteres führt dazu, dass die Vertretbarkeit nicht mehr gegeben ist und damit die Transportfunktion eingeschränkt ist. Damit ist zwar nach einschlägiger Meinung die vinkulierte Namensaktie noch ein W., zählt aber nicht zu den Effekten, da Effekten vertretbare W. darstellen.

3.2 Schuldverschreibungen

Während Aufbau und Rechte von Aktien durch das AktG klar festgelegt sind, erlaubt das BGB bei Schuldverschreibungen, der zweiten großen Klasse von W.n, eine große Bandbreite an Spielarten. Gemein ist ihnen nur, dass ein Schuldner sich verpflichtet hat, i. d. R. Zahlungen zu leisten. Die Spielarten sind aber stark divers. So unterscheidet man je nach Emittent öffentliche Anleihen, Bankschuldverschreibungen oder (Industrie-)Obligationen. Je nach Sicherheitenstellung existieren etwa unter den Bankschuldverschreibungen wiederum als Unterfälle Pfandbriefe und (Kommunal-)Obligationen. Die gerade getroffene Aufzählung erhebt dabei aufgrund der hohen Dynamik in diesem Feld keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

3.3 Weitere Inhaberpapiere

In der Vergangenheit wurden auch mehr und mehr Rechte auf W. verbrieft. Solche verbrieften Rechte sind z. B. Optionsscheine, die dem Inhaber das Recht gewähren, einen Basiswert wie etwa eine Aktie zum vereinbarten Preis (Bezugskurs) zu beziehen. Demgegenüber sind die meisten an Terminbörsen gehandelten Optionen und Futures keine W., sondern nur Verträge zwischen zwei Parteien.

Grundsätzlich sind Forderungen nur über Zession übertragbar. Um diese leichter übertragbar zu machen, wurden Forderungen auch über Asset Backed Securities (ABS) verbrieft. Dazu werden die Forderungen (teilweise auch Inhaberschuldverschreibungen) auf ein Special Purpose Vehicle, den Emittenten der ABS, übertragen, dessen einziger Zweck das Halten der Forderungen und das Ausgeben von ABS zur Finanzierung ders.n ist. Die ABS werden dabei meist in Tranchen von Inhaberschuldverschreibungen mit unterschiedlicher Rangstellung vergeben, so dass ein Ausfall der Primärforderungen unterschiedliche Tranchen unterschiedlich stark betrifft.

Zu den Inhaberpapieren zählen auch Investmentzertifikate. Diese nach dem Investmentgesetz vergebenen W. verbriefen das Recht auf einen Anteil am Fondsvermögen. Dieses stellt ein Sondervermögen der Investmentgesellschaft dar. Übertragen werden Investmentzertifikate allerdings zwischen Inhabern eher selten, da bei offenen Investmentfonds die Rückgabe der Zertifikate an die Fondsgesellschaft grundsätzlich jederzeit möglich ist.

3.4 Klassische Orderpapiere

Die klassischen Orderpapiere Wechsel und Scheck haben aufgrund des Aufkommens neuer Zahlungsinstrumente in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren. Als geborene Orderpapiere ist bei diesen die Übertragung über Indossament gesetzlich kodifiziert. So überträgt der bisherige Eigentümer, der Indossant, dem Indossatar als neuem Eigentümer, indem er schriftlich auf dem Papier den Eigentumsübergang bestätigt.

3.5 Traditionspapiere

Die Möglichkeiten der Verbriefung von Rechten werden auch bei beweglichen Sachen verwendet, obwohl diese abgedeckt durch das Privatrecht grundsätzlich rechtlich gut handelbar sind. Allerdings ist bei Massegütern wie z. B. Rohstoffen die Erfüllung eingeschränkt. Rohstoffe, die sich noch auf dem See- oder Landweg zu ihrem Bestimmungsort befinden, werden über ein Konnossement oder einen Ladeschein verbrieft, Waren in einem Lagerhaus mit Hilfe eines Lagerscheins übertragen. In beiden Fällen ersetzt dann die Übergabe dieser gekorenen Orderpapiere die Übergabe der Sache selbst, da nur durch deren Vorlage die Ware gelöscht, entladen oder ausgelagert wird.

3.6 Rektapapiere

Diese einfache Übertragung unterscheidet W. im engeren Sinne von den Rektapapieren. Beim Rektapapier, auch Namenspapier, werden die verbrieften Forderungen oder sonstige Rechte im Wege der Zession übertragen. Auch nach der Übertragung vom alten (Zedenten) auf den neuen Gläubiger (Zessionar) soll die Leistung trotzdem direkt (recta) an den im Papier benannten Empfänger erfolgen, was den Handel mit Rektapapieren einschränkt. Typische Vertreter von Rektapapieren sind Sparbuch, Versicherungsschein sowie Hypothekenschuldbrief.

4. Ökonomische Bedeutung

Die Handelbarkeit in Kombination mit der Homogenität und auch der leichten physischen Transportierbarkeit von W.n führte dazu, dass insb. Aktien und Schuldverschreibungen auf organisierten Märkten, W.-Börsen (Börsen), gehandelt wurden. Erleichtert wurde dies in den letzten Jahren durch die zunehmende Digitalisierung. Danach werden die einzelnen W. nicht mehr physisch ausgegeben, sondern durch eine Globalurkunde verbrieft und über Girosammelverwahrung verwaltet. Die Zuordnung im Girosammelverkehr erfolgt über Internationale W.-Kennnummern (englisch International Securities Identification Number [ISIN]). Der an der Börse ermittelte Preis hat wichtige Signal- und Allokationsfunktionen für die Marktteilnehmer, aber auch für die gesamte Wirtschaft.