Vergaberecht: Unterschied zwischen den Versionen

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Unruhe kam auf, als die EG, um Hemmnisse für den Dienstleistungs- und Warenverkehr zu beseitigen, seit 1971 <I>Vergaberichtlinien</I> erließ, wonach oberhalb gewisser Schwellenwerte Gleichbehandlung gewährleistet sein und gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss. Maßgeblich sind heute die allg.e Richtlinie über die Auftragsvergabe, die Richtlinie für bestimmte Sektoren (Wasser-, Energie- und Verkehr) sowie die Richtlinien über die Konzessionsvergabe und zur Vergabe in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. Darüber hinaus gibt es eine allg.e Rechtsmittelrichtlinie und eine spezielle für die Sektoren. Ein Sondervergaberegime normiert die <I>EU-Personenverkehrsdiensteverordnung</I>.
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Unruhe kam auf, als die EG, um Hemmnisse für den Dienstleistungs- und Warenverkehr zu beseitigen, seit 1971 <I>Vergaberichtlinien</I> erließ, wonach oberhalb gewisser Schwellenwerte Gleichbehandlung gewährleistet sein und gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss. Maßgeblich sind heute die allgemeine Richtlinie über die Auftragsvergabe, die Richtlinie für bestimmte Sektoren (Wasser-, Energie- und Verkehr) sowie die Richtlinien über die Konzessionsvergabe und zur Vergabe in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. Darüber hinaus gibt es eine allgemeine Rechtsmittelrichtlinie und eine spezielle für die Sektoren. Ein Sondervergaberegime normiert die <I>EU-Personenverkehrsdiensteverordnung</I>.
 
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Gegenstand des V.s sind v.&nbsp;a. <I>öffentliche Aufträge</I> von öffentlichen und Sektorenauftraggebern (§&nbsp;103 GWB). Dabei ist zwischen <I>Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen</I> zu unterscheiden, weil die Schwellenwerte variieren und es für Bauaufträge spezielle Normen gibt. Sog.e <I>Inhouse-Geschäfte</I> werden nicht erfasst. Wenn ein rechtlich verselbständigtes <I>öffentliches Unternehmen</I>beauftragt wird, ist das V. – der Rspr. des EuGH in der Rs. C-107/98 Teckal folgend – nicht anwendbar, wenn der Auftraggeber über den Auftragnehmer eine „ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ ausübt, das Unternehmen im Wesentlichen bloß für den Auftraggeber tätig wird und an der beauftragten juristischen Person kein Privater beteiligt ist (§&nbsp;108 GWB). Dass die Vergabe von <I>Konzessionen</I>, bei denen sich die Gegenleistung – wie beim privaten Bau und Betrieb von Autobahnen oder Breitbandnetzen – aus dem Recht zur Nutzung des Bauwerks bzw. zur Verwertung der Dienstleistung ergibt (§&nbsp;105 GWB), dem V. unterliegt, ist eine neuere Entwicklung. Die Vorgaben sind weniger streng. Wenn es eine „Draufzahlung“ des Konzessionsgebers gibt, gilt dies aber nur, wenn das Betriebsrisiko beim Konzessionsnehmer bleibt (§&nbsp;105 II GWB).
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Gegenstand des V.s sind v.&nbsp;a. <I>öffentliche Aufträge</I> von öffentlichen und Sektorenauftraggebern (§&nbsp;103 GWB). Dabei ist zwischen <I>Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen</I> zu unterscheiden, weil die Schwellenwerte variieren und es für Bauaufträge spezielle Normen gibt. Sogenannte <I>Inhouse-Geschäfte</I> werden nicht erfasst. Wenn ein rechtlich verselbständigtes <I>öffentliches Unternehmen</I>beauftragt wird, ist das V. – der Rspr. des EuGH in der Rs. C-107/98 Teckal folgend – nicht anwendbar, wenn der Auftraggeber über den Auftragnehmer eine „ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ ausübt, das Unternehmen im Wesentlichen bloß für den Auftraggeber tätig wird und an der beauftragten juristischen Person kein Privater beteiligt ist (§&nbsp;108 GWB). Dass die Vergabe von <I>Konzessionen</I>, bei denen sich die Gegenleistung – wie beim privaten Bau und Betrieb von Autobahnen oder Breitbandnetzen – aus dem Recht zur Nutzung des Bauwerks bzw. zur Verwertung der Dienstleistung ergibt (§&nbsp;105 GWB), dem V. unterliegt, ist eine neuere Entwicklung. Die Vorgaben sind weniger streng. Wenn es eine „Draufzahlung“ des Konzessionsgebers gibt, gilt dies aber nur, wenn das Betriebsrisiko beim Konzessionsnehmer bleibt (§&nbsp;105 II GWB).
 
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<I>Unterhalb der Schwellenwerte</I> gibt es keine spezifischen Regelungen. Zu Recht hat das [[Bundesverfassungsgericht (BVerfG)|BVerfG]] aber betont, dass auf Grundlage des Gleichbehandlungsgebots effektiver Rechtsschutz zu gewährleisten ist (E&nbsp;116, 135). Allerdings hält das Gericht Primärrechtsschutz nicht für erforderlich; die Möglichkeit, Schadensersatz zu erlangen, genüge. Dem ist nicht zu folgen. Der auf das PrALR zurückgehende Grundsatz <I>dulde und liquidiere</I> ist schon seit langem <I>überholt</I>. Den Primärrechtsschutz erschwert der Umstand, dass der Grundsatz <I>pacta sunt servanda</I> (vgl. §&nbsp;168 I 1 GWB) gewohnheitsrechtlich ([[Gewohnheitsrecht]]) auch unterhalb der Schwellenwerte gelten soll. Zwingend ist das nicht. Wenn man dem folgt, ist – wie bei beamtenrechtlichen Konkurrentenklagen, bei der Auswahl der Teilnehmer an gewerberechtlich festgesetzten Märkten (§&nbsp;69 i.&nbsp;V.&nbsp;m. §&nbsp;70 GewO) und wie bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte – eine <I>Vorabinformation</I> der nicht berücksichtigten Bieter erforderlich. Dass dies nicht allg. anerkannt ist, erstaunt. Lange stritt man um den Rechtsweg. Dogmatisch angemessen ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz; denn die Vergabeentscheidung wird i.&nbsp;S.&nbsp;v. §&nbsp;40 VwGO von einem „Sonderrecht“ des Staates gesteuert. Das BVerwG meint allerdings, dass die <I>ordentlichen Gerichte</I> zuständig sind, weil sich der Staat als Nachfrager nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern unterscheide (E 129, 9&nbsp;ff.).
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<I>Unterhalb der Schwellenwerte</I> gibt es keine spezifischen Regelungen. Zu Recht hat das [[Bundesverfassungsgericht (BVerfG)|BVerfG]] aber betont, dass auf Grundlage des Gleichbehandlungsgebots effektiver Rechtsschutz zu gewährleisten ist (E&nbsp;116, 135). Allerdings hält das Gericht Primärrechtsschutz nicht für erforderlich; die Möglichkeit, Schadensersatz zu erlangen, genüge. Dem ist nicht zu folgen. Der auf das PrALR zurückgehende Grundsatz <I>dulde und liquidiere</I> ist schon seit langem <I>überholt</I>. Den Primärrechtsschutz erschwert der Umstand, dass der Grundsatz <I>pacta sunt servanda</I> (vgl. §&nbsp;168 I 1 GWB) gewohnheitsrechtlich ([[Gewohnheitsrecht]]) auch unterhalb der Schwellenwerte gelten soll. Zwingend ist das nicht. Wenn man dem folgt, ist – wie bei beamtenrechtlichen Konkurrentenklagen, bei der Auswahl der Teilnehmer an gewerberechtlich festgesetzten Märkten (§&nbsp;69 i.&nbsp;V.&nbsp;m. §&nbsp;70 GewO) und wie bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte – eine <I>Vorabinformation</I> der nicht berücksichtigten Bieter erforderlich. Dass dies nicht allgemein anerkannt ist, erstaunt. Lange stritt man um den Rechtsweg. Dogmatisch angemessen ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz; denn die Vergabeentscheidung wird i.&nbsp;S.&nbsp;v. §&nbsp;40 VwGO von einem „Sonderrecht“ des Staates gesteuert. Das BVerwG meint allerdings, dass die <I>ordentlichen Gerichte</I> zuständig sind, weil sich der Staat als Nachfrager nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern unterscheide (E 129, 9&nbsp;ff.).
 
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Dass <I>Sekundärrechtsschutz</I> (Schadenersatz) von den <I>ordentlichen Gerichten</I> gewährt wird (§&nbsp;156 III GWB), entspricht den allg.en Vorgaben (Art.&nbsp;34 S.&nbsp;3 GG). Dass die Gerichte an die <I>Entscheidungen</I> der Vergabekammern, OLGe und ggf. des BGH <I>gebunden</I> sind, wird in §&nbsp;179 I GWB hervorgehoben. Dies soll eine nochmalige Prüfung ders.n Sach- und Rechtsfragen vermeiden.
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Dass <I>Sekundärrechtsschutz</I> (Schadenersatz) von den <I>ordentlichen Gerichten</I> gewährt wird (§&nbsp;156 III GWB), entspricht den allgemeinen Vorgaben (Art.&nbsp;34 S.&nbsp;3 GG). Dass die Gerichte an die <I>Entscheidungen</I> der Vergabekammern, OLGe und ggf. des BGH <I>gebunden</I> sind, wird in §&nbsp;179 I GWB hervorgehoben. Dies soll eine nochmalige Prüfung derselben Sach- und Rechtsfragen vermeiden.
 
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<h2 class ="headline-w-margin">6. Vergaberecht auf dem Weg zu einem allg.en Verteilungsverwaltungsrecht</h2>
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Um vergaberechtliche Fragen im weitesten Sinne geht es auch außerhalb der vom V. erfassten Verträge. Wenn man <I>andere Formen der Verteilung knapper Ressourcen in Konkurrenzsituationen</I> (etwa die Vergabe von Zuwendungen oder die Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von staatlichem Vermögen) einbezieht, weitet sich der Blick. Stets stellt sich – wie im V. – die Frage, nach welchen Maßstäben und in welchen Verfahren die Verteilung vorzunehmen ist, wie Rechtsschutz gewährleistet wird und inwieweit der Staat politische „Sekundärzwecke“ verfolgen darf. Da das V. bes. differenziert und durchdacht ist, spricht vieles dafür, auf seiner Grundlage einen <I>allg.en Teil</I> eines <I>Verteilungsverwaltungsrechts</I> zu entwickeln. Der Weg wurde beschritten, ist aber noch lang.
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Um vergaberechtliche Fragen im weitesten Sinne geht es auch außerhalb der vom V. erfassten Verträge. Wenn man <I>andere Formen der Verteilung knapper Ressourcen in Konkurrenzsituationen</I> (etwa die Vergabe von Zuwendungen oder die Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von staatlichem Vermögen) einbezieht, weitet sich der Blick. Stets stellt sich – wie im V. – die Frage, nach welchen Maßstäben und in welchen Verfahren die Verteilung vorzunehmen ist, wie Rechtsschutz gewährleistet wird und inwieweit der Staat politische „Sekundärzwecke“ verfolgen darf. Da das V. bes. differenziert und durchdacht ist, spricht vieles dafür, auf seiner Grundlage einen <I>allgemeinen Teil</I> eines <I>Verteilungsverwaltungsrechts</I> zu entwickeln. Der Weg wurde beschritten, ist aber noch lang.
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:13 Uhr

Das V. regelt die Beschaffung von Waren, Bau- und Dienstleistungen sowie die Vergabe von Konzessionen durch staatliche oder vom Staat beeinflusste Auftraggeber. Traditionell wird von fiskalischen Hilfsgeschäften gesprochen. Diese bagatellisierende Bezeichnung verschleiert die wirtschaftliche Bedeutung des Vergabewesens – es geht um bis zu 20 % des BIP – und täuscht darüber hinweg, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge oder von Konzessionen auch zur Steuerung wirtschafts-, gesellschafts-, regional- und sozialpolitischer Entwicklungen genutzt wird.

1. Rechtsgrundlagen

Die Grundlagen des V.s finden sich – der Tradition entspr. – im Haushaltsrecht, das eine öffentliche Ausschreibung bzw. (neuerdings) eine beschränkte Ausschreibung mit einem vorangehenden Teilnahmewettbewerb verlangt, „sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen“ (§ 30 HGrG). Die Einzelheiten ergeben sich aus der Unterschwellenvergabeordnung bzw. – immer noch zwischen öffentlichen Auftraggebern und Vertretern der Wirtschaft ausgehandelt – aus der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A). Verbindlichkeit erhalten die Regelwerke durch Verwaltungsvorschriften. Da das Haushaltsrecht als bloßes Binnenrecht des Staates den an einem Auftrag Interessierten keine Rechte vermittelt, kann auf dieser Grundlage gegen eine Missachtung der Vorgaben nicht gerichtlich vorgegangen werden. Eine andere Sicht gebietet die verfassungsrechtliche Perspektive. Bei Verteilungsentscheidungen ist das Gleichbehandlungsgebot zu beachten. Aufträge und Konzessionen dürfen nicht willkürlich vergeben werden. Die Anwendung des V.s führt zu einer Selbstbindung und damit zu einer (mittelbaren) Außenwirkung auch der an sich bloß verwaltungsinternen Regeln des Haushalts-V.s.

Unruhe kam auf, als die EG, um Hemmnisse für den Dienstleistungs- und Warenverkehr zu beseitigen, seit 1971 Vergaberichtlinien erließ, wonach oberhalb gewisser Schwellenwerte Gleichbehandlung gewährleistet sein und gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss. Maßgeblich sind heute die allgemeine Richtlinie über die Auftragsvergabe, die Richtlinie für bestimmte Sektoren (Wasser-, Energie- und Verkehr) sowie die Richtlinien über die Konzessionsvergabe und zur Vergabe in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. Darüber hinaus gibt es eine allgemeine Rechtsmittelrichtlinie und eine spezielle für die Sektoren. Ein Sondervergaberegime normiert die EU-Personenverkehrsdiensteverordnung.

Deutschland wollte zunächst einen Systemwechsel durch eine haushaltsrechtliche Lösung vermeiden, scheiterte damit aber kläglich vor dem EuGH, insb. weil es Ziel des Gesetzgebers war, einklagbare Rechtsansprüche nicht entstehen zu lassen. Nachdem die Europäische Kommission erneut ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte, entschied man sich – anders als etwa in Österreich – für eine Zweiteilung des V.s: Während es unterhalb der Schwellenwerte bei der überkommenen Rechtslage geblieben ist, wurden oberhalb der Schwellenwerte in den §§ 97 ff. GWB Regelungen normiert, die auch die Interessenlage der Bieter berücksichtigt. Konkretisierungen finden sich v. a. in der Vergabeverordnung. Nur im Baubereich ist es bei der VOB/A geblieben. Spezielle Vergaberegeln enthalten die Sektorenverordnung, die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit und die Konzessionsvergabeverordnung. Darüber hinaus finden sich zahlreiche Landesgesetze, die ober- und unterhalb der Schwellenwerte Verpflichtungen zur Tariftreue, Förderung des Mittelstandes, Korruptionsbekämpfung (Korruption), umweltfreundlichen Beschaffung und Mindestlöhne enthalten.

Unionsrechtliche Ausschreibungspflichten gibt es auch für Aufträge, die zwar nicht von den Vergaberichtlinien erfasst sind, aber einen „grenzüberschreitenden Bezug“ haben. In der Rs. C-410/04 ANAV hob der EuGH hervor, dass das „völlige Fehlen einer Ausschreibung“ den Grundfreiheiten und dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung nicht entspricht. Auf völkerrechtlicher Ebene gibt es das „Agreement on Government Procurement“, das allerdings als bloß plurilaterales Abkommen nicht für alle WTO-Mitglieder verbindlich ist. Im Übrigen hat die EU mit wichtigen Handelspartnern Sonderabkommen über eine erweiterte Öffnung der Beschaffungsmärkte abgeschlossen.

2. Anwendungsbereich

Die Anwendung des GWB-V.s setzt voraus, dass ein öffentlicher Auftraggeber, Sektorenauftraggeber oder Konzessionsgeber handelt (§§ 99–101 GWB). Zudem können Empfänger einer Subvention, um die Einhaltung des haushaltsrechtlichen Wirtschaftlichkeitgebots sicherzustellen, zur Beachtung des V.s verpflichtet werden. Wird dagegen verstoßen, kann der Subventionsbescheid widerrufen werden (§ 49 II 1 Nr. 2 VwVfG). Zu den öffentlichen Auftraggebern gehören nicht nur Bund, Länder und Kommunen (§ 99 Nr. 1 GG), sondern – um eine Flucht aus dem V. zu vermeiden – insb. auch diejenigen Rechtsträger, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben mit einer den Wettbewerbsdruck reduzierenden Sonderstellung („nichtgewerblich“) erfüllen und von den klassischen Auftraggebern überwiegend finanziert oder sonst kontrolliert werden (§ 98 Nr. 2 GWB). Dies gilt freilich nur oberhalb der Schwellenwerte.

Gegenstand des V.s sind v. a. öffentliche Aufträge von öffentlichen und Sektorenauftraggebern (§ 103 GWB). Dabei ist zwischen Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen zu unterscheiden, weil die Schwellenwerte variieren und es für Bauaufträge spezielle Normen gibt. Sogenannte Inhouse-Geschäfte werden nicht erfasst. Wenn ein rechtlich verselbständigtes öffentliches Unternehmenbeauftragt wird, ist das V. – der Rspr. des EuGH in der Rs. C-107/98 Teckal folgend – nicht anwendbar, wenn der Auftraggeber über den Auftragnehmer eine „ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ ausübt, das Unternehmen im Wesentlichen bloß für den Auftraggeber tätig wird und an der beauftragten juristischen Person kein Privater beteiligt ist (§ 108 GWB). Dass die Vergabe von Konzessionen, bei denen sich die Gegenleistung – wie beim privaten Bau und Betrieb von Autobahnen oder Breitbandnetzen – aus dem Recht zur Nutzung des Bauwerks bzw. zur Verwertung der Dienstleistung ergibt (§ 105 GWB), dem V. unterliegt, ist eine neuere Entwicklung. Die Vorgaben sind weniger streng. Wenn es eine „Draufzahlung“ des Konzessionsgebers gibt, gilt dies aber nur, wenn das Betriebsrisiko beim Konzessionsnehmer bleibt (§ 105 II GWB).

3. Auswahlkriterien und „beschaffungsfremde Zwecke“

Öffentliche Aufträge dürfen nur an „fachkundige und leistungsfähige“ Unternehmen vergeben werden (§ 122 GWB). Diese Grundvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Auftragsausführung gilt auch außerhalb des GWB-V.s. Bei der Auswahl der Eignungskriterien hat die Vergabestelle ein Ermessen. Die §§ 123 und 124 GWB enthalten Ausschlussgründe für Unternehmen, die „schwere Verfehlungen“ begangen haben. Früher war vom Erfordernis der Zuverlässigkeit die Rede. Neu ist auch, dass die betroffenen Unternehmen eine Möglichkeit zur „Selbstreinigung“ haben (§ 125 GWB). Der Zuschlag wird auf das „wirtschaftlichste Angebot“ erteilt (§ 127 GWB). Was die Zuschlagskriterien sind und wie sie gewichtet werden, liegt wieder im Ermessen der Auftraggeber. Angebote mit ungewöhnlich niedrigem Preis dürfen abgelehnt werden, wenn sich der Grund nicht aufklären lässt (§ 60 I-III VgV). Zu verhindern ist, dass Unternehmen den Auftrag aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht ordnungsgemäß ausführen können.

Ob die Auftragsvergabe für „beschaffungsfremde Zwecke“ (Umweltschutz, fairer Handel, Gleichstellung von Frauen etc.) politisch instrumentalisiert werden darf, ist seit jeher umstritten. Im neueren Recht finden sich einige Regelungen. „Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte“ können berücksichtigt werden (§ 97 III GWB). „Mittelständischen Interessen“ muss regelmäßig durch eine Aufteilung der Leistungen in Teil- oder Fachlose Rechnung getragen werden (§ 97 IV GWB).

4. Verfahren

Das V. kennt verschiedene Vergabeverfahren. Dabei ist das offene Verfahren (§ 119 III GWB, unterhalb der Schwellenwerte „öffentliche Ausschreibung“) das Grundmodell. Charakteristisch sind die umfassende Verbreitung der Vergabeabsicht, die Möglichkeit zur Angebotsabgabe für alle interessierten Unternehmen, die verbindliche Festlegung des Auftragsgegenstands und die Unabänderbarkeit der Angebote. Diese Eigenschaften werden in den anderen Verfahrensarten modifiziert: Im nicht offenen Verfahren (§ 119 IV GWB) wird der Bieterkreis durch einen Teilnahmewettbewerb beschränkt (unterhalb der Schwellenwerte kann darauf bei einer „beschränkten Ausschreibung“ verzichtet werden). Verhandlungen über Angebote erlaubt das Verhandlungsverfahren (§ 119 V GWB, sonst „Verhandlungsvergabe“ bzw. „freihändige Vergabe“). Beim wettbewerblichen Dialog geht es darum, durch Verhandlungen die Mittel festzulegen, mit denen die „Bedürfnisse des Auftraggebers am besten erfüllt werden können“; die Innovationspartnerschaft dient der „Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Leistungen“ (§ 109 VI, VII GWB, ohne Entsprechung unterhalb der Schwellenwerte).

5. Rechtsschutz

Der auf die Verhinderung unzulässigen Handelns gerichtete Primärrechtsschutz ist oberhalb der Schwellenwerte zweigeteilt. Zunächst entscheiden Vergabekammern (§§ 155, 156 GWB). Das sind behördliche Einrichtungen, die – mit gerichtsähnlicher Unabhängigkeit (§ 157 GWB) – durch Verwaltungsakt entscheiden (§ 168 III GWB). Gegen ihre Entscheidungen können spezielle Vergabesenate in den OLG angerufen werden (§ 171 GWB). Eine weitere Gerichtsinstanz gibt es nicht. Der BGH ist nur für „Divergenzvorlagen“ zuständig (§ 179 GWB). Dass Unternehmen Anspruch darauf haben, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden, legt § 97 VI GWB fest. Allerdings kann ein Zuschlag – selbst, wenn er vergaberechtswidrig zustande gekommen ist – im Nachprüfungsverfahren nicht mehr aufgehoben werden (§ 168 II 1 GWB). Damit der Primärrechtschutz nicht vereitelt wird, muss der Auftraggeber die unterlegenen Bieter informieren; der Vertrag darf grundsätzlich erst 15 Tage später geschlossen werden (§ 134 GWB). Sonst ist der Vertrag von Anfang an unwirksam (§ 135 I Nr. 1 GWB). Dasselbe gilt, wenn ein Auftrag zu Unrecht ohne ein Vergabeverfahren (De-facto-Vergabe) erteilt worden ist (§ 135 I Nr. 2 GWB).

Unterhalb der Schwellenwerte gibt es keine spezifischen Regelungen. Zu Recht hat das BVerfG aber betont, dass auf Grundlage des Gleichbehandlungsgebots effektiver Rechtsschutz zu gewährleisten ist (E 116, 135). Allerdings hält das Gericht Primärrechtsschutz nicht für erforderlich; die Möglichkeit, Schadensersatz zu erlangen, genüge. Dem ist nicht zu folgen. Der auf das PrALR zurückgehende Grundsatz dulde und liquidiere ist schon seit langem überholt. Den Primärrechtsschutz erschwert der Umstand, dass der Grundsatz pacta sunt servanda (vgl. § 168 I 1 GWB) gewohnheitsrechtlich (Gewohnheitsrecht) auch unterhalb der Schwellenwerte gelten soll. Zwingend ist das nicht. Wenn man dem folgt, ist – wie bei beamtenrechtlichen Konkurrentenklagen, bei der Auswahl der Teilnehmer an gewerberechtlich festgesetzten Märkten (§ 69 i. V. m. § 70 GewO) und wie bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte – eine Vorabinformation der nicht berücksichtigten Bieter erforderlich. Dass dies nicht allgemein anerkannt ist, erstaunt. Lange stritt man um den Rechtsweg. Dogmatisch angemessen ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz; denn die Vergabeentscheidung wird i. S. v. § 40 VwGO von einem „Sonderrecht“ des Staates gesteuert. Das BVerwG meint allerdings, dass die ordentlichen Gerichte zuständig sind, weil sich der Staat als Nachfrager nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern unterscheide (E 129, 9 ff.).

Dass Sekundärrechtsschutz (Schadenersatz) von den ordentlichen Gerichten gewährt wird (§ 156 III GWB), entspricht den allgemeinen Vorgaben (Art. 34 S. 3 GG). Dass die Gerichte an die Entscheidungen der Vergabekammern, OLGe und ggf. des BGH gebunden sind, wird in § 179 I GWB hervorgehoben. Dies soll eine nochmalige Prüfung derselben Sach- und Rechtsfragen vermeiden.

6. Vergaberecht auf dem Weg zu einem allgemeinen Verteilungsverwaltungsrecht

Um vergaberechtliche Fragen im weitesten Sinne geht es auch außerhalb der vom V. erfassten Verträge. Wenn man andere Formen der Verteilung knapper Ressourcen in Konkurrenzsituationen (etwa die Vergabe von Zuwendungen oder die Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von staatlichem Vermögen) einbezieht, weitet sich der Blick. Stets stellt sich – wie im V. – die Frage, nach welchen Maßstäben und in welchen Verfahren die Verteilung vorzunehmen ist, wie Rechtsschutz gewährleistet wird und inwieweit der Staat politische „Sekundärzwecke“ verfolgen darf. Da das V. bes. differenziert und durchdacht ist, spricht vieles dafür, auf seiner Grundlage einen allgemeinen Teil eines Verteilungsverwaltungsrechts zu entwickeln. Der Weg wurde beschritten, ist aber noch lang.