Unternehmensethik

  1. I. Wirtschaftsethisch
  2. II. Sozialethisch

I. Wirtschaftsethisch

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Die U. ist als angewandte Ethik ein Teilbereich der Wirtschaftsethik. Sie steht auf der Mesoebene zwischen der Institutionenethik (Makroebene), die sich mit der Wirtschaftsordnung befasst, und der Individualethik (Mikroebene), bei der das Verhalten einzelner Menschen im Fokus steht. U. ist Individualethik, insofern sie an das Gewissen (Gewissen, Gewissensfreiheit) einzelner Entscheidungsträger appelliert; sie gehört zur Institutionenethik, wenn sie darauf abzielt, die institutionellen Rahmenbedingungen des unternehmerischen Handelns durch formelle oder informelle Regeln zu beeinflussen.

1. Unternehmensverantwortung

Im Mittelpunkt der U. steht die Frage nach der Unternehmensverantwortung, d. h. die Verpflichtung, negative Handlungsfolgen zu vermeiden oder erwünschte Konsequenzen herbeizuführen und bei Zuwiderhandeln dafür gerade zu stehen. Verantwortung ist ein vierstelliges Prädikat, daher ist zu regeln, wer weswegen wofür wem gegenüber verantwortlich ist.

a) Schon die Frage nach dem Subjekt („Wer verantwortlich?“) der Unternehmensverantwortung ist umstritten, da traditionell nur Menschen als Träger moralischer Verantwortung gesehen werden. Nach einem Einwand Milton Friedmans sind Unternehmen bloße juristische Fiktionen, die „als solche“ keine moralische Verantwortung tragen könnten. Tatsächlich tragen Unternehmen in modernen Gesellschaften (z. B. Kapitalgesellschaften) durchaus selbst juristische – und damit indirekt – moralische Verantwortung. Darüber hinaus wird Unternehmen auch unmittelbar moralische Verantwortung zugeschrieben, da Manager ihre Entscheidungen für ihr Unternehmen und nicht primär für sich selbst treffen.

b) Folgt man M. Friedman, so wäre die Gewinnmaximierung der oberste Maßstab („Weswegen verantwortlich?“) der Unternehmensverantwortung. Unternehmen verfolgen demgegenüber i. d. R. ein ganzes Bündel von Zielen, die in der modernen U. zumeist in einer Nachhaltigkeitsorientierung (Nachhaltigkeit) zusammengefasst werden. Nach Joachim Wieland ist das Ziel von Unternehmen „die nachhaltige Sicherung des Unternehmens in jedem Sinne des Wortes (juristisch, ökonomisch, ökologisch, gesellschaftlich). […] Moralische Werte, Kooperationswerte, Leistungswerte und Kommunikationswerte einer Organisation sind so aufeinander zu beziehen, dass sie dieser eine spezifische Identität und Orientierung für Entscheidungen liefern“ (Wieland 2004: 30). Zu den Leistungswerten eines Unternehmens gehören demnach außer dem Gewinn unternehmerische Tugenden wie Kompetenz, Leistungsbereitschaft, Flexibilität, Innovationsorientierung oder die Gewährleistung hoher Qualitätsstandards. Moralische Werte (Moral) umfassen Integrität, Ehrlichkeit oder Vertragstreue. Daneben treten Kooperationswerte wie Loyalität, Teamgeist und Konfliktfähigkeit sowie Kommunikationswerte wie Transparenz oder Kommunikationsorientierung.

c) Gegenstand der Unternehmensverantwortung („Wofür verantwortlich?“) sind v. a. soziale Dilemmasituationen, in denen das Eigeninteresse des Unternehmens oder ihrer Entscheidungsträger von moralischen Normen und Werten abweicht und u. U. Transaktionspartner oder unbeteiligte Dritte schädigt. Relevant wird dies v. a., wenn der Rechtsrahmen, unter dem die Unternehmen handeln, defizitär ist, weil bspw. Ordnungsstrukturen nicht (z. B. Entwicklungsländer) oder noch nicht (z. B. bei neuen Technologien) existieren oder Kontrollen umgangen werden können (z. B. durch Produktionsverlagerung ins Ausland).

d) Als Adressaten der Unternehmensverantwortung („Wem gegenüber verantwortlich?“) nimmt die U. heute nicht mehr allein die Kapitaleigner an, sondern eine Vielzahl von Anspruchsträgern, sog.er Stakeholder. Stakeholder ist jeder, der ein berechtigtes Interesse am Unternehmen und dessen Wirtschaften hat, also Personen(-gruppen), welche die Zielerreichung des Unternehmens positiv oder negativ beeinflussen können (ökonomische Stakeholder) oder die, wie z. B. Anlieger, vom Unternehmenshandeln betroffen sind (ethische Stakeholder). Zu den Stakeholdern zählen – neben den Shareholdern, die an einer Erhaltung und Verzinsung ihres eingesetzten Eigenkapitals interessiert sind – v. a. die Mitarbeiter mit ihrem Interesse an Arbeitsplatzsicherheit und Entlohnung, die Kunden, die hochwertige und preiswerte Güter nachfragen und ehrlich informiert zu werden wünschen, sowie die Lieferanten (langfristige Lieferbeziehungen, pünktliche Bezahlung) oder Fremdkapitalgeber (Zins und Tilgung). Im weiteren Sinne umfasst Stakeholder die Konkurrenten (in Erwartung fairen Marktverhaltens des Unternehmens), den Staat (Steuerzahlung oder Arbeitsplatzschaffung) und die Zivilgesellschaft (Umweltschutz).

2. Corporate Social Responsibility

Unternehmensverantwortung wird oft unter der Überschrift der CSR abgehandelt. Nach dem Grünbuch der Europäischen Kommission 2001 handelt es sich um ein „Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“ (KOM[2001] 366 endgültig Nr. 20). Der konkrete Inhalt von CSR wird z. T. mit erheblichen Unterschieden verwendet. Bes. Bedeutung hat die vierstufige „CSR-Pyramide“ von Archie B. Carroll: Unternehmen müssen danach als gesellschaftliche Mindestbedingung zum Erhalt ihrer licence to operate ökonomische (Kostendeckung; erste Stufe) und rechtliche Verantwortung (Befolgung des Rechts; zweite Stufe) tragen. Darüber hinaus erwartet die Gesellschaft eine moralische Verantwortlichkeit i. S. eines fairen Unternehmenshandeln über die Gesetze hinaus (dritte Stufe). Dazu gehören bspw. die Ökologisierung des Produkts, eine ausgeprägte Unternehmenskultur, die Förderung von Beziehungen (z. B. Sozialpartnerschaft oder Kooperationen mit NGOs) oder Standortbedingungen (z. B. Mitfinanzierung von Jugendzentren oder Werkswohnungen) oder die Beteiligung an freiwilligen Selbstverpflichtungen.

Die vierte und oberste Stufe der CSR-Pyramide umfasst mit der philanthropischen Verantwortung (Corporate Citizenship) karitative Aktivitäten, die zwar das Gemeinwohl fördern, von dieser aber nicht legitim eingefordert werden können. In diese Kategorie fallen klassische Geld- oder Sachspenden (Spende) für soziale Zwecke (Corporate Giving), die Gründung von Stiftungen (Corporate Foundations), das Freistellen von Mitarbeitern für soziale Projekte (Corporate Volunteering), das Sponsoring oder die Vergabe von Aufträgen oder Risikokapital an soziale Einrichtungen (Social Commissioning und Venture Philanthropy).

3. Ethik-Management und Unternehmenskultur

Bes. Bedeutung im Rahmen von CSR-Strategien haben Investitionen in die Unternehmenskultur durch ein unternehmensindividuell zu gestaltendes Ethik- oder Wertemanagement. Es dient dazu, Werte, an die sich das Unternehmen selbst binden will, zu definieren und über eine moralische Verfassung (formelles System) zu implementieren, um die Arbeitsbedingungen und Handlungen der Mitarbeiter (informelles System) zu verbessern. Dazu sind in einem ersten Schritt die „Mission“ (die selbstgesetzten Aufgaben), die „Vision“ (die zu erreichenden Ziele) und die grundlegenden „Werte“ in einem Code of Ethics festzulegen und ethisch sensible Unternehmensbereiche zu identifizieren. Ein Code of Conduct regelt darauf aufbauend Vorgaben für konkrete Handlungsweisen, Kontrollmaßnahmen und etwaige Sanktionen. In der Praxis finden sich der Ethik- und der Verhaltenskodex häufig in einem einzigen Dokument. Im Anschluss sind diese Unternehmenswerte über eine institutionalisierte Kommunikation ins operative Geschäft (z. B. mittels Qualitätsmanagement-Handbüchern (Qualitätsmanagement), Ethik-Cafés oder die Einbindung von Betriebsräten) zu integrieren, wodurch die Mitarbeiter mit den Unternehmenswerten vertraut und für ethische Konflikte sensibilisiert werden sollen. Über ein Compliance-Programm (Compliance) sollen Risiken frühzeitig erkannt, die Einhaltung von Regeln kontrolliert und eventuelle Sanktionen ausgeführt werden. Ein Assurance-Prozess dient der Evaluation und Kontrolle mithilfe von Interviews und anderen, auch anonymisierten Feedback-Instrumenten (z. B. Ethik-Hotlines). Aufbauorganisatorisch abgesichert werden können diese Prozesse durch Einsetzung von Ethik- und Compliance-Officers oder von Ethik-Komitees.

4. Das Gewinnparadox

Zu den zentralen Aussagen der U. gehört, dass sich verantwortliches Unternehmenshandeln langfristig auszahlen kann. Nach Norman E. Bowies Gewinnparadox können Unternehmen, die nicht primär ihren Shareholder-Value maximieren, sondern v. a. danach streben, das moralisch Gute zu tun, ebenso erfolgreich sein wie gewinnmaximierende Unternehmen. Eine gewisse empirische Bestätigung erfuhr das Gewinnparadox bei James C. Collins und Jerry I. Porras, die anhand zahlreicher Unternehmenspaare die Besonderheiten und Gemeinsamkeiten von wertegetriebenen „visionären“ Unternehmen im Vergleich zu ihren direkten, traditionell gewinnorientierten Hauptkonkurrenten von ihrer Gründung bis zur Gegenwart untersuchten.

II. Sozialethisch

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Die U. ist nebst der Ethik der Wirtschaftsordnung (Ordnungsethik) und der Konsumethik ein Teilbereich der Wirtschaftsethik. Innerhalb der U. gibt es entspr. der Aufbau- und Ablauforganisation eines Unternehmens wiederum spezielle Bereichsethiken wie Führungs-, Governance-, Forschungs-, Produkte- oder Informationsethik.

1. Ordnungsethische Grundlagen

Privatwirtschaftliche Unternehmen erhalten ihre licence to operate durch die marktwirtschaftliche Ordnung eines Staates, v. a. durch das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln, durch Gewährleistung der Berufs-, Gewerbe- und Investitionsfreiheit und eines (relativ) freien Arbeitsmarktes. Diese Freiheitsrechte sind andererseits begrenzt u. a. durch Arbeits-, Verbraucher-, Sozial- und Umweltrechte. Die Entscheidung für eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung ergibt sich aus Freiheits-, Effizienz-, Innovations- und Wohlstandsüberlegungen. Für sie spricht auch der anthropologische Realismus: Sie fordert von den Unternehmen die Einhaltung des Rechts, setzt aber keinen Altruismus voraus.

2. Unternehmerische Verantwortung

Worin besteht die Verantwortung der Unternehmen und ihrer Führungspersonen? Darauf gibt die U., je nach akademischer Schule, unterschiedliche Antworten.

2.1 Einhaltung der Rahmenordnung und Profitabilität des Unternehmens

Für Karl Homann ist die Rahmenordnung der „systematische Ort der Moral“ (Homann 1992: 20). Dort müssen jene sozialen oder ökologischen Standards definiert sein, die die Unternehmen erfüllen sollen. Der Staat hat die Regeleinhaltung zu überwachen und Unternehmen bei einem Verstoß dagegen zu sanktionieren. Solange sich Unternehmen innerhalb der Rahmenordnung bewegen, können sie ausschließlich erfolgsorientiert handeln. Bes. moralische bzw. altruistische Vorleistungen einzelner Unternehmen wären in einer Wettbewerbswirtschaft (Wettbewerb) sogar kontraproduktiv: Sie würden zu Konkurrenznachteilen führen, sofern sie nicht in Reputationsgewinne und damit in eine verbesserte Marktposition umgewandelt werden können. Zugespitzter, aber durchaus vergleichbar ist die Argumentation Milton Friedmans: „In einem freien Wirtschaftssystem gibt es nur eine einzige Verantwortung für die Beteiligten: Sie besagt, dass die verfügbaren Mittel möglichst gewinnbringend eingesetzt und Unternehmungen unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Profitabilität geführt werden müssen, solange dies unter Berücksichtigung der festgelegten Regeln des Spiels geschieht […]“ (Friedman 2002: 164).

2.2 Berücksichtigung der Anspruchsgruppen (Stakeholder) und des gesellschaftlichen Wohls

Der im deutschsprachigen Raum hauptsächlich von Peter Ulrich, Horst Steinmann und Albert Löhr vertretenen deliberativen oder diskursiven Ethik geht es nicht nur um Legalität, sondern auch um Legitimität unternehmerischen Handelns. Verantwortlich agieren Unternehmen dann, wenn sie im Vornhinein alle von ihren Entscheidungen und Handlungen potenziell Betroffenen (Stakeholder) in den Dialog einbinden. Zu diesen zählen insb. Mitarbeiter, Investoren, Lieferanten, Kunden und Anwohner im Umkreis der Produktionsstätten. Für H. Steinmann und A. Löhr werden damit wichtige Grundlagen für die Erhaltung des sozialen Friedens in der Gesellschaft geschaffen. P. Ulrichs Ansatz ist noch fundamentaler, weil er nicht nur einzelne Entscheidungen, sondern die „Geschäftsintegrität“ als solche diesem Dialogverfahren unterstellt: Die Unternehmensleitung könne zwar eine „sinnvolle Wertschöpfungskonzeption“ vorlegen, doch diese müsse „in einem unternehmenspolitischen Deliberationsprozess mit allen ‚Stakeholdern‘ vorbehaltlos zur Disposition“ gestellt werden. Erst im Konsens aller Betroffenen wird daraus eine „legitime Wertschöpfungs- und Wertverzehrsverteilung“ (Ulrich 2008: 475).

2.3 Corporate Citizen und Mitwirkung an globalen Regelungen

Mit der Intensivierung des globalen Wirtschaftsverkehrs zeigen sich Defizite in der internationalen Rechtsordnung. Anders als im Nationalstaat gibt es keine weltweit anerkannten Autoritäten verbindlicher Gesetzgebung und Rechtsprechung. Diese Lücke wird einerseits durch internationales soft law, andererseits durch ein regelsetzendes Netzwerk zivilgesellschaftlicher Akteure (u. a. multinationale Unternehmen, NGOs) ausgefüllt (Zivilgesellschaft). Für die Unternehmen bedeutet das einerseits, die eigene Organisation und die Management-Prozesse so auszurichten, dass die vom soft law gesetzten Erwartungen in die moralische Verantwortungsfähigkeit der Unternehmen erfüllt werden können (z. B. der „UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“: Selbstverpflichtung, Sorgfaltsprüfungen, Re-Design von Prozessen zur Behebung aufgetretener Probleme), und andererseits die eigene Regelsetzungskompetenz zu stärken, um bei der Formulierung globaler Regelungen mitwirken zu können. In diesen Kontext ist die Governance-Ethik von Josef Wieland einzuordnen, u. a. mit seinen anwendungsorientierten Überlegungen zum Code of Conduct oder Wertemanagementsystem. Unternehmen müssen sich eine Identität als (Welt-)Bürger (Corporate Citizen) zu eigen machen, die nicht nur Verantwortung tragen für den unternehmerischen Erfolg, sondern auch für eine sozial- und ökologieverträgliche Geschäftstätigkeit (CSR) und für ein entspr.es globales Regelwerk.

3. Kirchliche Soziallehre und Unternehmen

Die moderne katholische Soziallehre setzt mit „Rerum Novarum“ (1891) ein und ist aus dem historischen Konflikt von Kapital und Arbeit heraus entstanden. Daher war bzw. ist sie weitgehend auf die Rolle des Unternehmers als Arbeitgeber fokussiert. Sie hat keine eigene „Theologie unternehmerischen Handelns“ entwickelt, die schöpferische Tätigkeit und das unternehmerische Handeln des Menschen werden meistens unter dem Begriff der „Arbeit“ subsumiert. Erst „Centesimus annus“ (1991) setzt diesbezüglich stärkere Akzente: „Einen solchen Produktionsprozess zu organisieren, seinen Bestand zu planen, dafür zu sorgen, dass er, unter Übernahme der notwendigen Risiken, der Befriedigung der Bedürfnisse positiv entspricht: auch das ist eine Quelle des Reichtums in der heutigen Gesellschaft. So wird die Rolle der geordneten und schöpferischen menschlichen Arbeit immer offensichtlicher und entscheidender. Aber ebenso sichtbar wird – als wesentlich zu dieser Arbeit gehörend – die Bedeutung der wirtschaftlichen Initiative und des Unternehmertums“ („Centesimus annus“: 32; Herv. i. O.). In „Zum Unternehmer berufen“ (Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden 2012) wird Unternehmern zugesprochen, am Schöpfungshandeln Gottes teilzunehmen, woraus aber auch eine bes. Verantwortung erwächst bei der Organisation nachhaltiger Wertschöpfungsprozesse (Nachhaltigkeit), der Herstellung von Waren und Dienstleistungen zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, der Bildung des Unternehmens als „Gemeinschaft von Personen“ (Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden 2012: 21) und der eigenen Lebensführung. „Laudato si’“ (2015) würdigt die Unternehmertätigkeit als „edle Berufung“ („Laudato si’“: 129) und fordert sie auf, zu einer „ganzheitlichen Ökologie“ („Laudato si’“: 137) beizutragen. Auf protestantischer Seite erwähnenswert ist die EKD-Denkschrift „Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive“ (2008), die u. a. auf die Relativität des persönlichen Wohlstands und Erfolgs und auf die Abhängigkeit von „Gottes Gnade und Gerechtigkeit“ hinweist (EKD 2008: 34).

4. Bewertung: Multidimensionales Unternehmensverständnis

Unternehmen sind Organisationen, die einen bestimmten Zweck erfüllen: Güter und Leistungen zu einer Qualität und zu einem Preis anzubieten, die die Nachfrage der Kunden finden. Unternehmen sind keine Wohltätigkeitsveranstaltungen, sondern müssen Gewinne erzielen, wollen sie sich langfristig auf dem Markt behaupten. Eine sachgerechte und am Humanum und der Sustainability ausgerichtete U. darf diese funktionale Dimension nicht überspielen, sie muss sich aber gleichzeitig gegen reduktionistische Tendenzen eines ausschließlich funktionalen Unternehmensverständnisses wehren und nebst der funktionalen auch die anthropologische, soziale und ökologische Dimension der Unternehmensführung in den gesellschaftlichen Dialog einbringen. Die Implementierung eines solchen multidimensionalen Ansatzes geht nicht ohne Konflikte vor sich: Zwar stehen sich diese Unternehmensdimensionen nicht grundsätzlich konträr gegenüber, doch gibt es zwischen ihnen nicht nur komplementäre, sondern auch konkurrierende Relationen. Deshalb braucht es bei der Einlösung der Multidimensionalität immer auch Flexibilität, um der jeweiligen Unternehmens- und Marktsituation gerecht zu werden. Statt eines „digital-ethischen“ Ansatzes, der Gut und Böse wie einen Binärcode eindeutig und scharf abgrenzt, empfiehlt sich ein Ansatz des „ethisch Verträglichen“, der sich zum Ziel setzt, über die Einhaltung der Rahmenbedingungen hinaus die unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten zu nutzen, um das Unternehmen (möglichst gut) in einen „Korridor des ethisch Verträglichen“ (Wirz 2007: 264) zu platzieren.