Transatlantic Economic Partnership (TEP)

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1. Begriffsdefinition

Die auf dem G8-Gipfel in Birmingham im Mai 1998 verkündete transatlantische Wirtschaftspartnerschaft (TEP) stellt eine Initiative zur Intensivierung und Erweiterung der Kooperation zwischen der EU und den USA im Bereich des internationalen Handels und der Investitionsförderung dar. Im Rahmen der TEP wurden mehrere Abkommen zum Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen geschlossen. Dazu zählte insb. die Schaffung des offenen Luftraums Open Aviation Area im Jahre 2003 sowie die im Folgejahr geschlossene Vereinbarung, das EU-Satellitensystem Galileo und das US-amerikanische GPS-System aufeinander abzustimmen. Das bei weitem ambitionierteste Vorhaben der Partner bestand jedoch in dem im Jahre 2013 gefassten Plan, das Freihandelsabkommen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zu realisieren.

2. Institutionen der transatlantischen Wirtschaftsintegration

Vorläufer der TEP waren die Transatlantische Deklaration aus dem Jahre 1990 mit der Vereinbarung jährlicher Gipfeltreffen zwischen den EG und den USA zur Förderung des Freihandels sowie die 1995 institutionalisierte Neue Transatlantische Agenda, die eine umfassende Liberalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen durch die Gründung einer Transatlantischen Freihandelszone (TAFTA) anstrebte. Im selben Jahr wurde zudem der Transatlantische Wirtschaftsdialog (Transatlantic Business Dialogue) als Forum US-amerikanischer und europäischer multinationaler Unternehmen eingerichtet, welches Empfehlungen und Vorschläge für die Ausgestaltung regulativer Politik zur Förderung der Handelsliberalisierung zwischen der EU und den USA formuliert.

Die Idee transatlantischer regulatorischer Kooperation wurde im Zuge der TEP weiter vorangetrieben. Daraus entwickelte sich eine zunächst informelle Zusammenarbeit zu Regulierungsfragen zwischen der EU und den USA, die sich bis zur Aufnahme der TTIP-Verhandlungen im Jahre 2013 zunehmend intensivierte. Unterstützend wirkte dabei die 2007 geschlossene Rahmenvereinbarung zur Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftsintegration und der im selben Jahr gegründete Transatlantische Wirtschaftsrat (Transatlantic Economic Council) mit dem Auftrag, die Gesetzgebung in den EU-Staaten und den USA im Hinblick auf einen weiteren Abbau von Handelshemmnissen, gegenseitige Marktöffnung sowie eine Harmonisierung von Industriestandards aufeinander abzustimmen. Im Jahre 2011 beschlossen beide Seiten, eine High Level Working Group for Jobs and Growth zu etablieren, die Wege hin zu einem Freihandelsabkommen untersuchen sollte. Die im Jahre 2009 gestarteten Verhandlungen zwischen der EU und Kanada über das 2017 in Kraft getretene Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) bildeten dabei die Blaupause für das avisierte TAFTA-Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, welches im Zuge seiner Konkretisierung in TTIP umbenannt wurde.

3. Chancen und Risiken eines transatlantischen Binnenmarkts

Die seitens der TEP angestrebte Realisierung eines transatlantischen Binnenmarkts kann nicht ausschließlich durch eine weitere Senkung der ohnehin niedrigen Zollsätze erreicht werden, sondern erfordert ein umfassendes Freihandelsabkommen, welches durch den zusätzlichen Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse i. S. einer Harmonisierung von Standards und Industrienormen charakterisiert ist. Hierzu zählen z. B. die Vereinheitlichung von technischen Auflagen in der Automobilindustrie und im Maschinenbau, die gegenseitige Anerkennung von Sicherheitstests bei der Zulassung von Produkten in der Chemie-, Kosmetik- und Pharmaindustrie, oder die Vereinbarung gemeinsamer Standards in der Landwirtschaft, der Energiepolitik oder dem Klimaschutz. Mit der Konkretisierung der TTIP-Verhandlungen sollten auch Einschränkungen für kommerzielle Dienstleistungen verringert, Investitionssicherheit und Wettbewerbsgleichheit verbessert und der Zugang zu öffentlichen Aufträgen auf allen staatlichen Ebenen vereinfacht werden.

Gewinner der Etablierung eines transatlantischen Binnenmarkts wären Produzenten und Konsumenten auf beiden Seiten des Atlantiks. Ein umfassendes Freihandelsabkommen ginge mit einer höheren Produktvielfalt zugunsten der Konsumenten einher, da einmal zugelassene Produkte dann auch auf der anderen Seite des Atlantiks einfacher verkauft werden dürften. Zugl. sparten die Unternehmen Kosten der doppelten Zulassung und Konformitätsprüfung ein, die bei intensiviertem Wettbewerb in Form geringerer Güterpreise an die Konsumenten weitergegeben würden. Ein auf gemeinsamen Standards basierender Binnenmarkt hat zudem das Potenzial, globale Maßstäbe für fortschrittliche Handelsregeln zu etablieren, welche die Chance einer weltweiten Annäherung von technischen Vorschriften und Normen verbunden mit einer weltweiten Absenkung von Handelskosten versprächen.

Die insb. seit Beginn der TTIP-Verhandlungen v. a. in Deutschland formulierte Kritik an einer transatlantischen Wirtschaftsintegration richtete sich speziell gegen einzelne Aspekte des geplanten umfassenden Freihandelsabkommens. Neben dem als intransparent wahrgenommenen Verhandlungsprozess wurde die konkrete Befürchtung geäußert, dass TTIP zu einer Schwächung von Gesundheits-, Lebensmittel-, Umwelt- und Industriestandards führen könne. Außerdem wurde die geplante Zulassung von nicht-staatlichen Schiedsgerichten (Schiedsgerichtsbarkeit) kritisiert, die Rechtsstreitigkeiten klären und mögliche Ansprüche von Unternehmen auf Schadenersatz auch gegen die Vertragsstaaten entscheiden könnten. Abseits dieser Detailkritik zum TTIP besteht ein allg.es Problem regionaler Freihandelsabkommen nicht nur darin, dass Drittstaaten außerhalb des Integrationsraums benachteiligt werden, sondern dass die Bemühungen einer weiteren multilateralen Handelsliberalisierung unter dem Dach der WTO erschwert oder gar verhindert werden können.