Stiftung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Idee der S. setzt die Erzeugung eines Überschusses voraus. Sie konnte daher erst nach der Erfindung der Landwirtschaft entstehen. Frühe S.s-Formen sind aus der Zeit um 3&nbsp;000 v.&nbsp;Chr. bezeugt, und zwar an verschiedenen Orten der Erde (Mesopotamien, Ägypten und Südamerika). Diese ersten S.en dienten dem Götter- und Totenkult. Durch regelmäßige Zuwendungen von Speisen und Getränken sollten Gottheiten und Vorfahren versorgt und milde gestimmt werden. Das Leitbild der Götter- und Ahnen-S. prägte nicht nur das S.s-Wesen der griechischen und römischen Antike, sondern lässt sich auch für den chinesischen Kulturkreis nachweisen. Mit dem Wandel der religiösen und kulturellen Anschauungen seit Mitte des ersten vorchristlichen Jh. und v.&nbsp;a. durch die Christianisierung kam es zu einem Paradigmenwechsel. S.en bezweckten nicht länger die Versorgung der Verstorbenen, sondern v.&nbsp;a. die Rettung des „Seelenheils“ der Stifter. Nach dem Verständnis der monotheistischen Religionen sollten die durch S.en bewirkten guten Werke im Diesseits den Stiftern den Zugang zum postmortalen Leben im Jenseits eröffnen. Dies galt bes. für das [[Christentum]], das mit der Vorstellung eines göttlichen Weltgerichts am Ende aller Zeiten nicht nur eine Begründung für die Dauerhaftigkeit von S.en gab: „Die gute Tat hat Gott zu ihrem Schuldner ebenso wie die böse, weil der Richter auch Vergelter in jeder Sache ist“ (Tertullian). Nutznießer dieser „Seelenheil-S.en“ waren v.&nbsp;a. Kirchengemeinden ([[Gemeinde]]) und [[Kloster|Klöster]], die dem Stifter im Gegenzug zu Messen zugunsten seines Heils verpflichtet waren. Zugl. traten neben die religiösen Motive verstärkt auch karitative Zwecke wie z.&nbsp;B. die Fürsorge für Kranke und Arme. Das mittelalterliche Monopol des kirchlichen S.s-Wesens wurde in der frühen Neuzeit durch bürgerliche S.s-Gründungen (z.&nbsp;B. die <I>Fuggerei</I> in Augsburg) in Frage gestellt und im Laufe der [[Reformation]] in den meisten protestantischen Landesteilen zerschlagen. Auch die [[Aufklärung]] stand der S.s-Idee und der dauerhaften Bindung von Vermögen an die „tote Hand“ des Stifters ablehnend gegenüber. Ebenso wie der Aufbau einer staatlichen Gemeinwohlpflege beschleunigte das die Auflösung des S.s-Wesens weiter. Erst im Laufe des 19.&nbsp;Jh. kam es in Deutschland und anderswo zu einer Renaissance des S.s-Gedankens und einer wachsenden Zahl „philanthropischer“ S.en (z.&nbsp;B. das „Städel’sche Kunstinstitut“ in Frankfurt am Main). Die deutsche Rechtswissenschaft reagierte auf diese Entwicklung mit der Rechtsfigur der staatlich genehmigten rechtsfähigen S., während im anglo-amerikanischen Rechtskreis das tradierte Rechtsinstitut des <I>charitable trust</I> bestimmend blieb. Kriege und Hyperinflation haben das deutsche S.s-Wesen in der ersten Hälfte des 20.&nbsp;Jh. – im Unterschied zum US-amerikanischen S.s-Sektor – nahezu vollständig vernichtet. Nach ersten Anfängen in den 50er und 60er Jahren (z.&nbsp;B. Thyssen-S., Volkswagen-S.) hat die Zahl der S.en in den letzten drei Jahrzehnten – nicht zuletzt auf Grund des gewachsenen Wohlstandes und verschiedener Reformgesetze – wieder stärker zugenommen (ca. 22&nbsp;000 rechtsfähige S.en im Jahr 2018). Das Aufkommen großer unternehmensverbundener S.en (z.&nbsp;B. Bertelsmann-S., Fresenius-S.) hat allerdings auch eine Diskussion über die gesellschaftlichen Funktionen von S.en ausgelöst. Diese betrifft die Instrumentalisierung von S.en zur Vermögenserhaltung, Defizite bei der Legitimation und Transparenz des S.s-Handelns sowie Fragen der [[Governance]] innerhalb von S.en.
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Die Idee der S. setzt die Erzeugung eines Überschusses voraus. Sie konnte daher erst nach der Erfindung der Landwirtschaft entstehen. Frühe S.s-Formen sind aus der Zeit um 3&nbsp;000 v.&nbsp;Chr. bezeugt, und zwar an verschiedenen Orten der Erde (Mesopotamien, Ägypten und Südamerika). Diese ersten S.en dienten dem Götter- und Totenkult. Durch regelmäßige Zuwendungen von Speisen und Getränken sollten Gottheiten und Vorfahren versorgt und milde gestimmt werden. Das Leitbild der Götter- und Ahnen-S. prägte nicht nur das S.s-Wesen der griechischen und römischen Antike, sondern lässt sich auch für den chinesischen Kulturkreis nachweisen. Mit dem Wandel der religiösen und kulturellen Anschauungen seit Mitte des ersten vorchristlichen Jh. und v.&nbsp;a. durch die Christianisierung kam es zu einem Paradigmenwechsel. S.en bezweckten nicht länger die Versorgung der Verstorbenen, sondern v.&nbsp;a. die Rettung des „Seelenheils“ der Stifter. Nach dem Verständnis der monotheistischen Religionen sollten die durch S.en bewirkten guten Werke im Diesseits den Stiftern den Zugang zum postmortalen Leben im Jenseits eröffnen. Dies galt bes. für das [[Christentum]], das mit der Vorstellung eines göttlichen Weltgerichts am Ende aller Zeiten nicht nur eine Begründung für die Dauerhaftigkeit von S.en gab: „Die gute Tat hat Gott zu ihrem Schuldner ebenso wie die böse, weil der Richter auch Vergelter in jeder Sache ist“ (Tertullian). Nutznießer dieser „Seelenheil-S.en“ waren v.&nbsp;a. Kirchengemeinden ([[Gemeinde]]) und [[Kloster|Klöster]], die dem Stifter im Gegenzug zu Messen zugunsten seines Heils verpflichtet waren. Zugleich traten neben die religiösen Motive verstärkt auch karitative Zwecke wie z.&nbsp;B. die Fürsorge für Kranke und Arme. Das mittelalterliche Monopol des kirchlichen S.s-Wesens wurde in der frühen Neuzeit durch bürgerliche S.s-Gründungen (z.&nbsp;B. die <I>Fuggerei</I> in Augsburg) in Frage gestellt und im Laufe der [[Reformation]] in den meisten protestantischen Landesteilen zerschlagen. Auch die [[Aufklärung]] stand der S.s-Idee und der dauerhaften Bindung von Vermögen an die „tote Hand“ des Stifters ablehnend gegenüber. Ebenso wie der Aufbau einer staatlichen Gemeinwohlpflege beschleunigte das die Auflösung des S.s-Wesens weiter. Erst im Laufe des 19.&nbsp;Jh. kam es in Deutschland und anderswo zu einer Renaissance des S.s-Gedankens und einer wachsenden Zahl „philanthropischer“ S.en (z.&nbsp;B. das „Städel’sche Kunstinstitut“ in Frankfurt am Main). Die deutsche Rechtswissenschaft reagierte auf diese Entwicklung mit der Rechtsfigur der staatlich genehmigten rechtsfähigen S., während im anglo-amerikanischen Rechtskreis das tradierte Rechtsinstitut des <I>charitable trust</I> bestimmend blieb. Kriege und Hyperinflation haben das deutsche S.s-Wesen in der ersten Hälfte des 20.&nbsp;Jh. – im Unterschied zum US-amerikanischen S.s-Sektor – nahezu vollständig vernichtet. Nach ersten Anfängen in den 50er und 60er Jahren (z.&nbsp;B. Thyssen-S., Volkswagen-S.) hat die Zahl der S.en in den letzten drei Jahrzehnten – nicht zuletzt auf Grund des gewachsenen Wohlstandes und verschiedener Reformgesetze – wieder stärker zugenommen (ca. 22&nbsp;000 rechtsfähige S.en im Jahr 2018). Das Aufkommen großer unternehmensverbundener S.en (z.&nbsp;B. Bertelsmann-S., Fresenius-S.) hat allerdings auch eine Diskussion über die gesellschaftlichen Funktionen von S.en ausgelöst. Diese betrifft die Instrumentalisierung von S.en zur Vermögenserhaltung, Defizite bei der Legitimation und Transparenz des S.s-Handelns sowie Fragen der [[Governance]] innerhalb von S.en.
 
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Leitbild des S.s-Rechts ist heute die rechtsfähige S. des bürgerlichen Rechts (vgl. §§&nbsp;80&nbsp;ff. BGB). Sie entsteht durch ein privates S.s-Geschäft und einen staatlichen Mitwirkungsakt. Bei Errichtung unter Lebenden bedarf das S.s-Geschäft der schriftlichen Form, während rechtsfähige S.en von Todes wegen durch letztwillige Verfügung errichtet werden. Das schriftliche S.s-Geschäft des Stifters muss neben einer Vermögenswidmung, die die dauerhafte Lebensfähigkeit der S. gesichert erscheinen lässt, eine S.s-Satzung mit bestimmten Mindestangaben (Sitz, Name, Zweck, Vermögen, Bestimmungen über die Besetzung des Vorstands) enthalten. Entspricht das S.s-Geschäft den gesetzlichen Vorgaben, hat die zuständige Behörde der S. die Rechtsfähigkeit durch „Anerkennung“ zu verleihen (§&nbsp;80 Abs.&nbsp;2 BGB). Das geltende Recht geht vom Modell der gemeinwohlkonformen Allzweck-S. aus, erlaubt also nicht nur „gemeinwohlbezogene“ S.s-Zwecke, sondern auch private Versorgungs-S.en (Familien-S.en). Den rechtstatsächlichen Regelfall bildet aber nach wie vor die „gemeinnützige“ bzw. „öffentliche“ S. (ca. 95&nbsp;% aller S.en). Bei der Ausgestaltung der Organstruktur (Vorstand, ggf. beratender Beirat oder Kuratorium) verfügt der Stifter über eine große Gestaltungsfreiheit. Nach Anerkennung ist die Verfassung der rechtsfähigen S. aber nicht nur der Disposition der S.s-Organe, sondern auch dem Zugriff des Stifters dauerhaft entzogen. Diese „Unverfügbarkeit“ unterscheidet die rechtsfähige S. von anderen – schuldrechtlich oder körperschaftsrechtlich organisierten – S.s-Rechtsformen. Das Fehlen von Mitgliedern, die autonom über die Rechtsgrundlagen der S. verfügen und den Vorstand kontrollieren können, bildet zugl. den wesentlichen Grund für die staatliche S.s-Aufsicht. Sie dient dem Schutz des Stifterwillens und überwacht die Rechtmäßigkeit des Handelns der S.s-Organe. Für die S.s-Aufsicht sind – ebenso wie für die Anerkennung von S.en – die Bundesländer nach Maßgabe ihrer Landesstiftungsgesetze zuständig. Rechtsfähige S.en werden regelmäßig auf Dauer – also theoretisch auf ewig – errichtet. Das geltende Recht erlaubt aber auch S.en auf Zeit sowie Verbrauchs-S.en, bei denen auch das S.s-Vermögen für die Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt werden darf. Anders als im Vereinsrecht gibt es in Deutschland bis heute kein S.s-Register mit öffentlichem Glauben, sondern nur behördliche S.s-Verzeichnisse.
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Leitbild des S.s-Rechts ist heute die rechtsfähige S. des bürgerlichen Rechts (vgl. §§&nbsp;80&nbsp;ff. BGB). Sie entsteht durch ein privates S.s-Geschäft und einen staatlichen Mitwirkungsakt. Bei Errichtung unter Lebenden bedarf das S.s-Geschäft der schriftlichen Form, während rechtsfähige S.en von Todes wegen durch letztwillige Verfügung errichtet werden. Das schriftliche S.s-Geschäft des Stifters muss neben einer Vermögenswidmung, die die dauerhafte Lebensfähigkeit der S. gesichert erscheinen lässt, eine S.s-Satzung mit bestimmten Mindestangaben (Sitz, Name, Zweck, Vermögen, Bestimmungen über die Besetzung des Vorstands) enthalten. Entspricht das S.s-Geschäft den gesetzlichen Vorgaben, hat die zuständige Behörde der S. die Rechtsfähigkeit durch „Anerkennung“ zu verleihen (§&nbsp;80 Abs.&nbsp;2 BGB). Das geltende Recht geht vom Modell der gemeinwohlkonformen Allzweck-S. aus, erlaubt also nicht nur „gemeinwohlbezogene“ S.s-Zwecke, sondern auch private Versorgungs-S.en (Familien-S.en). Den rechtstatsächlichen Regelfall bildet aber nach wie vor die „gemeinnützige“ bzw. „öffentliche“ S. (ca. 95&nbsp;% aller S.en). Bei der Ausgestaltung der Organstruktur (Vorstand, ggf. beratender Beirat oder Kuratorium) verfügt der Stifter über eine große Gestaltungsfreiheit. Nach Anerkennung ist die Verfassung der rechtsfähigen S. aber nicht nur der Disposition der S.s-Organe, sondern auch dem Zugriff des Stifters dauerhaft entzogen. Diese „Unverfügbarkeit“ unterscheidet die rechtsfähige S. von anderen – schuldrechtlich oder körperschaftsrechtlich organisierten – S.s-Rechtsformen. Das Fehlen von Mitgliedern, die autonom über die Rechtsgrundlagen der S. verfügen und den Vorstand kontrollieren können, bildet zugleich den wesentlichen Grund für die staatliche S.s-Aufsicht. Sie dient dem Schutz des Stifterwillens und überwacht die Rechtmäßigkeit des Handelns der S.s-Organe. Für die S.s-Aufsicht sind – ebenso wie für die Anerkennung von S.en – die Bundesländer nach Maßgabe ihrer Landesstiftungsgesetze zuständig. Rechtsfähige S.en werden regelmäßig auf Dauer – also theoretisch auf ewig – errichtet. Das geltende Recht erlaubt aber auch S.en auf Zeit sowie Verbrauchs-S.en, bei denen auch das S.s-Vermögen für die Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt werden darf. Anders als im Vereinsrecht gibt es in Deutschland bis heute kein S.s-Register mit öffentlichem Glauben, sondern nur behördliche S.s-Verzeichnisse.
 
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Während die rechtsfähige S. des BGB eine Erfindung des 19.&nbsp;Jh. ist, waren nichtrechtsfähige S.en bereits in der Antike bekannt. Sie bilden auch heute noch zahlenmäßig den größten Teil des S.s-Sektors und bedürfen keiner staatlichen Anerkennung. Bei der Errichtung einer nichtrechtsfähigen S. unter Lebenden handelt es sich – je nach dem Willen der Beteiligten – entweder um eine Schenkung unter Auflage (§&nbsp;525 BGB) oder um einen Geschäftsbesorgungsvertrag (§&nbsp;675 BGB). Der S.s-Träger verpflichtet sich gegenüber dem Stifter, das ihm übertragene Vermögen auf Dauer zu erhalten und die Erträge zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks einzusetzen. Auch wenn die Parteien hier eine rechtsfähige S. mit den Mitteln des Vertragsrechts „simulieren“, finden die §§&nbsp;80&nbsp;ff. BGB nach allg.er Ansicht auf nichtrechtsfähige S.en keine analoge Anwendung. Unabhängig von der einzelfallabhängigen Qualifikation als Schenkung oder Geschäftsbesorgungsvertrag folgt aus der schuldvertraglichen Einordnung, dass die nichtrechtsfähige S. und ihre Verfassung der Disposition der Vertragsparteien unterliegt und daher im Einvernehmen der Beteiligten jederzeit aufgehoben oder geändert werden kann. Allerdings ist beiden Vertragsteilen – auch dem Stifter selbst – eine einseitige Beendigung der S. regelmäßig nur bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ möglich. Die nichtrechtsfähige S. von Todes wegen ist erbrechtlicher Natur und beruht auf einer letztwillig verfügten Auflage des Erblassers (§&nbsp;2192 BGB). Nicht rechtsfähige S.en sind keine Rechtspersonen und unterliegen daher nicht der staatlichen S.s-Aufsicht. Liegt der Vollzug der S. im öffentlichen Interesse, haben neben dem Stifter bzw. seinen Erben auch die nach Landesrecht zuständigen Behörden einen Vollzugsanspruch gegen den S.s-Träger. Nach Übergang auf den S.s-Träger ist das S.s-Vermögen zwar gegen Zugriffe der Gläubiger des Stifters weitgehend immun, steht aber u.&nbsp;U. den Gläubigern des S.s-Trägers als Haftungsmasse zur Verfügung. In der Praxis empfiehlt sich die Errichtung von nichtrechtsfähigen S.en v.&nbsp;a. bei „kleineren“ Vermögen, u.&nbsp;U. auch als Vorstufe einer rechtsfähigen S. Viele S.s-Träger – insb. Kreditinstitute – erheben für die Verwaltung nichtrechtsfähiger S.en ein Entgelt (darin liegt zugl. ein wesentliches Indiz für eine Geschäftsbesorgung).
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Während die rechtsfähige S. des BGB eine Erfindung des 19.&nbsp;Jh. ist, waren nichtrechtsfähige S.en bereits in der Antike bekannt. Sie bilden auch heute noch zahlenmäßig den größten Teil des S.s-Sektors und bedürfen keiner staatlichen Anerkennung. Bei der Errichtung einer nichtrechtsfähigen S. unter Lebenden handelt es sich – je nach dem Willen der Beteiligten – entweder um eine Schenkung unter Auflage (§&nbsp;525 BGB) oder um einen Geschäftsbesorgungsvertrag (§&nbsp;675 BGB). Der S.s-Träger verpflichtet sich gegenüber dem Stifter, das ihm übertragene Vermögen auf Dauer zu erhalten und die Erträge zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks einzusetzen. Auch wenn die Parteien hier eine rechtsfähige S. mit den Mitteln des Vertragsrechts „simulieren“, finden die §§&nbsp;80&nbsp;ff. BGB nach allgemeiner Ansicht auf nichtrechtsfähige S.en keine analoge Anwendung. Unabhängig von der einzelfallabhängigen Qualifikation als Schenkung oder Geschäftsbesorgungsvertrag folgt aus der schuldvertraglichen Einordnung, dass die nichtrechtsfähige S. und ihre Verfassung der Disposition der Vertragsparteien unterliegt und daher im Einvernehmen der Beteiligten jederzeit aufgehoben oder geändert werden kann. Allerdings ist beiden Vertragsteilen – auch dem Stifter selbst – eine einseitige Beendigung der S. regelmäßig nur bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ möglich. Die nichtrechtsfähige S. von Todes wegen ist erbrechtlicher Natur und beruht auf einer letztwillig verfügten Auflage des Erblassers (§&nbsp;2192 BGB). Nicht rechtsfähige S.en sind keine Rechtspersonen und unterliegen daher nicht der staatlichen S.s-Aufsicht. Liegt der Vollzug der S. im öffentlichen Interesse, haben neben dem Stifter bzw. seinen Erben auch die nach Landesrecht zuständigen Behörden einen Vollzugsanspruch gegen den S.s-Träger. Nach Übergang auf den S.s-Träger ist das S.s-Vermögen zwar gegen Zugriffe der Gläubiger des Stifters weitgehend immun, steht aber u.&nbsp;U. den Gläubigern des S.s-Trägers als Haftungsmasse zur Verfügung. In der Praxis empfiehlt sich die Errichtung von nichtrechtsfähigen S.en v.&nbsp;a. bei „kleineren“ Vermögen, u.&nbsp;U. auch als Vorstufe einer rechtsfähigen S. Viele S.s-Träger – insb. Kreditinstitute – erheben für die Verwaltung nichtrechtsfähiger S.en ein Entgelt (darin liegt zugleich ein wesentliches Indiz für eine Geschäftsbesorgung).
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2022, 06:12 Uhr

1. Begriff der Stiftung

Unter einer S. versteht man in einem weiten funktionalen Sinne die Widmung eines im Grundsatz zu erhaltenden Vermögens, mit dessen Hilfe der Träger dieses Vermögens bestimmte Zwecke dauerhaft verfolgen soll. Zentrale Elemente einer S. sind der Zweck, das Vermögen und die Organisation. Die fehlende zeitliche Beschränkung unterscheidet S.en von einmaligen Schenkungen (Spende). Während der funktionale S.s-Begriff allein auf eine dauerhafte Vermögenswidmung abstellt, haben sich im bürgerlichen Recht verschiedene Rechtsformen für S.en entwickelt. Das BGB regelt S.en als nicht auf einem Personenverband beruhende Rechtsträger (juristische Person), die durch S.s-Geschäft festgelegte Zwecke mit Hilfe eines diesen Zwecken gewidmeten Vermögens dauerhaft verfolgen (§§ 80 ff. BGB).

2. Geschichte

Die Idee der S. setzt die Erzeugung eines Überschusses voraus. Sie konnte daher erst nach der Erfindung der Landwirtschaft entstehen. Frühe S.s-Formen sind aus der Zeit um 3 000 v. Chr. bezeugt, und zwar an verschiedenen Orten der Erde (Mesopotamien, Ägypten und Südamerika). Diese ersten S.en dienten dem Götter- und Totenkult. Durch regelmäßige Zuwendungen von Speisen und Getränken sollten Gottheiten und Vorfahren versorgt und milde gestimmt werden. Das Leitbild der Götter- und Ahnen-S. prägte nicht nur das S.s-Wesen der griechischen und römischen Antike, sondern lässt sich auch für den chinesischen Kulturkreis nachweisen. Mit dem Wandel der religiösen und kulturellen Anschauungen seit Mitte des ersten vorchristlichen Jh. und v. a. durch die Christianisierung kam es zu einem Paradigmenwechsel. S.en bezweckten nicht länger die Versorgung der Verstorbenen, sondern v. a. die Rettung des „Seelenheils“ der Stifter. Nach dem Verständnis der monotheistischen Religionen sollten die durch S.en bewirkten guten Werke im Diesseits den Stiftern den Zugang zum postmortalen Leben im Jenseits eröffnen. Dies galt bes. für das Christentum, das mit der Vorstellung eines göttlichen Weltgerichts am Ende aller Zeiten nicht nur eine Begründung für die Dauerhaftigkeit von S.en gab: „Die gute Tat hat Gott zu ihrem Schuldner ebenso wie die böse, weil der Richter auch Vergelter in jeder Sache ist“ (Tertullian). Nutznießer dieser „Seelenheil-S.en“ waren v. a. Kirchengemeinden (Gemeinde) und Klöster, die dem Stifter im Gegenzug zu Messen zugunsten seines Heils verpflichtet waren. Zugleich traten neben die religiösen Motive verstärkt auch karitative Zwecke wie z. B. die Fürsorge für Kranke und Arme. Das mittelalterliche Monopol des kirchlichen S.s-Wesens wurde in der frühen Neuzeit durch bürgerliche S.s-Gründungen (z. B. die Fuggerei in Augsburg) in Frage gestellt und im Laufe der Reformation in den meisten protestantischen Landesteilen zerschlagen. Auch die Aufklärung stand der S.s-Idee und der dauerhaften Bindung von Vermögen an die „tote Hand“ des Stifters ablehnend gegenüber. Ebenso wie der Aufbau einer staatlichen Gemeinwohlpflege beschleunigte das die Auflösung des S.s-Wesens weiter. Erst im Laufe des 19. Jh. kam es in Deutschland und anderswo zu einer Renaissance des S.s-Gedankens und einer wachsenden Zahl „philanthropischer“ S.en (z. B. das „Städel’sche Kunstinstitut“ in Frankfurt am Main). Die deutsche Rechtswissenschaft reagierte auf diese Entwicklung mit der Rechtsfigur der staatlich genehmigten rechtsfähigen S., während im anglo-amerikanischen Rechtskreis das tradierte Rechtsinstitut des charitable trust bestimmend blieb. Kriege und Hyperinflation haben das deutsche S.s-Wesen in der ersten Hälfte des 20. Jh. – im Unterschied zum US-amerikanischen S.s-Sektor – nahezu vollständig vernichtet. Nach ersten Anfängen in den 50er und 60er Jahren (z. B. Thyssen-S., Volkswagen-S.) hat die Zahl der S.en in den letzten drei Jahrzehnten – nicht zuletzt auf Grund des gewachsenen Wohlstandes und verschiedener Reformgesetze – wieder stärker zugenommen (ca. 22 000 rechtsfähige S.en im Jahr 2018). Das Aufkommen großer unternehmensverbundener S.en (z. B. Bertelsmann-S., Fresenius-S.) hat allerdings auch eine Diskussion über die gesellschaftlichen Funktionen von S.en ausgelöst. Diese betrifft die Instrumentalisierung von S.en zur Vermögenserhaltung, Defizite bei der Legitimation und Transparenz des S.s-Handelns sowie Fragen der Governance innerhalb von S.en.

3. Stiftungsrecht

3.1 Rechtsfähige Stiftung

Leitbild des S.s-Rechts ist heute die rechtsfähige S. des bürgerlichen Rechts (vgl. §§ 80 ff. BGB). Sie entsteht durch ein privates S.s-Geschäft und einen staatlichen Mitwirkungsakt. Bei Errichtung unter Lebenden bedarf das S.s-Geschäft der schriftlichen Form, während rechtsfähige S.en von Todes wegen durch letztwillige Verfügung errichtet werden. Das schriftliche S.s-Geschäft des Stifters muss neben einer Vermögenswidmung, die die dauerhafte Lebensfähigkeit der S. gesichert erscheinen lässt, eine S.s-Satzung mit bestimmten Mindestangaben (Sitz, Name, Zweck, Vermögen, Bestimmungen über die Besetzung des Vorstands) enthalten. Entspricht das S.s-Geschäft den gesetzlichen Vorgaben, hat die zuständige Behörde der S. die Rechtsfähigkeit durch „Anerkennung“ zu verleihen (§ 80 Abs. 2 BGB). Das geltende Recht geht vom Modell der gemeinwohlkonformen Allzweck-S. aus, erlaubt also nicht nur „gemeinwohlbezogene“ S.s-Zwecke, sondern auch private Versorgungs-S.en (Familien-S.en). Den rechtstatsächlichen Regelfall bildet aber nach wie vor die „gemeinnützige“ bzw. „öffentliche“ S. (ca. 95 % aller S.en). Bei der Ausgestaltung der Organstruktur (Vorstand, ggf. beratender Beirat oder Kuratorium) verfügt der Stifter über eine große Gestaltungsfreiheit. Nach Anerkennung ist die Verfassung der rechtsfähigen S. aber nicht nur der Disposition der S.s-Organe, sondern auch dem Zugriff des Stifters dauerhaft entzogen. Diese „Unverfügbarkeit“ unterscheidet die rechtsfähige S. von anderen – schuldrechtlich oder körperschaftsrechtlich organisierten – S.s-Rechtsformen. Das Fehlen von Mitgliedern, die autonom über die Rechtsgrundlagen der S. verfügen und den Vorstand kontrollieren können, bildet zugleich den wesentlichen Grund für die staatliche S.s-Aufsicht. Sie dient dem Schutz des Stifterwillens und überwacht die Rechtmäßigkeit des Handelns der S.s-Organe. Für die S.s-Aufsicht sind – ebenso wie für die Anerkennung von S.en – die Bundesländer nach Maßgabe ihrer Landesstiftungsgesetze zuständig. Rechtsfähige S.en werden regelmäßig auf Dauer – also theoretisch auf ewig – errichtet. Das geltende Recht erlaubt aber auch S.en auf Zeit sowie Verbrauchs-S.en, bei denen auch das S.s-Vermögen für die Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt werden darf. Anders als im Vereinsrecht gibt es in Deutschland bis heute kein S.s-Register mit öffentlichem Glauben, sondern nur behördliche S.s-Verzeichnisse.

3.2 Nichtrechtsfähige Stiftung

Während die rechtsfähige S. des BGB eine Erfindung des 19. Jh. ist, waren nichtrechtsfähige S.en bereits in der Antike bekannt. Sie bilden auch heute noch zahlenmäßig den größten Teil des S.s-Sektors und bedürfen keiner staatlichen Anerkennung. Bei der Errichtung einer nichtrechtsfähigen S. unter Lebenden handelt es sich – je nach dem Willen der Beteiligten – entweder um eine Schenkung unter Auflage (§ 525 BGB) oder um einen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB). Der S.s-Träger verpflichtet sich gegenüber dem Stifter, das ihm übertragene Vermögen auf Dauer zu erhalten und die Erträge zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks einzusetzen. Auch wenn die Parteien hier eine rechtsfähige S. mit den Mitteln des Vertragsrechts „simulieren“, finden die §§ 80 ff. BGB nach allgemeiner Ansicht auf nichtrechtsfähige S.en keine analoge Anwendung. Unabhängig von der einzelfallabhängigen Qualifikation als Schenkung oder Geschäftsbesorgungsvertrag folgt aus der schuldvertraglichen Einordnung, dass die nichtrechtsfähige S. und ihre Verfassung der Disposition der Vertragsparteien unterliegt und daher im Einvernehmen der Beteiligten jederzeit aufgehoben oder geändert werden kann. Allerdings ist beiden Vertragsteilen – auch dem Stifter selbst – eine einseitige Beendigung der S. regelmäßig nur bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ möglich. Die nichtrechtsfähige S. von Todes wegen ist erbrechtlicher Natur und beruht auf einer letztwillig verfügten Auflage des Erblassers (§ 2192 BGB). Nicht rechtsfähige S.en sind keine Rechtspersonen und unterliegen daher nicht der staatlichen S.s-Aufsicht. Liegt der Vollzug der S. im öffentlichen Interesse, haben neben dem Stifter bzw. seinen Erben auch die nach Landesrecht zuständigen Behörden einen Vollzugsanspruch gegen den S.s-Träger. Nach Übergang auf den S.s-Träger ist das S.s-Vermögen zwar gegen Zugriffe der Gläubiger des Stifters weitgehend immun, steht aber u. U. den Gläubigern des S.s-Trägers als Haftungsmasse zur Verfügung. In der Praxis empfiehlt sich die Errichtung von nichtrechtsfähigen S.en v. a. bei „kleineren“ Vermögen, u. U. auch als Vorstufe einer rechtsfähigen S. Viele S.s-Träger – insb. Kreditinstitute – erheben für die Verwaltung nichtrechtsfähiger S.en ein Entgelt (darin liegt zugleich ein wesentliches Indiz für eine Geschäftsbesorgung).

3.3 Stiftung des öffentlichen Rechts

Im Unterschied zur rechtsfähigen S. des BGB beruht die Existenz von rechtsfähigen S.en des öffentlichen Rechts allein auf öffentlichem Recht, d. h. einem Errichtungsgesetz oder einem staatlichen S.s-Akt. S.en des öffentlichen Rechts sind Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung und weisen eine Ähnlichkeit zu Anstalten auf. Die Abgrenzung zwischen privat- und öffentlich-rechtlichen S.en kann im Einzelfall – insb. bei älteren S.en – schwierig sein, weil sich auch der Staat der Rechtsform der privatrechtlichen S. bedienen und umgekehrt auch Privatpersonen im Zusammenwirken mit dem Staat öffentlich-rechtliche S.en errichten können.

3.4 Zustiftung

Von einer Zustiftung spricht man, wenn jemand eine zu erhaltende Zuwendung in das Vermögen einer rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen S. leistet. Rechtlich handelt es sich um eine Schenkung unter Auflage (§ 525 BGB), die zu ihrer Wirksamkeit einer Annahme durch die Empfänger-S. bedarf. Stifter sollten die Zulässigkeit von Zustiftungen in der Satzung ihrer S. regeln. Soweit die Zustiftung den Namen des Zustifters trägt, spricht man auch von „S.s-Fonds“.

3.5 Stiftungskörperschaften

S.s-Körperschaften (z. B. Stiftungs-GmbH) sind Kapitalgesellschaften und Vereine, die im Rahmen der gesellschafts- und vereinsrechtlichen Vertragsfreiheit bestimmte S.s-Elemente aufweisen (z. B. eine fremdnützige Zielsetzung und ein S.s-Vermögen). Sie unterliegen weder der staatlichen S.s-Aufsicht, noch weisen sie die für eine rechtsfähige S. typische „Unverfügbarkeit“ auf, weil ihre Mitglieder durch (jedenfalls einstimmigen) Beschluss über den Bestand der Körperschaft disponieren können. Funktional betrachtet kann man sie gleichwohl als S. qualifizieren.

4. Besteuerung von Stiftungen

Die Rechtswirklichkeit von S.en wird entscheidend durch das Steuerrecht beeinflusst. Dies gilt v. a. für die Unterscheidung zwischen (weitgehend) steuerbefreiten „gemeinnützigen“ S.en einerseits und steuerpflichtigen „privaten“ Familien-S.en andererseits. S.en sind steuerbegünstigt, wenn sie nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich, unmittelbar und selbstlos „gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke“ i. S. d. §§ 52 ff. AO verfolgen. Die Vorgaben des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts prägen nicht nur den Inhalt der S.s-Verfassung, sondern bestimmen auch die laufende Geschäftsführung, die – zusätzlich zur S.s-Aufsicht – der laufenden Kontrolle durch die Finanzämter unterliegt. Steuerbegünstigte S.en sind weitgehend von steuerlichen Belastungen befreit (z. B. keine Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Errichtung und keine Steuerpflicht der passiven laufenden Einkünfte aus Vermögenserträgen). Auch beim steuerlichen Spendenabzug werden Zustiftungen zu rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen S.en bes. privilegiert. Umgekehrt versucht das Steuerrecht der Errichtung von S.en zu privaten Zwecken („Familien-S.en“) entgegenzuwirken. So unterliegt das Vermögen einer Familien-S. in Deutschland im Abstand von 30 Jahren einer Erbersatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG), um steuerliche Vorteile gegenüber einer natürlichen Person zu verhindern.