Steuer

  1. I. Rechtliche Perspektiven
  2. II. Ökonomische Sicht

I. Rechtliche Perspektiven

Abschnitt drucken

1. Die Bedeutung der Steuer für die Staatsverfassung

Die S. ist das Hauptfinanzierungsinstrument des modernen Staates. Sie wird erhoben, wenn der Bürger eine finanzielle Leistungsfähigkeit erworben hat oder diese im Wirtschaftsverkehr einsetzt. Der Staat beansprucht steuerliche Teilhabe an dieser Leistungsfähigkeit, um seine Staatsaufgaben zu finanzieren. Der S.-Pflichtige erhält keine individuelle Gegenleistung. Die S. ist keine Geldleistung, mit der ein S.-Pflichtiger eine Staatsleistung entgilt, sondern allgemeine Bürgerpflicht, um den Staat mit Finanzkraft auszustatten. Die wichtigsten Bemessungsgrundlagen für eine S. sind das Einkommen, die eingesetzte Kaufkraft (Umsatz) und die Erbschaft.

Die Art der Finanzierung bestimmt wesentlich die Struktur des Staates. Solange der römische Staat sich aus einer Kriegsanleihe (tributum) finanzierte, war das Staatswesen auf Eroberungskriege und Kriegsbeute angelegt. Im Mittelalter musste der Kaiser den Finanzbedarf des Gemeinwesens aus dem Ertrag seiner Domänen bestreiten; zum Kaiser wählbar waren deshalb nur Großgrundbesitzer. Besaß ein Herrscher in Lehensverhältnissen unmittelbar Bestimmungsgewalt über seine Untertanen, deckte er seinen Bedarf durch annua dona, jährliche „freiwillige“ Abgaben, oder durch Arbeitszwang. Der Kameralismus sorgte dafür, dass mehr Geld in die Schatzkammer des Staates (camera) floss, als ihr entnommen wurde, erwartete Wachstum nur auf Kosten anderer und förderte deshalb auch eine Bereitschaft zu Eroberung und Krieg. Garantiert der Staat hingegen die Freiheit des Eigentums und des Berufs (Berufsfreiheit), belässt er die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit also in privater Hand, muss er seinen Finanzbedarf durch Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens decken. Die S. wird zum Preis der Freiheit.

2. Rechtfertigung der Steuer

Der Staat rechtfertigt die S. aus den Leistungen, die er der Allgemeinheit seiner Bürger gewährt. Bietet er ihnen v. a. Sicherheit, belastet er Personen und Güter, die er geschützt hat. Die Folge ist eine Kopf-S. und eine Besteuerung des Vermögens (Vermögensteuer), des Gewerbebetriebes (Gewerbesteuer) und des Grundstücks (Grundsteuer). Bietet die Rechtsgemeinschaft dem Einzelnen v. a. Wohlfahrt und Konsum, wird S. auf Umsatz und Verbrauch (Verbrauchsteuern) erhoben. Heute widmet sich der Staat den Existenzvoraussetzungen des Menschen, seiner Bildung und Gesundheit, organisiert die Infrastruktur für Wirtschaften, Wohnen und Verkehr, übernimmt die Verantwortung für inneren und äußeren Frieden, für den Umweltschutz, für ein System sozialer Sicherheit und die Digitalisierung. Dieser daseinsbegleitende und entwicklungsfördernde Staat bemisst die S. individualisierend nach der jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit seiner Einwohner und verallgemeinernd nach der Marktteilhabe der Nachfrager.

Die Einkommensteuer (ESt) belastet den jährlichen Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit, die der S.-Pflichtige aus seiner Erwerbsgrundlage unter den Wirtschaftsbedingungen in Deutschland erzielt. Wer die Infrastruktur in Deutschland erfolgreich nutzt, soll auch zur Finanzierung dieses Systems beitragen. Der S.-Pflichtige hat einen Vorteil, wenn er sein Wohnhaus und seinen Betrieb in ein Friedensgebiet stellen kann und nicht im Kriegsgebiet wirtschaften muss. Er kann sein Erwerbshandeln auf die hier geltende Vertragsfreiheit stützen und eine unbefangene Gerichtsbarkeit in Anspruch nehmen. Er setzt in seinem Betrieb Arbeitskräfte ein, die in staatlichen Schulen und Universitäten gut ausgebildet worden sind. Er trifft auf Kunden, die mit Kredit und Internet umgehen können. Der S.-Pflichtige erwirbt seine Einnahmen durch individuelle Leistung, stützt sich dabei aber auf Leistungen von Staat und Recht. Die ESt fordert für diese Rahmenbedingungen des Erwerbs eine S. (Allgemeinäquivalenz). Der S.-Pflichtige lässt sich beim Erwerb auf diesen Preis seiner Erwerbsfreiheit ein.

Die Umsatzsteuer (USt) erfasst Leistungen, die ein Unternehmer im Inland an Verbraucher gegen Entgelt erbringt. Belastet wird die Kaufkraft des nachfragenden Konsumenten. Der Unternehmer ist zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens Besteuerungshelfer des Staates, fordert mit dem Kaufpreis auch die USt und führt diese an den Staat ab. Auch diese indirekte S. rechtfertigt sich aus dem Gedanken der Allgemeinäquivalenz. Der Konsument empfängt von der Rechtsgemeinschaft den Vorteil, dass er in vollen Kaufhäusern oder auch im Internet Waren und Dienstleistungen seiner Wahl erwerben kann. In einer Marktwirtschaft ist diese Konsumfreiheit alltägliche Realität. Deshalb muss der Nachfrager für jeden Umsatz eine S. – i. d. R. in Höhe von 19 % des vereinbarten Kaufpreises – zahlen.

Die dritte, für die Struktur des Steuerrechts, weniger für den Ertrag bedeutsame Besteuerungsgrundlage ist die Erbschaft. Wer in Frieden eine Erbschaft entgegennehmen, den Vorzug des Erbens in der Gelassenheit des Rechts genießen darf, soll für diesen Vorteil einer allgemeinen Erbrechtsgewährleistung eine S. zahlen. Die Gemeinschaft der Nichterben erlebt im Erbschaft-S.-Recht (Erbschaftsteuer [ErbSt]), dass der Erbfall auch ihnen ein wenig zugutekommt.

Welche Gegenstände besteuert werden, bestimmt der Gesetzgeber. Dabei gibt ihm die vorgefundene wirtschaftliche Realität kaum Hinweise, ob er Köpfe oder Wirtschaftsgüter, die Erwerbsfähigkeit oder das Erworbene, die Staatsangehörigen oder die Inländer, das Einkommen, den Umsatz, die Erbschaft oder das Vermögen besteuern soll. Die Finanzverfassung des GG verweist den Gesetzgeber deshalb auf die herkömmlichen, vertrauten S.-Typen, insb. auf die Besteuerung des Einkommens, des Umsatzes und der Erbschaft. Will der Gesetzgeber eine neue S. erfinden, bedarf es einer verfassungsändernden Mehrheit.

3. Die Wirkung der Steuer

Die S. mindert das Geldeigentum des S.-Pflichtigen, verringert sein Einkommen, verteuert seinen Konsum, schmälert das Erbe. Somit dient die S., insb. die progressive S., auch der sozialpolitischen Umverteilung (Sozialpolitik). Indirekte S.n werden i. d. R. auf den Konsumenten überwälzt. Auf staatlicher Seite bestimmt der S.-Ertrag die Fähigkeit der öffentlichen Hand, eine Staatsorganisation zu finanzieren, Einrichtungen für Bürger zu schaffen und Staatsleistungen an Bürger zu erbringen.

Wenn die ESt das Einkommen beim Erwerb mindert, die USt den Preis bei der Nachfrage verringert, wählt der Staat eine schonende Form der Belastung. Der Bürger erlebt die S. als Bedingung des Erwerbs. Er zahlt die ESt als Minderung seines Einkommenszuwachses, hat aber trotz der S. den individuellen Erfolg des Einkommens. Er zahlt beim Kauf eines Wirtschaftsgutes einen um die USt erhöhten Preis, vereinbart den Preis aber trotz des S.-Bestandteils als ein angemessenes Entgelt. Würde eine S. das Vermögen oder das Gewerbekapital belasten, würde der S.-Pflichtige aus einem rechtlich gesicherten Vermögensbestand teilweise verdrängt. Bei fehlender sonstiger Liquidität müsste er ein Stück seines Vermögens verkaufen, um die S.n zahlen zu können. Das moderne S.-Recht belastet deswegen weniger den Vermögensbestand und erfasst den Vermögenserwerb und die Vermögensverwendung.

Die Finanzkraft des modernen Staates beruht nicht auf der Wirtschaftskraft staatlicher Unternehmen, kaum auf Entgelten für staatliche Leistungen und langfristig auch nicht auf einem rückzahlbaren Kredit. Der im Wesentlichen aus dem S.-Aufkommen erwachsende Anteil des Staates am BIP gibt dem Staat Finanzmacht, die er zur Schaffung der Staatsstruktur, zur Sicherung der Lebens- und Entfaltungsbedingungen der Bürger und zur haushaltswirtschaftlichen Steuerung der Gesamtwirtschaft nutzt.

Die S. dient nicht nur der Finanzierung des Staates, sondern ist auch Instrument zur Lenkung der S.-Pflichtigen. Der Staat bietet dem S.-Pflichtigen in nahezu allen Lebensbereichen – Kapitalmarkt und Güterproduktion, Umweltschutz und Kultur, Wohnungsbau und Freizeitgestaltung – S.-Vorteile an, wenn er dem staatlichen Lenkungsplan folgt. Umgekehrt kann das S.-Recht auch unerwünschtes Verhalten steuerlich bes. belasten und für umweltschädlichen Energieverbrauch, selbstgefährdendes Konsumverhalten oder veraltete Produktionsweisen höhere S.n androhen. Die preußische Nachtigallen-S. hat alle Nachtigallen bald verdrängt, die russische Bart-S. die Träger von Vollbärten zum Stutzen ihres Bartes veranlasst. Zudem haben S.n in ihren Regeltatbeständen ungewollte Lenkungswirkungen. Die in Frankreich und England übliche Tür- und Fenster-S. hatte einen unhygienischen und unpraktischen Hausbau mit wenigen Fenstern und Türen zur Folge. Als die KraftSt nach der Zahl der Reifen bemessen wurde, erfand man das Auto-Dreirad. Heute veranlasst die Gewerbe-S. eine Flucht aus der Gewerblichkeit. Die Unterschiede zwischen ESt und Körperschaftsteuer (KSt) führen zur Kombination beider Organisationsformen in der GmbH & Co. KG. Die Absetzbarkeit von Fremdfinanzierungskosten drängt in eine Kreditfinanzierung auch dort, wo Eigenkapital vorhanden ist.

Eine Lenkung durch S.n bietet dem Pflichtigen eine Wahlschuld an: Wenn er steuerlich zu einem bestimmten Produkt gedrängt wird, hat er die Wahl, entweder die höhere S. zu zahlen und damit seine Freiheit der Kaufentscheidung zu wahren, oder aber dem S.-Anreiz zu folgen. Wer sich die erhöhte S.-Last nicht leisten kann, erlebt die Lenkung als Befehl. Wenn der Lenkungsadressat sich von der gesetzlichen Verhaltenspflicht „freikaufen“ darf, mag das Lenkungsprogramm auch scheitern. Das steuerliche Lenkungsmittel ist deshalb nur für verzichtbare Lenkungsfolgen geeignet. Eine weitere Gleichheitsfrage stellt sich, wenn die Lenkung-S. in der Bemessungsgrundlage einer progressiven S. – der ESt – angeboten wird. Nimmt der S.-Pflichtige das Lenkungsangebot der ESt an und darf er dementsprechend die dortige steuerliche Bemessungsgrundlage mindern, erzielt der Gutverdienende bei den derzeitigen Progressionssätzen einen Vorteil von 45 Cent pro eingesetztem Euro, der Mittelverdienende von 20 Cent pro Euro, der Geringverdienende von 0 Cent pro Euro. Die Subvention steigt mit wachsendem Einkommen, mit verringertem Subventionsbedarf. Im Bundesstaat gewährt der Bundesgesetzgeber S.-Subventionen i. d. R. zu Lasten fremder Kassen, weil die Länder an den Erträgen der wichtigsten S.n beteiligt sind (ESt, KSt, USt) oder ihnen der Ertrag vollständig zusteht (ErbSt). Der Bundesgesetzgeber verfügt also über S.-Erträge, die vom Bundesparlament nicht verantwortet werden. Schließlich entfällt bei den S.-Subventionen die jährliche parlamentarische Bewilligung. Staatliche Ausgaben werden im jährlichen Haushalt bereitgestellt. Eine S.-Verschonung hingegen wird einmal im Parlament beschlossen, gilt dann auf unbestimmte Zeit, ohne dass ein Parlament sich der Notwendigkeit und Höhe dieser Subventionen jährlich vergewissern würde.

4. Die Steuergestaltung

Das Kernproblem des modernen S.-Rechts liegt in den vielfältigen Möglichkeiten, die gesetzlich als unausweichlich gedachte S.-Last durch geschickte Darstellung des Sachverhalts zu mindern oder zu vermeiden. Seit Jahrhunderten empfinden die S.-Pflichtigen die S.-Last als bedrückend. Viele Revolutionen haben ihren Ursprung im S.-Widerstand. Doch in den letzten 150 Jahren resigniert das Volk gegenüber der S.-Gesetzgebungspolitik und bemüht sich eher um individuelle S.-Mäßigung. Dabei bietet das Gesetz oft weite Räume zur S.-Gestaltung. Bei der Unternehmensbesteuerung stellt sich die Frage, ob sich der Gewinn nach den Forderungen oder den eingegangenen Zahlungen bemisst, ob der betriebliche Aufwand heute geltend gemacht werden kann oder erst in der Abschreibung des erworbenen Wirtschaftsgutes, inwieweit Fahrzeuge betrieblich oder privat genutzt werden, ob eine Investition eigen- oder fremdfinanziert werden soll, wie steuererhebliche Vorgänge bilanziell in Zahlen ausgedrückt, ob sie der Gesellschaft oder dem Gesellschafter zugerechnet werden, wie Wirtschaftsgüter zu bewerten sind oder inwieweit eine S.-Quelle in ein steuergünstigeres Ausland verlegt werden kann. Die Wirtschaftssubjekte können im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit ihr Wirtschaftsleben eigenverantwortlich gestalten, soweit ihre Verfügungsgewalt reicht. Die gesetzliche S.-Last hingegen ist für jeden gleich und unausweichlich. Deswegen ist ein steuererheblicher Sachverhalt in einer eigenständigen steuerjuristischen Betrachtungsweise nicht nach der rechtlich gewählten Form, sondern nach dem tatsächlich verwirklichten Belastungsgrund – der steuerlichen Leistungsfähigkeit – zu beurteilen. Es geht weniger – wie es § 42 AO formuliert – um einen „Missbrauch“ rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, sondern um die Frage, inwieweit der S.-Pflichtige durch zivilrechtliche Gestaltung über steuerrechtliche Rechtsfolgen verfügen kann. Die klassische Frage nach der iustitia commutativa und der iustitia distributiva gewinnt im gegenwärtigen S.-Recht bes. Aktualität. Die Rechtsprechung des BGH betont, dass die S. nicht abbedungen werden kann. Der EuGH verweigert einer Betriebsstätte im Ausland die rechtliche Anerkennung, wenn diese „bar jeder Realität“ gestaltet wird. Das BVerfG betont, dass gesetzliche S.-Schulden unvermeidlich sind, der Gesetzgeber deswegen Ausweichoptionen nicht vorsehen darf. Eine europäische Richtlinie verpflichtet nunmehr Unternehmen, grenzüberschreitende S.-Gestaltungen den Behörden anzuzeigen.

5. Das Steuerverfassungsrecht

Der Inhalt des S.-Rechts ist kaum in der geregelten Materie angelegt. Während das Gesetz oft in seinem Thema – der Gefahrenabwehr, dem Umweltschutz, der Eignung für den Beruf, der Lebensmittel- oder Verkehrssicherheit – seine Leitgedanken gewinnt, entwickelt das S.-Gesetz Belastungsmaßstäbe, die das Recht der Wirklichkeit vorgibt. Das Verfassungsrecht bindet den Gesetzgeber deshalb in der traditionellen Kultur des vertrauten und erprobten S.-Rechts. Das GG schreibt die herkömmlichen S.-Typen –ESt, USt, ErbSt – als verfassungsrechtlich zulässige Ertragsquellen fest und macht die Erhebung der S.n von einer gesetzlichen Ermächtigung abhängig (Vorbehalt des Gesetzes).

Doch den wesentlichen Schutz des S.-Pflichtigen gegen die Besteuerungsgewalt bieten die Grundrechte. Die Eigentumsgarantie schützt herkömmlich gegen die Eingriffe staatlicher Polizei- und S.-Gewalt. Dieser historische Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in Freiheit und Eigentum bewahrt den S.-Pflichtigen vor einem erdrosselnden Eingriff, vor einer grundlegenden Veränderung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch S.n. Die S. ist strukturell nicht Enteignung, sondern Bedingung der Eigentumsgarantie. Die Eigentumsgarantie fordert eine S.-Finanzierung des Staates, der auf Staatsunternehmen verzichtet und am Erfolg privaten Wirtschaftens teilhat, rechtfertigt die S.-Last als Preis der Freiheit, schützt den Betroffenen aber vor einer übermäßigen Belastung seiner Erwerbserfolge. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt den staatlichen Eingriff in Grundrechte auf Maßnahmen, die nach dem jeweiligen Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sind. Diese Verhältnismäßigkeit läuft im S.-Recht nicht leer. Zwar erreicht jede S. den Zweck der Besteuerung, den Staat mit Haushaltsmitteln auszustatten. Doch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz fordert, dass der S.-Eingriff in die konkrete Vermögensrechtsposition maßvoll bleibt. Verfassungsgemäß ist nur die steuerliche Teilhabe am individuellen Einkommen, am individuellen Umsatz, an der individuellen Bereicherung durch eine Erbmasse. Wird der S.-Eingriff in die konkrete Rechtsposition des S.-Schuldners am Verhältnismäßigkeitsprinzip gemessen, erscheint eine Besteuerung des Existenzminimums ungeeignet, weil der Staat diese Besteuerung durch Sozialhilfeleistungen (Sozialhilfe) ausgleichen müsste. Eine steuerliche Zerstörung der individuellen Erwerbsquelle wäre ebenfalls nicht geeignet, da die Erwerbsquelle in dem steuerlichen Dauerschuldverhältnis auch als Ertragsquelle erhalten werden muss. Wenn das EStG sieben Einkunftsarten unterscheidet und dadurch erhebliche Belastungsunterschiede herstellt, dürfte diese Differenzierung nicht erforderlich sein, weil eine Beschränkung auf zwei Einkunftsarten – den Gewinn mit Veranlagung und den Überschuss mit Quellenabzug – den Besteuerungszweck besser erreicht. Eine Nichtberücksichtigung der Familie im Einkommen-S.-Recht wäre unangemessen, weil die S.-Belastung die von einem Einkommen lebende Familie intensiver trifft als die gleiche Belastung eines Alleinstehenden.

Die Freiheitsrechte mäßigen die Intensität des S.-Eingriffs. Der Gleichheitssatz sichert die gleichmäßige Verteilung der S.-Last auf alle Schultern je nach finanzieller Leistungsfähigkeit. Art. 14 GG schützt vor dem Übermaß, Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistet das Gleichmaß. Die Gleichheit „vor dem Gesetz“ fordert eine „bereichsspezifische“ Unterscheidung je nach den Maßstäben des betroffenen Lebensbereichs. Für das S.-Recht ist das wesentliche Kriterium die Unterscheidung von Arm und Reich. Menschen mit niedrigem Einkommen zahlen weniger ESt als Menschen mit hohem Einkommen. Der Gleichheitssatz fordert den sachlich gerechtfertigten oder sonstwie einleuchtenden Grund für die Besteuerung der Menschen je nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Diese Leistungsfähigkeit des S.-Pflichtigen wird bei den direkten S.n individuell und konkret ermittelt. Bei den indirekten S.n, insb. der USt, bleibt der S.-Träger in der Anonymität des Marktes; deswegen wird die Leistungsfähigkeit in der Zahlungskraft des Nachfragers vermutet, mag diese durch Erwerbsanstrengung, durch Kredit oder durch Bettelei erreicht worden sein.

Der Gleichheitssatz fordert außerdem, dass die S.n realitäts- und sachgerecht bemessen sind. Die steuerliche Verschonung des existenznotwendigen Bedarfs muss den tatsächlichen Lebensverhältnissen entsprechen. Wirtschaftsgüter müssen wirklichkeitsnah bewertet werden. Bes. Bedeutung gewinnt im S.-Recht das Folgerichtigkeitsgebot, das vom Gesetzgeber Leitentscheidungen für einen Rechtsbereich erwartet, ihn dann aber beim Wort nimmt. Regelt der Gesetzgeber Leitprinzipien, bindet er sich – für die Dauer ihrer Geltung – dadurch auch selbst. Wenn § 2 EStG die gesetzesdirigierenden Prinzipien des EStG bestimmt, muss auch der Gesetzgeber diesen Navigator solange für sich gelten lassen, als er ihn nicht durch Gesetzesänderung aufhebt. Das Gesetz bindet alle Staatsgewalt – auch den Gesetzgeber.

Der moderne Staat ist Steuerstaat mit wachsendem Teilhabeanspruch. Er wird strukturell nur durch S.-Erträge finanziert, um den Staat von Leistung und Gegenleistung unabhängig zu machen, seinen Zugriff auf individuelle Finanzkraft rechtlich zu mäßigen, die tatsächlichen Verschiedenheiten zwischen Arm und Reich zu verringern, die demokratische Entscheidungsmacht des Parlaments über die S.-Last und Staatsleistungen zur Wirkung zu bringen. Die S. prägt das Gesicht des modernen Verfassungsstaates.

II. Ökonomische Sicht

Abschnitt drucken

1. Ökonomischer Steuerbegriff

Ganz allgemein können S.n als Abgaben an öffentliche Gemeinwesen definiert werden. Die Formen von S.n, ihre Erhebung, ihre Bedeutung für die Staatsfinanzierung sowie die Staatsaufgaben und dem folgend auch der S.-Begriff sind historisch einem vielfältigen Wandel unterworfen. Der ökonomische S.-Begriff ist weiter als der juristische, der in der AO (§ 3 Abs. 1 AO) definiert ist. Danach sind S.n immer Geldleistungen. Andere Leistungen der Bürger, z. B. ein Wehrdienst, ein Sozialdienst oder ein Schöffendienst sind juristisch gesehen keine S.n. Weiterhin fallen Gebühren und Beiträge nicht unter den S.-Begriff der AO. Als Gebühren werden Abgaben bezeichnet, bei denen der Zahlungsverpflichtete eine individuelle Gegenleistung z. B. in Form eines Reisepasses oder eines Führerscheins erhält. Beiträge sind nicht mit individuellen, wohl aber gruppenbezogenen Gegenleistungen verbunden, z. B. Studien-, Erschließungs-, Kammer- oder Sozialversicherungsbeiträge. Ökonomisch werden sie als Clubgüter bezeichnet, weil auf der Ebene der Gruppe das Ausschlussprinzip gilt. Nach der Definition der AO werden S.n hoheitlich auferlegt, d. h. sind nicht freiwillig, und fließen einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen z. B. einer Gebietskörperschaft oder einer Kirche (Kirchensteuer) zu. Schließlich nimmt die AO Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip (Rechtsstaat), wenn sie festlegt, dass die S. jeden belastet, der den Tatbestand erfüllt, an den die Leistungspflicht anknüpft.

Der Zweck des juristischen S.-Begriffs ist zunächst einen Eingriffstatbestand, der einer Rechtfertigung bedarf, genau zu definieren. Zudem dient der S.-Begriff der AO der Regelung von Verwaltungszuständigkeiten zwischen Finanz- und anderen Behörden.

Aus ökonomischer Sicht sind S.n Zwangsabgaben ohne Anspruch auf Gegenleistung. Auf die Ausgestaltung, Bezeichnung oder Form der Abgabe kommt es nicht an. Ob die Abgabe in Form einer Geldleistung, eines zu leistenden Dienstes oder einer abzugebenden Sache erbracht wird, ist aus ökonomischer Sicht ebenso irrelevant wie die Frage, ob die Erhebung im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens erfolgt oder ob die S. mit Gewalt durch einen S.-Pächter durchgesetzt wird, wie dies in der Antike üblich war. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der Staat durch die S. Einnahmen erzielt oder ob er mit der S. andere Zwecke verfolgt. Gebühren und Beiträge können auch einen verdeckten S.-Anteil haben, z. B. wenn der Versicherungsschutz, den die gesetzliche Krankenversicherung bietet, am Markt für einen geringeren Betrag erworben werden kann.

Die wirtschaftswissenschaftliche Begriffsbildung ist dadurch geprägt, dass S.n zu Verhaltensänderungen und Wohlfahrtsverlusten der Zensiten, also der finalen Träger der S., führen, die auf Märkten nicht auftreten. So haben die S.-Pflichtigen einen Anreiz die S.-Zahlung durch legale oder illegale Maßnahmen zu vermeiden. Eine S. reduziert die Konsumenten- und Produzentenrente (Rente) über die reine Zahllast hinaus, führt also zu einem Wohlfahrtsverlust. Man bezeichnet diese Zusatzlast der Besteuerung als Harbergerdreieck.

Die Notwendigkeit von S.n wird ökonomisch mit der Bereitstellung von öffentlichen Gütern begründet, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Marktteilnehmer nicht um ihren Konsum rivalisieren und ein Konsumausschluss nicht möglich ist (z. B. Landesverteidigung). Daneben stellt der Staat private Güter zur Verfügung, da aus übergeordneten Gründen ein höheres Konsumniveau dieser Güter aus politischer Sicht gewollt ist, als der Markt bereitstellen würde (meritorische Güter). So soll die Nachfrage nach Bildung in vielen Ländern nicht vom Einkommen der Eltern abhängen, weshalb ein Schul- und Universitätssystem staatsfinanziert wird. Schließlich werden auch verteilungspolitisch motivierte Güter bereitgestellt wie z. B. verbilligte Museumseintritte für Rentner oder Mietzuschüsse. Die staatliche Bereitstellung von öffentlichen, meritorischen oder verteilungspolitisch motivierten Gütern ändert aber nichts an dem Charakter von S.n als Zwangsabgabe ohne individuelle oder gruppenbezogene Gegenleistung.

2. Steuerzwecke und Steuerrechtfertigung

Mit der Erhebung von S.n können unterschiedliche Zwecke verfolgt werden. Bedeutsamer Zweck der S.-Erhebung ist die Finanzierung staatlicher Aufgaben (Fiskalzweck); hierauf weist die AO hin, wenn sie festlegt, dass die Erzielung von Einnahmen zumindest Nebenzweck der Besteuerung ist. Der Fiskalzweck von S.n kommt auch zum Ausdruck, wenn der S.-Staat als stiller Teilhaber an den wirtschaftlichen Aktivitäten der S.-Pflichtigen bezeichnet wird.

Daneben sollen S.n häufig ein bestimmtes Verhalten der S.-Pflichtigen verhindern oder fördern. Beispiele für den Lenkungszweck von S.n sind Umwelt-, Tabak- oder Alkohol-S.n (Allokationspolitik). Zwischen dem Lenkungszweck und dem Fiskalzweck einer S. besteht ein Zielkonflikt. Je mehr die S. den Lenkungszweck erreicht, umso geringer fallen die S.-Einnahmen aus. Schließlich werden mit S.n häufig Zwecke der Umverteilung (Distributionspolitik) verfolgt (Finanzpolitik). Bürger sollen nach liberaler Auffassung gemäß ihrer Leistungsfähigkeit zur Finanzierung gemeinschaftlicher Aufgaben herangezogen werden. Die egalitaristische Forderung an die durch S.n bewirkte Umverteilung geht weiter: Sie will die Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen an sich beseitigen.

Das S.-System kann ebenfalls der konjunkturpolitischen Stabilisierung dienen (Stabilitätspolitik). Häufig werden in Rezessionen Abschreibungsregeln angepasst, um Investitionen anzuregen. Ein S.-System, welches stark auf progressiven Einkommen-S.n aufbaut, führt zudem zu einer automatischen Stabilisierung der privaten Nachfrage (built-in-flexibility), weil in der Rezession der S.-Entzug überproportional abnimmt. Demgegenüber steigt die S.-Last in Zeiten eines konjunkturellen Booms stärker als das Einkommen und entfaltet damit eine dämpfende Wirkung.

Auch wenn der moderne Staat ein S.-Staat ist, hat die Frage der Rechtfertigung von S.n als Staatseingriff in das grundrechtlich geschützte Recht auf Eigentum nicht nur dogmengeschichtliche Bedeutung. Sie ist vielmehr Ausgangspunkt der Frage nach der gerechten Verteilung der S.-Last auf die Bürger. Die Theorien zur Rechtfertigung von S.n, Äquivalenz- und Leistungsfähigkeitsprinzip, basieren auf unterschiedlichen Staatsauffassungen.

Folgt man einer rationalistisch-individualistisch-utilitaristischen Staatsauffassung und sieht den Staat als einen Zweckverband zur Verfolgung gemeinsamer Ziele, so sind S.n der Preis für die Staatsleistungen. Der Nutzen sowie die Kosten der Staatsleistung können dem einzelnen S.-Pflichtigen (Individualäquivalenz) oder einer Gruppe von S.-Pflichtigen (Gruppenäquivalenz) zugeordnet werden. So kann die Gewerbe-S. (GewSt) als Preis für die von der Gemeinde bereitgestellte Infrastruktur aufgefasst werden. Das Äquivalenzprinzip kann umverteilende S.n rechtfertigen, wenn Wähler hinter einem „Schleier des Nichtwissens“ (Rawls 2019: 159) über ein S.-System entscheiden. Wer bei Abschluss des Verfassungsvertrags nicht weiß, ob er zu den Armen oder Reichen gehört, kann aus Risikoscheu ein Umverteilungssystem bevorzugen.

Nach der aristotelischen Sicht verkörpert der Staat das Gute und der Bürger muss den Staat nach Kräften unterstützen und finanzieren, d. h. er hat nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit zur Verwirklichung der Staatsziele beizutragen. Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird dadurch verwirklicht, dass die Kriterien der horizontalen und vertikalen Gerechtigkeit erfüllt sind. Die horizontale Gerechtigkeit verbietet eine willkürlich diskriminierende Besteuerung.

Vertikale S.-Gerechtigkeit verlangt darüber hinaus, dass Personen mit höherem Einkommen stärker besteuert werden, sodass alle S.-Pflichtigen dasselbe relative Opfer erbringen. Der Ansatz ist ökonomisch problematisch, weil nicht unterstellt werden kann, dass alle S.-Pflichtigen identische Nutzenfunktionen (Nutzen) haben, die kardinal messbar und interpersonell vergleichbar sind. Verlangt man dagegen ein gleiches marginales Opfer, so impliziert dies gleiche Nettoeinkommen und nimmt jeden Arbeitsanreiz. Trotz dieser ökonomischen Einwände ist das Leistungsfähigkeitsprinzip zum beherrschenden Prinzip der S.-Politik geworden, welches vom BVerfG als grundsätzliches Gebot der S.-Gerechtigkeit angesehen wird.

3. Steuersystem und Steuertechnik

3.1 Geschichte der Besteuerung

Schon älteste schriftliche Zeugnisse berichten von der Existenz von S.n. Kennzeichen früher S.-Systeme waren die S.-Pacht, bei der ein halbstaatlicher Unternehmer das Recht der S.-Erhebung zuerkannt bekommt, und Repartitions-S.n, bei denen bestimmte Gebiete zur Ablieferung einer bestimmten S.-Summe verpflichtet wurden, die Aufbringung der Summe aber eine innere Angelegenheit blieb. Häufig waren Grund-S.n, Kopf-S.n sowie Zölle zu entrichten. S.n wurden lange Zeit aber nicht als reguläre Finanzierungsform von Gemeinwesen betrachtet, sondern zur Deckung von Sonderbedarfen eingesetzt. Die Finanzierung aus der Domänenwirtschaft, also der Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes der öffentlichen Hand, spielte bis in das 19. Jh. eine bedeutende Rolle.

Das Mittelalter war durch S.-Privilegien für Kirche und Adel geprägt. Die Einführung von Verbrauch-S.n, auch Akzise genannt, z. B. S.n auf Salz, ermöglichte diese Privilegien zu umgehen. Verbreitet waren zudem Zölle in Form von Wege- oder Brückenzöllen, die Gebührencharakter hatten. Daneben wurden Umsatz-S.n in Form einer Torakzise oder Markt-S. sowie Vermögen-S.n erhoben. Neben weltlichen gab es auch kirchliche Abgaben. Eine wichtige Einnahmequelle waren Regalien (königliche Vorrechte). Hierzu gehörte das Münzregal, das Zollregal und das Judenschutzregal, d. h. der Verkauf von Schutzbriefen an Juden, welche diese von anderen S.n befreite.

Im 18. Jh. nahmen zwei Revolutionen ihren Anfang in der S.-Politik. Die amerikanischen Siedler wandten sich gegen die britische Tee-S. und verlangten „No taxation without representation“ (Camden 1768: 89). Der S.-Protest kumulierte in der Boston Tea Party und endete in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (1776). Wenige Jahre später (1789) rief der französische König die Generalstände ein, um die Zustimmung zu S.-Erhöhungen zu erlangen. Der Streit um die S.-Privilegien von Kirche und Adel führte zum Generalstreik des Dritten Standes und zum Ende des Ancien Régime (Französische Revolution). Erste Grundsätze der Besteuerung wurden von Adam Smith formuliert, der eine Gleichmäßigkeit, Bestimmtheit, Bequemlichkeit und Billigkeit der Besteuerung forderte.

Ausgehend von Großbritannien wurden im 19. Jh. moderne Einkommen-S.n eingeführt. Die Idee der Äquivalenz der Besteuerung wurde allmählich durch das Leistungsfähigkeitsprinzip verdrängt. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die europäische Einigung zu einem Wegfall von Zöllen im Europäischen Binnenmarkt, zu einer Reduzierung von Verbrauch-S.n und einer Einführung einer harmonisierten Netto-Allphasen-Umsatz-S. Bei dieser wird die Umsatz-S. (USt) von jedem Glied der Wertschöpfungskette abgerechnet, bis zum finalen Verkauf an den Konsumenten jedoch kann sich das jeweilige Unternehmen die geleistete S.-Zahlung als Vor-S. vom Finanzamt zurückerstatten lassen, sodass im Endeffekt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nur der Konsument die S. zahlt. Einkommen-S. (ESt) und USt sind heute die wichtigsten Finanzquellen des Staates. Von geringer Bedeutung sind dagegen Finanzmonopole.

Insb. die Körperschaft-S. (KSt) ist in den letzten beiden Jahrzehnten durch einen scharfen, internationalen S.-Wettbewerb gekennzeichnet, der zu einem Absenken der gesetzlichen S.-Sätze geführt hat. Manche Staaten versuchen das S.-Aufkommen durch Ausweitungen der Bemessungsgrundlage zu sichern.

3.2 Heutiges Steuersystem

Wie alle modernen Staaten erhebt Deutschland eine Vielzahl von S.n. Im deutschen föderalen System (Föderalismus) gibt es S.n auf Bundesebene (z. B. Zölle, Energie-S.), Landesebene (z. B. Erbschaft-S.) und Gemeindeebene (z. B. GewSt); wichtige S.n (ESt, KSt, USt) sind als Gemeinschafts-S.n ausgestaltet, deren Aufkommen sich Bund und Länder teilen. Bei einigen S.n besteht eine Identität zwischen S.-Schuldner und S.-Destinatar. Beispiele für solche direkten S.n sind die S.n auf Einkommen. Als indirekte S.n werden Abgaben bezeichnet, bei denen der S.-Schuldner und S.-Destinatar nicht identisch sind, d. h. bei denen der Gesetzgeber von einer Überwälzung der S. auf einen Dritten ausgeht. Direkte S.n können in Subjekt- und Objekt-S. eingeteilt werden. Bei den Subjekt-S.n spielt die persönliche Leistungsfähigkeit des S.-Schuldners eine Rolle (z. B. ESt), bei den Objekt- oder Real-S.n hingegen nicht (z. B. Grund-S.). Man kann S.n des Weiteren danach klassifizieren, ob sie im Zusammenhang mit einer Wertschöpfung (Verbrauch-S.n), Besitzwerten (Besitz-S.n) oder mit Rechts- bzw. Realakten (Verkehr-S.n) stehen.

Im Rahmen der OECD wird diskutiert, wie S.n in einer digitalen Wirtschaft erhoben werden können. Dies erscheint notwendig, da die Wertschöpfung dieser wachsenden Branche größtenteils nicht an physische Orte gebunden ist und damit S.-Vermeidung seitens dieser Firmen begünstigt wird, bspw. durch das Verschieben von immateriellen Vermögensgegenständen in S.-Oasen. Digital-S.n, welche digitale Unternehmen stärker zu einer S. heranziehen sollen, können ihrem Charakter nach USt oder Ertrag-S.n sein. Letzteres erfordert die Anknüpfungspunkte der beschränkten S.-Pflicht auszuweiten und digitale Betriebsstätten einzuführen.

Die Finanzverfassung des GG regelt die Gesetzgebungshoheit (Art. 105), Ertragshoheit (Art. 106) und die Verwaltungshoheit (Art. 108). Art. 109 bis 115 GG enthalten die Bestimmungen für die Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern. Hierzu gehört die Schuldenbremse, welche 2009 verabschiedet wurde und die strukturelle, nicht konjunkturabhängige Nettokreditaufnahme von Bund und Ländern begrenzt.

Als Alternative zu den historisch gewachsenen S.-Rechtsordnungen werden rationale S.-Systeme diskutiert, insb. solche, die auf einer einzigen S. beruhen. Die Idee der Allein-S. sieht sich allerdings mit dem Problem eines resultierenden hohen S.-Widerstandes konfrontiert, welches die Ergiebigkeit der S. einschränkt, und erlaubt nicht eine der Leistungsfähigkeit entsprechende Verteilung der S.-Last. Ein effizientes S.-System will die Optimal-S.-Theorie entwickeln. Eine allgemeine Besteuerung der Wertschöpfung, welche Güter gleich belastet und nach der persönlichen Leistungsfähigkeit differenziert, wäre effizient, weil sie Substitutionseffekte vermeidet, wenn der Staat die Fähigkeit Arbeitseinkommen zu erzielen beobachten könnte. Kann sich der Zensit der S. durch mehr Freizeit entziehen, bleiben nur second-best Lösungen, um im Rahmen der gegebenen Verzerrung eine bestmögliche Allokation zu erreichen. Optimal ist dann eine S., die freizeitkomplementäre Güter stärker belastet. Wichtigstes Ergebnis der Überlegungen zu einem effizienten S.-System ist, dass S.n auf Zwischenerzeugnisse (Produktions-S.n) in keinem Fall optimal sind, da sie in jedem Fall verzerren. Dies ist die ökonomische Begründung für die Notwendigkeit des einkommensteuerlichen Nettoprinzips, nach dem nur Nettoeinnahmen versteuert werden dürfen und des Vorsteuerabzugs bei der USt.

3.3 Steuertechnik

Unter S.-Technik wird die Gesamtheit der juristischen, administrativen und organisatorischen Maßnahmen verstanden, die zur Umsetzung einer S.-Idee oder eines steuerpolitischen Ziels erforderlich sind. Die praktizierte S.-Technik hängt vom Stand der Wirtschaftsentwicklung ab. Sie umfasst die S.-Gesetzgebung, die S.-Verwaltung und die S.-Kontrolle.

Die S.-Gesetzgebung muss zunächst den Tatbestand der S. genau festlegen. Der Tatbestand kann an die Einkommensentstehung, das Vermögen oder die Einkommensverwendung anknüpfen. S.-Gesetze müssen den S.-Pflichtigen, die Bemessungsgrundlage und den S.-Tarif bestimmen. Mit der S.-Pflicht wird auch der Umfang der Besteuerung gegenüber dem Ausland festgelegt. Bei der Bemessungsgrundlage lässt sich historisch eine Entwicklung von einfachen Anknüpfungspunkten und Soll-Ertrag-S.n hin zu komplexeren Konzeptionen und Ist-Ertrag-S.n beobachten. Ähnliches gilt bei den Verbrauch-S.n, die früher häufig an einfache Sachverhalte wie Anbauflächen anknüpften und heute als Mengen- oder Wert-S.n ausgestaltet sind. Wichtige Anknüpfungspunkte sind heutzutage das Einkommen (z. B. ESt, KSt und GewSt), der Umsatz oder unentgeltliche Vermögenstransfers (Erbschaft- und Schenkung-S.). Das S.-Recht kennt proportionale (KSt) und progressive Tarife (ESt) sowie Stufentarife (Erbschaft-S.). Zur Charakterisierung des Tarifverlaufs ist zwischen Grenz- und Durchschnittssteuersatz zu unterscheiden, wobei bei ersterem die Besteuerung der letzten Einheit und bei letzterem die mittlere Besteuerung des gesamten Betrags erfasst wird.

Die deutsche S.-Verwaltung ist in eine Bundes- und Landesverwaltung aufgeteilt. Die S.-Erhebung erfolgt z. T. durch Veranlagung und z. T. durch Abzug an der Quelle (Lohn-S., Kapitalertrag-S.). Die S.-Verwaltung ist für die Erhebung der S.n zuständig; ihr Handeln unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, die in Deutschland zweistufig ausgestaltet ist (Finanzgerichte, BFH). Wichtige Instrumente der S.-Kontrolle sind die Außenprüfung, Mitteilungen anderer Behörden und der Informationsaustausch mit ausländischen Finanzbehörden. Die S.-Fahndung dient der Aufdeckung von Ordnungswidrigkeiten und S.-Straftaten.

4. Steuergestaltung

4.1 Betriebliche Steuerplanung

Lenkungs-S.n und die mit einem komplexen S.-Recht unweigerlich verbundene fehlende Entscheidungsneutralität des S.-Rechts führen dazu, dass die Zensiten, insb. Unternehmen, S.n bei ihren wirtschaftlichen Entscheidungen und Dispositionen berücksichtigen, also S.-Planung betreiben. Im Unternehmensbereich beeinflussen S.n insb. die Rechtsform- und Standortwahl sowie Investitions- und Finanzierungsentscheidungen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass es einigen Unternehmen gelingt, auch langfristig niedrige S.-Quoten zu erreichen. Umstritten ist, ob alle Formen der legalen S.-Planung zugleich legitim sind; Politik und Medien bestreiten dies zunehmend. Internationale Organisationen wie die OECD, die EU und der Gesetzgeber versuchen unerwünschte S.-Planung durch vielfältige Missbrauchsvorschriften einzudämmen.

Die betriebswirtschaftliche Forschung beschäftigt sich mit der Messung von S.-Planungsaktivitäten von Unternehmen, den Determinanten von S.-Aggressivität, also dem Ausmaß an S.-Vermeidung, und ihren Konsequenzen. Der Einfluss von einzelnen Managern, von Vergütungsverträgen, von Eigentümerstrukturen, von Abschlussprüfern, der Unternehmensverfassung, der Betriebsprüfung und anderer Agency-Beziehungen sind vielfältig untersucht worden. Kosten der Implementierung von S.-Gestaltungen werden durch die Unternehmensgröße, die Internationalität der Unternehmensaktivitäten, die Branche, die Unternehmensstrategie oder auch Finanzierungsrestriktionen beeinflusst. Daneben dämmen Risiken wie Reputationsverluste oder Rechtsstreitigkeiten mit der Finanzverwaltung S.-Planungsaktivitäten ein. Ganz allgemein hängt der Umfang der S.-Planungsaktivitäten von steuerlichen und nichtsteuerlichen Kosten ab. Zu den nichtsteuerlichen Kosten gehören z. B. Folgen von S.-Gestaltungen für den Gewinnausweis in der der Handelsbilanz oder für die Marktkapitalisierung an der Börse. Führen S.-Gestaltungen zu komplexen Unternehmensstrukturen, die Prinzipal-Agenten-Beziehungen negativ beeinflussen, ist es denkbar, dass Eigenkapitalgeber dies am Kapitalmarkt berücksichtigen.

S.-Planungsentscheidungen müssen Preiswirkungen von S.n berücksichtigen. Werden bestimmte Investitionen steuerlich gefördert, z. B. die Sanierung denkmalgeschützter Häuser, kann der Preis solcher Objekte steigen mit der Folge, dass ein Teil des S.-Vorteils von einem Veräußerer eines sanierungsbedürftigen Objekts realisiert wird. Die Wirkungen von S.n auf Vermögenspreise werden auch als implizite S.n bezeichnet.

4.2 Steuerwirkungen und Steuerüberwälzung

Wird eine S. als deutlich belastend wahrgenommen, kann der Zensit durch sachliche, räumliche oder zeitliche Substitution reagieren. Beispiele für solche Substitutionen sind der Erwerb weniger belasteter Konsumgüter, die Umschichtung auf weniger belastete Einkunftsquellen, die steueroptimale Rechtsformwahl, die Verlagerung von betrieblichen Standorten oder Einkünften in eine niedriger besteuernde Jurisdiktion und das temporäre Verschieben von Konsum- und Investitionsentscheidungen.

Weiterhin haben S.n Einkommenswirkungen, welche bei Unternehmen die Investitionstätigkeit ändern und die bei privaten Haushalten zu einer Reduzierung des Arbeitsangebots führen können.

S.-Zahler können auf eine S. auch mit dem Versuch reagieren, die S. auf andere Marktteilnehmer zu überwälzen. Ob eine solche Überwälzung gelingen kann, hängt von der Art der S., der Marktform, der Marktmacht des S.-Zahlers sowie der Angebots- und Nachfrageelastizität ab. Die vom Gesetzgeber unterstellte Überwälzungsmöglichkeit im Hinblick auf die USt muss also nicht immer gegeben sein. Ebenso kann eine Gewinn-S. wie die KSt, welche die Eigenkapitalgeber belasten soll, evtl. teilweise auf Arbeitnehmer überwälzt werden.