Staatshaushalt

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  1. I. Juristisch
  2. II. Ökonomisch

I. Juristisch

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1. Begrifflichkeit

Haushalt – das Budget – als S. meint ein zentrales Instrument zwischen Politik und Recht auf sämtlichen staatlichen Ebenen: des Bundes, der Länder und der Kommunen. Auch die EU besitzt einen Haushalt, der teilweise freilich anderen Prämissen folgt. Haushalt ist insofern der Oberbegriff für den Haushaltsplan, d. h. das alle Einnahmen und Ausgaben veranschlagende umfangreiche Zahlenwerk, und das Haushaltsgesetz, das den Haushaltsplan feststellt und damit rechtsverbindlich macht.

2. Geschichte

Der S. hat in der Verfassungsgeschichte einen Funktionswandel durchlaufen. Als historische Wurzeln treffen im 19. Jh. das Steuerbewilligungsrecht sowie das Budget als Instrument der Veranschlagung von Ausgaben zusammen, d. h. der S. bezog sich zunächst auf Einnahmen und auf Ausgaben der öffentlichen Finanzwirtschaft. Die im preußischen Verfassungskonflikt 1862–66 kulminierenden Budgetkämpfe sind nur vor dem Hintergrund des konstitutionellen Dualismus zu verstehen: Die Volksvertretungen suchten über die Mittelbewilligung im S. Einfluss auf die monarchische, parlamentarisch gerade nicht verantwortliche Exekutive zu erhalten.

In der parlamentarischen Demokratie (Parlament, Parlamentarismus) kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Haushalt ein staatsleitender Hoheitsakt in Gesetzesform ist. Das Budgetrecht des Deutschen Bundestags stellt das wesentliche Instrument der parlamentarischen Regierungskontrolle (Politische Kontrolle) dar. Das voll ausgebildete Budgetrecht der Volksvertretung ist in historischer Perspektive der entscheidende Schlussstein einer Parlamentarisierung des konstitutionellen staatsrechtlichen Systems gewesen. Die parlamentarische Ausgabenbewilligung durch die Verabschiedung eines S.s ist heute Gemeingut aller Verfassungsstaaten. Es hat sich freilich gezeigt, dass gerade Volksvertretungen in parlamentarischen Demokratien – im Gegensatz zum konstitutionellen Staatsrecht des 19. Jh. – kaum mehr in der Lage sind ausgaben- und damit einnahmebegrenzend zu wirken.

3. Funktionen

Das parlamentarische Budgetrecht ist das Recht des Deutschen Bundestags, den von der Regierung vorgelegten Haushaltsplan durch Gesetz festzustellen (Art. 110 Abs. 2 GG) und mit Hilfe eines unabhängigen Rechnungshofs den ordnungsgemäßen Haushaltsvollzug zu überprüfen (Art. 114 GG). Abgesichert wird das Budgetrecht dadurch, dass die Aufnahme von Krediten und ähnlicher Verpflichtungen ebenfalls gesetzlicher Ermächtigung bedürfen (Art. 115 GG). Die zentrale Funktion des S.s besteht in der periodischen Koordination von Nehmen und Geben. Mit einem Bild wird vom Haushalt als „politischem Programm in Zahlen“ gesprochen. Da das Haushaltsgesetz mit den komplexen Steuerungsaufgaben (Steuerung) des funktionsausgeweiteten Verfassungsstaats in seiner sozialtechnokratischen und interventionistischen Spielart allein überfordert wäre, ist die allg.e Gesetzgebung in diese Steuerungslücke getreten. Die haushaltsrechtlich zugewiesene, angemessene Finanzausstattung erweist sich als Vollzugsvoraussetzung für die Verwaltung. Die parlamentarische Kontrolle hat einen doppelten Ansatzpunkt: Durch die Ausgabenbewilligung wird den Verwaltungsstellen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Finanzausstattung zugewiesen und über Art und Ausmaß der Zuweisung auch das Verwaltungshandeln gesteuert. Durch die nachträgliche Finanzkontrolle besteht insgesamt eine zusätzliche Kontrollebene, insb. auch für die Bereiche des Verwaltungshandelns, die ohne gesetzliche Ermächtigung erfolgen. In der parlamentarischen Beteiligung vereinigen sich so die legitimatorische und die kontrollierende Komponente des Haushaltsrechts. Insofern ist die Begriffsbildung vom Haushaltsrecht als dem Verfahrensrecht des Finanzstaates zu verstehen. Anschaulich ist davon gesprochen worden, dass die Stellen- und Sachpläne im S. Organisation durch Zuweisung von Geld bedeuten: In der Organisationsfunktion des Haushaltsplans findet ein Stück Lenkung bzw. Steuerung des Staatsapparats mittels des Mediums Geld statt.

Die dargestellte demokratische Koordinations- und Legitimationsfunktion des Haushalts ist durch neuere Entwicklungen gefährdet, die in ihrer Summe zu einer Entparlamentarisierung des Haushalts führen könnten: Der dargestellte Funktionswandel des Budgetrechts bei politischer Interessenidentität zwischen Regierung und Parlamentsmehrheit und damit das Fortfallen eines die Situation im Konstitutionalismus beherrschenden Charakteristikums des Dualismus zwischen Parlament und monarchischer Exekutive hat insgesamt eine Bedeutungsminderung der parlamentarischen Mitwirkung in diesem Bereich bewirkt. Hinzu kommt, dass das „freie“ Haushaltsvolumen und damit wirkliche politische Gestaltungschancen eher gering zu veranschlagen sind angesichts des beachtlichen Anteils am Gesamthaushalt, der durch dauerhafte Personalstellen, Kreditaufnahmen, Verpflichtungsermächtigungen und sonstige Dauerverpflichtungen gebunden ist. Die immer noch nicht effektive Eingrenzung zahlreicher Nebenhaushalte tut ihr Übriges. Haushaltsreformen, die eine effizientere Haushaltswirtschaft durch eine grundlegende Änderung der Budgetaufstellung und der staatlichen Rechnungslegung im Rahmen einer Stärkung von sog.en Globalhaushalten bzw. der sog.en Budgetierung und Dezentralisierung der Haushalte (zusammengefasst im sog.en NSM) und damit notwendig verbunden einer Haushaltsflexibilisierung zu erreichen suchen, lockern in der Tendenz die Direktivkraft parlamentarischer Steuerung. Privatisierung und die Veräußerung von Staatsvermögen werden traditionell als Agenden der Exekutive behandelt und entziehen in finanzwirtschaftlich relevanten Bereichen dem Parlament Entscheidungsmacht. Die langsame aber stetige Aufwertung direktdemokratischer Elemente im demokratischen System (Plebiszit), v. a. auf Landesebene, ist nur dann mit dem parlamentarischen Budgetrecht kompatibel, sofern sog.e Finanzausschlussklauseln wirksam sind. Die Abkehr vom Steuerstaat in Richtung eines Gebühren- oder Abgabenstaates zersetzt mit dem parlamentarischen Budgetrecht eine wesentliche Steuerungsressource des Parlaments, da die politische Gesamtentscheidung über Einnahmen und Ausgaben mit ihrer spezifischen Koordinationsfunktion erschwert wird.

4. Rechtsgrundlagen

Das Haushaltsverfassungsrecht der Art. 109–115 GG enthält die wesentlichen bundesstaatlichen wie organisatorischen Kompetenzvorschriften das Haushaltswesen betreffend sowie einige Haushaltsgrundsätze. Für die Länder enthalten die Landesverfassungen jeweils eigene haushaltsverfassungsrechtliche Vorschriften. Die Gemeindeordnungen auf Landesebene regeln das kommunale Haushaltsrecht. Darüber hinaus finden sich einfachrechtliche Vorschriften, die den Haushalt des Bundes betreffen, im StabG, im HGrG, im BRHG und v. a. in der BHO.

5. Haushalt der EU

Die EU als supranationaler Staatenverbund (Supranationalität) benötigt ebenfalls einen Haushalt und entspr. steuerndes Haushaltsrecht. Primärrechtlich sind hier vorrangig die Art. 310 ff. AEUV zu erwähnen, ergänzt durch sekundärrechtliche Normen wie v. a. die Haushaltsordnung. Der entscheidende Unterschied zu den S.en der Mitgliedstaaten besteht darin, dass die Budgetbefugnisse des Europäischen Parlaments im Wesentlichen nur die Ausgabenseite des Haushalts betreffen, da die Einnahmenausstattung der EU durch die einstimmig zu beschließenden Eigenmittelbeschlüsse für mehrere Jahre durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden.

Im Rahmen der europäischen Verschuldungskrise (Staatsschuldenkrise) hat das BVerfG die Budgetverantwortung der nationalen Parlamente erneut ins Bewusstsein gerufen: Die Regierung darf nicht durch das Eingehen ungewöhnlich großer Risiken die zukünftigen nationalen Haushaltsspielräume verengen. Dem Bundestag wird in diesem Kontext eine spezifische Budgetverantwortung als Unterfall seiner Integrationsverantwortung zugeschrieben (BVerfGE 123,267 [361 f.]; 129,124 [179]; 132,195 [243 f.]).

II. Ökonomisch

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1. Begriff und Bedeutung

Der S. (auch als Haushaltsplan, Budget oder Etat bezeichnet) stellt das Kernstück der öffentlichen Finanzwirtschaft dar, da im Budget die Ziele und Pläne (samt ihrer jeweiligen Größenordnung) der finanzpolitischen Entscheidungsträger einen zahlenmäßigen Niederschlag finden. Mit dem Begriff des S.s wird die höchste Aggregationsstufe des öffentlichen Haushalts bezeichnet, d. h. er umfasst sämtliche staatlichen Ausgaben und Einnahmen und ist insofern auch zutreffend als „Hauptbuch des Staates“ (Heinig 1955: 374) bezeichnet worden. Die öffentliche Haushaltsführung ist ihrem Wesen nach eine Planwirtschaft, da die Gestaltung der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben auf einem feststehenden, in Zahlen ausgedrückten Programm beruht, dessen Einhaltung zur Amtspflicht des Personals in Regierung und Verwaltung zählt. Dieses Programm besteht aus „einer genauen Einzelaufstellung aller voraussehbaren Ausgaben und Einnahmen, die in ihrer Gesamtsumme aufeinander abgestimmt und miteinander ins Gleichgewicht gebracht (balanciert) werden“ (Schmölders 1970: 48). Der Haushaltsplan wird daher oftmals auch als „Soll-Budget“ bezeichnet, welches erst durch den konkreten Haushaltsvollzug zum „Ist-Budget“ wird. Im Unterschied zum Haushaltsplan einer privaten Einzelwirtschaft, bei der die Planung und Ausführung in einer Hand liegen und stets verändert werden können, weist das Budget der öffentlichen Finanzwirtschaft den Charakter einer strengen Vollzugsverbindlichkeit auf, was sich auch in der Gesetzesform des Haushaltsplans niederschlägt.

Historisch betrachtet stellt der S. eine noch relativ junge Institution dar, die erst im 20. Jh. als Ausdruck der finanzpolitischen Willensbildung sowie als fixiertes politisches Programm der Regierung seine volle Bedeutung erlangt. In enger Verbindung mit dem parlamentarischen System (Parlament, Parlamentarismus) lassen sich drei wesentliche Etappen dieser Evolution des Haushaltsplans feststellen:

a) Die Durchsetzung des Steuerbewilligungsrechts des Parlaments;

b) das Mitbestimmungsrecht des Parlaments nicht nur bei der Steuererhebung, sondern auch bei der Verwendung der Steuermittel (Steuer) für öffentliche Aufgaben (Staatsaufgaben); sowie

c) die Zusammenfassung dieser Bewilligungsrechte zu einer (meistens jährlichen) Beratung und Beschlussfassung durch das Parlament.

Angesichts der großen Bedeutung des öffentlichen Finanzwesens für den modernen Staat steht der Weg des Haushaltsplans durch die staatlichen Instanzen, unter Beeinflussung durch zahlreiche private Interessengruppen, heutzutage im Zentrum der (finanz-)politischen Willensbildung.

2. Haushaltsfunktionen, Haushaltskreislauf und Haushaltsgrundsätze

Unabhängig vom Regierungssystem oder einer allgemeinpolitischen Funktion muss ein Haushaltsplan aufgestellt werden, um verschiedene Budgetfunktionen zu erfüllen:

a) Die finanzwirtschaftliche Funktion kann darin gesehen werden, sich durch eine planmäßige Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben der zukünftigen Periode einen Überblick zu verschaffen und einen Ausgleich beider Größen zu realisieren.

b) Die wirtschafts- und sozialpolitische Funktion kommt darin zum Ausdruck, dass sowohl das gesamte Budget wie auch einzelne Finanzströme instrumentell eingesetzt werden können, um die angestrebten Ziele der Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik zu erreichen. Der S. stellt insofern das wichtigste staatliche Steuerungsinstrument (Steuerung) dar, um die vorgegebenen allokativen, distributiven und stabilitäts- und wachstumspolitischen Zielsetzungen zu realisieren.

c) Die administrative Lenkungsfunktion bezieht sich auf die Zuweisung von vorgesehenen Ausgaben sowie den dafür erforderlichen Einnahmen im Haushalt auf die einzelnen Verwaltungsstellen. Das Budget stellt sich folglich auch als ein Koordinierungsinstrument dar, um sämtliche Stellen des Regierungs- und Verwaltungsapparats, die mit der staatlichen Aufgabenerfüllung befasst sind, miteinander abzustimmen.

d) Die parlamentarische Funktion weist der Exekutive die Aufgabe zu, dem Parlament das Budget in einer aussagekräftigen Form zur Beschlussfassung vorzulegen. Die wiederkehrende Feststellung des S.s durch das Parlament dient einer Begrenzung bzw. Beeinflussung der Verwaltungstätigkeiten und soll damit eine rechtliche und leistungsorientierte Kontrolle (Politische Kontrolle) sicherstellen.

Mit dem Begriff des Haushaltskreislaufs wird der gesetzlich vorgeschriebene haushaltsplanerische Entscheidungs- und Vollzugsprozess des Budgets in einem parlamentarischen System umschrieben. Die wesentliche Aufgabe dieses Budgetzyklus ist darin zu sehen, dass Art, Umfang und Träger der Verantwortlichkeit für jeweils bestimmte haushaltsbezogene Handlungen politisch und rechtlich festgelegt werden. Im Kontext dieses Prozesses können grob drei Phasen unterschieden werden: die Aufstellung des Haushaltsplans durch die Exekutive, die parlamentarische Beratung und Verabschiedung des Budgets durch die Legislative, sowie die Durchführung (Exekutive), Kontrolle (Bundesrechnungshof [ Rechnungshöfe ]) und Entlastung (Parlament) des Haushalts.

Um sicherzustellen, dass der Haushaltsplan sowohl eine Beurteilung des wirtschafts- und finanzpolitischen Regierungsprogramms erlaubt als auch in der vom Parlament beschlossenen Form durchgeführt wird, sind im Rahmen einer langen Tradition die sog.en Haushaltsgrundsätze entwickelt worden. Es handelt sich dabei um Regeln oder Prinzipien, die bei der Haushaltswirtschaft von öffentlichen Gebietskörperschaften zu beachten sind und „deren Befolgung eine möglichst vollkommene Erfüllung der verschiedenen Budgetfunktionen gewährleisten soll“ (Neumark 1952: 572 f.). In Deutschland haben sie ihren Niederschlag in der gesetzlichen Regelung des Haushaltswesens (GG, HGrG, BHO, LHO) gefunden und stellen damit eine institutionelle Schranke dar, um Mängel im Prozess der finanzpolitischen Willensbildung zu korrigieren bzw. die Exekutive und Öffentlichkeit vor fehlerhaften Informationen zu schützen. Die nachfolgende Tab. 1 gibt hierüber einen groben Überblick.

3. Der Haushaltsplan – Gliederung und Komponenten

Die Haushaltssystematik des S.s umfasst drei verschiedene Prinzipien der Gliederung des Zahlenmaterials (Ressortprinzip, Gruppierungsplan, Funktionenplan), deren Zweck darin besteht, Transparenz der Haushaltsmaterie im Hinblick auf die unterschiedlichen Budgetfunktionen herzustellen. Jede Gliederungsart des Haushaltsplans korrespondiert mit einer spezifischen Haushaltsfunktion; ausgenommen ist lediglich die finanzwirtschaftliche Funktion, deren Erfüllung nicht von der formalen Darstellung des Budgets abhängig ist.

Zur Unterstützung der administrativen Lenkungsfunktion ist es erforderlich, die politische bzw. finanzielle Verantwortung den dafür jeweils zuständigen Verwaltungsstellen zuzuordnen. Gemäß dem Ressortprinzip (auch als Ministerialprinzip oder institutionelles Prinzip bezeichnet) wird daher der Haushaltsplan auf Bundes- und Landesebene in Einzelplänen gegliedert, die für jeden Verwaltungsbereich der obersten Bundes- und Landesbehörden eingerichtet und im Gesamtplan zusammengefasst werden. In den jeweiligen Einzelplänen der Verwaltungsbereiche (z. B. Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt) sind die Einnahmen, Ausgaben, Verpflichtungsermächtigungen, Planstellen sowie Stellen veranschlagt. Die Einzelpläne wiederum sind unterteilt in Kapitel und Titel, wobei in einem Kapitel alle Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen eines bestimmten Behörden- oder Verwaltungsbereichs bzw. eines bestimmten Aufgabengebiets erfasst werden. Die Titel stellen die unterste Ebene der Gliederung des Haushaltsplans dar und bilden die einzelnen Einnahme- und Ausgabepositionen ab.

Um Transparenz hinsichtlich der wirtschafts- und sozialpolitischen Funktion zu schaffen, müssen die gesamten Titel der Einzelpläne in Form von Einnahme- und Ausgabearten bezeichnet werden, was mit Hilfe des Gruppierungsplans erfolgt (vgl. Tab. 2). Zusammengefasst werden die Einnahme- und Ausgabearten in der

Haushaltsgrundsatz der Vollständigkeit Im Haushalt sollen sämtliche Einnahmen und Ausgaben erfasst sein (Bruttoprinzip).
Eine Ausnahme können lediglich öffentliche Betriebe und Sondervermögen bilden.
Haushaltsgrundsatz der Einheit Die Ausgaben und Einnahmen einer Gebietskörperschaft sollen innerhalb eines einzigen Etats aufgeführt werden (Vermeidung von Neben- und Sonderhaushalten).
Haushaltsgrundsatz der Klarheit Der Haushaltsplan soll in übersichtlicher und systematischer Form unter klarer und nachvollziehbarer Kennzeichnung der Einzelposten gegliedert sein.
Haushaltsgrundsatz der Genauigkeit Im Haushalt sollen sämtliche Einnahmen und Ausgaben möglichst genau veranschlagt werden (Stichwort: Steuerschätzung, zukünftige Ausgabeverpflichtungen).
Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit Der Haushaltsplan muss vor Beginn einer Periode, in der er gelten soll, dem Parlament vorgelegt werden. Ausnahmen regelt das sog.e Nothaushaltsrecht.
Haushaltsgrundsatz der Spezialität
(qualitativ, quantitativ, temporär)
Die Ausgaben dürfen nur für vorgegebene Zwecke, im veranschlagten Umfang und in der betreffenden Haushaltsperiode verausgabt werden (aber: Tendenz zu Globalhaushalten im öffentlichen Sektor, bei denen Mittel pauschal bewilligt werden).
Haushaltsgrundsatz der Öffentlichkeit Es verbindet sich damit die Forderung, dass alle Phasen des Haushaltskreislaufs der Öffentlichkeit ( d. h. den Bürgern = Steuerzahlern) prinzipiell zugänglich zu machen sind.
Haushaltsgrundsatz der Nonaffektation Innerhalb des Haushaltsplans sollen im Regelfall Einnahmen nicht an bestimmte Ausgabezwecke gebunden sein ( d. h. Zweckbindungen bilden die Ausnahme).

Tab. 1: Haushaltsgrundsätze

sog.en Gruppierungsübersicht, die es ermöglichen soll, die ökonomischen (Kreislauf-)Wirkungen des Budgets abzuschätzen. Die im Gruppierungsplan für Bund und Länder verwendete Gliederung für die Einnahme- und Ausgabearten basiert im Wesentlichen auf den Kriterien der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR), wodurch zugl. sichergestellt ist, dass die notwendigen Grunddaten für die Berechnung des Staatskontos in der VGR bereitgestellt werden können.

Gliederungseinheit Hauptgruppen (Einnahmen = 0–3; Ausgaben = 4–9)
0 Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben sowie EU-Eigenmittel
1 Verwaltungseinnahmen, Einnahmen aus Schuldendienst und dergleichen
2 Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen mit Ausnahme für Investitionen
3 Einnahmen aus Schuldenaufnahmen, aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen, bes. Finanzierungseinnahmen
4 Personalausgaben
5 Sächliche Verwaltungsausgaben, militärische Beschaffungen usw., Ausgaben für den Schuldendienst
6 Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen
7 Baumaßnahmen
8 Sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen
9 Besondere Finanzierungsausgaben

Tab. 2: Gruppierungsplan

Zur Erfüllung der parlamentarischen Kontrollfunktion sollte der S. auch Transparenz bzgl. des Regierungsprogramms erlauben, schließlich kann der Haushaltsplan auch als zahlenmäßige Umsetzung des politischen Handlungsprogramms interpretiert werden. Dafür muss ersichtlich sein, wie viele Mittel für welche staatlichen Aufgaben verwendet werden sollen. Dies wird mit Hilfe des Funktionenplans erreicht, indem jedem Haushaltsansatz, zusätzlich zur Titelbezeichnung gemäß Gruppierungsplan, eine Funktionenkennziffer zugeteilt wird (vgl. Tab. 3). Zusammengefasst werden die so gekennzeichneten Ausgabetitel in der sog.en Funktionenübersicht, die auf einer Aggregation der gleichen Ausgabetitel aus den jeweiligen Einzelplänen der Ressorts beruht. Der Funktionenplan für Bund und Länder enthält gemeinsame Gliederungsmerkmale, die eine systematische Übersicht der Einnahmen und Ausgaben nach Aufgabenbereichen erlaubt: Die Hauptfunktionen werden mit einer einstelligen Gliederungseinheit abgebildet, die Oberfunktionen mit einer zweistelligen Zahl und die Funktionen mit einer dreistelligen Zahl gegliedert. Insgesamt umfasst der Funktionenplan die folgenden neun Hauptfunktionen, die jeweils weiter unterteilt sind.

Gliederungseinheit Hauptfunktion (= Staatsaufgabe)
0 Allgemeine Dienste
1 Bildungswesen, Wissenschaft, Forschung, Kulturelle Angelegenheiten
2 Soziale Sicherung, Familie und Jugend, Arbeitsmarktpolitik
3 Gesundheit, Umwelt, Sport und Erholung
4 Wohnungswesen, Städtebau, Raumordnung und kommunale Gemeinschaftsdienste
5 Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
6 Energie- und Wasserwirtschaft, Gewerbe und Dienstleistungen
7 Verkehrs- und Nachrichtenwesen
8 Finanzwirtschaft

Tab. 3: Funktionenplan

Insgesamt betrachtet hilft diese Haushaltssystematik, eine große Transparenz hinsichtlich des öffentlichen Finanzgebarens zu erreichen, wobei das so strukturierte Zahlenmaterial des Haushaltsplans insb. den Anforderungen der administrativen Lenkungsfunktion in hohem Maße gerecht wird.

4. Reformansätze und Entscheidungshilfen des Budgetverfahrens

Der relativ kurze Zeithorizont des S.s erschwert eine längerfristige Planung der öffentlichen Finanzen, so dass die wirtschafts- und sozialpolitische Funktion mit dem Budget nur bedingt erfüllt werden kann. Ferner ist zur Erfüllung der finanzwirtschaftlichen Funktion des Budgets auch eine Abschätzung der zukünftigen Einnahmen und Ausgaben erforderlich, da einerseits die wesentlichen Einnahmequellen (Steuereinnahmen und Sozialabgaben) Schwankungen in Abhängigkeit von der volkswirtschaftlichen Aktivität aufweisen und andererseits mit den heute getätigten Ausgaben Folgekosten für die zukünftigen Haushaltsjahre verbunden sein können. Die Einführung der Mittelfristigen Finanzplanung entsprach diesem Reformbedürfnis, indem die voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen eines fünfjährigen Zeitraums im Finanzplan abgebildet werden. Die Mittelfristige Finanzplanung ist eine kamerale Planungsrechnung (Kameralistik), die das (zumeist jährliche) Vollzugsbudget ergänzt, jedoch keine Vollzugsverbindlichkeit für Regierung und Verwaltung besitzt. Weiterhin wurden mit dem OECD-Konzept der Nachhaltigkeit der Finanzen sowie der sog.en Generationenbilanzierung Vorschläge zur Verbesserung des Budgetverfahrens entwickelt, die einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten umfassen. Die Zielsetzung dieser Konzepte ist darin zu sehen, die langfristigen Auswirkungen der Haushaltspolitik im Hinblick auf die demographische Entwicklung (Demographie), das Steuereinnahmepotenzial sowie das Niveau der Staatsverschuldung zu prognostizieren, um erste Einblicke in die längerfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewinnen.

Hinsichtlich der parlamentarischen Kontrollfunktion kann eine weitere Schwierigkeit der geltenden Haushaltstechnik in der Verwaltungsorientierung des Budgets (Exekutivbudget) gesehen werden, die eine wünschenswerte Verzahnung von politischer und finanzieller Planung erschwert. Die traditionelle Budgetaufstellung erfolgt „von unten nach oben“, d. h. Umfang und Inhalt des Haushaltsplans werden von den einzelnen untergeordneten Verwaltungsstellen über Bedarfsmeldungen an die übergeordneten Stellen weitergeleitet. Obwohl für den Bundeshaushalt seit dem Jahr 2012 ein „Top-down“-Verfahren eingeführt wurde, setzt sich das Budget letztlich immer noch aus einer Summe von Einzelanforderungen zusammen. Im Kontext dieses Planungsprozesses können zwei Schwierigkeiten auftreten: einerseits eine unzureichende Abwägung von alternativen Strategien zur Lösung der bestehenden politischen Aufgaben, andererseits eine ausgeprägte Orientierung an Input-Größen (= Bedarfsanmeldungen in Form von Personal- und Sachmitteln). Um eine höhere Rationalität des finanzpolitischen Handelns zu erreichen, wäre es daher wünschenswert, wenn das Haushaltssystem sowohl die Budgetanforderungen stärker mit den anvisierten Ergebnissen (Outcome) verbinden würde als auch relevante Handlungsalternativen zur Erreichung dieser Ergebnisse berücksichtigen könnte. Insb. in den USA sind in der Vergangenheit mehrere Versuche unternommen worden, das Budgetverfahren in dieser Richtung zu verändern (z. B. Planning-Programming-Budgeting System, Zero-Base-Budgeting System), die sich in der haushaltspolitischen Praxis jedoch nicht durchsetzen konnten. Nichtsdestotrotz bleibt das Anliegen einer effizienteren Budgetierung und damit letztlich verbesserten Produktivität im öffentlichen Sektor bestehen. Vor diesem Hintergrund sind auch die Maßnahmen und Instrumente des NSM zu sehen, die insb. durch Rückgriff auf Steuerungsmechanismen, die im privatwirtschaftlichen Sektor angewendet werden, den Versuch darstellen, die politische Entscheidungsebene zu stärken und die Exekutive effizienter zu organisieren.

Neben solchen Reformansätzen des Budgetverfahrens sind in Theorie und Praxis auch Entscheidungshilfen für die Träger der Finanzpolitik entwickelt worden, die sich mit der Auswahl von konkurrierenden Handlungsalternativen beschäftigen. Als etablierte Entscheidungshilfen sind insb. die Kosten-Nutzen-Analyse bzw. die Kosten-Wirksamkeits-Analyse zu nennen, deren vereinfachte Zielsetzung in einer Übertragung von privatwirtschaftlichen Investitionskriterien auf öffentliche (Investitions-)Ausgaben gesehen werden kann. Seit dem Jahr 2015 wird die Aufstellung des Bundeshaushalts in Deutschland zudem um sog.e Spending Reviews ergänzt, d. h. es werden einnahme- und ausgabeseitige Haushaltsanalysen zu ausgewählten Politikfeldern durchgeführt. Diese Analysen sollen einerseits eine stärkere inhaltliche Ausrichtung des Haushaltsaufstellungsverfahrens bewirken und andererseits die Ergebnis- bzw. Wirkungsorientierung der zur Aufgabenerfüllung eingesetzten Haushaltsmittel verbessern.