Sklaverei

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  1. I. Historisch
  2. II. Rechtlich

I. Historisch

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Das Phänomen der S. ist geschichtswissenschaftlich schwer zu definieren. Vereinfacht kann man von einem minimalistischen und einem maximalistischen Ansatz sprechen. Ersterer geht von der römisch-rechtlichen Unterscheidung zwischen Sache und Person aus und sieht S. als gegeben an, wenn menschliche Personen als Sache definiert werden. In diesem Verständnis ist S. eine radikale Variante von Unfreiheit, die mit Dehumanisierung verbunden ist. In dieser engen Definition wären davon andere Formen der Unfreiheit, etwa die Hörigkeit, zu unterscheiden. Die maximalistische Definitionsvariante hingegen bestreitet diese Unterscheidung zwischen Gattungs- und Artbegriff, indem sie S. und Unfreiheit gleichsetzt. Allerdings verwischt die maximalistische Definition epochenspezifische Facetten, was zu unterkomplexen Analysen führt, die gerade nicht der Akteursperspektive gerecht werden. Insgesamt ergibt es Sinn, S. als historisch radikale Form von Unfreiheit als „sozialen Tod“ (Patterson 1982), anzusehen, die freilich in unterschiedliche ökonomische, sozialstrukturelle, kulturelle und individuelle Gegebenheiten und Konstellationen eingebettet war. Dies betrifft sowohl den oft sehr unterschiedlichen Umgang der Herren mit ihren Sklaven als auch bspw. die höchst differenzierte Stellung von Sklaven innerhalb eines je gegebenen Systems.

Archäologen gehen davon aus, dass im Spätpaläolithikum um 20 000 v. Chr. erste Formen von S. auftraten. Gemeinsam mit dem Frauenraub als gewaltsamer Variante der Exogamie könnte bereits Kriegsgefangenschaft eine Quelle der S. gewesen sein. Da die spätpaläolithischen Gesellschaften wenig Hinweise auf soziale Stratifikation bieten, dürfte es sich um eine schwach institutionalisierte S. gehandelt haben. Dies änderte sich mit dem Übergang zur Sesshaftigkeit im Laufe des Neolithikums, etwa ab 10 000 bis 8 000 v. Chr. Neben den Frauen- und Mädchenraub trat allmählich die massenhafte Versklavung von Kriegsgefangenen sowie die Schuldknechtschaft. Insgesamt aber entwickelten sich weder die mesopotamischen und nahöstlichen Staaten noch Ägypten zu Sklavenhalterökonomien im engeren Sinn. Der Übergang zwischen dem Status des Freien und des Sklaven blieb fließend. In manchen Gesellschaften, etwa im alten Israel, fanden sich religiös-rechtliche Vorgaben, die Angehörigen des eigenen Volks nach einer gewissen Zeit freizulassen. Gleichzeitig begann in den altorientalischen Gesellschaften der ökonomisierte Menschenhandel. Insgesamt war die S. in den nahöstlichen Gesellschaften des Altertums eine alltägliche Selbstverständlichkeit, die zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt wurde. Dies galt auch für die Levante und das östliche Mittelmeer im ersten Jahrtausend v. Chr. Die von Phöniziern und Hellenen intensiv betriebene Piraterie war mit Menschenraub verknüpft; Kriegsgefangenschaft und Schuldknechtschaft lieferten weiterhin Sklaven. Im Gefolge des Aufstiegs Roms zur Weltmacht änderten sich Bild und Struktur der S. In der Phase des römischen Machtgewinns im italischen Umfeld vor 280 v. Chr. wich Rom kaum von der überkommenen Praxis antiker S. ab. Infolge der Kriege erst gegen Karthago und später die hellenistischen Monarchien änderte sich die Situation. Im Laufe des 2. Jh. v. Chr. setzte sich im italischen Kerngebiet römischer Herrschaft die Latifundienwirtschaft und damit die Massenhaltung von Sklaven durch. Darüber hinaus wurde die S. schon zur Zeit der Punischen Kriege im italischen Handwerk vorherrschend. Für das Jahr 225 v. Chr. schätzte der griechische Autor Polybios für Italien 3 Mio. freie Einwohner und 2 Mio. Sklaven. Gleichzeitig änderte sich das Verhältnis von Herren und Sklaven. Es wurde abstrakter, apersonaler und brutaler als zu Zeiten dominanter Haus-S. 259 v. Chr. tritt uns die erste sicher überlieferte Sklavenverschwörung der römischen Geschichte entgegen. Zwischen 135 und 71 v. Chr. kam es in Italien und auf Sizilien zu drei großen Sklavenaufständen. Außer mit brutaler Gewalt reagierte Rom mit Reformen, welche die rechtliche Situation der Sklaven ansatzweise verbesserten. Aber wichtiger noch als eine humanere Philosophie und rechtliche Rigidität war die berechtigte Hoffnung auf Freilassung (Manumission). Schon mit Beginn des augusteischen Prinzipats bildete sich aus dem Reservoir der Freigelassenen der kaiserlichen Familie ein eigener Stand heraus, der in wachsendem Maße politischen und ökonomischen Einfluss gewann, da die Príncipes sich auf ihre Loyalität verlassen konnten. Der soziale Status der Freigelassenen blieb indes prekär. Ansonsten zeichnete sich im Kaiserreich ein deutliches Süd-Nord-Gefälle in Sachen S. ab. Nur in den mediterranen Provinzen mit urbanen Zentren war die S. ökonomisch und sozial sinnvoll. In diese Situation hinein entstand das Christentum, das mit Blick auf die S. weder mit den frühjüdisch-alttestamentarischen Vorgaben noch mit der sozialen Praxis der paganen Umwelt radikal brach. Deswegen dürfte sich der Einfluss des Christentums eher auf eine gewisse Humanisierung der Praxis der S. ausgewirkt, als deren direktes Ende befördert zu haben. Mit Ausnahme des heiligen Gregor von Nyssa und des Franziskanertheologen Johannes Duns Scotus fanden sich weder in der Patristik noch in der Scholastik Kritiker der S., die als Folge der Sünde gerechtfertigt wurde. Selbst im Mittelalter und der Frühneuzeit hat es in Europa Haus-S. gegeben, wenn auch deutlich weniger als in der Antike. Außerdem fanden sich in Gestalt der Hörigkeit oder des Galeerendienstes von Straf- und Kriegsgefangenen Formen der Unfreiheit, die nicht unter eine enge Definition von S. fallen. Lediglich in Osteuropa kam es zu Sklavenjagden auf die dortige pagane Bevölkerung. Demgegenüber hielten die islamischen Gesellschaften (Islam) an der S. fest. Sie beteiligten sich früh am Handel mit slawischen Gefangenen, wodurch die ethnische Bezeichnung Slawe den lateinischen, rechtlichen Standesbegriff servus ersetzte und das Wort „Sklave“ in Gebrauch kam. Im Laufe des Mittelalters und bes. der Frühneuzeit sind wohl zwischen 6 und 17 Mio. Menschen von islamischen Sklavenhändlern verschleppt und verkauft worden. Die Spezifik der islamischen S., die sich ansonsten in ihrer Struktur und Praxis nur graduell von der spätantiken S. unterschied, war die Militär-S. (Mameluken). In Ostafrika konnte der islamischen Sklavenhandel, wie später ab dem 15. und 16. Jh. der west- und südeuropäische Sklavenhandel in Westafrika, an die binnenafrikanische S. anknüpfen. Der europäische Sklavenhandel setzte dann in großem Stil nach dem Ende der spanisch-portugiesischen Reconquista ab den 1450er Jahren ein. Papst Nikolaus V. gestattete 1452 und 1455 den Portugiesen und Spaniern, Sarazenen und Afrikaner zu versklaven. Mit der Entdeckung des amerikanischen Doppelkontinents verlor allerdings die S. im katholischen Europa rasch ihre religiöse Legitimation, da im Zuge der Gegenreformation Afrika mehr und mehr unter missionarischen Gesichtspunkten (Mission) und mithin die S. als kontraproduktiv angesehen wurde. Zu diesem Zeitpunkt aber hatte sich die ökonomische Situation bereits einschneidend verändert. Erst waren die Spanier und Portugiesen und dann die Franzosen, Niederländer und Briten in den Amerikas auf indigene Kulturen gestoßen, welche die S. gleichfalls kannten. Die indianischen Hochkulturen der Inkas, der Maya und Azteken sowie in Nordamerika die Cahokia und Anasazi opferten Sklaven, aber auch Angehörige der eigenen Eliten den Göttern oder nutzten sie als Arbeitskräfte. Aber selbst hortikulturelle Kulturen in Nordamerika übten die S. aus, indem sie kriegsgefangene Männer und Frauen gewaltsam als Unfreie in die eigenen Stammesgemeinschaft einfügten (kin slavery). Die europäischen Eroberer versuchten anfangs, sich dieses vorhandene System zunutze zu machen, zuerst um in Minen Bodenschätze abzubauen (Peru und Mexiko), dann auf großen Zuckerplantagen (Karibik und Brasilien) und schließlich im Baumwollanbau (USA). Allerdings erwiesen sich die ortskundigen Indigenen nur bedingt als geeignet. Ausgerechnet der proindianische Aktivist Bartolomeo de las Casas, OP kam auf die Idee, schwarze Sklaven nach Amerika zu bringen. Um 1520 begann damit das Kapitel des transatlantischen Sklavenhandels, in dessen Verlauf bis 1880 zwischen 10 und 15 Mio. westafrikanische Sklaven in die Amerikas verschleppt worden, hauptsächlich nach Brasilien, in die Karibik (Haiti, Kuba, Barbados, Jamaica), in die spanischen Festlandskolonien (Kolonialismus) und in den Süden Nordamerikas. Diesen Überfahrten dürften schätzungsweise 1,5 Mio. Menschen zum Opfer gefallen sein. Im Kontext des transatlantischen Sklavenhandels gewann die S. eine neue, deutlich inhumanere Gestalt, die kapitalistische chattel slavery, die aus Interesse an Profitmaximierung die Dehumanisierung der Sklaven noch einmal beförderte. Zugl. wurde, v. a. ab dem 18. Jh. im englischen Kolonialbereich, die Begründung für die S. enttheologisiert. Zwar hielt man im Protestantismus bis ins 19. Jh. an der Idee fest, die „hamitischen“ Völker Afrikas seien infolge des Fluchs in Gen 9,25 dazu verdammt, als Sklaven zu dienen. Vollends rassistisch aber wurde die Begründung der chattel slavery durch die naturwissenschaftliche Idee der Polygenese, die sich mit sozialdarwinistischem Gedankengut (Sozialdarwinismus) verband. Demnach waren die Afrikaner Menschen zweiter Klasse, dem Affen näher als dem – kaukasischen – Menschen, weniger intelligent, aber kräftig und arbeitsam. Dieser Rassismus war nicht die Ursache der modernen S., sondern entwickelte sich im Kontext ihrer sozialen und ökonomischen Praxis. Der aufkommende Industriekapitalismus mitsamt den ihn begleitenden Pauperisierungstendenzen brachte ein weiteres Argument für die S., den Paternalismus. Danach war die S. humaner als die „Lohn-S.“ in den Fabriken, da die Sklavenhalter sich vorgeblich um ihre Sklaven wie um Familienmitglieder kümmerten. Im 18. Jh. erreichte der transatlantische Sklavenhandel, der inzwischen in den Händen der Briten und Niederländer lag, seinen Höhepunkt. Nahezu zeitgleich kamen die ersten Bewegungen zur Abschaffung der S. (Abolitionismus) auf und zwar aus zwei Wurzeln: Zum einen wiesen Nationalökonomen, u. a. Adam Smith, auf die ihrer Ansicht nach mangelnde wirtschaftliche Effizienz und Profitabilität der S. hin. Sie wollten ein Ende der S., um an ihre Stelle ein auf Lohnarbeit gegründetes kapitalistisches System (Kapitalismus) zu setzen. Im Gegensatz zu einem weit verbreiteten Vorurteil war der Beitrag der Aufklärung zum Abolitionismus demgegenüber nicht sehr bedeutend. Von wenigen universalistischen Philanthropen abgesehen, befürwortete die Mehrheit der Aufklärer die S. nicht zuletzt um der Heiligkeit des Eigentumskonzepts (Eigentum) wegen. Die zweite Wurzel des Abolitionismus in seiner moderaten Variante lag im späten 18. Jh. zum anderen im freikirchlichen Bereich (Freikirchen), zuvörderst bei den Quäkern. Seit den 1820er Jahren bekannten sich Teile des liberalen und evangelikalen Lagers dann zum radikalen Abolitionismus, der ein sofortiges, entschädigungsloses Ende der als Sünde verstandenen S. verlangte. Aus der Koalition von prokapitalistischen Freihändlern und nonkonformistischen Evangelikalen und Quäkern entstanden v. a. in Großbritannien und dann in den USA mächtige abolitionistische Lobbybewegungen, die 1834 das Ende der S. im britischen Empire durchsetzten. Von diesem Zeitpunkt an führte die Royal Navy einen erbarmungslosen Kampf gegen Sklavenhändler an der westafrikanischen Küste, was in der Folge eines der zentralen Argumente für den britischen Imperialismus lieferte. Gleichzeitig ersetzte man allerdings im britischen Empire die S. durch ein neues, nicht minder profitables System unfreier Arbeit, das Cooliesystem, in dem indische und chinesische Kontraktarbeiter unter oftmals unmenschlichen Bedingungen Plantagenarbeit verrichten mussten. Mit der Französischen Revolution hatte sich bereits die Situation in der Karibik verschärft. Zwischen 1791 und 1806 kam es auf Haiti zum größten und einzigen erfolgreichen Sklavenaufstand der Geschichte. Im nachrevolutionären Nordamerika hingegen war mit der Erfindung der cotton gin (1793), einer neuartigen Entkörnungsmaschine, der Baumwollanbau rentabel geworden. Die Hoffnung vieler nordamerikanischer Revolutionäre, die S. werde aus wirtschaftlichen Gründen einfach mit der Zeit verschwinden, erfüllte sich nicht. Erst mit dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861–65) endete die Ära der S. in den USA. Zeitgleich endete die Leibeigenschaft in Russland durch ein Edikt Zar Alexander II. 1862. 1889 wurde die S. in Brasilien friedlich abgeschafft. In den spanischen Kolonien verlor sie im Laufe des 19. Jh. erst aufgrund der Revolutionen der 1810er und 1820er Jahre, dann auf Kuba und Puerto Rico wegen der Manumissionspolitik an Bedeutung und wurde 1873 auf Puerto Rico und 1886 auf Kuba abgeschafft. In anderen Teilen der Welt, etwa im muslimischen Afrika, blieb die S. bis auf den heutigen Tag weitgehend unangetastet.

Der „westliche“ Abolitionismus entsprang der einmaligen Konstellation von radikalem christlichen und liberalen Universalismus, freihändlerischer Nationalökonomie (Freihandel) und industriekapitalistischer Praxis. Man darf indes nicht vergessen, wie eng diese ambivalente Bewegung mit dem zivilisationsmissionarischen Impuls des Hochimperialismus verbunden war. Neben dem erwähnten Beispiel des britischen Cooliesystems sei auf die grausamen Erfahrungen des Kongo-Freistaates von 1884–1908 hingewiesen, der unter den Auspizien des Kampfes gegen die S. errichtet worden war, aber in einem Massaker an rund 8 Mio. Menschen endete. Auch die von Abolitionisten initiierten westafrikanischen Staaten Sierra Leone (gegründet 1787) und Liberia (gegründet 1847) hatten blutige Bürgerkriege zwischen den dorthin transportierten Freigelassenen und der indigenen schwarzen Bevölkerung durchzustehen.

II. Rechtlich

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1. Begriff und Abgrenzungen

Das Verhältnis von Recht und S. ist durch Ambivalenz gekennzeichnet: Einerseits wurde das Recht – (kultur-)raum- und epochenübergreifend – als Instrument der Rechtfertigung und konkreten Ausformung der S. ge- bzw. missbraucht („Sklavengesetze“). Andererseits beansprucht das Recht aber spätestens seit dem 19. Jh. auch eine zentrale Rolle im Kampf um die Abschaffung der S. (Abolitionismus).

Eben weil Art und Umfang des quasi-universellen sozialen und gesellschaftlichen Phänomens der S. stark von seiner konkreten rechtlichen Ausgestaltung abhängen, fällt eine abstrakte Definition schwer: Das S.-Abkommen (1926) definiert S. als den „Zustand oder die Stellung einer Person, an der die mit dem Eigentumsrechte verbundenen Befugnisse oder einzelne davon ausgeübt werden“ (Art. 1 Nr. 1). Diese Begrifflichkeit erfasst zwar die Extremform einer Dehumanisierung: Starke Einschränkung oder (im Regelfall) sogar gänzlicher Entzug der Rechtsfähigkeit, womit Sklaven möglicher Gegenstand von Handelsgeschäften (z. B. Kauf/Verpfändung) werden. Andere Formen extremer Unfreiheit sowie (sozialer und/oder wirtschaftlicher) Abhängigkeit werden von dieser (engen) Definition hingegen nicht erfasst.

Auch und gerade in einer global(-historisch-)en Perspektive ist die nach wie vor begriffsprägende Kraft der römisch-rechtlichen Dichotomie Person/Sache nicht unproblematisch. Bemühungen, den Rechtsbegriff der S. auch auf (andere) Fälle des Festhaltens einer Person gegen ihren Willen mittels physischer, psychischer oder institutioneller Gewalt zum Zwecke wirtschaftlicher Ausbeutung zu erstrecken, konnten sich (bisher) nicht durchsetzen. Und so besteht bis heute eine unbefriedigende und bedauerliche, weil auch durch Rechts(-schutz-)lücken geprägte Grauzone zwischen S. im strengen Sinne und sklavenähnlichen Abhängigkeitsverhältnissen (z. B. Leibeigenschaft, Zwangsarbeit, Zwangsprostitution, Kindersoldaten). Die Bekämpfung auch dieser vielfältigen Erscheinungsformen moderner S. steht indes schon seit langem auf der internationalen Agenda (s. bereits „Übereinkommen über Zwangs- und Pflichtarbeit“ [1930] sowie „[Zusatz-]Übereinkommen über sklavereiähnliche Einrichtungen und Praktiken“ [1956]) und ist in jüngerer Zeit weiter intensiviert worden (z. B. UN-KRK [1989] mit „ZP zu Kinderprostitution und Kindersoldaten“ [2000]; „UN-Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität“ [„Palermo Konvention“] mit „ZP zum Menschen-, insb. Frauen- und Kinderhandel“ [2000]). Internationale Menschenrechtsorgane haben zudem in jüngster Zeit damit begonnen, auch moderne Formen des Menschenhandels in den Anwendungsbereich der Verbotsnormen zur S. selbst einzubeziehen (z. B. Art. 4 EMRK – EGMR Rantsev v Zypern und Russland, 2010: „Sex-S.“). In ihrer „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (2016) hat die UNO nunmehr alle Staaten zur energischen Bekämpfung jeglicher Form moderner S. aufgerufen (Ziel 8.7 [ Nachhaltigkeitsziele ]).

2. Sklaverei als Rechtsinstitut

Erwähnung findet die Institution der S. bereits in der ältesten schriftlich überlieferten Rechtssammlung überhaupt, dem (mesopotamischen) Codex Ur-Nammu (ca. 2100 v. Chr.). Auch von Rechts wegen bildete die Unterscheidung zwischen Freien und Sklaven fortan eine Konstante aller antiken (Hoch-)Kulturen. Die insoweit von (gemäßigten) Sophisten im 5. Jh. v. Chr. formulierten Bedenken („Gott hat alle Menschen frei gelassen; die Natur hat niemand zum Sklaven gemacht.“ [Alkidamas; zit. n. Nestle 1908: 202]) führten letztlich nur zu einer Stärkung der Rolle des Rechts bei der Rechtfertigung und Ausgestaltung der S.: Wenn der Mensch auch nicht von Natur aus unfrei war, so konnte er es eben doch kraft positiver Rechtsetzung (Konvention) werden. Insb. das römische Recht entwickelte einen umfangreichen Corpus von Regeln zur Entstehung und Ausgestaltung des Status der Unfreiheit in Form der S. Kriegsgefangenschaft, Schuldknechtschaft, strafrechtliche Sanktion oder auch schlicht Abstammung (von einer unfreien Mutter) stellten die wesentlichen sklavereibegründenden Tatbestände dar. Auch wenn die Versklavung so als eine in der gesellschaftlichen und sozialen Realität omnipräsente Institution des Völkergemeinrechts eine differenzierte Ausgestaltung durch das römische ius civile erfahren hatte, widersprach diese doch (auch) nach römischem Rechtsverständnis dem Naturzustand des Menschen („Servitus est constitutio iuris gentium, qua quis dominio alieno contra naturam subicitur“, Florentinus D. 1, 5, 4, 1): Im Zweifelsfalle und bis zum Beweis des Gegenteils war eine Person daher als frei zu behandeln (Grundsatz des favor libertatis).

Omnipräsent in der antiken Welt, ist die S. als Institution auch von den Offenbarungsschriften der monotheistischen Religionen (Bibel, Koran) und ihren maßgeblichen Interpreten nicht ernsthaft in Frage gestellt worden. Ganz im Gegenteil wurde die S. als Teil der gottgegebenen irdischen Sozial- und Gesellschaftsordnung legitimiert. Noch bis weit in die Neuzeit hinein sollte diese Lehre auch in den politischen und rechtlichen Diskursen zur S.-Frage erhebliche Wirkungskraft entfalten. Dies gilt insb. auch für den vieldiskutierten paulinischen Freiheitsverzicht (1 Kor 7,17–23: „[…] Jeder bleibe in dem Stand, in dem er berufen worden ist. Bist du als Sklave berufen worden, so sei deshalb ohne Sorge! […]“). Ganz ähnlich war auch das islamische Sklavenrecht von eben diesem (theologisch nicht ganz leicht aufzulösenden) Spannungsverhältnis geprägt: Gleichheit aller Menschen vor Gott einerseits, Anerkennung der Realität einer Sklavenhaltergesellschaft andererseits (grundlegend die von Sahnūn ibn Saīd redigierte Rechtssammlung Mudawwana [malikitische Rechtsschule, erste Hälfte des 9. Jh.]).

Die antike S. ist seit dem 12. Jh. nicht nur von der mittelalterlichen Rechtswissenschaft umfassend rezipiert worden, sondern bildete vielmehr – wie die neuere Forschung u. a. anhand italienischer Notariatsurkunden herausgearbeitet hat – auch in Europa (neben der Grundhörigkeit und Leibeigenschaft) weiterhin einen eigenen, und insb. im Mittelmeerraum verbreiteten Status der Unfreiheit. Auch von einflussreicher juristischer Seite vorgebrachte Bedenken gegen die S. vermochten hieran zunächst wenig zu ändern (Eike von Repgow: Sachsenspiegel/Landrecht 1235, 3. Buch, Kap. 42, §§ 1, 3, 6: „Mit meinem Verstand kann ich es nicht für wahr halten, dass jemand einem anderen gehören soll.“). Noch die Naturrechtler des 17. Jh. (Francisco Suárez, Hugo Grotius, Thomas Hobbes, Samuel Freiherr von Pufendorf, John Locke) hielten die S. – unter im einzelnen unterschiedlichen Voraussetzungen – grundsätzlich für mit dem Naturrecht vereinbar und trugen damit wesentlich zu deren fortdauernder politisch-rechtlicher Legitimation bei. Als bes. folgenschwer für die Praxis der S. im Zuge der kolonialen Expansion (Kolonialismus) europäischer Staaten ab dem 16. Jh. sollte sich die Rezeption der aristotelischen Figur des „Sklaven von Natur“ (phýsei doúlos [Aristot. pol. 1253a/b, 1254a] – aufgegriffen u. a. auch von Thomas von Aquin) erweisen, welche als argumentatives Einfallstor für das dem antiken Sklavenrecht noch fremde Element von Rasse und Rassismus ge- bzw. missbraucht wurde (frühes prominentes Beispiel für die französischen Kolonien in Amerika: „Code Noir“ Ludwig XIV. [1685], der als „monströsester juristischer Text der Moderne“ bezeichnet worden ist [Sala-Molins 1987: 9]).

3. Die Ächtung der Sklaverei mit den Mitteln des Rechts

Moralisch-ethische Gründe (S. als Antithese zum aufklärerischen Freiheitsideal [ Freiheit ]) führten in der zweiten Hälfte des 18. Jh. zu einer zunehmenden Delegitimierung der S. (Somerset v Stuart, Kings Bench 1772 – Massenmord an versklavten Afrikanern auf dem britischen Sklavenschiff Zong 1781). Es folgte – nunmehr insb. aus sozial- und wirtschaftspolitischen Gründen – das Verbot zunächst des (transatlantischen) Sklavenhandels (Dänemark 1803, Großbritannien 1807, Wiener Kongress 1815 [S. nach Annex 15 zur Wiener Schlussakte unvereinbar mit den „Grundsätzen der Menschlichkeit und der universellen Moral“], Berliner Kongress [Kongo Akte 1885]) sowie dann sukzessive auch der S. selbst. Die formaljuristische Abschaffung der S. auf nationaler Ebene (1833: Großbritannien und Kolonien [Slavery Abolition Act], 1865: USA [13. Zusatzartikel zur Verfassung], zuletzt Mauretanien 1981) war indes nur der Beginn eines bis heute nicht vollständig abgeschlossenen Kampfes um eine effektive gesellschaftliche Gleichstellung ehemaliger Sklaven und ihrer Nachkommen.

Anknüpfend an das S.-Abkommen von 1926 bestimmt die AEMR (1948): „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen Formen verboten“ (Art. 4). Diese Verbotsnorm stellt heute einen fundamentalen und unbestrittenen Bestandteil des gesamten Korpus des (regionalen und universellen) Menschenrechtsschutzes dar. Eine zentrale Rolle bei der praktischen Implementierung des S.-Verbots spielen auf globaler Ebene der Menschenrechtsrat und andere Organe des UN-Menschenrechtssystems (Arbeitsgruppen, Spezialberichterstatter, Vertragsorgane der Menschenrechtsverträge) sowie – für das verbreitete Szenario sklavenähnlicher Arbeitsbedingungen – auch die ILO. Das SRÜ (1984) statuiert das Recht aller Staaten zur Durchsuchung (potentieller) Sklavenschiffe auch auf Hoher See (Art. 110) und unterstreicht damit die Verantwortung der gesamten Staatengemeinschaft für die Unterbindung des Sklavenhandels auch in staatsfreien Räumen.

Das Verbot der S. und aller damit verbundenen (kommerziellen) Aktivitäten (insb. also des Sklavenhandels) stellt heute nicht nur zwingendes Völkerrecht dar (ius cogens), sondern wird zu Recht auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit qualifiziert. Damit ist auch auf völkerrechtlicher Ebene eine strafrechtliche Ahndung möglich geworden (Art. 7 Abs. 1 c) IStGH-Statut). Die umfassende Ächtung der S. durch nationales und internationales Recht darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer noch über 40 Mio. Menschen (Global Slavery Index 2016) in einem zumindest sklavenähnlichen Status der Unfreiheit leben. Staaten, internationale Organisationen sowie die organisierte Zivilgesellschaft bleiben daher aufgerufen, den Kampf auch und gerade gegen die neuen Formen der S. unvermindert fortzusetzen.