Robotik: Unterschied zwischen den Versionen

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U. Barthelmeß, U. Furbach: Robotik, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Robotik}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
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U. Barthelmeß, U. Furbach: Robotik, Version 14.08.2021, 13:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Robotik}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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Version vom 15. August 2021, 11:52 Uhr

1. Der Begriff Roboter

Etymologisch leitet sich der Begriff Roboter vom Wort robota (polnisch und tschechisch), Robot, zu deutsch Frondienst, Zwangsarbeit, ab. Im 14. Jh. setzt sich der Begriff im deutschen Sprachraum durch und ergibt spätmittelhochdeutsch robât(e). Ein robâter war ein Frondienst-Pflichtiger. Die moderne Bedeutung „künstlicher Mensch“ verdankt sich dem Schauspiel „R.U.R.“ aus dem Jahre 1920 des tschechischen Autors Karel Čapek: Das Unternehmen R.U.R. erzeugt künstliche Menschen, die als rechtlose Arbeiter in der Industrie eingesetzt werden und den Menschen ein paradiesisches Leben ermöglichen sollen. Die Roboter rebellieren jedoch und vernichten die Menschheit.

2. Vorgänger der Roboter: Automaten

Bevor es die Bezeichnung Roboter gab, wurden menschliche Maschinen Automaten genannt. Der Begriff wurde im 16. Jh. entlehnt aus dem lateinischen Adjektiv automatus (aus eigenem Antrieb handelnd, freiwillig). Das lateinische Adjektiv geht auf das altgriechische Adjektiv autómatos (etwas selbst wollend, beabsichtigend) zurück. Während beim Roboter die Nützlichkeit der Gebilde im Vordergrund steht, wird beim Automaten das Kuriosum eines ohne menschliche Hilfe handelnden Apparats betont.

In der „Ilias“ werden sich selbsttätig öffnende Türen des Olymps oder goldene, mit Verstand ausgestattete künstliche Jungfrauen als Assistentinnen erwähnt. Im späten Mittelalter schuf sich eine jüdische Gemeinde in Prag den Golem, ein Wesen aus Lehm, das verschiedene Aufträge ausführen sollte. In manchen Legenden richtet er Schaden an, da seine Auftraggeber die Kontrolle über ihn verlieren. Leonardo da Vinci hat programmierbare mobile Automaten konzipiert und möglicherweise gebaut. Im Barock gab es Automaten wie z. B. fahrende Tischaufsätze, Schreibtische mit aufspringenden Geheimfächern. Die Aufklärung setzte sich das Ziel, menschliche Maschinen herzustellen. Der Romantiker Ernst Theodor Amadeus Hoffmann schuf in der Erzählung „Der Sandmann“ den Automaten Olimpia, eine Puppe, als Antipoden der menschlichen Seele. Der künstliche Mensch, den Viktor Frankenstein nach dem Roman „Frankenstein, or the Modern Prometheus“ (1818) von Mary Shelley geschaffen hat, dagegen besitzt eine Seele und sehnt sich nach Liebe.

3. Roboter

Roboter können bzgl. ihres Einsatzes oder ihrer Eigenschaften unterschieden werden. So spricht man z. B. von Industrie-, Service-, Medizin- oder Militärrobotern einerseits oder bzgl. der Eigenschaften von autonomen, mobilen oder kollaborativen Robotern. Industrieroboter sind programmierbare Maschinen, die zumeist in der Herstellung und Montage verwendet werden. In der Automobilherstellung werden zunehmend Fahrzeuge vollautomatisch durch Roboter montiert und lackiert. Meist werden diese Roboter aus Sicherheitsgründen so abgegrenzt, dass sich keine Personen in ihrem Umfeld aufhalten können. Zunehmend findet man jedoch Industrieroboter, die mit Sensoren so ausgestattet sind, dass eine Gefährdung von Personen ausgeschlossen werden kann. Dadurch ist es möglich, diese Roboter mobil einzusetzen – nicht mehr das Werkstück muss zum Roboter kommen, der Roboter ist mobil und bewegt sich autonom – und Roboter und Mensch können kollaborativ an einer Aufgabe arbeiten.

Im Bereich der KI-Forschung hat sich bei der Entwicklung autonomer Roboter die Teildisziplin des Planens herausgebildet. Hier werden Methoden entwickelt, die es gestatten, komplexe Handlungen zielorientiert vorauszuplanen und die zugehörigen Aktionsfolgen abzuspeichern, sodass sie bei Bedarf abgearbeitet werden können. Dabei ist es auch unabdingbar, Wissen über die Domäne, in der der Plan entwickelt werden soll, in formaler, für den Computer verfügbarer Form zur Verfügung zu haben. Einer der ersten mobilen Roboter war Shakey der Universität Stanford, für dessen Betrieb die Planungssprache STRIPS (STanford Research Institute Problem Solver) entwickelt wurde.

Eine wichtige Rolle in der R. spielen auch die internationalen Roboter-Fußball-Wettbewerbe. Hier spielen autonome Roboter verschiedener Größen und Formen gegeneinander Fußball, wobei keinerlei Kommunikation zwischen den Robotern erlaubt ist, sodass diese sich vollständig auf ihre Sensorik verlassen müssen. Hierbei handelt es sich keineswegs nur um Spielerei, vielmehr haben diese Wettbewerbe entscheidend zur Entwicklung des Forschungsgebietes „Autonome Roboter“ beigetragen. Die Wettbewerbe wurden nach und nach um neue Disziplinen erweitert – mittlerweile gibt es neben Fußball auch „Retten in Katastrophengebieten“ oder „Dienstleistungen in der Wohnung“.

Waren die ersten mobilen Roboter noch komplexe Computersysteme auf Rädern, so hat sich in den 1980er-Jahren die sog.e Nouvelle AI herauskristallisiert. Hierbei soll Intelligenz nicht ausschließlich durch Computer-Power erreicht werden, vielmehr soll ähnlich wie im Fall der Evolution intelligentes Verhalten durch stärkere Beachtung der Körperlichkeit erreicht werden. Rodney Allen Brooks war einer der Wegbereiter dieser neuen Art der KI, die er sehr eingängig in seinem Aufsatz „Elephants don’t play Chess“ (Brooks 1990) beschreibt.

So spielen in der modernen Roboterentwicklung die Körperlichkeit und die verschiedenen Sensoren eine wichtige Rolle. Insb. die SLAM-Technik (Self Localisation and Mapping) hat dazu geführt, die Autonomie von mobilen Robotern erheblich zu steigern. Sie können sich damit z. B. in Katastrophengebieten in unbekanntem Terrain bewegen und Karten des Geländes erstellen oder sich in großen Gebäuden orientieren und Wege planen. Ebenso haben die Erfolge im Bereich des maschinellen Lernens die Roboterentwicklung stark beeinflusst. Hier sind es insb. künstliche neuronale Netze, die es ermöglichen, Objekte in Kamerabildern zu erkennen und zu klassifizieren.

4. Humanoide Roboter

Humanoide Roboter sind Roboter, die menschenähnliche Form haben und ähnlich wie Menschen sich fortbewegen und greifen bzw. Objekte manipulieren. Bei zweibeinigen Robotern kann Gehen auf verschiedene Art und Weise realisiert werden; man unterscheidet statisches v dynamisches Gehen. Beim statischen Gehen ist der Körper des Roboters immer im Gleichgewicht; die Gelenke werden durch Motoren kontrolliert. Beim dynamischen Gehen dagegen „fällt“ der Körper bei jedem Schritt, die Kontrolle des Roboters ist daher schwieriger; die Vorteile sind größere Energieeffizienz und natürliches, menschenähnliches Gehen. Beim sog.en passiven dynamischen Gehen geschieht das Gehen z. B. auf einer schiefen Ebene ohne Energieaufwand. Die Form der Gelenke und Gliedmaßen zusammen mit der Schwerkraft ermöglichen hierbei die Fortbewegung.

5. Androide Roboter

Androide Roboter sind Roboter, die dem Menschen möglichst ähnlich sind. Verschiedene Forschergruppen beschäftigen sich mit der Konstruktion von Androiden, die nur schwer vom menschlichen Vorbild zu unterscheiden sind. Bes. bekannt geworden ist Hiroshi Ishiguro in Osaka, der Androide nach menschlichen Vorbildern konstruiert. Dabei werden Körperbewegungen und Mimik durch pneumatische Systeme gesteuert, sodass es mitunter schwerfällt, das Gegenüber als Androiden zu identifizieren. Ziel dieser Forschung ist die Entwicklung von autonomen Konversationspartnern, die in natürlicher Weise mit Menschen interagieren und in das tägliche soziale Miteinander integriert sind.

Wenn nun humanoide Roboter mit Menschen interagieren sollen, ist es bes. wichtig, dass Roboter sich auf natürliche, menschenähnliche Weise bewegen, Objekte greifen oder manipulieren. Hierzu werden auch Techniken des maschinellen Lernens eingesetzt, um Robotern die physikalische Interaktion mit Menschen beizubringen. Zunehmende Bedeutung bekommt das Gebiet der Soft-R., wo man versucht Technologien zu benutzen, die biologisch inspiriert sind. Mit weichen, organischen Materialien werden Bewegungsabläufe aus der Natur, wie z. B. das Greifen einer Hand, nachgeahmt. Solche Aspekte sind insb. dann wichtig, wenn Roboter mit Menschen kooperieren oder wenn sie in der Pflege von Menschen eingesetzt werden sollen.

Als uncanny valley bezeichnet man den Effekt, dass Menschen sich oft in Anwesenheit von sehr wenig menschenähnlichen Automaten wohlfühlen, mit ihnen kommunizieren, dass aber beim Umgang mit sehr viel menschenähnlicheren Androiden sich ein unheimliches Gefühl einstellt. Dieser Effekt spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Schnittstellen für die Mensch-Roboter-Interaktion. Auch kulturelle Unterschiede lassen sich im Umgang mit Robotern beobachten. Werden in westlichen Kulturen Einsätze von Robotern in Alltagssituationen oft skeptisch beurteilt, geht man im asiatischen Raum sehr viel ungezwungener damit um. Verschiedene Erklärungsmodelle reichen von religiösen (in christlichen Religionen ist es dem Menschen untersagt, Leben zu schaffen, gottgleich zu werden) über psychologische (Menschen haben Probleme mit Dingen, die auf der Grenze zweier Konzepte liegen – lebendig und tot wie ein Roboter) bis hin zu historischen Argumenten (in Mitteleuropa gab es im Gegensatz zu Asien eine industrielle Revolution [ Industrialisierung, Industrielle Revolution ], die für Arbeiter die Lebensbedingungen drastisch verschlechterten).

6. Autonome Fahrzeuge

Robotertechnik hat dazu beigetragen, dass autonome Fahrzeuge, die am Straßenverkehr ohne menschlichen Fahrer teilnehmen, in greifbare Nähe gerückt sind. Eine Reihe von Herstellern haben bereits Prototypen von autonomen, selbstfahrenden Fahrzeugen in der Erprobung. Dabei sind bereits heute in Serienfahrzeugen einzelne R.-Ergebnisse in der Form von Assistenzsystemen, etwa zum Fahrspurhalten, zur Kollisionsvermeidung oder zum Fahren in Stauzonen, im Einsatz. Die Möglichkeit, autonome Fahrzeuge am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, impliziert auch eine Reihe von ethischen Fragestellungen. So wird diskutiert, wie sich ein Fahrzeug in Dilemmasituationen entscheiden soll. Eine solche Situation wäre eine Verkehrssituation, in der das Fahrzeug sich blitzschnell entscheiden muss, einen Fußgänger zu überfahren oder beim Ausweichen gegen eine Mauer zu prallen und die eigenen Insassen zu gefährden. Ebenso unklar ist auch im Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen, wie und wer im Schadensfall haftet (Haftung). Ist es der Halter des Fahrzeuges oder ist es der Hersteller? Solche und ähnliche Fragen werden in Deutschland derzeit in verschiedenen Kommissionen der Bundesregierung diskutiert. In der Folge beschäftigen sich immer mehr Forschergruppen mit dem Problem der formalen Verifikation von Eigenschaften eines solchen autonomen Systems.

7. Militär und Roboter

Entwicklungen von autonomen Robotern sind auch für militärische Anwendungen von großem Interesse. Man könnte argumentieren, dass der Einsatz von Robotern auf dem Schlachtfeld der Zukunft hilft, weniger Menschenleben zu riskieren. Als Gegenargument lässt sich jedoch anführen, dass durch den Einsatz von Robotern und automatischen Waffensystemen die Hemmschwelle für Kriegshandlungen gesenkt wird. So gibt es mittlerweile eine internationale Bewegung mit dem Ziel, autonome Waffensysteme zu verbieten. Auch die Vereinten Nationen diskutieren im Rahmen der CCW ein mögliches Verbot von Killer-Robotern. Allerdings scheint es schwer zu sein, eine Grenze zu ziehen zwischen intelligenten Waffensystemen, die den Menschen unterstützen, und autonomen Systemen, die selbstständig Entscheidungen fällen.

8. Singularität und Transhumanismus

Roboter werden in Science-Fiction-Darstellungen oft als bedrohlich und die Menschheit gefährdend dargestellt. Dabei wird auch das böse Monster der Frankenstein-Geschichte angeführt. Allerdings ist in der Originalversion der Geschichte von M. Shelley („Frankenstein, or the Modern Prometheus“) das künstliche Wesen nicht von Natur aus böse, vielmehr entwickelt es sich erst zur Bestie, als es Gesellschaft und sein Schöpfer V. Frankenstein brutal zurückweisen. Gleichwohl wird das Golemhafte der R. und der KI gerne von Zukunftsforschern und Warnern aufgegriffen. Dabei wird ein Szenario geschildert, in dem sich die KI so exponentiell weiterentwickelt, dass sich Maschinen selbst verbessern werden und somit in vielen Bereichen den Menschen übertreffen und hinter sich lassen. Dieser Zeitpunkt wird als technologische Singularität bezeichnet und steht nach Meinung einiger prominenter Zukunftsforscher wie Ray Kurzweil in wenigen Jahrzehnten bevor. Eng verbunden ist diese Sichtweise auch mit dem Post- oder Transhumanismus. Hierbei geht man davon aus, dass der Mensch seine Lebensqualität, sein Aussehen und seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch den Einsatz von neuen Technologien beliebig verbessern kann.

9. Ausblick

Die weitere Entwicklung in der R. wird sicher dazu führen, dass Menschen und Roboter in vielen Anwendungsgebieten miteinander kooperieren. Industrieroboter werden in zunehmendem Maße autonomer und werden mit Menschen zusammen etwa in der Montage in Fabriken arbeiten. Im Bereich der Pflege werden Roboter unterstützend eingesetzt werden, aber wohl auch Ansprechpartner und Kommunikationshilfsmittel sein. Damit werden auch ethische und moralische Fragestellungen sowie die Frage nach Emotionen oder Bewusstsein von Robotern wichtiger und bedürfen der weiteren Untersuchung.