Rassismus

  1. I. Geschichte des Rassismus
  2. II. Rassismus als Gegenwartsproblem

I. Geschichte des Rassismus

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1. Ursprünge

Die Frage, seit wann es R. gibt, ist in der Forschung umstritten. Je nach Definition des R.-Begriffs werden Strukturen vormoderner Eroberungsgesellschaften, das Prinzip der „Blutsreinheit“ im frühneuzeitlichen Spanien oder der gedankliche Hintergrund der transatlantischen Sklaverei als rassistisch oder als nur Elemente einer Vorgeschichte des R. bezeichnet.

Die Geburt der modernen Rassenkonzepte liegt im 18. Jh. in den entstehenden Naturwissenschaften. Sie versuchten, die zahlreichen, mit der europäischen Expansion gewonnenen Kenntnisse zu systematisieren. Zu diesem Zweck wurden nicht nur Pflanzen und Tiere, sondern auch menschliche „Rassen“ klassifiziert. Diese Einteilung der Menschheit durch Gelehrte wie Carl von Linné, George Louis Leclerc de Buffon, Immanuel Kant oder Johann Friedrich Blumenbach führte dann auch zur Frage nach dem Ursprung der „Rassen“. Dabei standen Anhänger eines gemeinsamen Ursprungs (Monogenese) Theoretikern gegenüber, die von einer von Beginn weg getrennten Entwicklung (Polygenese) ausgingen.

2. Ausbreitung im 19. Jh.

Die Rassenkonzepte der Aufklärungszeit (Aufklärung) gewannen im 19. Jh. enorm an Wirkungsmacht. Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften etablierte sich zunehmend ein biologistisches Weltbild. Physische, intellektuelle und moralische Eigenschaften von Menschen oder Menschengruppen erschienen als von der Natur gegeben. Der Biologismus führte die Dominanz der Europäer über die Nichteuropäer wie auch die ungleiche Geschlechterordnung auf physische Unterschiede zurück, etwa auf die Größe des Gehirns. Ähnlich wurde die gesellschaftliche Schichtung erklärt und legitimiert. Schließlich galt nicht nur eine große Zahl physischer und psychischer Krankheiten als vererbt, sondern auch die Neigung zu Kriminalität, Alkoholismus oder Prostitution.

Vor diesem Hintergrund erschien es zentral, das physisch-anthropologische Wissen zu erweitern. Immer neue Maßgrößen zur Beschreibung von „Rassen“ wurden entwickelt. Einen wichtigen Zweig bildete die Schädelvermessung (Kraniologie), die aus der Form und Größe von Schädeln Erkenntnisse über die Intelligenz und andere Eigenschaften von „Rassen“ gewinnen wollte. Großangelegte Vermessungsaktionen ergaben allerdings zwiespältige Resultate. Das Auffinden „reiner Rassen“ rückte in immer weitere Ferne, je ausgeklügelter die Methoden zu deren Erfassung wurden. Dies regte allerdings kaum zur Infragestellung des Rassenkonzepts an.

Im 19. Jh. – und bei Herbert Spencer schon vor Charles Darwin – wurden die neu entdeckten naturgeschichtlichen Mechanismen der Evolution auf die menschliche Gesellschaft übertragen (Sozialdarwinismus). Gemäß dieser bei den europäischen und nordamerikanischen Eliten weit verbreiteten Vorstellung bestand zwischen Individuen, „Völkern“ und „Rassen“ ein Wettkampf ums Überleben, der als Motor jeglichen Fortschritts betrachtet wurde. Auf der wirtschaftlichen Ebene diente der Sozialdarwinismus der Rechtfertigung eines schrankenlosen Kapitalismus. Darüber hinaus gab es nach Ansicht vieler Sozialdarwinisten auch einen „internationalen Daseinskampf“. Dabei siege, wie es der Geograph Alfred Kirchhoff 1884 ausführte, stets das physisch und sittlich tüchtigere Volk. Der Sozialdarwinismus konnte damit auch Imperialismus und R. bis hin zum Völkermord legitimieren.

Vor dem Hintergrund von Biologismus und Sozialdarwinismus erschien ab dem späten 19. Jh. der gezielte Eingriff in die Vererbung als wichtiger Schlüssel zur Verbesserung der Gesellschaft. Für solche Versuche einer Höherzüchtung der Menschheit prägte der britische Naturforscher Francis Galton 1883 den Namen Eugenics. Im ausgehenden 19. Jh. verbreitete sich eugenisches Gedankengut in allen Industriestaaten. Zu Hochburgen wurden die USA, wo über 30 Bundesstaaten Zwangssterilisationsgesetze erließen, skandinavische Länder sowie das Deutsche Reich, wo man die Eugenik als „Rassenhygiene“ bezeichnete.

Auch die Sprachwissenschaft trug zur Entwicklung rassistischer Denkmuster bei. Spielten die Philologien einzelner Sprachen ab dem späten 18. Jh. eine wesentliche Rolle bei der Formierung von Nationalbewegungen, so konstruierte die vergleichende Sprachwissenschaft über den Nationen stehende Kollektive durch die Analyse von Sprachverwandtschaften. Nicht nur die Sprachen, sondern auch deren Sprecher schienen dann miteinander verwandt zu sein. Großgruppen wie die „Germanen“, „Slawen“ und „Romanen“ wurden auf diese Weise sprachwissenschaftlich begründet und bald als „Rassen“ mit spezifischen intellektuellen und charakterlichen Eigenschaften betrachtet.

Die Sprachwissenschaft entdeckte unterdessen noch umfassendere Verflechtungen, die ebenfalls ethnisiert wurden. Aus Sprachfamilien wurden so Völkergruppen, die angeblich vom selben „Urvolk“ abstammten. Die wichtigsten ethnisierten Sprachfamilien waren die indoeuropäischen und semitischen Sprachen. Um 1800 wurde die Verwandtschaft des Sanskrit mit zahlreichen europäischen Sprachen entdeckt. Daraus entwickelte sich rasch ein Indien-Mythos. Der Begriff „Arier“ wurde von einer Selbstbezeichnung der Sanskrit-Sprecher zum Synonym für alle „Indogermanen“, und es verbreitete sich die Vorstellung, Sprache und Kultur der ganzen Alten Welt seien in einer Kolonisationsbewegung der „Arier“ von Indien ausgegangen. Ariertheorien gingen in Vorstellungen über Rassenkämpfe ein, die in der zweiten Hälfte des 19. Jh. den Ariermythos z. T. mit sozialdarwinistischen Gedankengängen verknüpften. Wichtige Autoren waren Joseph Arthur Comte de Gobineau mit seinem Essay „Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen“ (4 Bde., 1853–1855), Houston Stewart Chamberlain, dessen Hauptwerk „Grundlagen des XIX. Jahrhunderts“ (1899) zu einem internationalen Bestseller wurde, oder die Esoteriker (Esoterik) Guido von List und Jörg Lanz von Liebenfels.

Das biologistische Denken förderte eine enge Symbiose des R. mit dem im 19. Jh. zum zentralen Identifikationsfokus aufsteigenden Nationalismus. Die Begriffe „Rasse“, „Volk“ und „Nation“ wurden zunehmend vermischt. Zugl. wurden die Differenzen zum „Anderen“ und „Fremden“ biologisiert. Die Unterschichten betrachtete man zunehmend als genetisch minderwertig. Zum Studium der physischen Besonderheiten von Kriminellen entstand eine eigene Disziplin, die Kriminalbiologie. Juden, die in den Rassenklassifikationen des 18. Jh. noch kaum eine Rolle gespielt hatten, wurden alsbald nicht mehr primär als Anhänger einer „fremden“ Religion, sondern als fremde „Rasse“ betrachtet. Als Gegenbewegung zur Emanzipation in vielen Ländern West- und Mitteleuropas entstand im letzten Drittel des 19. Jh. der moderne Antisemitismus. Mit der Selbstbezeichnung „Antisemiten“ wollten die Judenhasser zum Ausdruck bringen, dass sie nicht „mittelalterliche“ religiöse Vorurteile weitertrugen, sondern sich auf der Höhe der wissenschaftlichen Erkenntnisse befänden. Daneben, und teilweise damit vermischt, lebte indessen auch der religiös begründete Antijudaismus weiter. Der sich gegen Menschen mit nicht-sesshafter Lebensweise richtende Antiziganismus argumentierte ebenfalls zunehmend biologistisch. Die „Zigeuner“, die bisher als Ausgeburt des Teufels verfemt worden waren, erschienen nun als ein fremdes „Volk“, das sich mit genetisch „minderwertigen“ Elementen der eigenen Unterschichten vermischt habe und durch administrative sowie eugenische Methoden zu bekämpfen sei.

Schließlich spielte der biologistische R., vermischt mit sozialdarwinistischen Denkmustern und der Ideologie der Zivilisierungsmission, auch eine zentrale Rolle als Begründungselement der kolonialimperialistischen Ausbreitung. Die globale Herrschaft der „weißen Rasse“ erschien als Triebkraft des Fortschritts der gesamten Menschheit. Dies legitimierte dann auch die weitgehende Ausrottung indigener Bevölkerungen, sei es durch langanhaltende Marginalisierung infolge von Massakern, Krankheiten und Entzug der ökonomischen Lebensgrundlagen wie in den Siedlerkolonien in Nordamerika und Australien, sei es durch genozidale Herrschaftsdurchsetzung wie in Deutsch-Südwestafrika von 1904 bis 1908.

3. Eskalation im 20. Jh.

Nach der Wende zum 20. Jh. entwickelten sich die verschiedenen Spielarten des Biologismus weiter. Die Eugenik etablierte sich als wissenschaftliche Disziplin und als biopolitische Praxis. In den USA wurden bis in die 70er Jahre etwa 70 000 Menschen zwangssterilisiert, darunter viele afroamerikanische Häftlinge. Auch die US-Einwanderungspolitik erhielt eine eugenische und rassistische Prägung. In den 1920er und 1930er Jahren erließen verschiedene europäische Länder Zwangssterilisationsgesetze. 1934 wurde im Deutschen Reich das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Kraft gesetzt, auf dessen Grundlage bis 1945 etwa 400 000 Zwangssterilisationen vorgenommen wurden, an denen rund 5 000 Menschen starben.

Der im letzten Drittel des 19. Jh. entstandene Rassenantisemitismus verbreitete sich ebenfalls. Daneben hielt sich der religiöse Antijudaismus, der insb. in Osteuropa wiederholt zu Pogromen führte. Nach der Russischen Revolution entstand das Phantasma des „Judeo-Bolschewismus“, nämlich die Vorstellung, der Kommunismus sei eine jüdische Strategie zur Unterwerfung der Welt. Dazu passten die zuerst 1903 in St. Petersburg erschienenen „Protokolle der Weisen von Zion“. Es handelt sich dabei um eine gefälschte Rede eines namenlosen jüdischen Führers über Taktik und Ziele einer Weltverschwörung (Verschwörungstheorien). Nach der Oktoberrevolution machten russische Exilkreise den Text im Westen bekannt, und ab 1920 erschienen zahlreiche Übersetzungen. Anfänglich weitherum für authentisch gehalten, schon in den frühen 20er Jahren aber als Fälschung entlarvt, spielten die „Protokolle“ dann eine wichtige Rolle in der NS-Propaganda. Neue rechtliche Diskriminierungen gab es bereits in den frühen 20er Jahren mit Beschränkungen des Hochschulzugangs für jüdische Studenten in Ungarn (1920) und Polen (1923).

Der Kolonial-R. nahm nach der Phase gewaltsamer europäischer Herrschaftsetablierung unterschiedliche Formen an. Dazu gehörten die zwangsweise Assimilierung von Indigenen, etwa durch Kindeswegnahmen (z. B. in Australien zwischen 1910 und 1970), aber auch die institutionalisierte Rassentrennung. An der britischen Politik des colour bar (Farbenschranke) orientierten sich bald auch andere Kolonialmächte wie Deutschland. Ob von den kolonialen Mischeheverboten eine direkte Linie zur nationalsozialistischen Gesetzgebung gezogen werden kann, ist in der Forschung allerdings umstritten. Die Apartheid in Südafrika zwischen 1948 und 1994 stellte eine Weiterführung und Systematisierung der kolonialen Rassentrennungspolitik dar.

Ähnlichkeiten damit hatte die Rassensegregation in den amerikanischen Südstaaten. Nach dem Verbot der Sklaverei versuchten die Südstaaten, die rechtliche Gleichstellung der afroamerikanischen Bevölkerung mit den sog.en Jim-Crow-Gesetzen zu verhindern, die auf eine umfassende Segregation abzielten. Die Ausübung ihres Wahlrechts wurde Afroamerikanern durch allerlei Tricks verwehrt. Die Diskriminierung beschränkte sich indessen nicht auf die Südstaaten. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg waren in 30 Bundesstaaten Heirat und Geschlechtsverkehr zwischen „Schwarzen“ und „Weißen“ verboten. Erst in den 1950er und 1960er Jahren wurde die rechtliche Segregation schrittweise abgeschafft.

Die Weltanschauung des Nationalsozialismus amalgamierte verschiedene rassistische Elemente mit einem extremen Nationalismus. Schon 1933 entstanden erste Gesetze, die auf die Diskriminierung von Juden und anderen Minderheiten abzielten. Mit den „Nürnberger Rassengesetzen“ von 1935 erhielt diese improvisierte rassistische Gesetzgebung dann einen umfassenden Rahmen. Verschiedene Bestimmungen der Nürnberger Gesetze wurden auch auf Sinti und Roma sowie auf Afrodeutsche übertragen. 1937/38 verschob sich in der aus rechtlichen Diskriminierungen und physischen Verfolgungen bestehenden Strategie des NS-Antisemitismus das Gewicht immer mehr in Richtung der letzteren. Während des Zweiten Weltkriegs eskalierte der deutsche R. dann in einem großangelegten Völkermord. Genozidale Züge trugen auch die Verfolgungen anderer Minderheiten sowie der slawischsprachigen Bevölkerungen in den eroberten Gebieten, ebenso die eigenständig betriebenen Verfolgungen von Juden und anderen Minderheiten in Kroatien, Rumänien und Ungarn.

II. Rassismus als Gegenwartsproblem

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Die NS-Verbrechen diskreditierten den biologistischen R. auf der politischen Ebene nachhaltig. Das 1950/51 veröffentlichte UNESCO Statement on Race wandte sich unmissverständlich gegen Rassenvorurteile (Vorurteil). Die Dekolonisation und die Bürgerrechtsbewegung in den USA drängten den politischen R. in den 1950er und 1960er Jahren weiter in die Defensive. Die auf rassistischen Grundlagen beruhenden Regime in Rhodesien und Südafrika gerieten in internationale Isolation und brachen 1980 bzw. 1994 zusammen. Dennoch leben in der Gegenwart verschiedene Spielarten des R. weiter. Ihrer Erforschung widmen sich Disziplinen aus der ganzen Palette der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Daraus resultiert eine kaum zu überblickende Theorienvielfalt, die das Phänomen bald auf individueller, bald auf gesellschaftlicher oder gar weltsystemischer Ebene analysiert und Inspirationen von verschiedenen Ansätzen bezieht, z. B. der Ideengeschichte, dem Marxismus, der Psychoanalyse oder dem Poststrukturalismus.

1. Biologistischer und kulturalistischer Rassismus

Der wissenschaftliche R. lebte nach 1945 trotz wachsender Zweifel an der Wissenschaftlichkeit des Rassenkonzeptes zunächst weiter, verlagerte sich indessen zunehmend von der physischen Anthropologie in die Intelligenzpsychologie. Diese Debatten wurden fast vollständig in Nordamerika geführt, wo sie von tagespolitischer Relevanz waren. Mit der Etablierung der modernen Genetik wurde indessen die Existenz menschlicher „Rassen“ fragwürdig: Traditionelle phänotypische Rassenklassifikationen galten nun definitiv als unwissenschaftlich, während der genotypische Rassenbegriff von einem großen Teil der Fachwelt ebenfalls abgelehnt wird.

Nach der Diskreditierung des biologistischen R. und seiner Isolation am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums entstanden neue Formen der Differenzkonstruktion, die in der Forschung als „kultureller Neo-R.“ oder „R. ohne Rassen“ bezeichnet werden. Die Forderung nach Trennung verschiedener Menschengruppen wird hier nicht mehr biologistisch, sondern kulturalistisch begründet. Ansonsten werden aber viele Argumentationsmuster des klassischen R. übernommen: „Kultur“ erscheint als fixe Größe, die sich nicht oder nur sehr langsam wandelt, und zu der Individuen entweder vollständig oder aber gar nicht gehören. Damit ignoriert diese Vorstellung nicht nur den rasanten kulturellen Wandel in der modernen und postmodernen Welt, sondern blendet auch Phänomene weitgehend aus, die in den Kulturwissenschaften etwa als „Hybridität“ oder „Transkulturalität“ bezeichnet werden. Dieser Neo-R. erlangte um die Jahrtausendwende erheblichen Einfluss in Politik und Gesellschaft. In extremer Form wird er z. B. von den „Identitären“ vertreten.

2. Alltäglicher und struktureller Rassismus

Der kulturalistische Neo-R. ist heute auch die Basis von Alltags-R., selbst wenn in diesen weiterhin biologistische Elemente einfließen. Die R.-Forschung versteht unter Alltags-R. Praktiken und Denkschemata sozialer Gruppen, die ein „Wir“ konstruieren und von dieser Position aus die Feststellung von Andersartigkeit gegenüber den „Anderen“ machtvoll äußern oder praktizieren, meist mit der Folge, dass die als „anders“ Kategorisierten ausgeschlossen werden. Alltäglicher R. lässt sich – häufig unbewusst – sowohl im Alltagshandeln als auch in der medialen Berichterstattung beobachten und wird in der politischen Debatte, insb. in Wahlkämpfen, auch immer wieder adressiert.

Demgegenüber bezeichnet die Forschung als strukturellen (oder institutionellen) R. solche Praktiken, die von Institutionen der Gesellschaft, Gesetzen und Normen ausgehen, und zwar unabhängig davon, ob die Akteure innerhalb der Institutionen absichtlich rassistisch handeln oder nicht. Auch Staaten, die rassistisches Handeln und entspr.e Propaganda unter Strafe stellen, sind vor institutionellem R. nicht gefeit. Als Beispiele von strukturellem R. gelten etwa systematische Benachteiligungen im Bildungssystem, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, aber auch behördliche Methoden des „racial profiling“.

3. Politischer Rassismus

Auch auf der politischen Ebene hat der kulturalistische den biologistischen R. weitgehend verdrängt oder überdeckt. Rechtsextreme Parteien (Extremismus) mit offen biologisch-rassistischem Gedankengut sind in den stabilen europäischen und nordamerikanischen Demokratien i. d. R. isoliert. Allerdings gelingt es ihnen zuweilen, einen größeren Wählerzuspruch zu erzielen (z. B. die NPD 1966–1969 und 2004–2011, oder die British National Party 2001–2009).

Dauerhafter haben sich dagegen Parteien etabliert, die in der Politikwissenschaft als „rechtspopulistisch“ (Populismus) bezeichnet werden. Sie verbinden meist Xenophobie mit aggressiver Propaganda, Kritik am politischen „Establishment“, „law and order“-Parolen und kulturellem Konservatismus sowie z. T. mit einem Führerkult. Den oft an diese Bewegungen gerichteten R.-Vorwurf pflegen sie in zweideutiger Art zurückzuweisen, die weder die nationalkonservativen, wirtschaftsnahen und unterbürgerlichen noch die rechtsradikalen Segmente ihrer Wählerschaft verprellen soll. Seit den späten 1970er Jahren haben sich solche Strömungen in den meisten europäischen und nordamerikanischen Demokratien etabliert, und seit den 90er Jahren haben sie trotz ihres demonstrativ oppositionellen Profils in verschiedenen Ländern in Regierungen mitgewirkt.

4. Rassistische Gewalt

Zugl. – und mit verschwommenen Grenzen zu den offen rassistischen Parteien – existieren in zahlreichen Ländern rechtsextreme Subkulturen. Wichtige Elemente dieser Szenen sind Versatzstücke rassistischer und nationalistischer Ideologien, das Auftreten in stark männerbündischen Gruppen, spezifische Stile in Kleidung und Musik („Rechtsrock“) sowie die Vernetzung über das Internet. In Deutschland sind solche Gruppen seit Mitte der 1990er Jahre in sog.en Freien Kameradschaften organisiert. Gewalt gegen als „anders“ Kategorisierte spielt in solchen Gruppen eine wichtige Rolle. Die Grenze zu organisiertem Terrorismus ist dabei fließend. Gemäß dem BMI sind in Deutschland von 1990 bis 2015 nicht weniger als 75 Menschen bei Anschlägen mit rechtsextremem Hintergrund ermordet worden.