Qualitätsmanagement

Allg. steht Q. „für alle Maßnahmen einer Institution, die dazu dienen sollen, Qualität zu schaffen, zu sichern und zu verbessern“ (Bakic 2006: 218). Konkretisierung erfährt es in der Umsetzung in verschiedenen Q.-Systemen: „A quality management system is a way of defining how an organization can meet the requirements of its customers and other stakeholders affected by its work“ (ISO 2015: 3). Das Leistungsversprechen des Q.s bezieht sich in modernen Industriegesellschaften primär auf Ziele wie Gewinnmaximierung, Effizienzsteigerung sowie Optimierung des Innovationspotenzials, der Kundenzufriedenheit und der Nachhaltigkeit – angesichts eines wettbewerbsorientierten bzw. globalisierten Marktes, zunehmender gesetzlicher Vorgaben und des damit verbundenen Komplexitätszuwachses im Management. Den stark formalisierten Regelwerken des Q.s liegt die Vorstellung eines kontinuierlich fortzuschreibenden Regelkreises zugrunde, der i. d. R. folgende Phasen umfasst:

a) Entwurf von Verbesserungsoptionen im Hinblick auf Produkte, Ergebnisse oder Prozesse innerhalb einer institutionellen Einheit,

b) vorläufiger Test der Maßnahmen,

c) Überprüfung ihrer Wirkung und – bei Erfolg –

d) organisationsweite Einführung (auch „PDCA“-Prinzip: Plan, Do, Check, Act; Deming-Rad oder Shewhart Cycle).

1. Geschichte

Ähnlich der Evaluation finden sich Vorboten des Q.s v. a. in den USA in frühen tayloristischen und fordistischen Anstößen zur Produkt-„Kontrolle“ sowie in Konzepten fehlervermeidender Qualitäts-„Prüfung“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden umfassendere Ansätze der „Qualitätssicherung“ aus Japan rezipiert; bspw. Kaizen, das im deutschsprachigen Raum unter dem Begriff „Kontinuierlicher Verbesserungsprozess“ Einzug gehalten hat. Als markant für Europa gelten die Gründung der British Standards Institution 1979 und das Jahr 1988, in dem die European Foundation for Quality Management (EFQM) ihre Arbeit aufnahm. Die Entwicklung des Q.s kann insgesamt als Expansion beschrieben werden: ausgehend von punktueller Ergebnisqualität über die Berücksichtigung damit verbundener Arbeitsprozesse, Kunden- und Akteursgruppen bis hin zu Steuerung und Progression der Gesamtorganisation im Sinne eines Total Quality Management (TQM). Unter weiterer Differenzierung der Q.-Systeme wurde der Grundgedanke dabei von privatwirtschaftlichen auf nichterwerbswirtschaftliche Organisationen übertragen und als Verfahren z. T. auch gesetzlich vorgeschrieben. Zu den Haupteinsatzfeldern gehören Industrie und Dienstleistung (etwa in den Branchen Automobil, Luft- und Raumfahrt, Bau, Pharmazie oder Lebensmittel), öffentliche Verwaltung, Gesundheitswesen, Forschung sowie der Sozial- und Bildungsbereich (u. a. in Frühförderung, Schule, Hochschule, Beratung, sozialer Arbeit und Weiterbildung).

2. Modelle

Je nach Sektor haben sich in der Praxis einige dominante Varianten des Q.s durchgesetzt, deren Weiterentwicklung über die Jahre hinweg einerseits einer zunehmenden Spezifizierung für die jeweiligen Einsatzbereiche unterliegt, anderseits auch von gegenseitiger Annährung auf inhaltlicher wie instrumenteller Ebene geprägt ist. Weit verbreitet sind die Modelle, die unter den Akronymen ISO 9000 ff. und EFQM firmieren: ISO steht für Internationale Organisation für Normung, eine transnationale Vereinigung mit Mitgliedern aus inzwischen über 160 Ländern; Deutschland wird hier durch das Deutsche Institut für Normung vertreten. Für den Bereich des Q.s ist in erster Linie die Normenreihe ISO 9001 von Relevanz. In diesem Modell steht die Erfüllung externer Vorgaben im Vordergrund, i. S. einer Grundstruktur von „Managementsystemnormen“, die u. a. die Bereiche „Kontext der Organisation“, „Führung“, „Planung“, „Unterstützung“ oder „Betrieb“ operationalisieren. Im Gegensatz zur ISO-Serie handelt es sich beim EFQM-Modell um einen stärker wettbewerbsorientierten Ansatz, der als Antwort auf US-amerikanische und japanische Quality Award-Systeme konzipiert wurde. Es basiert auf einem an Kernkriterien orientierten Schema zur Selbstbewertung („Grundkonzepte der Excellence“ [EFQM 2003]), das einen Vergleich der „Reife“ von Organisationen i. S. d. TQM zulässt. Daneben wurde etwa für den öffentlich-administrativen Sektor in Europa das Common Assessment Framework als Instrument zur Selbstbewertung i. S. einer Stärken-Schwächen-Analyse eingeführt. Weitere spezialisierte Verfahren sind u. a. der Ansatz der Capability Maturity Model Integration für organisationale Einheiten im Bereich Forschung und Entwicklung, die unter Six Sigma bekannte Methode des Q.s anhand eines Systems statistischer Kennzahlen oder das eher an Organisationsentwicklung ausgerichtete Modell der Lerner- und Kundenorientierten Qualität in Bildung, Beratung und sozialer Dienstleistung.

Allg. geht es in allen Varianten des Q.s um Qualität i. S. d. Erfüllung von Anforderungen – und damit um die Frage, wer diese Anforderungen definiert sowie ihre Erfüllung prüft und attestiert. Mit fließendem Übergang zwischen den Polen können dabei eher statische und eher dynamische Modelle unterschieden werden, wobei für die ersteren die Normen vorgegeben sind und extern geprüft werden (Zertifizierung, Akkreditierung), während bei den dynamischen Spielarten der Akzent auf die interne Ermittlung von Standards und die organisationale Weiterentwicklung gesetzt wird (Lernende Organisation).

3. Problematik

Insgesamt stellt sich die Q.-Debatte als ein relativ polarisierter Gesamtdiskurs dar, der sich zwischen – oft euphorischen – Erfolgsversprechen bzw. Machbarkeitsvorstellungen und skeptischen, auch polemischen Absagen an Steuerungsfantasien sowie Warnungen vor den Nebenfolgen des Q.s bewegt. Kontroverse Fragen sind dabei: Inwiefern kann die Spezifik einer Organisation anhand generalisierter, standardisierter Kriterien angemessen objektiviert werden? Mit welcher Legitimation werden qualitätsrelevante Maßstäbe von wem gesetzt und bewertet? Handelt es sich beim Q. um eine Aufgabe des (oberen) Managements oder fällt es in die Zuständigkeit aller Beteiligten, d. h. wie ist es um das Verhältnis von Verantwortung, Partizipation bzw. Interessensvertretung bestellt? Inwieweit ist die Status quo-Orientierung der Verfahren mit einer Entwicklungsoffenheit der Institution angesichts einer ungewissen Zukunft zu vereinbaren? In welchem Maße ist die Spannung zwischen der Steuerbarkeit von Ergebnissen bzw. Prozessen und kontingenten Ereignissen auszubalancieren? In welcher Relation steht der (nicht nur bürokratische) Aufwand der dauerhaften Implementierung von Q.-Systemen zu ihrem Nutzen? Vor dem Hintergrund welcher Menschen- und Gesellschaftsbilder wird dieser Nutzen bestimmt?