Patronat

1. Begriff

Das P. umfasst die Rechte und Pflichten, die den Stiftern kirchlicher Gebäude oder von Benefizien (materielle Ausstattung von kirchlichen Ämtern) und deren Rechtsnachfolgern bezgl. dieser Gebäude oder Benefizien zustehen. Es wird zwischen weltlichem und geistlichem, öffentlichem und privatem, unbelastetem und belastetem P. unterschieden. Das persönliche P. endet entweder mit dem Ableben des Patrons (höchstpersönliches P.) oder dem Aussterben des berechtigten Personenverbandes (Familien-P.). Realpatronatsrechte waren mit einer Grundherrschaft verbunden.

2. Römisch-katholische Kirche

Das in ganz Europa verbreitete P. gründete im fränkischen Eigenkirchenwesen des Frühmittelalters. Wer auf seinem Grund eine Kirche erbaute und dotierte oder durch Kauf, Tausch oder Erbschaft erwarb, konnte über ihre Einnahmen verfügen, sie verkaufen, vertauschen, vererben und über Anstellung und Entlassung des Geistlichen entscheiden. Im Rahmen der Gregorianischen Reformen bemühte sich die Kirche darum, die Rechte der Eigenkirchenherren zu beschneiden und in Privilegien umzudeuten, ohne auf ihre Funktion für die Erhaltung der Kirchengebäude verzichten zu müssen. Das um 1140 entstandene und dann in den CIC übernommene „Decretum Gratiani“ beschränkte die Rechte von Laien an Kirchen auf die Auswahl des Priesters, die Teilhabe an der Verwaltung des Kirchenvermögens und das Recht auf Unterstützung im Notfall. Die Kirchengebäude konnten nicht mehr verkauft, vertauscht oder vererbt werden. Erstmals wurde dieses neue Rechtsinstitut in der „Summa Rufini“ (um 1165), einem Kommentar zum „Decretum Gratiani“, als ius patronatus bezeichnet und von einer eigentümerähnlichen Stellung abgegrenzt. Mit der Gesetzgebung des Vierten Laterankonzils (1215) kam die Entwicklung des P.s im Wesentlichen zum Abschluss.

Ordentliche Erwerbstitel waren nach kanonischem Recht fundatio (Widmung eines Grundstücks zur Erhaltung einer Kirche), aedificatio (Finanzierung des Kirchenbaus) und dotatio (Ausstattung einer bereits vorhandenen Kirche). Während dem Patron als wesentliche Pflicht i. d. R. die Baulast (belastetes P.) oblag, stand ihm als wichtigstes Recht zu, den zuständigen kirchlichen Behörden einen geeigneten Kandidaten für die Besetzung rechtsverbindlich vorzuschlagen (Präsentationsrecht). Darüber hinaus war mit dem P. das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltung des Kirchenvermögens und das Zustimmungsrecht bei Veränderungen im Umfang des Benefiziums verbunden. Außerdem konnte der Inhaber des P.s im Notfall Unterstützung beanspruchen. Schließlich verfügte er über Ehrenrechte (Familienwappen, Ehrenplatz und Begräbnis in der Kirche, Fürbitte, Vorrang bei Prozessionen, bes.e Trauerriten). Erlöschen konnte das P. durch Verzicht des Inhabers (bei belastetem P. nur mit Zustimmung der kirchlichen Behörden), Ende der betreffenden kirchlichen Anstalt, Aufhebung durch Vertrag oder durch kirchliches Recht.

Das Konzil von Trient (1545–63) brachte dann Einschränkungen spätmittelalterlicher Auswüchse, wonach auch Privilegierung und Ersitzung ein P. hatten begründen können. Außerdem wurde bestimmt, dass der Patron nur subsidiär baupflichtig sein sollte und auch nur dann, wenn er tatsächliche Einkünfte (z. B. Zehnten) aus der betreffenden kirchlichen Anstalt bezog. Zunächst sollte die Kirchenstiftung baupflichtig sein, dann der Nutznießer (Patron), dann der Pfründeninhaber, schließlich die Gemeinde.

3. Protestantische Kirchen

Während die reformierten Kirchen das P. ablehnten und mit wenigen Ausnahmen (z. B. Kurpfalz, Ostfriesland) abschafften, wurde es in der anglikanischen Kirche und im Luthertum übernommen. Dies geschah dort auf der Grundlage des kanonischen Rechts. Aufgrund des summepiskopalen landesherrlichen Kirchenregiments geriet das lutherische P. schließlich unter die Herrschaft des staatlichen Rechts. Das PrALR (1794) enthielt eine umfassende Regelung des P.s. und legte in Abweichung vom kanonischen Recht fest, dass das P. nur durch staatliche Verleihung erworben werden konnte.

4. Das Ende

Im 19. Jh. geriet das P. als Beeinträchtigung des freien kirchlichen Besetzungsrechtes zunehmend in die Kritik. Der CIC von 1917 enthielt noch umfangreiche Bestimmungen über das P., untersagte jedoch die Neubegründung und empfahl den Verzicht. In der BRD wurden die P.e verstärkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vertraglich abgelöst. Das MP „Ecclesiae Sanctae“ (1966) verlangte im Anschluss an die Konstitution CD (1965) des Zweiten Vatikanischen Konzils die Freiheit des Bischofs bei der Besetzung von Pfarreien. Im CIC von 1983 ist das P. nicht mehr erwähnt.

Die Abschaffung protestantischer P.e begann mit dem Verlust adeliger Privilegien durch die Novemberrevolution von 1918/19. Nach und nach wurden unbelastete P.e kirchengesetzlich aufgehoben, belastete durch Vertrag abgelöst. In der DDR konnte das P., obschon faktisch unwirksam, überdauern und wurde nach der Wende im Rahmen von Kirchenverträgen neu geregelt. Da viele Inhaber von P.en nicht mehr in der Lage waren, ihren Pflichten nachzukommen, war die Bereitschaft zu Verzicht bzw. vertraglicher Ablösung groß. Zu Beginn des 21. Jh. bestanden nur noch wenige P.e.

5. Landesherrliches Patronat

Das landesherrliche P. ist ein unechtes, da außerhalb des kanonischen Rechts begründetes. Zu Beginn des 19. Jh. versuchten insb. die süddeutschen Staaten (Bayern, Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Nassau) ein landesherrliches P. gegenüber der katholischen Kirche durchzusetzen und so das Kirchenregiment protestantischer Territorien nachzuahmen. Als Rechtsnachfolger der säkularisierten Klöster beanspruchten diese Staaten deren Präsentationsrechte. Darüber hinaus wurde das P. dort beansprucht, wo kein anderes bestand. Die Rechte der Diözesanbischöfe sollten dadurch massiv eingeschränkt und das Staatskirchentum gegenüber allen Konfessionen durchgesetzt werden. Bayern verzichtete bereits im Konkordat von 1817 wieder auf das landesherrliche P., die anderen Staaten meist im Laufe des 19. Jh., da es der staatsliberalen Konzeption der Trennung von Staat und Kirche nicht entsprach. Schließlich wurde es durch die WRV 1919 aufgehoben, während echte Staats-P.e (fiskalische P.e) weiterbestehen konnten.