Opposition

  1. I. Opposition aus politikwissenschaftlicher Perspektive
  2. II. Opposition aus rechtswissenschaftlicher Perspektive

I. Opposition aus politikwissenschaftlicher Perspektive

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1. Definition

O. ist die im Willensbildungsprozess pluralistisch-demokratischer Systeme definierte Position und Funktion der an Regierungsbildung und -führung nicht beteiligten Gruppierungen im Parlament. So sah das BVerfG die freiheitliche demokratische Grundordnung in seiner Definition von 1952 (BVerfGE 2,1 [13]) letztlich im Recht auf Bildung einer (parlamentarischen) O. verwirklicht und hat dies 2016 im „Grundsatz effektiver Opposition“ (BVerfGE 142, Rdnr. 90) mit verfassungsrechtlicher Geltungskraft ausgestattet. „Effektivität“ verdeutlicht einerseits die Position im zentralen politischen Entscheidungssystem, anderseits die jeweils autonom bestimmte aktualitäts- und opportunitätsorientierte Wahrnehmungsvielfalt oppositioneller Funktionen in Parlament und Öffentlichkeit, gestützt auf politische Kontrollrechte (Politische Kontrolle) und auf Aktionsfähigkeit sichernde materielle Ausstattung (Oppositionsbonus). Zahlreiche deutsche Länderverfassungen erheben die O. zum Verfassungsrang.

O. als parlamentarische Kontroll- und Initiativinstanz ist zu unterscheiden von alltäglicher kontroverser Partizipation an der politischen Willensbildung, von verfassungsrevisionistischen oder revolutionären Bewegungen, die den Grundkonsens aufkündigen, von Widerstand als einem Notstand, der durch die Unrechtmäßigkeit von Gewalt- und Willkürherrschaft begründet wird, und von zivilem Ungehorsam. Pluralismus und Konkurrenzdemokratie sind ihre Voraussetzungen. Freiheitliche Qualität eines politischen Systems und offene Struktur politischer Willensbildung hängen nicht zuletzt von ihren effektiven Wirkungsmöglichkeiten ab. Umgekehrt setzt O.s-Freiheit einen vorausliegenden allg.en Grundkonsens (Konsens) über die politische Ordnung voraus.

2. Kritik – Kontrolle – Alternative: Funktionstrias seit 1749

Schon als der Begriff O. im 18. Jh. in England erstmals zur Bezeichnung politischen Verhaltens gebraucht wurde, definiert er jene „Partei“ im Parlament, die sich im Gegensatz zur Regierungs„partei“ befand. Voraussetzung dafür war die Herausbildung eines Konsenses über die Prinzipien der Verfassung. Constitution und government konnten begrifflich getrennt werden, wodurch sich Maßstäbe für das Regierungshandeln wie das Aktionsfeld der O. erschließen.

Henry St. John Bolingbroke formulierte 1749 auf diesem Hintergrund seine bis heute erstaunlich moderne O.s-Theorie, die auf die Verschmelzung von Legislative und Exekutive und die Position der nicht an der Macht beteiligten parlamentarischen Gruppierungen reagierte. Dieser Dualismus kennzeichnet parlamentarische Regierungssysteme.

H. St. John Bolingbroke erkannte ihn schärfer als es vielfach heute geschieht, indem er die Aktionsform der O. als „bleibende und in sich gerechtfertigte Form zu begründen suchte und mit eigenem Ethos ausstattete“ (Kluxen 1953: 165). Demnach war es Aufgabe der O., die Regierungsgewalt zu beschränken und die balance of powers zu gewährleisten, auf der Basis eines politischen Alternativprogramms (system of conduct) Kontrolle zu üben und gegen korrupte Regierungen den Nachweis der Möglichkeit eines strikt an der Verfassung orientierten Führungskonzepts zu erbringen und dadurch als wahre Vertreterin eines moralisch überlegenen Patriotismus eine Rotation in den Führungsämtern zu erzwingen – wenn zunächst auch nur unter Parteigängern der Krone. Doch war diese Art des Regierungswechsels die wesentliche Vorstufe zur eigenen Machtübernahme als Alternativregierung in späterer Zeit. Theoretisch war die bis heute gültige Funktionstrias Kritik, Kontrolle und Alternative von Beginn an ausgeprägt und offen für das parlamentarische Regierungssystem, das sich erst an seiner Schwelle befand. Der O. war ein aktiver Platz im Herrschaftsgefüge und ein öffentliches Amt zugewiesen, die Formel „His Majesty’s Opposition“ positiv antizipiert, wenn auch deren rechtliche Sanktionierung noch bis zur Anerkennung des öffentlichen Amtes des O.s-Führers 1937 dauerte.

Gleichwohl hat erst der Pluralismusbegriff der Neuzeit den Kern offener und konkurrierender politischer Willensbildung freigelegt: dass nämlich um das Gemeinwohl selbst politisch gestritten werden kann. Damit war die Basis für die Legitimität der Parteienkonkurrenz, der O. und ihrer Funktionstrias gewonnen. Eine zweite wichtige Voraussetzung war die Ersetzung des monarchischen Prinzips durch das demokratische und – zumindest im parlamentarischen Regierungssystem – der Gewinn des Zugriffs auf die Regierungsbildung durch die Volksvertretung. Dadurch konnte O. zur realen programmatischen und personellen Alternative werden, wofür in Deutschland erst die WRV die Normen schuf, der Reichstag aber nicht die praktischen Voraussetzungen. Seit 1949 wurden sie im Westen modellhaft umgesetzt, im antipluralistischen Osten allerdings bis 1990 verweigert.

3. Bestimmungsfaktoren oppositionellen Verhaltens

Für die vielfältigen Erscheinungsformen von O. sind unterschiedliche Bestimmungsfaktoren verantwortlich wie z. B. die politische Kultur, die, wenn sie von „Sehnsucht nach Synthese“ (Dahrendorf 1966: 159) geprägt ist wie in Deutschland, eine akzentuiert kompetitive Rolle eher eingeschränkt akzeptiert. Reduzierung des politisierten Konfliktpotentials wird bes. in Systemen mit einem hohen Grad gesellschaftlicher Antagonismen beobachtet, die nicht sozioökonomischer, sondern sprachlicher, religiöser oder ethnischer Natur sind und deren Integration durch konsensuelle Verfahren und Proporz (z. B. Schweiz) gewährleistet werden soll. Umgekehrt transzendiert eine Ausweitung des Konflikts auf den Basiskonsens O. zur Verfassungsrevision.

Die Unterstellung, hohe soziale Integrationsprozesse im Wohlfahrtsstaat führten zu einer „Opposition ohne Alternative“ (Friedrich 1962) und schließlich zu ihrem Verfall, erwies sich als irrig, weil sie Integration mit gesellschaftlicher Harmonie verwechselte und das Politische zur Funktion der Ökonomie degenerierte. Diese „Erfindung deutscher Doktrinäre“ (Ionescu/de Maderiaga 1971: 93) stieß auf den Widerspruch sowohl der internationalen Forschung als auch der Realität, in der Prozesse des Wert-, Themen- und Systemwandels neues Konfliktpotential generierten.

„The repositioning of opposition“ (Parry 1997: 458) durch den Zusammenbruch autoritärer Diktaturen wie durch gesellschaftliche Differenzierungsprozesse der Moderne, die nach Politisierung und Repräsentation in den Institutionen strebten, führen folgerichtig auch zur Dekonzentration von Parteiensystemen: mit der Folge Sichtbarkeit und Aktionskonsistenz reduzierender „Mehrparteien-O.“, charakterisiert durch inhaltlich differierende Positionen gegenüber der Regierung, aber gemeinsamer Interessen an signifikantem und effizientem Opponieren. Gegenüber „großen“ Koalitionen kann u. U. die „Stärke“ der O.s-Fraktionen nicht einmal für die zur Wahrnehmung von Minderheitsrechten (Minderheiten) vorausgesetzten Quoren ausreichen, so dass effektive O. in Frage steht, wenn nicht Abhilfe geschaffen wird – wie z. B. in der BRD seitens der Mehrheit in Respekt vor der O.s-Rolle in der 18. Wahlperiode. Aktionschancen prägt v. a. das Regierungssystem das z. B. als föderalistisches zusätzliche Konflikt-, Öffentlichkeits-, Mitbestimmungs- und Blockademöglichkeiten einräumt.

Offensichtlich bieten präsidentielle und parlamentarische Systeme unterschiedliche Voraussetzungen für O.en. Die Aufteilung der Macht zwischen den je eigenständig demokratisch legitimierten Institutionen Präsident und Parlament (Beispiel USA) kreiert idealtypische Voraussetzungen für institutionelle O. und einen politischen Prozess zwischen „separated institutions sharing powers“ (Neustadt 1990: 29), den fluktuierende Mehrheiten und Minderheiten kennzeichnen. Selbst zu Zeiten von united government, der parteilichen Identität von Präsident und Mehrheit im Kongress, ist systematische und kohärente O. von singulären Ausnahmen abgesehen unwahrscheinlich und diffuse O. typisch gewesen. Die Ideologisierungstendenzen im Parteiensystem des 21. Jh. führen offensichtlich nun zu institutionenübergreifenden Loyalitäten einerseits und zu parlamentarischer Minderheitsidentität anderseits. Unter divided government führt Ideologisierung unweigerlich zu einer Angleichung an das O.s-Muster des parlamentarischen Regierungssystems. Dieses (Idealtypus Großbritannien) fusioniert die Gewalten und scheidet regierende Mehrheit und O. Im Prinzip wird die verfassungspolitische Funktion der O. im Sinne politischer balance of powers konstituiert, der parlamentarische Funktionsbereich praktisch (wie z. B. in der BRD nicht unbedingt rechtlich) nach den Rollen von Mehrheit und Minderheit aufgeschlüsselt und die O. im Sinne ihrer Effektivierung durch bes. materielle Zulagen im Wettbewerb unterstützt. Zum Westminstermodell homogener O. führen aber letztlich spezifische institutionelle Vorkehrungen wie eine politisch starke Exekutive, unitarischer Staatsaufbau und Mehrheitswahlrecht in Einerwahlkreisen. Doch unterliegen gerade in England das dieses Modell charakterisierende Zweiparteiensystem und Parteidisziplin aufgrund der sozialen Wandlungsprozesse der Moderne Erosionsprozessen. Anscheinend stellt sich generell die Frage, inwiefern Gesellschaften die polarisierenden Wirkungen eines derart konstituierten politischen Systems verkraften.

4. Typologische Unschärfe

Solange international vergleichende Untersuchungen die institutionellen Faktoren nicht ausblenden, gestehen sie die Schwierigkeiten ein, Generalisierungen oder geschlossene theoretische Konzepte zu formulieren. Regierungs- und Parteiensystem, Konfliktpotential und Konfliktregelungsmuster, die gesamte politische Kultur und ihre historischen Entwicklungen mit den in ihr vorherrschenden Überzeugungen und Einstellungen führen in jedem politischen System zu individuellem O.s-Profil. Auch die aktuelle politische und parlamentarische Situation prägt oppositionelles Verhalten entscheidend. Selbst wenn sich Übereinstimmungen in sozialstrukturellen und institutionellen Determinanten häufen sollten, bleiben i. d. R. Unterschiede in Kohärenz und Konzentration, Konkurrenzorientierung, Signifikanz, Aktionsfeldern, Zielen und Strategien von O.s-Parteien bestehen. „There is no single prevailing pattern of Opposition in Western democracies“ (Dahl 1966: 332).

Präzise Typologisierungen scheitern an dieser Vielfalt sowie an meist zugrundeliegenden, selbst autoritäre Systeme einbeziehenden, unpräzisen O.s-Begriffen. Wenn O.s-Freiheit sich aus dem demokratischen Grundkonsens entwickelt, entbehrt der Typus systemkonträrer O. der Logik, wie auch die Unterscheidung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Wirkungsebene in die Irre fühlt, da O. ohne die Fähigkeit, beide Sphären zu verknüpfen, ihre Funktion verlöre. Von den hier skizzierten Bedingungen ausgehend, lassen sich Issue orientierte ad-hoc-O., kooperative O. und kompetitive O. unterscheiden. Diese Typologie erscheint weit genug, um unter dem ersten Typ so unterschiedliche Phänomene wie das oppositionelle Verhalten im US-amerikanischen Regierungssystem und die gelegentlichen Ausbruchserscheinungen aus dem Kartell von Proporzsystemen fassen zu können. Der zweite und dritte Typ, beide charakteristisch für parlamentarische Regierungssysteme, geben lediglich Präferenzen in den oppositionellen Strategien an: In der Praxis verwendet O. beide Strategien. Strikt kompetitive, also nur konkurrenzorientierte O. ist die Ausnahme. In zugespitzter Form kristallisiert sie sich v. a. in Protestparteien. Die üblich gewordene oppositionelle Kooperation mag zwar die Signifikanz der Alternativen einschränken, führt aber dem politischen System in hohem Maß Legitimation zu. Als Minderheit ist O. auf kooperative Strategien angewiesen, wenn sie Themen setzen will, die sich als innovative Alternativen in der Gesetzgebung niederschlagen sollen. Typologisierung ist sekundär. Insofern O.s-Funktionen unter dem Aspekt der Legitimation und Integration des politischen Systems wahrgenommen werden, ergibt sich die Notwendigkeit, sie komplexer Ausgestaltung offenzuhalten.

II. Opposition aus rechtswissenschaftlicher Perspektive

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1. Begriff

Der Begriff der O. weist sowohl eine empirisch-heuristische als auch eine normative Dimension auf. In empirisch-heuristischer Hinsicht kann er zum einen auf die Ausübung von O. – und damit insb. auf die Formulierung von Einwänden gegen die Regierungspolitik, auf die Kontrolle der Regierung (Politische Kontrolle) sowie auf die Entwicklung konkurrierender politischer Lösungen – bezogen werden (handlungsbezogener O.s-Begriff), zum anderen auf die politischen Akteure, die die Regierung kritisieren, kontrollieren und mit Alternativen konfrontieren (trägerbezogener O.s-Begriff); in der parlamentarischen Demokratie sind diese Akteure in erster Linie jene Parlamentsmitglieder und -fraktionen, die sich in der parlamentarischen Minderheit befinden und die Regierung nicht tragen (parlamentarische O.). Eine normative Dimension gewinnt der Begriff dort, wo namentlich die parlamentarische O. Gegenstand des positiven Rechts ist und ihr spezifische Rechte garantiert werden, die vom allg.en Recht auf Chancengleichheit bis zu bes.n Rechten der O.s-Fraktionen reichen können. Das ist in Deutschland in zahlreichen Landesverfassungen der Fall, die – anders als das GG – spezielle Regelungen über Bedeutung, Aufgaben und Rechtsstellung der O. enthalten.

2. Charakteristika der Opposition unter dem GG

2.1 Verfassungsrechtliche Anerkennung des Rechts auf Opposition

Auch wenn das GG die O. nicht explizit erwähnt, garantiert es doch ein – auch in der Judikatur des BVerfG anerkanntes – Recht auf deren verfassungsmäßige Bildung und Ausübung. Dieses Recht wurzelt unmittelbar im demokratischen Prinzip. Es ermöglicht der parlamentarischen Minderheit, ihren Standpunkt in den parlamentarischen Willensbildungsprozess einzubringen. Demgegenüber zielt es nicht darauf ab, die Minderheit vor Sachentscheidungen der Mehrheit zu bewahren.

2.2 Beweglich-heterogenes Verständnis der Opposition

Das GG begreift die O. nicht als statisch-homogene Einheit, sondern als eine beweglich-heterogene Größe. Dies findet seinen Ausdruck darin, dass die Kompetenz zu Dissens, Widerspruch und politischem Entgegenwirken – und damit das Recht zum sowohl prinzipiellen als auch situativen parlamentarischen Opponieren gegen die politische Linie der Regierung – gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG jedem Parlamentsmitglied zusteht; der Rechtsprechung des BVerfG zufolge verfügt deshalb jeder Abgeordnete über eine im Einzelfall aktivierbare „verhaltensbezogen-prozedurale Oppositionsmöglichkeit“. Das gilt ebenso für jene Bundestagsmitglieder, die – i. d. R. als Angehörige einer O.s-Fraktion, im Ausnahmefall als fraktionslose Abgeordnete – die Regierung nicht tragen, wie auch für jene Abgeordneten, die zwar grundsätzlich die Regierung stützen, im konkreten Fall jedoch eine politische Sach- oder Personalentscheidung ablehnen und daher gegen diese opponieren.

2.3 Opposition als Funktion, nicht als Institution

In der Konsequenz seines beweglich-heterogenen O.s-Verständnisses besteht unter der Geltung des GG keine eigenständige Institution der O., die über die Qualität eines Verfassungssubjekts verfügen würde und der als abgrenzbarem Teil des Parlaments spezifische Rechte oder Pflichten zugeordnet wären; insb. kennt das geltende Verfassungsrecht keine sog.en O.s-Fraktionsrechte. Gleichwohl folgt aus dem GG nicht nur die Statthaftigkeit der verfassungsmäßigen Bildung und Ausübung einer O., sondern auch der allg.e verfassungsrechtliche Grundsatz effektiver O., den das BVerfG in seiner neueren Judikatur ebenfalls (primär) aus dem Demokratieprinzip ableitet.

2.4 Rechtlicher Rahmen der parlamentarischen Opposition

In Ermangelung originärer O.s-Rechte wird der verfassungsrechtliche Rahmen der O. vor allem durch parlamentarische Minderheitenrechte (Minderheiten) geprägt, die im Lichte des Grundsatzes effektiver O. auf Wirksamkeit hin auszulegen sind. Diese Rechte dienen der Regierungskontrolle. Sie stehen jeder – durch die Erreichung eines bestimmten Quorums qualifizierten – parlamentarischen Minderheit zur Verfügung und können daher grundsätzlich auch von der parlamentarischen O. in Anspruch genommen werden. So kann etwa ein Viertel der Mitglieder des Bundestages gemäß Art. 44 Abs. 1 S. 1 GG die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses einfordern oder gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG die bundesverfassungsgerichtliche Überprüfung der Verfassungskonformität von Gesetzen im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle beantragen, während gemäß Art. 39 Abs. 3 S. 3 GG für das Verlangen, den Bundestag einzuberufen, ein Drittel der Bundestagsabgeordneten erforderlich ist. Bedeutungsvoll für die O.s-Arbeit sind darüber hinaus weitere Abgeordnetenrechte, unter denen v. a. das Interpellationsrecht herausragt, das einen Ausgleich des strukturell bedingten Informationsdefizits der Abgeordneten der parlamentarischen O. gegenüber jenen der Regierungsfraktionen, die für ihre Arbeit auf den Regierungsapparat zurückgreifen können, intendiert.

2.5 Vom „alten“ zum „neuen“ Dualismus

Aufgrund der parteienstaatlichen Prägung des parlamentarischen Regierungssystems tritt unter der Geltung des GG schließlich die Relevanz des gewaltenteiligen Gegensatzes von Parlament und Regierung – und damit die Bedeutung des sog.en alten Dualismus – zurück. An seine Stelle tritt die Frontstellung von Regierung und parlamentarischer O. und damit der sog.e neue Dualismus. Er bildet ab, dass im Regierungssystem des GG die eigentlichen Gegenspieler von Regierung und regierungstragender Mehrheit jene Abgeordneten und Fraktionen sind, die die Regierung nicht stützen.

3. Die Opposition in den Verfassungen der Länder

Anders als das GG enthält die überwiegende Anzahl der Verfassungen der Länder (Landesverfassungen) ausdrückliche Regelungen über die parlamentarische O., die sich indes in Form wie Inhalt unterscheiden. Teils akzentuieren diese mehr die Handlungsbezogenheit (so etwa Art. 24 Abs. 2 HamVerf), teils mehr die Trägerbezogenheit des O.s-Begriffs (so exemplarisch Art. 48 Abs. 1 LSAVerf). I. d. R. anerkennen sie nicht nur ausdrücklich die grundlegende Bedeutung der parlamentarischen O. für die demokratische Ordnung (so Art. 85b RPVerf), sondern verbürgen dieser auch spezifische Rechte, die vom Recht auf Chancengleichheit bis zur Garantie einer erforderlichen Ausstattung reichen (so Art. 78 Abs. 2 BremVerf) und im Einzelfall auch ein Recht auf angemessene Wirkungsmöglichkeiten in Parlament und Öffentlichkeit umfassen (so Art. 16a Abs. 2 BayVerf). Z. T. sind diese Verbürgungen als spezifische O.s-Fraktionsrechte ausgestaltet.