Körperschaftsteuer

1. Begriff – Körperschaftsteuer im Finanz- und Steuerstaat

Der Staat finanziert sich v. a. durch Steuern. Diese werden in einer gängigen Teilung auf den Ertrag (insb. Einkommensteuer [ESt], Erbschaft- und Schenkungsteuer, Gewerbesteuer [GewSt]), die Einkommensverwendung (u. a. Umsatzsteuer, Mineralölsteuer, Kfz-Steuer) und zuweilen auch auf das Vermögen erhoben (Grundsteuer; die Vermögensteuer greift gegenwärtig in Deutschland nicht). Steuerpflichtig sind natürliche, aber auch juristische Personen. Die K. ist die Ertragsteuer von juristischen Personen. In Deutschland verpflichtet sie v. a. Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit, sonstige juristische Personen des Privatrechts, nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 KStG). Die K. orientiert sich an der ESt. Bemessungsgrundlage ist das v. a. nach dem EStG ermittelte Einkommen (§ 7 f. KStG). Haben Körperschaften ihren Sitz im Inland, wird grundsätzlich das gesamte Welteinkommen besteuert; im Übrigen sind nur die inländischen Erträge körperschaftsteuerpflichtig (unbeschränkte und beschränkte K.-Pflicht).

Die Besteuerung von Körperschaften begann in Deutschland mit der Ausdehnung der ESt auf juristische Personen wie Aktiengesellschaften und Genossenschaften (in Preußen im Jahr 1891). Im Zuge der Erzberger’schen Finanzreform wurde die K. 1920 als selbstständige Steuer eingeführt. So sollten Erträge für die öffentliche Hand erzielt, aber auch Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden, wenn eine einkommensteuerpflichtige Personengesellschaft mit einer Körperschaft in Wettbewerb stand, die vor der Einführung der K. davon profitierte, keine Ertragsteuer entrichten zu müssen. Seit der Weimarer Republik wird in Deutschland eine allg.e K. erhoben. Die Steuer wurde in den letzten Jahrzehnten im Satz und im System mehrmals grundlegend geändert.

2. Die Körperschaftsteuer im System der Unternehmensbesteuerung

2.1 Dualismus der Unternehmensbesteuerung

Die K. belastet viele, aber nicht alle Unternehmen. Personengesellschaften entrichten keine K., hier greift die ESt. Zur K. oder ESt tritt bei Gewerbebetrieben die GewSt als weitere Unternehmenssteuer.

Die unterschiedliche Belastung von Unternehmen mit K. und ESt wird als Dualismus der Unternehmensbesteuerung bezeichnet. Für Körperschaften greift das Trennungs-, für Personengesellschaften das Transparenzprinzip. Personengesellschaften sind zwar als Einkünfteerzielungs- und Einkünfteermittlungssubjekt sowie zivilrechtlich verselbstständigt, jedoch kein Steuersubjekt der ESt und insoweit steuerlich transparent. Das Leitbild des Einzelunternehmers prägt diese steuerliche Zuordnung. Der Gewinn unterliegt beim Gesellschafter der ESt, nicht aber der K.

Demgegenüber stehen sich nach dem Trennungsprinzip Körperschaft und Anteilseigner grundsätzlich wie fremde Dritte gegenüber. Die Vermögenssphären sind steuerlich getrennt. Vergütungen, die an Anteilseigner gezahlt werden, mindern das Einkommen der Körperschaft. Leistungsbeziehungen werden insgesamt auf Grund ihrer i. d. R. steuersenkenden Wirkung nur anerkannt, wenn sie angemessen sind. Der thesaurierte Gewinn, der nicht ausgeschüttet wird, sondern der Körperschaft verbleibt (von griechisch thesauros: Schatzhaus), unterliegt nicht der ESt. Auf den ausgeschütteten Gewinn wird aber beim Empfänger ESt erhoben. Zu der von der Körperschaft entrichteten K. tritt dann die vom Ausschüttungsempfänger zu zahlende ESt (sog.e Doppelbelastung).

2.2 Gleichheitsfragen und Körperschaftsteuersysteme

Der Dualismus der Unternehmensbesteuerung wirft unterschiedliche gleichheitsrechtliche Fragen auf. Diese haben sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund von Reformen der Körperschaftsbesteuerung verändert und in Teilen intensiviert.

Die K. wurde in Deutschland im Jahre 1920 eingeführt, auch um steuerliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen Körperschaften und einkommensteuerpflichtigen Personengesellschaften zu vermeiden (unter 1.). Seit Anfang der 1990er Jahre ist der deutsche K.-Tarif erheblich gesenkt worden. Er beträgt seit der Unternehmenssteuerreform des Jahres 2008 15 %. Der Tarif orientiert sich auch an der Körperschaftbesteuerung in anderen Ländern. Kapital sollte nach Deutschland gebracht und verhindert werden, dass Körperschaften allein aus steuerlichen Gründen das Land verlassen. Der Unterschied zum progressiven Einkommensteuersatz, der in der Spitze gegenwärtig bei über 40 % liegt, hat sich durch diese Entwicklung vergrößert, die steuerlichen Wettbewerbsverzerrungen haben sich verschärft. Die Ertragsbesteuerung ist insoweit nicht rechtsformneutral. Steuerlich werden die Unterschiede damit gerechtfertigt, dass die objektive Leistungsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft auf Grund der Zurechnung zum Unternehmen und den damit einhergehenden Bindungen eine andere ist, als die subjektive Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden ausschüttungsempfangenden natürlichen Personen oder der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die über ihre Erträge freier verfügen können. Eine Kapitalgesellschaft habe anders als natürliche Personen eine abgeschirmte Vermögenssphäre (BVerfGE 127, 224 [250 mit weiteren Nachweisen]). Aufgrund der Belastungsunterschiede bestehen aber die genannten Wettbewerbsverzerrungen und nicht unerhebliche Anreize für steuermindernde Gestaltungen.

Wird der Ertrag einer Körperschaft an ihre Anteilseigner (Aktionäre, Gesellschafter einer GmbH, etc.) ausgeschüttet und deshalb mit ESt belastet, kann die Gesamtbelastung durch K. und ESt zu einer anderen Steuerhöhe führen als die ESt insb. bei Gesellschaftern einer Personengesellschaft. Die K.-Systeme verschiedener Staaten versuchen auf unterschiedliche Art und Weise, eine hierdurch entstehende gleichheitswidrige Belastung zu vermeiden. Der ausgeschüttete Gewinn wird zuweilen bei der Körperschaft respective beim Anteilseigner vollständig oder teilweise von der Steuer befreit, die K. auch auf die ESt des Anteilseigners umfänglich oder nur partiell angerechnet oder ein ermäßigter Einkommensteuersatz auf ausgeschüttete Gewinne beim Empfänger gewährt.

Mit der Einführung der K. in Deutschland trat bei ausgeschütteten Erträgen die K. neben die ESt. Die Doppelbelastung wurde von 1953 bis 1976 durch einen Sondertarif in Höhe von 15 % für Ausschüttungen gemildert. Von 1977 bis zum Jahr 2000 wurde die K. auf den ausgeschütteten Gewinn angerechnet (sog.es Anrechnungsverfahren) und auf der Ebene der Körperschaft ein ermäßigter Ausschüttungssteuersatz gewährt. Das Anrechnungssystem wurde in dieser Zeit mehrfach geändert – auch um Einwände des BVerfG umzusetzen. Seit 2001 gilt in Deutschland das sog.e klassische System. Gewinnausschüttungen lassen die K. unberührt. Die K.-Last wird aber beim Ausschüttungsempfänger berücksichtigt. Der Systemwechsel beruht auch auf europarechtlichen Einwänden hinsichtlich der Kapitalverkehrsfreiheit, weil die Anrechnung im alten System auf die inländische K. beschränkt war.

2.3 Halbeinkünfteverfahren, Teileinkünfteverfahren, Abgeltungsteuer

Das klassische System (unter 2.2) wurde mehrfach geändert. Beim sog.en Halbeinkünfteverfahren für Ausschüttungen bis zum 31.12.2008 musste die ausschüttungsempfangende natürliche Person ihre Gewinnanteile nur zur Hälfte als Einnahmen aus Kapitalvermögen ansetzen. Für juristische Personen betrug die Quote 5 %. Seit dem Jahr 2009 gilt für Beteiligungen im Betriebsvermögen das sog.e Teileinkünfteverfahren, nach dem 40 % des Beteiligungsertrags steuerfrei sind. Steuerliche Aufwendungen werden dementsprechend nur zu 60 % berücksichtigt. Erträge aus Beteiligungen im Privatvermögen unterliegen der sog.en Abgeltungsteuer mit einem Steuersatz von 25 %. Aufwendungen können dann nur in Höhe des Pauschalbetrags von 801 Euro abgezogen werden. Zudem ist der Verlustabzug eingeschränkt. Der Steuerpflichtige kann aber die steuerliche Veranlagung verlangen, wenn diese eine niedrigere Steuerlast bewirkt (§§ 43 f., 32d, 20 Abs. 6 und 9 EStG). Dieses System wird aufgrund der steuerlichen Sonderbehandlung durch die Abgeltungsteuer (Schedulensteuer) gleichheitsrechtlich kritisiert. Das geltende K.-System könnte erneut vor einer Reform stehen.

3. Europäische und internationale Entwicklungen

Die Belastungs- und Regelungsunterschiede der Besteuerung von Körperschaften zwischen verschiedenen Staaten haben zu steuervermeidenden Verlagerungen von Körperschaften in Länder mit einer niedrigen Steuerlast geführt. Zuweilen wurden auch nur die Besteuerungsgrundlagen oder steuerliche Erträge durch i. d. R. komplizierte Gestaltungen verschoben und so Steuern in bemerkenswertem Umfang gespart. Das nationale, aber insb. das europäische und internationale Recht versuchen seit Jahren, solche steuermindernden Gestaltungen zu verhindern. Über unterschiedliche, die Unternehmensbesteuerung harmonisierende Maßnahmen hinaus wird seit längerer Zeit eine gemeinsame europäische K.-Bemessungsgrundlage (Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage [GKKB]) erwogen. Eine Neuauflage der GKKB hat die EU 2016 vorgeschlagen. Sachwidrige steuermindernde Gestaltungen würden hierdurch in der Tat verhindert. Fraglich bleibt aber, ob die Mitgliedstaaten in dem erwogenen Maß auf den Einfluss auf die K. und damit auf die Regelung von steuerlichen Einnahmen und Anreizen verzichten werden. Den Kampf gegen steuervermeidende Verlagerungen von Besteuerungsgrundlagen und steuerlichen Erträgen (BEPS) versuchen zahlreiche, insb. von der OECD und der EU initiierte internationale und europäische Rechtsvorgaben zu gewinnen. Doch ist äußerst zweifelhaft, ob die Vorgaben dieses Ziel erreichen. Der Preis, der insb. aufgrund der hohen Komplexität und der schwierigen Veränderlichkeit der übernationalen Regeln sowie durch die bewirkten Freiheitsbeeinträchtigungen (Datenschutz) zu zahlen ist, könnte sich insb. angesichts eines geringen Erfolges als zu hoch erweisen.