Kreditsicherung: Unterschied zwischen den Versionen

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R. Hölscher: Kreditsicherung, I. Wirtschaftswissenschaftlich, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Kreditsicherung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
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R. Hölscher: Kreditsicherung, I. Wirtschaftswissenschaftlich, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Kreditsicherung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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C. Becker: Kreditsicherung, II. Rechtlich, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Kreditsicherung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
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C. Becker: Kreditsicherung, II. Rechtlich, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Kreditsicherung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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Version vom 4. Januar 2021, 12:22 Uhr

  1. I. Wirtschaftswissenschaftlich
  2. II. Rechtlich

I. Wirtschaftswissenschaftlich

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1. Begriff der Kreditsicherung

Mit der Gewährung eines Kredits geht der Kreditgeber das Risiko ein, dass die Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag – in Form von Zins- und Tilgungsleistungen – nicht oder nur teilweise erfüllt werden. Das Ziel der K. besteht darin, den Kreditgeber gegen die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit oder auch Zahlungsunwilligkeit des Kreditnehmers zu schützen. Die Maßnahmen der K. können in Maßnahmen vor oder nach der Kreditgewährung unterteilt werden. Zu den Maßnahmen der K. vor der Kreditvergabe gehören die Überprüfung der Kreditwürdigkeit und die Vereinbarung von Kreditsicherheiten. Die Maßnahmen nach der Kreditvergabe umfassen die laufende Kreditüberwachung, den Kreditrisikotransfer und die Kreditrisikovorsorge.

2. Maßnahmen der Kreditsicherung vor der Kreditgewährung

Vor der Kreditgewährung überprüft der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers. Zu unterscheiden sind hierbei die Überprüfung der Kreditfähigkeit sowie die Beurteilung der persönlichen und der wirtschaftlichen Kreditwürdigkeit. Unter Kreditfähigkeit ist die Fähigkeit zu verstehen, rechtswirksam Kreditverträge abschließen zu können. Die persönliche Kreditwürdigkeit äußert sich in subjektiv-persönlichen Eigenschaften, wie z. B. dem Charakterbild, der persönlichen sowie der unternehmerischen Situation des Kreditsuchenden und seinem beruflichen Werdegang. Die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit hängt von der Vermögens- und Finanzlage sowie der Einkommens- bzw. Ertragslage des Kreditsuchenden ab.

Traditionell sind Kreditwürdigkeitsprüfungen darauf ausgerichtet, die Entscheidung für bzw. gegen eine Kreditgewährung zu fundieren. Inzwischen werden sie ergänzend dafür eingesetzt, die Qualität des Kreditsuchenden festzustellen und ihn in eine Risikoklasse (Bonitätsstufe) einzuordnen. Im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung kann zwischen logisch-deduktiven und empirisch-induktiven Verfahren unterschieden werden. Während logisch-deduktive Verfahren versuchen, einen Begründungszusammenhang zwischen der künftigen Situation eines Kreditnehmers und den Determinanten, die diese Situation beeinflussen, herbeizuführen, knüpfen empirisch-induktive Verfahren an Merkmalsausprägungen und Indikatoren anderer Kredite und Kreditnehmer in der Vergangenheit an. Das Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung beeinflusst ferner zum einen die Höhe des gewährten Kredits. Zum anderen ergibt sich daraus, welche Hierarchiestufen in den Kreditvergabeprozess einzubeziehen sind. Die Entscheidung zur Gewährung eines Kredits darf aufgrund bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben i. d. R. nicht nur von einer Person getroffen werden.

Eine Kreditwürdigkeitsprüfung kann die Unsicherheit über die zukünftige Zahlungsfähigkeit bzw. Zahlungswilligkeit des Kreditnehmers reduzieren, jedoch nicht beseitigen. Um im Falle des Ausfalls des Kapitaldienstes vor Verlusten geschützt zu sein, verlangt der Kreditgeber Kreditsicherheiten. Die Kreditsicherheiten müssen dabei der Art des Kredits, dem Kreditvolumen und der Kreditlaufzeit angemessen sein.

In Orientierung an rechtlichen Regelungen kann zwischen schuld- und sachenrechtlichen Kreditsicherheiten unterschieden werden. Bei einer schuldrechtlichen Kreditsicherheit haftet dem Kreditgeber – nebem dem Kreditnehmer – eine dritte Person für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag. Demgegenüber werden dem Kreditgeber bei einer sachenrechtlichen Sicherheit bestimmte Rechte an Vermögenswerten zur Sicherung seiner Forderungen eingeräumt. Zu den schuldrechtlichen Kreditsicherheiten gehören insb. die Bürgschaft und die Garantie. Als sachenrechtliche Sicherheiten gelten z. B. die Verpfändung oder die Sicherungsübereignung beweglicher Sachen, die Zession von Rechten und die Vereinbarung von Rechten an Grundstücken.

Daneben kann nach der Art der Verbindung von Kredit und Sicherheit zwischen akzessorischen und nicht akzessorischen Sicherheiten unterschieden werden. Akzessorische Sicherheiten sind vom Bestehen einer Forderung aus einem Kreditvertrag abhängig, d. h. mit dem Erlöschen der Forderung erlischt auch die Kreditsicherheit. Demgegenüber können nicht akzessorische (fiduziarische) Sicherheiten auch ohne das Bestehen einer Forderung in Anspruch genommen werden, sie sind also vom Bestehen einer Forderung unabhängig. Zu den akzessorischen Sicherheiten gehören die Bürgschaft, das Pfandrecht und die Hypothek (Grundpfandrechte). Die fiduziarischen Sicherheiten umfassen die Sicherungsübereignung, die Sicherungszession, die Garantie und die Grundschuld.

3. Maßnahmen der Kreditsicherung nach der Kreditgewährung

Nach der Kreditgewährung ist eine laufende Kreditüberwachung durch den Kreditgeber notwendig. Zur Kreditüberwachung gehören zunächst die regelmäßige Wiederholung der Kreditwürdigkeitsprüfung, um Bonitätsverschlechterungen frühzeitig festzustellen, ebenso ist daneben die Werthaltigkeit der Sicherheiten regelmäßig zu überprüfen.

Darüber hinaus haben Kreditgeber die Möglichkeit, die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit bzw. einer Zahlungsunwilligkeit des Kreditnehmers auf Dritte zu transferieren. Zu den Instrumenten des Kreditrisikotransfers zählt zum einen die Kreditversicherung, zum anderen haben sich in der jüngeren Vergangenheit kapitalmarktorientierte Instrumente entwickelt. Im Rahmen einer Kreditversicherung wird das Kreditrisiko gegen Zahlung einer Versicherungsprämie auf ein Versicherungsunternehmen übertragen. Dagegen werden Kreditrisiken bei kapitalmarktorientierten Instrumenten gegen Zahlung einer Prämie auf den Kapitalmarkt (Geld- und Kapitalmarkt) transferiert, wobei zwischen Kreditderivaten und Verbriefungen unterschieden werden kann. Bei den Kreditderivaten kommen sog.e Credit Default Swaps, Total Return Swaps und Credit Spread Options zur Anwendung. Während bei Kreditderivaten die Kreditforderungen in der Bilanz des Kreditgebers verbleiben, werden diese im Rahmen einer Verbriefungstransaktion aus der Bilanz entfernt und auf eine Zweckgesellschaft übertragen, die sich über den Kapitalmarkt finanziert.

Um Verluste aus der Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungsunwilligkeit eines Kreditnehmers, die nicht bzw. nicht vollständig auf Dritte transferiert werden konnten, ausgleichen zu können, halten Kreditgeber im Rahmen der Kreditrisikovorsorge bes. Kapitalbestandteile vor. Einen Bestandteil der Deckungmassen bildet die Gesamtheit der Risikoprämien. Im Rahmen der Kreditvergabe vereinnahmt der Kreditgeber über den Kreditzins eine Risikoprämie, die sich aus dem erwarteten Verlust einer Vielzahl von Kreditgeschäften ergibt. Dabei fällt für Kreditnehmer mit einer guten Bonität eine eher niedrigere Risikoprämie als für Kreditnehmer mit einer schlechten Bonität an. Neben Risikoprämien erfüllen auch Kapitalbestandteile wie stille und offene Reserven oder das gezeichnete Kapital die Risikodeckungsfunktion.

II. Rechtlich

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1. Begriff

K. knüpft an Kredit an, insb. an Überlassung von Mitteln zu vorübergehender Nutzung im Gelddarlehen (§ 488 BGB). Dies erinnert an römisches Recht, welches Geschäfte auf Anvertrauen eines Gegenstandes mit res credita benannte (Digesten 12.1). In weitem Sinne ist Kredit in jedem Geschäft enthalten, worin jemand auf die Leistung eines anderen vertraut. Dem entspr. der Begriff Gläubiger (creditor).

K. im weiten Sinn ist jede Regelung, welche die Aussicht des Gläubigers steigert, Erfüllung zu erlangen. Im engen Sinne meint K. dann auch „Kreditsicherheit“, das Vorbereiten von Zugriff auf bestimmte Vermögensobjekte oder das gesamte Vermögen einer Person. Kreditsicherheit kann kraft Gesetzes entstehen (so § 562 BGB: Pfandrecht des Vermieters) oder durch Absprache (so § 765 BGB: Bürgschaft).

2. Rechtsquellen

Regeln zur K. enthält das nationale Zivilrecht (in Deutschland insb. das BGB) mitsamt dem Zivilverfahrensrecht. Doch wirkt auch nationales öffentliches Recht ein, etwa Vorschriften zur Bankenaufsicht (KWG). Zahlreiche Vorgaben entspringen europäischem Recht (Europarecht). Hinzu treten die an sich unverbindlichen, aber faktisch durchsetzungskräftigen Empfehlungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht bei der in Basel ansässigen BIZ. Die Vielzahl schematischer, hochkomplexer und überschießender internationaler Normierungen stört eine sachgerechte und berechenbare Entwicklung des Kreditlebens in den örtlich höchst unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Strukturen.

3. Aufbau

Im Aufbau von K. sind drei Ebenen zu unterscheiden: Es gibt erstens das Geschäft (z. B.: Darlehen), wozu der Gläubiger K. wünscht. Zweitens gibt es die Sicherungsabrede (Sicherungsvertrag); d. i. die Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger (Sicherungsnehmer), dass zu dem ersten Geschäft aus eigenen Mitteln des Schuldners oder mit Hilfe eines Dritten K. zu bestellen sei. Soll ein Dritter Sicherungsgeber werden, geht auch er einen Sicherungsvertrag mit dem Gläubiger ein. Dritte Ebene ist schließlich das Zustandebringen der K. In manchen Fällen gibt der Gesetzgeber schon ohne Sicherungsabrede das Recht auf K. oder richtet sie sogar unmittelbar ein (s. o.: Vermieterpfandrecht).

4. Gruppen

K. teilt sich in zwei Gruppen ein: Sachsicherheiten (Realsicherheiten) erlauben dem Gläubiger, Befriedigung aus bestimmten Objekten des Schuldners oder eines Dritten zu suchen und dabei Vorrang vor anderen Gläubigern zu genießen. Das Gut wird zur Verwertung reserviert. Personalsicherheiten erlauben dem Gläubiger Zugriff auf das gesamte Vermögen eines Dritten, jedoch mit dem Risiko, sich ohne Vorrang einen Erlös mit anderen Gläubigern teilen zu müssen. Die Sicherheit liegt hier in der Leistungsfähigkeit des Dritten insgesamt.

5. Sachsicherheit

Zu Sachsicherheiten zählen Grundpfandrechte (§ 1113 BGB: Hypothek; § 1191 BGB: Grundschuld), Pfandrecht an beweglicher Sache (§§ 1204, 1257 BGB) oder Rechten (§ 1273 BGB), Sicherungsübereignung beweglicher Sache oder umschriebenen (eventuell wechselnden) Bestandes beweglicher Sachen (§§ 929, 930 BGB), Sicherungsabtretung einzelner oder in einem (festen oder veränderlichen) Bestand zusammengefaßter Rechte (§§ 398, 413 BGB), Eigentumsvorbehalt bei Lieferung (§§ 449, 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB). Dabei sind Kombinationen möglich. So werden Sicherungsübereignung und Eigentumsvorbehalt gern „verlängert“: Bspw. darf der Besitzer die eigentlich durch das Sicherungsgeschäft gefesselte Sache verarbeiten oder veräußern; an die Stelle der bisherigen Sicherheit tritt Sicherungseigentum an der neuen Sache oder Sicherungsabtretung der Forderung gegen einen Abnehmer. Der Vorrang für Inhaber von Sachsicherheiten bedeutet, dass andere Gläubiger abgedrängt werden (§ 771 ZPO: Drittwiderspruchsklage; § 47 InsO: Aussonderung) oder in einer Befriedigungsrangfolge hintanstehen (§ 805 ZPO: Klage auf vorzugsweise Befriedigung; Rangordnung in § 10 Abs. 1 ZVG; §§ 49 bis 51 InsO: Absonderung).

6. Personalsicherheit

Personalsicherheiten sind Bürgschaft (§ 765 BGB), Schuldbeitritt (§§ 421, 427 BGB), abstraktes Schuldversprechen (§ 780 BGB; so bei Einsatz von Bank- oder Kreditkarten), Garantievertrag (erwähnt in §§ 442 bis 444 BGB).

7. Grenzen

Übermäßige (zu umfängliche, zu lang anhaltende, mit zu weitem Sicherungszweck versehene) Ansammlung von K. in Gläubigerhand ist unstatthaft. Sie gilt als sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) oder (soweit aus Nebenbestimmungen in AGB hervorgehend) als unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB); denn der Schuldner oder der von ihm verschiedene Sicherungsgeber ist in seiner wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit (Art. 1 und 2 Abs. 1 GG) gehemmt. Einiges ist im Gesetz bes. geregelt (§ 449 Abs. 3 BGB: keine Erweiterung eines Eigentumsvorbehaltes zugunsten aller im Konzern vorhandenen Forderungen; § 767 Abs. 1 S. 3 BGB: Überschaubarkeit des Kreises von Forderungen, für die eine Bürgschaft gelten soll). Als sittenwidrig gilt ferner existenzgefährdende Mitverpflichtung von Angehörigen des Schuldners, deren Vermögen und Einkünfte keine Aussicht auf Tilgung binnen überschaubarer Zeit bieten. Ferner verschafft das Gesetz dem für sein Gewerbe Kredit Suchenden Bewegungsfreiheit, indem es Sicherungsabtretung trotz vereinbarten Abtretungsverbotes gestattet (§ 354a HGB).

8. Akzessorietät

Einige K.en bauen sich von selbst mit Tilgung der gesicherten Schuld ab; sie sind akzessorisch (halten Schritt). Das trifft z. B. auf Hypothek und Bürgschaft zu (§§ 1163, 767 Abs. 1 S. 1 BGB). Andere Sicherheiten bleiben trotz Schuldtilgung in voller Höhe in der Hand des Gläubigers (so Grundschuld, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung). Das verschärft die Gefahr einer Übersicherung und löst im K.s-Geschäft Gestaltungsbedarf aus. Zugl. jedoch liegt darin die Chance leichter Wiederverwertung der Sicherheit für neuen Kredit (Ersparen von Notar- und Gerichtskosten im Falle von Grundschulden).