Konzern: Unterschied zwischen den Versionen

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C. Kersting: Konzern, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Konzern}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
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C. Kersting: Konzern, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Konzern}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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Version vom 4. Januar 2021, 11:22 Uhr

1. Einleitung: Begriff des Konzerns

Am Markt wirtschaftlich tätige Einheiten werden, unabhängig von ihrer Rechtsform, auch als Unternehmen bezeichnet. Der Begriff des K.s wird im allg.en Sprachgebrauch für einen Verbund aus mehreren Unternehmen gebraucht. Terminologisch verwirrend kann insofern sein, dass sowohl der K. selbst als auch die einzelnen K.-Unternehmen als Unternehmen bezeichnet werden.

Kennzeichnend für einen K. ist, dass mehrere Unternehmen konzernverbunden sind. Charakteristisch hierfür ist die Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung (vgl. § 18 AktG). Klassisches Beispiel ist das in einer Form des Gesellschaftsrechts betriebene Unternehmen (Muttergesellschaft, Mutter), welches weitere Gesellschaften (Tochtergesellschaften, Töchter) gründet oder erwirbt und in diesen seinen gesellschaftsrechtlichen Einfluss geltend macht. Die rechtlich selbständigen, aber durch die einheitliche Leitung konzernverbundenen Unternehmen werden als Einheit geführt. Leitungsinstrumente können gesellschaftrechtliche Weisungen, die Äußerung von Wünschen und Erwartungen oder auch personenidentische Organe sein.

In der Dichotomie zwischen einheitlicher Leitung und rechtlicher Selbständigkeit liegt die rechtliche Problematik des K.s begründet. Einerseits bedürfen die soziale Realität der einheitlichen Leitung und die dahinter stehenden wirtschaftlichen Erfordernisse der rechtlichen Anerkennung, andererseits sind die Bereiche zu definieren, in denen sich die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen K.-Unternehmen durchsetzt. Grund für eine K.-Gestaltung ist häufig das gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip, welches eine Haftungsabschirmung ermöglicht, sodass z. B. bestimmte regional oder sachlich verschiedene Geschäftsbereiche haftungsrechtlich voneinander getrennt werden können. Für die Verbindlichkeiten einer K.-Tochter haften nämlich grundsätzlich weder die Mutter noch andere Töchter. Insofern wird die Eigenständigkeit der K.-Unternehmen betont. Dem steht das wirtschaftliche Bedürfnis gegenüber, die einheitliche Leitung auch rechtlich zu ermöglichen und anzuerkennen und die rechtliche Selbständigkeit jedenfalls teilweise zurückzunehmen.

Unter vertikalen K.en versteht man solche, die vor- und nachgelagerte Ebenen der Wertschöpfungskette umfassen. Horizontale K.e verbinden Unternehmen, die auf der gleichen Stufe der Wertschöpfungskette arbeiten. Konglomerate K.e sind hingegen solche, die in unterschiedlichen Bereichen tätig sind, d. h. (ganz) unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen herstellen, vertreiben oder anbieten. Von einer Holding spricht man, wenn eine Muttergesellschaft selbst keine eigene Betriebstätigkeit ausübt, sondern sich auf das Halten und Verwalten von Beteiligungen an den Tochtergesellschaften beschränkt und diese leitet.

2. Konzernrecht

Die den K. betreffenden rechtlichen Regelungen sind vielschichtig. Eine hervorgehobene Stellung nimmt das K.-Recht im Gesellschaftsrecht ein. Es wurde im Aktienrecht kodifiziert (§§ 15 ff., 291 ff. AktG), wird aber weitgehend auch auf andere Gesellschaftsformen, insb. die praktisch bedeutsame GmbH, angewandt. Im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen, die auf ein eigenes gesellschaftsrechtliches K.-Recht häufig ganz verzichten, erweist sich das deutsche Gesellschaftsrecht als ausgesprochen detailliert und ausdifferenziert. Daneben gibt es zudem konzernspezifische Regeln u. a. auch im Wettbewerbsrecht, Rechnungslegungsrecht, Steuerrecht und Arbeitsrecht.

2.1 Gesellschaftsrecht

2.1.1 Konzerngefahr als Regelungsanliegen

Die Kehrseite der einheitlichen Leitung ist die (faktische) Weisungsgebundenheit der einzelnen K.-Unternehmen. Diese sind zwar aus rechtlicher Perspektive unabhängig und das Gesetz geht davon aus, dass sie ihren Unternehmensgegenstand im eigenen Interesse verfolgen und verpflichtet die Organe hierauf. Tatsächlich trägt aber die K.-Spitze durch Geltendmachung ihres gesellschaftsrechtlichen Einflusses (i. d. R. als Allein- oder doch wenigstens als Mehrheitsgesellschafter) dafür Sorge, dass dem übergeordneten K.-Interesse Vorrang vor dem Einzelinteresse einzelner K.-Gesellschaften eingeräumt wird. Dies kann etwa dazu führen, dass Vermögen verschoben oder Gewinne verlagert oder für bestimmte Gesellschaften ungünstige K.-Verrechnungspreise vorgegeben werden. Aus Sicht des Gesamtkonzerns mag dies – etwa aus steuerlichen Gründen – günstig sein, für einzelne K.-Unternehmen kann sich dies hingegen negativ auswirken. Die negativen Auswirkungen treffen dabei zum einen etwaige Minderheitsgesellschafter. Zum anderen beeinträchtigt eine weniger günstige Geschäftsentwicklung eines K.-Unternehmens auch dessen Gläubiger. Weder etwaige Minderheitsgesellschafter noch Gläubiger profitieren von den positiven Wirkungen für den Gesamt-K. Dieser Gefahr einer Benachteiligung von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern wirkt das K.-Recht entgegen.

2.1.2 Aktienrecht

Das K.-Recht des Aktienrechts ist in den §§ 15 ff., 291 ff. AktG geregelt. Die §§ 15 ff. AktG enthalten grundlegende Definitionen und Vermutungen. Die §§ 291 ff. AktG regeln Unternehmensverträge, etwa Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, und befassen sich generell mit dem Vertrags-K. §§ 311 ff. AktG betreffen Situationen, in denen es an einem Beherrschungsvertrag fehlt; man spricht von einem faktischen K. Schließlich ist in §§ 319 ff. AktG die Eingliederung geregelt.

Im Vertrags-K. sind die Beziehungen zwischen den K.-Gesellschaften durch vertragliche Vereinbarungen zwischen Mutter und Tochter geregelt. Unternehmensverträge greifen dabei in die für die Töchter geltenden gesellschaftsrechtlichen Regeln ein, indem sie etwa der Mutter erlauben, dem Vorstand der Tochter Weisungen, und zwar auch nachteilige Weisungen, zu erteilen (§ 308 AktG). Gewinnabführungsverträge verpflichten die Tochter, ihren ganzen Gewinn an die Mutter abzuführen (§ 291 Abs. 1 AktG). Im Gegenzug trifft die Mutter eine Pflicht zur Verlustübernahme (§ 302 AktG) und eine Pflicht zur Ausgleichszahlung an außenstehende Aktionäre (§ 304 AktG), die alternativ auch verlangen können, dass die Mutter ihre Aktien erwirbt (§ 305 AktG).

Der faktische K. ist durch das Fehlen eines Beherrschungsvertrags und damit auch durch ein fehlendes Weisungsrecht der Mutter gekennzeichnet. § 311 AktG verbietet der Mutter, die Tochter zu für sie nachteiligen Rechtsgeschäften zu veranlassen, wobei eine Ausnahme dann gilt, wenn die Nachteile ausgeglichen werden. Flankiert wird diese Verpflichtung zum Nachteilsausgleich durch die Pflicht zur Aufstellung eines durch den Abschlussprüfer zu prüfenden Abhängigkeitsberichts (§§ 312 f. AktG).

EU-rechtliche Harmonisierungsbemühungen nach dem Vorbild des deutschen K.-Rechts scheiterten. Diskutiert wird derzeit über europäische Gesellschaftsformen, die sich als K.-Bausteine eignen und die insb. ein Recht der Mutter zu auch nachteiligen Weisungen kennen.

2.2 Wettbewerbsrecht

Das Wettbewerbsrecht unterwirft im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle des GWB bzw. der Fusionskontrolle nach europäischem Recht Unternehmenszusammenschlüsse einer Überprüfung unter wettbewerblichen Gesichtspunkten. Dabei wird der Blick nicht auf einzelne rechtlich selbständige K.-Gesellschaften, sondern den K. insgesamt gerichtet. Auch im Hinblick auf verbotene wettbewerbsbeschränkende Absprachen wird der K. als Einheit betrachtet, so dass solche Absprachen zwischen K.-Unternehmen nicht verboten sind (K.-Privileg). Umgekehrt führt eine Beteiligung eines K.-Unternehmens an einer verbotenen Absprache (Kartell) zu einer Haftung jedenfalls auch der K.-Mutter (K.-Haftung).

2.3 Recht der Rechnungslegung

Das Recht der Rechnungslegung geht von der rechtlichen Selbständigkeit jeder Gesellschaft aus und verpflichtet diese, jeweils einen eigenständigen Jahresabschluss aufzustellen. Da durch den Jahresabschluss jedoch die wirtschaftliche Realität abgebildet werden soll, reagiert es aber auch darauf, dass rechtlich selbständige Unternehmen einheitlich agieren und legt diesen die Pflicht zur K.-Rechnungslegung auf (§§ 290 ff. HGB). Der Jahresabschluss des Mutterunternehmens ist mit dem Jahresabschluss der Töchter zusammenzufassen, zu konsolidieren (§§ 300 ff. HGB). Dem K.-Abschluss kommt in erster Linie Informationsfunktion zu.

2.4 Steuerrecht

Das Steuerrecht betrachtet die einzelnen K.-Gesellschaften prinzipiell als voneinander unabhängige Steuersubjekte. Ausgeschüttete Gewinne werden daher grundsätzlich sowohl bei der Mutter- als auch bei der Tochtergesellschaft besteuert und ein innerkonzernlicher Verlustausgleich findet nicht statt. Zudem müssen Leistungen innerhalb des K.s dem Fremdvergleich standhalten, sodass es zu einer Besteuerung von aus K.-Sicht noch nicht realisierten Gewinnen kommen kann. Der K.-Realität wird jedoch dadurch Rechnung getragen, dass das Institut der steuerlichen Organschaft es ermöglicht, mehrere rechtlich selbständige Unternehmen zu Einheiten zusammenzufassen, die als einheitliches Besteuerungsobjekt behandelt werden (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, §§ 14 f. KStG, § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG). So kann doch ein Verlustausgleich innerhalb des K.s stattfinden. Zudem erlaubt das (körperschaftsteuer– und gewerbesteuerliche) Schachtelprivileg (vgl. § 8b KStG, § 9 GewStG), steuerliche Doppelbelastungen zu vermeiden, die sich bei einer Verschachtelung von Kapitalgesellschaften ergeben.

2.5 Mitbestimmung

Auch das Recht der unternehmerischen Mitbestimmung trägt der Realität vom K. Rechnung. Eine Konzernierung begründet die Gefahr, dass Mitbestimmungsrechte in Tochtergesellschaften dadurch unterlaufen werden, dass Muttergesellschaften, die aufgrund ihrer geringen Arbeitnehmeranzahl selbst nicht mitbestimmt sind, Leitungsfunktion ausüben. Deswegen ordnen die Mitbestimmungsgesetze eine konzernweite Betrachtung an, bspw. gelten die Arbeitnehmer der K.-Unternehmen für Zwecke der unternehmerischen Mitbestimmung als Arbeitnehmer des Mutterunternehmens (§ 5 MitbestG). Im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung treffen die §§ 54 ff. BetrVG Regelungen über den K.-Betriebsrat.