Klimawandel

1. Begriffsklärung

K. bezeichnet Änderungen des Klimas, d. h. des statistischen Durchschnittswetters in einem bestimmten Gebiet. Das durchschnittliche Wetter lässt sich durch Messungen von Variablen wie Temperatur, Niederschlag und Wind über längere Zeiträume ermitteln. Meist wird die von der „Weltorganisation für Meteorologie“ definierte Klimanormalperiode von 30 Jahren als Grundlage genutzt. Weiter gefasst beschreibt das Klima den „Zustand, einschließlich einer statistischen Beschreibung, des Klimasystems“ (IPCC 2014: 131, Herv. i. O.). Dieses besteht aus fünf Komponenten: der Atmosphäre, der Hydrosphäre, der Kryosphäre, der Lithosphäre und der Biosphäre sowie den Wechselbeziehungen zwischen diesen Komponenten. Das Klima auf der Erde ist somit ein hochkomplexes System, das sich „unter dem Einfluss seiner eigenen inneren Dynamik und durch äußere Antriebe wie Vulkanausbrüche, solare Schwankungen und anthropogene Einflüsse“ (IPCC 2014: 132) wandelt.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Änderungen des Klimas. Seit Mitte des 20. Jh. ist jedoch eine menschengemachte globale Erwärmung festzustellen. Diese Erkenntnis hat sich v. a. durch die Arbeit des „Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen“ (IPCC) durchgesetzt. Dem unter Beteiligung von mehr als 800 Wissenschaftlern entstandenen 5. IPCC-Sachstandsbericht zufolge zeigen die „global gemittelten kombinierten Land- und Ozean-Oberflächentemperaturdaten“ (IPPC 2014: 2) eine Erwärmung von etwa 0,85 °C zwischen 1880 und 2012. Zudem war jedes „der letzten drei Jahrzehnte […] sukzessive wärmer als alle vorangegangenen seit 1850“ (IPCC 2014: 2). Vor diesem Hintergrund bezieht sich der Begriff K. hier v. a. auf diese gegenwärtige, anthropogen verursachte globale Erwärmung, da dies auch die politisch relevante Bedeutung ist. So wird im UNFCCC der K. als „Änderungen des Klimas, die unmittelbar oder mittelbar auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen sind, welche die Zusammensetzung der Erdatmosphäre verändern, und die zu den über vergleichbare Zeiträume beobachteten natürlichen Klimaschwankungen hinzukommen“ (Art. 1), spezifiziert.

2. Ursachen und Folgen des Klimawandels

Die Klimaforschung – repräsentiert durch den IPCC – ist sich einig, dass der K. hauptsächlich durch Menschen verursacht wird: „Die anthropogenen Treibhausgasemissionen sind seit der vorindustriellen Zeit angestiegen, hauptsächlich angetrieben durch Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, und sind nun höher als jemals zuvor. Dies hat zu atmosphärischen Konzentrationen von Kohlendioxid, Methan und Lachgas [Treibhausgasen] geführt, wie sie seit mindestens 800 000 Jahren noch nie vorgekommen sind. Ihre Auswirkungen wurden, in Kombination mit denen anderer anthropogener Treiber, im gesamten Klimasystem nachgewiesen und es ist äußerst wahrscheinlich, dass sie die Hauptursache der beobachteten Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind“ (IPCC 2014: 4, Herv. i. O.).

Abb. 1: Jährliche globale anthropogene Kohlendioxid-Emissionen

Abb. 1: Jährliche globale anthropogene Kohlendioxid (CO2)-Emissionen (Gigatonnen CO2 pro Jahr, Gt CO2/Jahr) aus der Nutzung fossiler Brennstoffe, Zementproduktion und Abfackeln (flaring) sowie Forstwirtschaft und anderer Landnutzung (FOLU), 1850–2011. Kumulative Emissionen von CO2 aus diesen Quellen und deren Unsicherheiten sind als Balken bzw. Antenne auf der rechten Seite dargestellt. {modifiziert aus WGI Abbildung TS. 4 und WGIII Abbildung TS. Quelle: IPCC 2014, 45}

„Etwa die Hälfte der kumulativen anthropogenen CO2-Emissionen zwischen 1750 und 2011 erfolgte in den letzten 40 Jahren“ (IPCC 2014: 45). Gerade im letzten Jahrzehnt hat sich der Emissionsanstieg von Treibhausgasen (THG) weiter beschleunigt. Während die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate zwischen 1990–2000 bei 0,8 % p. a. lag, belief sich diese zwischen 2000–14 auf 2,3 %. Ein Großteil der Emissionen ist auf die Verbrennung fossiler Energieträger sowie auf industrielle Prozesse zurückführen. Der Beitrag aus diesen beiden Sektoren betrug zwischen 1970 und 2010 ca. 78 % und ist ungefähr auf diesem Niveau geblieben bzw. steigt sogar weiter an. Denn auch hier gibt es neue Rekorde zu verzeichnen, so die IEA: „Global energy-related CO2 emissions grew by 1.4 % in 2017, reaching a historic high of 32.5 gigatonnes […]“ (IEA 2018: 1). Effektiver Klimaschutz bedeutet daher nicht weniger als eine Transformation des globalen Energiesystems. Die Energiewende voranzutreiben drängt angesichts der möglichen Folgen eines weiter ungebremsten Ausstoßes von THG und der damit voranschreitenden globalen Erwärmung.

Klimaänderungen sind keinesfalls ein neues Phänomen. Die Geschwindigkeit der aktuellen globalen Erwärmung jedoch schon, was sich auch in stetig neuen „Klimarekorden“ manifestiert. So waren die Jahre 2015, 2016 und 2017 global die wärmsten je gemessenen Jahre. Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 2 °C im Vergleich zu vorindustriellen Bedingungen wird als mindestens notwendig erachtet, um „großskalige und irreversible Klimafolgen auf ein akzeptables Niveau“ (Edenhofer/Jakob 2017: 41) zu begrenzen. Das 2016 in Kraft getretene „Übereinkommen von Paris“ geht sogar darüber hinaus und legt in Art. 2 fest, dass „der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau gehalten wird und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“.

Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen haben bereits heute deutlich zugenommen. Extremwettereignisse und neue Wärmerekorde schädigen nicht nur Ökosysteme, sondern erschweren auch die Sicherung grundlegender Bedürfnisse des Menschen. So wirken sich Klimaänderungen bspw. negativ auf Ernährungssicherheit und Wasserversorgung aus. Aber auch in gemäßigten Klimazonen führen z. B. Starkregenereignisse zu hohen Schäden. Der K. hat also bereits heute „Folgen für natürliche Systeme und solche des Menschen auf allen Kontinenten“ (IPCC 2014: 6). Die Verwundbarkeit gegenüber diesen Folgen ist jedoch unterschiedlich ausgeprägt. Länder des Globalen Südens sind bes. verwundbar, da sie nicht nur potenziell im hohen Maße vom K. physisch betroffen sind, sondern zugl. ihre Anpassungsfähigkeiten geringer sind. So können Industrienationen bspw. im Fall von Dürren Ernteausfälle besser kompensieren. Vor diesem Hintergrund sind auch klimabedingte Verschärfungen von sozialen Ungleichheiten und Verteilungskämpfen innerhalb und zwischen Gesellschaften möglich.

Es wird v. a. von zunehmender Migration aus stark betroffenen Gebieten ausgegangen. Der K. wird meist jedoch nicht unmittelbar als Fluchtursache, sondern vielmehr als „Verstärker“ bestehender Problemlagen und damit verbundener Ressourcenkonflikte betrachtet, was ihn auch zu einem globalen Sicherheitsproblem macht, insb. in Regionen und Ländern mit schwacher Anpassungskapazität. Denn „[a]m stärksten betroffen sind Menschen, die durch Armut, Krieg und andere Risikofaktoren bereits so geschwächt sind, dass sie den Folgen des Klimawandels nur wenig entgegensetzen können. Umgekehrt kann Klimawandel die Verwundbarkeit gegen Gewalt erhöhen, was zu einer gekoppelten doppelten Verwundbarkeit führt“ (Scheffran 2015: 114). Diesen „Teufelskreis“ können fragile Staaten und Krisenregionen kaum eigenständig durchbrechen, weshalb eine umfassende Klimafinanzierung Grundvoraussetzung für eine friedliche und nachhaltige Entwicklung (Nachhaltigkeit) darstellt. Der Umgang mit dem K. ist damit auch eine der zentralen Herausforderungen der Entwicklungspolitik.

„Fortgesetzte Emissionen von Treibhausgasen werden eine weitere Erwärmung und langanhaltende Änderungen aller Komponenten des Klimasystems verursachen und damit die Wahrscheinlichkeit von schwerwiegenden, weitverbreiteten und irreversiblen Folgen für Menschen und Ökosysteme erhöhen“ (IPCC 2014: 8). Die zukünftigen Folgen des K.s lassen sich jedoch nicht genau prognostizieren, da Klimaänderungen von komplexen Wechselwirkungen im Klimasystem und zahlreichen externen Faktoren abhängig sind; insb. auch von klimapolitischen Entscheidungen. In der Klimaforschung wird deswegen nicht von Prognosen, sondern von Projektionen gesprochen, die Reaktionen des Klimasystems auf unterschiedliche Emissionsszenarien beschreiben. Die im 5. IPCC-Sachstandsbericht verwendeten Repräsentativen Konzentrationspfade (RCP) umfassen ein stringentes Minderungsszenario, zwei mittlere Szenarien und ein Szenario mit sehr hohen THG-Emissionen. Alle RCPs beschreiben im Verlauf des 21. Jh. einen weiteren Temperaturanstieg; dieser variiert allerdings innerhalb der einzelnen RCPs und reicht in den Extremwerten von 0,3–4,8 °C bezogen auf den Referenzzeitraum 1986–2005. Gegenüber dem vorindustriellen Niveau ist bis Ende des 21. Jh. ein Temperaturanstieg von über 2 °C in allen Szenarien, außer dem stringenten Minderungsszenario, (eher) wahrscheinlich. Die große Bandbreite möglicher Entwicklungspfade verdeutlicht die Komplexität des Klimaproblems und die Grenzen der Klimaforschung. So stellt der IPCC auch heraus: „Der genaue Grad an Klimaänderung, der ausreicht, um abrupte und irreversible Änderungen auszulösen, bleibt unsicher; das mit der Überschreitung solcher Grenzen verbundene Risiko steigt jedoch mit höheren Temperaturen“ (IPCC 2014: 13).

3. Deutungskonflikte in der Klimadebatte

Wie auch in anderen Politikbereichen stellt der Umgang mit Unsicherheit eine große Herausforderung dar. Angesichts der Komplexität der Klimaforschung und ihrer Erkenntnisse, die oft nur verkürzt in die politische Debatte einfließen, stellt sich diese Problematik hier im bes.n Maße. Einerseits ist eine „diskursive Schließung“ (Kurze 2018: 296) bzw. Komplexitätsreduktion notwendig, um gemeinsames politisches Handeln zu ermöglichen, anderseits kann dies auch zu einer Verzerrung und Marginalisierung von Problemdefinitionen und entspr.en Handlungsoptionen beitragen. Zudem tragen divergierende Problemdefinitionen zur teils moralisch aufgeladenen und emotional geführten Klimadebatte bei. Die globale Erwärmung wird dabei mittlerweile zwar weitgehend als Fakt akzeptiert, jedoch haben jüngst auch wieder „alternative Fakten“ mehr Aufmerksamkeit erhalten, insb. durch klimaskeptische Äußerungen des US-Präsidenten Donald John Trump. Klimaskeptiker zweifeln Forschungserkenntnisse zum K. grundsätzlich an. Sog.e Klimaleugner bestreiten sogar die Existenz der globalen Erwärmung oder bezeichnen diese als ein rein natürliches Phänomen. Im Kern wird die (Haupt-)Verantwortung des Menschen für die globale Erwärmung verneint bzw. angezweifelt. D. J. Trump hat dies bspw. so formuliert: „The concept of global warming was created by and for the Chinese in order to make U.S. manufacturing non-competitive“ (Trump 2012). An diesem Tweet wird deutlich, dass sich Klimaskepsis nicht nur aus Wissenschaftsskepsis speist, sondern oft mit (wirtschaftlichen) Interessen verknüpft ist.

Folgt man den „Händlern des Zweifels“ („Merchants of Doubt“ [Oreskes/Conway 2010]), sind kostenaufwendige Klimaschutzverpflichtungen abzulehnen, auch weil sie Bürger und Unternehmen in ihren Freiheiten einschränken. Der im Juni 2017 angekündigte Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen ist symptomatisch für diese Haltung. Auch in Europa tauchen klimaskeptische Argumente immer wieder auf, bspw. in Deutschland vonseiten der AfD. Klimaskepsis verbindet sich hier oft mit Kritik an der Energiewende sowie teils auch mit Fundamentalkritik an staatlicher Bevormundung, was sich etwa in Warnungen vor einer „Öko-Diktatur“ manifestiert. Zwar mag die politische Relevanz des Klimaskeptizismus in Europa (bisher) geringer sein als in den USA, jedoch sind entspr.e Positionen nicht einfach zu vernachlässigen, da sie u. a. im Windschatten populistischer Bewegungen und Parteien (Populismus) salonfähiger werden. Nicht zuletzt auch um Skeptikern die Argumentationsgrundlage ein Stück weit zu entziehen, folgt der IPCC aufwendigen Verfahren bei der Erstellung seiner Berichte. Die sog.en Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger werden zudem buchstäblich Satz für Satz von IPCC-Mitgliedstaaten unter Vorsitz der beteiligten Wissenschaftler abgestimmt und verabschiedet. Der IPCC trägt in seiner Eigenschaft als zwischenstaatlicher und zugl. wissenschaftlicher Ausschuss daher wesentlich dazu bei, dass bei aller Komplexität, Unsicherheit und andauernder Kontroverse um den K. eine weitgehend geteilte Problemdefinition entstehen kann – und damit eine wichtige Grundlage für die Klimapolitik.

4. Klimapolitik

Klimapolitik zu betreiben, bedeutet in gewisser Weise eine „Wette“ (Edenhofer/Jakob 2017: 15) einzugehen. Denn es geht um eine komplexe Abwägung von Kosten und Nutzen heutiger THG-Reduktionen im Verhältnis zu nicht genau prognostizierbaren Auswirkungen des K.s in der Zukunft. So impliziert die Frage, ob heutige Generationen (hohe) Kosten zur Vermeidung von möglichen künftigen Schäden übernehmen sollten, ethische, intra- und intergenerationelle Gerechtigkeitsfragen (Gerechtigkeit). Auch die derzeit handlungsleitende und objektiv anklingende „Festlegung auf die 2 °C-Grenze bringt […] einen pragmatischen Kompromiss zum Ausdruck, der den normativen Konflikten und den wissenschaftlichen Unsicherheiten Rechnung trägt“ (Edenhofer/Jakob 2017: 41). Nimmt man das 2 °C-Ziel als politische Richtschnur an, wie es die internationale Gemeinschaft mit dem Abkommen von Paris formal getan hat, dann ist eine möglichst schnelle Minderung der THG-Emissionen notwendig. Enstpr. bezeichnet Klimaschutz „vor allem Maßnahmen zur Minderung der durch menschliches Handeln verursachten Treibhausgas-Emissionen“ (UBA 2013). Anpassungsstrategien (z. B. im Küsten- und Hochwasserschutz) sind ein zunehmend wichtiger Aspekt im Umgang mit K., jedoch sind diese in ihrer Wirkung begrenzt und können eine Vermeidung von Emissionen nicht ersetzen. Auf allen Governance-Ebenen (Governance) müssen daher ambitionierte Minderungsmaßnahmen unternommen werden. Da es sich beim K. um ein globales Problem handelt, kommt der weltweiten Zusammenarbeit eine bes. Bedeutung zu.

4.1 Globale Klimapolitik

Hauptziel der internationalen Klimapolitik ist, „die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird“ (Art. 2 UNFCCC). Dieses Niveau wurde in Paris durch das 2 °C- bzw. 1,5 °C-Ziel konkretisiert. Allein für die Einhaltung der 2 °C-Grenze müssen die „kumulativen CO2-Emissionen […] unterhalb von etwa 2 900 Gt CO2 bleiben […]. Bis 2011 wurden bereits etwa 1 900 Gt CO2 ausgestoßen“ (IPCC 2014: 10). Es verbleibt also nur noch ein knappes Kohlenstoffbudget, sodass die „Nutzung des Deponieraums Atmosphäre begrenzt werden [muss]“ (Edenhofer/Jakob 2017: 68). Allerdings gehört die Atmosphäre zu den globalen Gemeinschaftsgütern, d. h. zu den Gütern, die allen frei zugänglich sind, weshalb Regeln zur nachhaltigen Nutzung schwer durchsetzbar sind. Kurzfristige Einzelinteressen – hier an einem möglichst ungebremsten Emissionsausstoß – führen vielmehr zur Übernutzung bzw. zur Überfüllung des Deponieraums Atmosphäre mit gravierenden Klimafolgen insb. im Globalen Süden. Um diesem – als „Tragik der Allmende“ (Hardin 1968) bekannten – Grundproblem entgegenzuwirken, sind Festlegung und Durchsetzung von Nutzungsregeln notwendig. Letztere wird auf internationaler Ebene v. a. durch das Fehlen einer übergeordneten Instanz mit Gewaltmonopol – einer Weltregierung – erschwert. So besteht für Staaten vielmehr ein Anreiz von den Klimaschutzmaßnahmen der anderen zu profitieren, selbst aber keinen oder nur einen möglichst geringen Beitrag zu leisten. Dieses für die internationalen Beziehungen typische „Trittbrettfahrerverhalten“ zu minimieren und Vertrauen zu schaffen, ist die zentrale Funktion von Institutionen bzw. Regimen, die gemeinsame Prinzipien, Normen, Regeln und Verfahren festlegen. Über eine institutionalisierte Form der Zusammenarbeit kann grundsätzlich auch die Nutzung von Gemeinschaftsgütern reguliert und damit die Übernutzung zumindest eingedämmt werden.

Im Zentrum der globalen Regimebildung zum Klimaschutz steht die UNFCCC, die 1992 in Rio de Janeiro verabschiedet wurde. Mittlerweile haben 196 Staaten sowie die EU die UNFCCC ratifiziert. Das UNFCCC-Sekretariat organisiert die jährlichen Konferenzen der Vertragsparteien (COP). Deren lange Reihe verdeutlicht den mühsamen Weg bis zur COP 21 in Paris, wo erstmals ein umfassendes Klimaschutzabkommen verabschiedet werden konnte.

1995–2006 Regimebildung und -konsolidierung
– COP 1, 1995 in Berlin„Berliner Mandat“ legt fest, ein Protokoll mit verbindlichen THG-Reduktionszielen auszuhandeln.
- COP 2, 1996 in Genf
- COP 3, 1997 in KyotoVerabschiedung des Kyoto-Protokolls mit verbindlichen Zielen für Industrieländer (1. Periode 2008–2012). Es tritt im Februar 2005 in Kraft.
- COP 4, 1998 in Buenos Aires
– COP 5, 1999 in Bonn
- COP 6, 2000 in Den Haag
Keine Einigung in Umsetzungsfragen, COP 6 wird vertagt.
– COP 6–2, 2001 in Bonn
- COP 7, 2001 in MarrakeschFestlegung der Durchführungsbestimmungen des Kyoto-Protokolls („Marrakesh Accords“)
- COP 8, 2002 in Neu-Delhi
- COP 9, 2003 in Mailand
- COP 10, 2004 in Buenos Aires
- COP 11, 2005 in Montreal
- COP 12, 2006 in Nairobi
2007–2015 Verhandlung eines Kyoto-Nachfolgeregimes
- COP 13, 2007 auf BaliVerhandlungsmandat für ein Nachfolgeregime ab 2013 unter Beteiligung aller Länder („Bali Roadmap“).
- COP 14, 2008 in Posen
- COP 15, 2009 in KopenhagenKeine Einigung auf ein Nachfolgeabkommen ab 2013.
- COP 16, 2010 in CancúnErstmals wird das 2-C-Ziel verbindlich festgelegt.
- COP 17, 2011 in DurbanErneute Aufnahme von Verhandlungen über ein umfassendes Klimaschutzabkommen, das ab 2020 wirksam werden soll.
- COP 18, 2012 in DohaEinigung auf eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls (2013–2020) und Diskussion um Verhandlungsfahrplan für neues Abkommen.
- COP 19, 2013 in Warschau
- COP 20, 2014 in LimaAlle Länder sind aufgerufen, Klimaschutzpläne vorzulegen.
- COP 21, 2015 in ParisVerabschiedung des Übereinkommens von Paris.Es tritt im November 2016 in Kraft.
Ab 2016 Umsetzung des Übereinkommens von Paris

Tab. 1: Chronologie des UNFCCC-Prozesses

Die Verhandlungen im Rahmen des multilateralen UNFCCC-Prozesses drehen sich im Wesentlichen um die Frage, wer in welchem Ausmaß Emissionen reduzieren bzw. die Kosten hierfür übernehmen muss. Dabei ist der Grundsatz der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ (Art. 3 UNFCCC) zu berücksichtigen. Dieses Prinzip wurde in der ersten Phase der Regimebildung primär so umgesetzt, dass die Industrieländer als die Hauptverursacher des K.s auch die Hauptlast des Klimaschutzes übernehmen. Dies manifestiert sich deutlich im „Kyoto-Protokoll“, das verbindlich Reduktionsziele ausschließlich für Industrieländer bzw. die sog.en Annex-I-Staaten vorschreibt. Obwohl die USA das „Kyoto-Protokoll“ nie ratifizierten, trat es insb. aufgrund diplomatischer Bemühungen der EU 2005 in Kraft. Die verbleibenden Industrienationen hatten sich verpflichtet, ihre THG-Emissionen in der ersten Periode (2008–12) um 5,2 % gegenüber 1990 zu senken. Jedoch stieg im Jahr 2011 auch Kanada frühzeitig aus. Zudem waren Nicht-Annex-I-Länder, darunter Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien, im Kyoto-Regime von jeglichen Verpflichtungen befreit. Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg dieser und anderer Länder erschien das „Kyoto-Protokoll“, das also die größten Emittenten USA und China nicht in die Pflicht nahm, immer weniger zielführend, um den Anstieg von THG-Emissionen weltweit zu bremsen. Vor diesem Hintergrund sollte ein neues umfassendes Abkommen erarbeitet werden.

Die COP 15 in Kopenhagen stellte – insb. aus EU-Perspektive – einen Tiefpunkt der multilateralen Verhandlungen um ein Kyoto-Nachfolgeregime dar. Die EU hatte sich im Vorfeld für ein Abkommen stark gemacht, das auf der „Architektur des Kyoto-Protokolls“ (Europäischer Rat 2007: 11) aufbaut. Die EU erklärte sich 2007 sogar zu einem 30 %-Reduktionsziel im Rahmen eines zukünftigen internationalen Abkommens bereit, sowie zu einem davon unabhängigen, verbindlichen 20 %-Ziel bis 2020 (Europäischer Rat 2007: 12). Auf drastische Weise wurde jedoch deutlich, dass die EU ziemlich isoliert war. Nicht nur China, sondern auch der damalige US-Präsident Barack Obama unterstützten ein verbindliches Abkommen mit Targets and Timetables nicht. Die COP 15 verdeutlicht in bes.r Weise die Schwierigkeiten der internationalen Kompromissfindung, markiert aber auch einen Wendepunkt in der globalen Klimapolitik. Angesichts der wachsenden Zweifel an der Effektivität multilateraler Verhandlungen wurden verstärkt alternative Wege der Kooperation beschritten, was sich in zahlreichen Klimaschutzinitiativen zeigt, an denen nicht nur Staaten, sondern auch regionale und transnationale Akteure, v. a. Unternehmen sowie zivilgesellschaftliche Organisationen (Zivilgesellschaft), mitwirken. Weiterhin wird multilateralen Verhandlungen und speziell dem UNFCCC-Prozess jedoch eine wichtige Koordinierungsfunktion in dieser fragmentierten Klimaschutzlandschaft zugeschrieben, was sich im erfolgreichen Abschluss des umfassenden Paris-Abkommens bestätigt. Denn in Paris haben sich erstmals alle Vertragsparteien – also auch Schwellen- und Entwicklungsländer – bereit erklärt, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Im Gegensatz zum „Kyoto-Protokoll“ gibt es keine verbindlichen Reduktionsvorgaben mehr, sondern sog.e nationally determined contributions (NDCs), d. h. nationale Klimapläne, in denen Reduktionsziele und auch Maßnahmen zur Anpassung und Klimafinanzierung aufgelistet sind. Die Einhaltung der NDCs ist jedoch nicht rechtlich bindend. Der Beitrag aller Staaten wird aber alle fünf Jahre überprüft und die Ergebnisse veröffentlicht, wodurch zumindest ein gewisser Reputationsdruck entsteht, die eigenen Ziele zu erfüllen. Zudem wird berechnet, ob die Beiträge in Summe den gemeinsamen Zielen im Hinblick auf Minderung, Anpassung und Klimafinanzierung entsprechen (global stocktake). Die Ergebnisse der globalen Bestandsaufnahmen sollen bei der Erstellung der jeweils nächsten NDCs berücksichtigt werden. Die für die Zeit ab 2020 geltenden NDCs müssen alle fünf Jahre fortgeschrieben werden und jeweils ambitionierter sein als die vorherigen.

Will man das 2 °C-Ziel erreichen, so muss sich in den kommenden Jahren das Ambitionsniveau deutlich steigern: Die bisher vorgelegten NDCs reichen dafür keinesfalls aus. Sie bilden derzeit eher das innenpolitisch Machbare, als das klimatologisch Erforderliche ab. Positiv zu vermerken ist dagegen, dass im Unterschied zum „Kyoto-Protokoll“ nicht allein Minderungsziele im Fokus stehen, sondern angesichts der bereits spürbaren Klimafolgen auch Anpassungsmaßnahmen sowie der Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten (Loss and Damage). Mit diesem weniger verbindlichen, jedoch umfassenden und flexiblen Pledge and Review-System konnte v. a. die Nord-Süd-Konfliktkonstellation ein Stück weit überwunden und ein neuer Verhandlungskontext geschaffen werden. Paris ist daher auch kein Endpunkt des UNFCCC-Prozesses, sondern vielmehr ein Neuanfang. Die nachfolgenden COPs befassen sich entspr. v. a. mit technischen Fragen der Umsetzung bzw. der Erstellung eines „Regelbuchs“, jedoch nicht mehr mit grundlegenden institutionellen Designfragen. Um das Gelingen zukünftiger Verhandlungen zu fördern, wurden auch neue Formate wie der Talanoa-Dialog eingeführt. Durch diesen offenen, dialogbasierten Ansatz soll Vertrauen zwischen allen Beteiligten (wieder) gestärkt und eine bessere Verzahnung von multilateraler, transnationaler und regionaler Klimapolitik ermöglicht werden.

4.2 EU-Klimapolitik

Mit dem Vertrag von Lissabon (2009) wurde die Bekämpfung des K.s erstmals explizit primärrechtlich verankert. Seit der EEA (1987) verfügen die EG (bzw. später EU) jedoch über Kompetenzen in der Umweltpolitik und damit auch im Bereich des Klimaschutzes. Bereits 1990 beschloss der Rat der Europäischen Union in einer gemeinsamen Tagung der Umwelt- und Energieminister, die CO2-Emissionen bis 2000 auf dem Niveau von 1990 zu stabilisieren. Damit nahm die EU erstmals eine Vorreiterrolle ein und forderte entspr. auch in den internationalen Klimaverhandlungen – mit unterschiedlichem Erfolg – stets verbindliche Ziele ein. Für die EU gilt es nun die Verpflichtung von Paris umzusetzen. Zugl. müssen dabei aber auch divergierende Interessen der EU-Mitgliedstaaten in Einklang gebracht werden. Hier stehen sich, etwas vereinfacht gesagt, zwei Koalitionen gegenüber: Auf der einen Seite nordwesteuropäische Mitgliedstaaten, die traditionell für eine ambitionierte Klimapolitik plädieren, u. a. weil sie als First Mover etwa im Bereich kohlenstoffarmer Technologien auch eine wirtschaftliche Chance im Klimaschutz sehen. Auf der anderen Seite stehen mittel- und osteuropäische Länder, insb. Polen, deren Wirtschaftsweise noch sehr kohlenstoffintensiv ist, und die vor dem Hintergrund gegen ehrgeizige (unilaterale) EU-Reduktionsziele argumentieren. Etwas weniger heftig als der Nord-Süd-Konflikt auf globaler Ebene findet somit auch auf europäischer Ebene eine hartnäckige Auseinandersetzung um einen fairen Lastenausgleich statt, etwa im Hinblick auf die Energie- und Klimaziele bis 2030. Neben der Reduktion von THG-Emissionen um 40 % bis 2030 bleiben Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz Bestandteile einer integrierten EU-Energie- und Klimapolitik (Energiepolitik). Wichtigstes genuin klimapolitisches Instrument ist der EU-Emissionshandel (Emissionshandel), der 2005 in Kraft trat und den Handel von CO2-Zertifikaten zwischen Emittenten ermöglicht. So soll die Transformation zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft in Europa möglichst kosteneffizient erfolgen.

5. Fazit: Klimaschutz als gesamtgesellschaftliche globale Aufgabe

Klimafolgen sind schon heute in allen Kontinenten spürbar. Sie treffen (bisher) jedoch insb. die schwächsten Länder und Armen der Welt. Die Weiterentwicklung eines fairen Klimaregimes bleibt somit eine zentrale Aufgabe der Politik. Dabei müssen nicht nur die Erkenntnisse der Klimaforschung, sondern auch das Prinzip der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ (Art. 2 UNFCCC) sowie intra- und intergenerationelle Gerechtigkeitsfragen berücksichtigt werden. Mit dem Pariser Abkommen wurde nach langem Ringen ein Kompromiss auf internationaler Ebene gefunden, der zwar keine verbindlichen Reduktionsvorgaben vorsieht, jedoch erstmals alle Staaten in die Pflicht nimmt, einen freiwilligen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Allerdings wäre es eine zu verengte Sicht, Klimaschutz allein als staatliche Aufgabe zu betrachten oder eine, die sich primär mit ökonomischen Instrumenten lösen ließe. Die Umsetzung ambitionierter Klimaziele ist ohne kontinuierlichen, gesellschaftlichen Druck kaum denkbar. NGOs, Bürgerinitiativen und nicht zuletzt auch die Kirchen können als „moralische Instanzen“ die öffentliche Debatte entscheidend mitprägen, wie es Papst Franziskus mit seiner Enzyklika „Laudato si’“ im Vorfeld der COP 21 getan hat. Auch wenn sie weit mehr als eine reine „Klima-Enzyklika“ ist, sondern eindrücklich den Zusammenhang von sozialer und ökologischer Gerechtigkeit thematisiert, wurde sie doch bes. unter Klimaexperten positiv rezipiert. Papst Franziskus wurde in einer renommierten Zeitschrift sogar als „our most visible champion for mitigating climate change“ (McNutt 2015: 7) bezeichnet.

Abschließend lässt sich festhalten, dass ambitionierter Klimaschutz nur gelingen kann, wenn die eklatanten Ungleichheiten zwischen den Ländern des Globalen Südens und des Globalen Nordens in Form eines fairen Lastenausgleichs überwunden werden. Hier gilt es auch die Synergiepotenziale von Armutsbekämpfung und Klimaschutz im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung noch stärker zu nutzen. Zudem müssen die großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in entwickelten Ländern ernst genommen werden. Denn eine drastische Minderung der THG-Emissionen bedeutet v. a. eine Transformation des westlichen Wohlstandsmodells. In Demokratien muss dabei immer wieder ein neuer Konsens geschaffen werden, wie eine klimafreundliche Lebensweise gelingen kann. Denn diese Transformation geht auch mit neuen Gewinnern und Verlierern und damit zahlreichen Konflikten einher. Diese müssen offen ausgetragen werden, sollen demokratische Prinzipien nicht auf der Strecke bleiben. Neben den klimatologischen Argumenten, die klar für eine drastische Reduktion von THG-Emissionen sprechen, könnten auch in entwickelten Ländern die „Co-Benefits“ für Umwelt, Gesundheit und Wohlstand noch stärker und in längeren Zeithorizonten berücksichtigt werden. Allein kann die Politik dies in ihren knappen Handlungszyklen kaum leisten. Der K. ist daher eine genuin globale und gesamtgesellschaftliche Herausforderung.