Körperschaft

1. Überblick

Der Begriff der K. bezeichnet sowohl Organisationsformen im öffentlichen Recht als auch im Privatrecht, die aufgrund ihrer jeweiligen Besonderheiten und Ausformungen getrennter Betrachtung bedürfen. Gemeinsam ist diesen K.en lediglich, dass sie als juristische Personen selbst Träger von Rechten und Pflichten sind und als solche klagen und verklagt werden können.

2. Körperschaften des privaten Rechts

Im Privatrecht wird die K. am Leitbild des Vereins v. a. in Abgrenzung zur GbR und deren Fortentwicklungsformen (OHG, KG) bestimmt. Welche Kriterien genau eine privatrechtliche K. kennzeichnen, lässt sich u. a. dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.3.2004, (BStBl I 2004: 411) zur Frage, ob der Rechtsträger der US-amerikanischen Limited Liability Corporation (LLC) als K. einzuordnen ist, entnehmen. Als wesentliche Strukturmerkmale einer K. im deutschen Recht nennt das Schreiben die beschränkte Haftung der Gesellschafter, die Gewinnzuteilung nach Beschluss einer Gesellschafterversammlung und entspr. der Geschäftsanteile, die Kapitalaufbringung durch Einlage, die freie Übertragbarkeit der Anteile, die unbegrenzte Lebensdauer der Gesellschaft, ihre Unabhängigkeit vom Gesellschafterbestand, die Fremdorganschaft sowie die konstitutive Eintragung in ein Register. Nach deutschem Recht gegründete Rechtsträger, die als K.en eingeordnet werden, sind u. a. der rechtsfähige Verein, die GmbH, die Aktiengesellschaft (AG), die KGaA sowie die eingetragene Genossenschaft (eG) und der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Ein nach europäischem Recht gegründeter Rechtsträger, der eine K. darstellt, ist die SE.

Als dauerhafter Zusammenschluss mehrerer Personen privatrechtlicher Art zur Ausübung eines gemeinsamen Zwecks fallen privatrechtliche K.en und die Betätigung des Individuums innerhalb dieser in den Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG. Dabei sind im Rahmen der positiven Vereinigungsfreiheit die Vereinsgründungsfreiheit, die Freiheit zum Beitritt zur Vereinigung, die freie Existenz der Vereinigung und ihre intern-freie Funktionsentfaltung sowie die Vereinsbetätigung nach außen geschützt. Geschützt ist in Bezug auf privatrechtliche K.en innerhalb der negativen Vereinigungsfreiheit auch das Recht, bestehende Vereinigungen aufzulösen oder aus solchen auszutreten. Berufen kann sich auf Art. 9 Abs. 1 GG nicht nur der einzelne Deutsche; auch Vereinigungen mit Sitz im Inland, also die genannten privatrechtlichen K.en, können sich auf Art. 9 Abs. 1 GG berufen, soweit es um die gegenüber ihnen geltende Gewährleistung des Grundrechts auf eigene Existenz und das Grundrecht auf funktionsgerechte Betätigung geht. Ausländischen natürlichen Personen kommt nach herrschender Ansicht lediglich der Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG zu. Juristische Personen mit Sitz im Ausland können sich nicht auf den Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG berufen; gleiches soll nach teilweise vertretener Ansicht auch für juristische Personen bzw. K.en mit Sitz im Inland gelten, falls sie von Ausländern beherrscht werden.

Privatrechtliche K.en sind entspr. den Vorgaben des Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtsfähig. Unstreitig fallen sie als „vollrechtsfähige“ Rechtsträger unter den ohnehin weit ausgelegten Begriff der juristischen Person in Art. 19 Abs. 3 GG.

3. Körperschaften des öffentlichen Rechts

Trotz vereinzelter früherer Tendenzen gewann der Gedanke einer K. d ö. R. im deutschen Recht erst im 18. Jh. Raum. So etablierte das PrALR aufbauend auf den bloß geduldeten Privatgesellschaften das Konzept der Korporationen und Gemeinden, die den staatlichen Willen vollzogen und unter der Aufsicht des Staates standen. Zunehmend wurde das Bedürfnis deutlich, zur Erfüllung und Verwaltung staatlicher Aufgaben auf selbstständige Verbände und Organisationen zurückzugreifen, was den Weg zu K.en d ö. R. ebnete.

Heute versteht man unter K.en d ö. R. mitgliedschaftlich verfasste, von einem Mitgliederwechsel unabhängige Organisationen, die ihre Rechtssubjektivität durch Hoheitsakt erlangen und die ihnen zugewiesenen hoheitlichen Aufgaben durch ihre Organe in öffentlich-rechtlicher Handlungsform wahrnehmen. Abzugrenzen sind sie von nicht mitgliedschaftlich organisierten Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.

Entspr. der geschichtlichen Entwicklung liegt ein Vorteil von K.en d ö. R. in der Möglichkeit der Dezentralisierung und – relativen – Verselbständigung von Hoheitsausübung; autonome Institutionen können eine effiziente und problemgerechte Verwaltung ermöglichen. K.en als mittelbare Verwaltungsträger bedürfen wegen ihrer Befugnisse im Interesse der Funktionsfähigkeit des Gesamtstaates allerdings einer zentralisierten Steuerung und Überwachung. Die Kontrollintensität variiert i. d. R. danach, ob tendenziell der eigene Wirkkreis der K. betroffen ist (reine Rechtsaufsicht), oder originär staatliche Aufgaben wahrgenommen werden (Fachaufsicht mit Weisungsmöglichkeit).

K. d ö. R. haben vielfältige Erscheinungsformen, wobei sich eine Kategorisierung nach den Bedingungen ihrer Mitgliedsfähigkeit anbietet. Die bedeutendsten Gebietskörperschaften, deren Mitgliedschaft sich nach dem Wohnsitz bestimmt, bilden neben dem Bund und den Ländern die Landkreise (Kreis) und Gemeinden. Ihnen sind die missverständlich als Gesetzgebungs-K.en bezeichneten Institutionen (z. B. Bundestag, Bundesrat) als Organe zugeordnet, die somit gerade keine K.en bilden. Personal-K.en bestimmen ihre Mitglieder nach der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit und umfassen neben den wissenschaftlichen Hochschulen insb. berufsspezifische K.en wie die Rechtsanwalts- oder Ärztekammern (Berufskammern) sowie Kranken-, Unfall- und Rentenversicherungsträger. Eng verwandt damit sind Betriebs-K.en wie die Industrie- und Handelskammern. Darüber hinaus spielen auch Real-K.en wie Wasser- und Bodenverbände und Verbands-K.en, deren Mitglieder ausschließlich juristische Personen bilden, eine wichtige Rolle.

Immer wieder problematisiert werden die Pflichtmitgliedschaft in K.en d ö. R. und die verbundenen, zur Bestandssicherung der Institutionen notwendigen Zwangsabgaben insb. in Hinblick auf die berufsständischen K.en wie die IHKs. Während Art. 9 Abs. 1 GG grundsätzlich allein vor einer Zwangsmitgliedschaft in privatrechtlichen Vereinigungen schützt, ist der Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn die erhobenen Mittel zur Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben verwendet werden und ein Äquivalenzverhältnis zwischen der Leistung des Bürgers und der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Gegenleistung besteht.

4. Religionsgesellschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts

Eine Sonderstellung nehmen Religionsgesellschaften ein. Nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV bleiben sie K.en d ö. R., soweit sie zum Inkrafttreten der WRV solche waren, was auf die großen, altkorporierten Kirchen (geborene Kirchen-K.en) zutrifft. Andere Religionsgemeinschaften können entweder den K.s-Status anstreben, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten (gekorene Kirchen-K.en) oder privatrechtlich organisiert bleiben. Diese Ungleichbehandlung ist aufgrund hinreichender Differenzierungskriterien gerechtfertigt.

Kirchen sind K.en sui generis, die sich von den sonstigen öffentlich-rechtlichen K.en stark unterscheiden. Während sie mitgliedschaftlich organisiert sind, erfüllen sie grundsätzlich keine hoheitlichen Aufgaben, gehören also nicht zur mittelbaren Staatsverwaltung, weshalb sie auch nur sehr beschränkter hoheitlicher Aufsicht unterliegen. Öffentlich-rechtliche Handlungsformen dürfen sie allein wählen, wenn dies explizit normiert wurde.

Historisch diente die Verleihung des K.s-Status urspr. der Unterwerfung der Kirchen unter staatliche Aufsicht und Einflussnahme. War diese durch das mit der WRV eingeführte Trennungsgebot unerwünscht geworden, hielten die Kirchenvertreter jedoch an den verliehenen Rechten, insb. dem Besteuerungsrecht fest. Zur Begründung des K.s-Status wird heute primär auf die gesellschaftliche Bedeutung und die politisch-legitimatorische Eigenständigkeit gegenüber dem Staat rekurriert. Die Verleihung des öffentlich-rechtlichen Status bleibt dabei Ausdruck der gemäßigten, kooperativ angelegten Trennung zwischen Kirche und Staat (Kirche und Staat), deren Verflechtung indes zuweilen Kritik hervorruft.