Internationaler Währungsfonds (IWF, International Monetary Fund, IMF): Unterschied zwischen den Versionen

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D. Wentzel: Internationaler Währungsfonds (IWF, International Monetary Fund, IMF), Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Internationaler Währungsfonds (IWF, International Monetary Fund, IMF)}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
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D. Wentzel: Internationaler Währungsfonds (IWF, International Monetary Fund, IMF), Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Internationaler Währungsfonds (IWF, International Monetary Fund, IMF)}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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Version vom 4. Januar 2021, 12:21 Uhr

1. Historische Perspektive

Die Gründung des IWF ist eine Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf die wirtschaftlichen Verwerfungen der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkrieges. Das Gründungsabkommen wurde am 27.12.1945 unterzeichnet und der IWF nahm im März 1947 seine Arbeit auf. Ebenso wie bei seiner Schwesterorganisation, der Weltbank, wurde Washington als Sitz gewählt, was als Zeichen für die bes. Rolle der USA in der Neugestaltung der Nachkriegsordnung im Währungsbereich zu interpretieren ist.

Die Gründung des IWF ist nur im Zusammenhang mit dem Bretton Woods-System (Bretton Woods) zu verstehen. Dieses wurde 1944 aus der Taufe gehoben, um wieder Stabilität in die internationalen Finanzbeziehungen zu bringen und die schwerwiegenden wirtschaftspolitischen Fehler der Zwischenkriegszeit nicht zu wiederholen (etwa Abwertungswettläufe und Inflation). Fixpunkt des Systems war der goldgedeckte US-Dollar, gegenüber dem die anderen Währungen in festen Wechselkursen gekoppelt waren. Zur Stabilisierung des Systems fester Wechselkurse wurden IWF und Weltbank geplant, um Staaten in Zahlungsbilanzschwierigkeiten und bei Finanzkrisen (Finanzmarktkrise, Staatsschuldenkrise) zu unterstützen, ihre Währung trotzdem stabil zu halten. Die positive Entwicklung der Weltwirtschaft in den 50er und 60er Jahren ist auch der konsequenten Durchsetzung der Prinzipien dieser neuen Finanzarchitektur zu verdanken, denn freier Welthandel ist ohne stabile Währungen nicht realisierbar.

Mit der Aufgabe der Goldkonvertibilität durch die USA im Jahre 1971 geriet das Bretton Woods-System in eine Krise, der 1973 sein Zusammenbruch folgte. Dem IWF war seine urspr.e Aufgabe abhanden gekommen und es begann eine ordnungspolitische Neuorientierung.

2. Neuorientierung nach dem Ende des Bretton Woods-Systems

Nach kontroversen Verhandlungen trat 1978 ein überarbeitetes IWF-Abkommen mit neuen Zielen in Kraft. Alle Länder konnten von da an ihr Wechselkurssystem frei wählen. Angesichts der negativen Erfahrungen mit importierter Inflation im System von Bretton Woods entschieden sich viele größere Länder nun für flexible Wechselkurse. Die kleineren Länder bevorzugten immer noch eine Anbindung an eine starke Währung. Die Europäer gründeten im Jahre 1979 fast zeitgleich das EWS, um die Wechselkurspolitiken auf dem Europäischen Binnenmarkt stärker selbst koordinieren zu können.

Die neue Aufgabe des IWF besteht seitdem in der Begutachtung der Makro- und Fiskalpolitiken aller Mitgliedsstaaten und in der finanziellen Hilfestellung und Beratung für Länder, die mit massiven wirtschaftspolitischen Problemen zu kämpfen haben. Der IWF ist einerseits Kreditgeber, andererseits aber auch wirtschaftspolitischer Berater, denn seine Kredite unterliegen strengen Konditionen und verlangen meist einschneidende Reformen in den betroffenen Ländern. Der IWF kann schwachen Regierungen dadurch eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit verleihen, dass sie ihm diese unliebsame Reformen anlasten können (sog.e Sündenbock-Funktion). Kritiker des IWF – etwa Joseph Stiglitz – sehen in den Kreditauflagen allerdings eine Einmischung einer nach wie vor stark US-amerikanisch geprägten Institution in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Ebenfalls kritisiert wird die primär auf Haushaltskonsolidierung ausgerichtete wirtschaftspolitische Philosophie des IWF (sog.er Washington Consensus).

3. Struktur und Institutionen des IWF

Der IWF hat derzeit 189 Mitglieder (Stand 2017) und ist damit eine der größten internationalen Organisationen. Die Stimmrechte berechnen sich nach dem Kapitalanteil der Länder. Die USA haben mit 16,5 % der Stimmrechte den größten Anteil und damit quasi ein Veto-Recht, da bestimmte Entscheidungen eine Zustimmungsquote von 85 % erfordern. Nach den USA sind Japan, Deutschland, das Vereinigte Königreich und Frankreich die nächstgrößeren Anteilseigner. Für die fünf größten Anteilseigner leitet sich ein bes.s Privileg ab, nämlich die Bestimmung eines Mitgliedes im Exekutiv-Direktorium.

Die wichtigsten Institutionen des IWF sind der Governeursrat und das Exekutiv-Direktorium. In den Governeursrat kann jedes Mitgliedsland einen Vertreter entsenden. Üblicherweise ist dies der Finanzminister oder der Notenbankchef: Derzeit wird Deutschland vom Präsidenten der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, vertreten (Stand 2019). Da der Governeursrat nur einmal pro Jahr tagt, liegt das Tagesgeschäft bei den 24 Mitgliedern des Exekutiv-Direktoriums. Fünf Plätze sind für die größten Anteilseigner reserviert, die restlichen Plätze werden nach Ländergruppen verteilt. Geführt wird der IWF immer von einem Europäer (derzeit Christine Lagarde), während die Weltbank traditionell von einem Amerikaner geleitet wird. Im Gegensatz zu anderen internationalen Organisationen – etwa dem Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen – hat sich der IWF stets als handlungsfähig erwiesen.

4. Neue Entwicklung nach der Finanzkrise 2010

Zu Beginn des neuen Milleniums stand der IWF erneut in der Kritik. Angesichts von weltweit steigenden Devisenreserven wurde die Frage aufgeworfen, ob der IWF noch notwendig sei und nicht vielmehr ein Relikt aus der Nachkriegszeit darstelle. Die Finanzkrise 2010 mit der zeitweiligen Zahlungsunfähigkeit Griechenlands hat der Arbeit des IWF jedoch eine neue Facette und wieder zunehmende Bedeutung beschert. Erstmals wäre beinahe ein Mitglied der Eurozone in Konkurs gegangen und die Frage möglicher Hilfskredite führte zu neuen politischen Allianzen: Es kam die sog.e Troika zum Einsatz, bestehend aus IWF, der EZB und der Europäischen Kommission, die gemeinsam über das Rettungspaket mit der griechischen Regierung verhandelte. Der Grundsatz der strikten Konditionalität bei der Kreditvergabe fand hier Anwendung, weshalb sich Griechenland anfänglich stark gegen die Mitwirkung des IWF wehrte. Aufgrund des nur eingeschränkt wirksamen Stabilitätspaktes verfügt die EU jedoch nicht über ein glaubwürdiges Sanktionsinstrument gegenüber Staaten, die gegen die Stabilitätskriterien verstoßen, weshalb die Autorität des IWF willkommen war. Die Troika könnte durchaus Modellcharakter für die zukünftige Tätigkeit des IWF haben, wenn es in Kooperation mit anderen internationalen Organisationen um die Lösung von Haushalts- und Fiskalproblemen in einzelnen Ländern geht.