Interkulturelle Bildung: Unterschied zwischen den Versionen

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C. Allemann-Ghionda: Interkulturelle Bildung, Version 11.11.2020, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Interkulturelle Bildung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
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C. Allemann-Ghionda: Interkulturelle Bildung, Version 04.01.2021, 09:00 Uhr, in: Staatslexikon<sup>8</sup> online, URL: {{fullurl:Interkulturelle Bildung}} (abgerufen: {{CURRENTDAY2}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
 
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Version vom 4. Januar 2021, 11:21 Uhr

1. Thematischer Überblick

In Westeuropa hat der Begriff i. B. seit Mitte der 1970er Jahre – mit nationalen Unterschieden – die erziehungswissenschaftliche bzw. die pädagogische Diskussion geprägt. Darunter wird eine pädagogische Konzeption verstanden, bei der spezifische kulturelle Traditionen, die das Verhalten und die Lebensweise der Menschen prägen, nicht weggeleugnet oder ausgegrenzt werden. Vielmehr wird kulturelle Vielfalt oder Pluralität als ein in allen Gesellschaften und Nationen zu beobachtendes Phänomen definiert. Da es sich um keine Abweichung und kein Defizit handele, soll eine Bildung entwickelt werden, die auf dem Prinzip der Gleichheit und Anerkennung basiert – im Gegensatz zu einer Bildung, die Menschen und Gruppen aufgrund ihrer kulturellen und sprachlichen Herkunft und Identität in einer historisch gewachsenen, als normal angenommenen Hierarchie bestimmte Plätze zuweist und infolgedessen hierarchisch unterscheidend pädagogisch behandelt.

Damit Kinder und Jugendliche die entspr.en Einstellungen, Urteilsfähigkeiten, und Handlungsweisen erlernen können, ist es im Sinne der i.n B. nötig, ihnen u. a. Wissen anzubieten, das zur Entfaltung interkultureller Kompetenz beitragen kann. Dies geschieht durch curriculare Inhalte (z. B. Multiperspektivität im Geschichtsunterricht) und durch Erziehung auf der Ebene zwischenmenschlicher Beziehungen.

Um den Begriff interkulturell zu charakterisieren, ist es zweckmäßig, zwischen diesem und dem Begriff multikulturell (Multikulturalismus) zu unterscheiden. Interkulturell betont die Interaktion zwischen Kulturen bzw. den Menschen, die sich bestimmten Kulturen zugehörig fühlen oder diesen zugeschrieben werden. Multikulturell stellt das Nebeneinander der Kulturen in den Vordergrund. In den meisten europäischen Ländern wird die Variante i. B. präferiert. In angloamerikanischen Ländern, insb. in den USA, Kanada, Australien, aber auch im Vereinigten Königreich, ist häufiger von multikultureller Bildung (multicultural education) die Rede. In englischsprachigen Ländern haben sich außerdem Begriffe etabliert, die Rassendiskriminierung in den Mittelpunkt rücken; daraus wird eine anti-rassistische Pädagogik abgeleitet. Ein weiterer Ansatz – Citizenship Education – kann je nach Standpunkt als komplementäre oder antagonistische Fortsetzung der i.n bzw. multikulturellen B. angesehen werden. Hier werden nationale Identität und gesellschaftliche Diversität einander gegenübergestellt und kritisch betrachtet mit dem Ziel, gemeinsame Werte und soziale Kohäsion zu fördern.

Seit den 1990er Jahren tritt in zahlreichen westlichen Ländern der Begriff „Pädagogik der Vielfalt“ (Prengel 1993) im Sinne einer „Ethik der Diversität“ (Porcher/Abdallah-Pretceille 1998) zunehmend in Erscheinung. Aus systematischer Sicht kann diese als Erweiterung und Aktualisierung der urspr.en interkulturellen Pädagogik betrachtet werden. Bei dieser Sichtweise ist das Kriterium der kulturellen Differenz und Vielfalt nicht vorherrschend, sondern es besteht neben zahlreichen anderen Kategorien von Differenz und Vielfalt und wird im Rahmen inklusiver pädagogischer Ansätze und Strukturen beachtet.

I. B. profiliert sich vornehmlich als westlich verorteter Begriff. Formen der i.n oder multikulturellen B. sind jedoch auch in einzelnen asiatischen und afrikanischen Ländern anzutreffen. In Osteuropa war i. B. bis zum Zusammenbruch des sowjetischen Systems und der damit verbundenen Subsysteme bis zu den früheren 1990er Jahren kein Thema. Nach 1990 finden sich in der Literatur vereinzelte Untersuchungen über die Stellung ethnischer Minderheiten in den Bildungssystemen, nicht jedoch zur Behandlung von Personen mit Migrationshintergrund, da Einwanderung in osteuropäische Länder einen viel geringeren und negativer konnotierten Stellenwert als in Westeuropa hat. Der Begriff i. B. ist somit dort so gut wie abwesend.

2. Zu den Ursprüngen des Begriffs interkulturelle Bildung

Die Entstehung des in Europa (namentlich in Westeuropa sowie im Jargon der europäischen Institutionen) und insb. in deutschsprachigen Ländern und Regionen gebräuchlichen Begriffs i. B. geht auf verschiedene Quellen und Faktoren zurück, deren hier fünf hervorgehoben werden:

Ein Paradigmenwechsel in den Sozialwissenschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jh. hat zu einer Betonung, ja Überbetonung der Bedeutung von Kultur (ethnisch und national verstanden) als analytische Kategorie auf gleicher Ebene wie soziale Klasse bzw. soziales Milieu, Geschlecht bzw. Gender geführt. Historische Vordenker einer relativistischen Sicht auf Kulturen, Sprachen, Religionen sind im Zeitalter der Aufklärung, ja sogar davor verortet, man denke an Montaigne, Voltaire, Alexander und Wilhelm von Humboldt. In diese Denktradition fügt sich Charles Taylors Theorie der Politik der Anerkennung. Diese hatte wiederum einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung kulturell relativistischen und interkulturellen bzw. multikulturellen Denkens in Nordamerika, Europa, Australien. V. a. seit den 1960er Jahren haben mehrere, nicht nur sozialwissenschaftliche Disziplinen die Bedeutung soziokultureller Systeme für verschiedene Arten, die Welt zu sehen, untereinander zu kommunizieren, und überhaupt das materielle sowie immaterielle Leben zu gestalten, erkannt. Durch theoretische Reflexion und empirische Forschung in den Disziplinen Philosophie, kulturelle bzw. soziale Anthropologie (früher Völkerkunde und Ethnologie), Linguistik, Literaturwissenschaft, Sozialpsychologie, interkulturelle Psychologie, Erziehungswissenschaft (und die Liste ist nicht vollständig) erfolgte aus verschiedenen Seiten eine systematische Annäherung an die interkulturelle Dimension. Empirische Forschung über interkulturelle Kommunikation und Kompetenz, über Mehrsprachigkeit, über die Möglichkeiten, Interkulturalität in der formellen und informellen Bildung zu gestalten, sind Folgen der veränderten epistemologischen Perspektive: Kulturen sind wichtig, und sie sind zwar verschieden, aber als gleich würdig zu behandeln.

Soziale Bewegungen in den Vereinigten Staaten in den 1960er und 1970er Jahren, insb. das Civil Rights Movement (Bürgerrechtsbewegungen), und damit verbundene Ideen über gleiche Anerkennung und Rechte für alle Kulturen und Gruppen, wurden in Europa von einem Teil der wissenschaftlichen Gemeinschaft mit Interesse wahrgenommen. Die Art und Weise, in der in den USA über kulturelle und ethnische Aspekte, über die Genderthematik und über soziale Ungleichheit diskutiert wurde, schwappte nach Europa über. Diese Diskurse beeinflussten die europäische Debatte über das theoretische Modell, an das Pädagogik und Bildung sich orientieren sollten, um Bildungssysteme zu verändern, die bis dahin ethnische und sprachliche Minderheiten kaum oder nur negativ beachtet hatten. Die Stellung ethnischer und sprachlicher Minderheiten in der formellen Bildung war in zahlreichen europäischen Ländern, nicht zuletzt in Deutschland von expliziter Ausgrenzung geprägt worden. Auch die Themen der sozialen Herkunft und der genderbedingten Benachteiligung waren bis zu den 1960er und 1970er Jahren namentlich in Westeuropa – im Gegensatz zu den osteuropäischen Ländern, die unter sowjetischem Einfluss standen – vernachlässigt worden. Die Rezeption der nordamerikanischen multicultural education und der damit verknüpften Diskurse hat die Aufmerksamkeit auf Gemeinsamkeiten über die Kontinente hinweg gelenkt.

V. a. nach dem Zweiten Weltkrieg wurde für viele westeuropäische Länder Migration zur bedeutenden wirtschaftlichen, demographischen, gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit. Deutschland, Frankreich, die Schweiz, die Benelux-Länder, Schweden, das Vereinigte Königreich, empfingen in ihren Schulen ab den 1950er, aber noch viel stärker ab den 1960er Jahren, hohe Zahlen von Kindern, deren Eltern zugewandert waren. Da diese Kinder mehrheitlich andere Sprachen kannten als in den Aufnahmeländern üblich, sahen sich Schulen und Lehrpersonen neuen Lernbedürfnissen und Integrationsaufgaben gegenübergestellt. In den Ländern, die Kolonialmächte gewesen waren (Frankreich, Belgien, die Niederlande, das Vereinigte Königreich) bestand ein beachtlicher Teil der Migration aus Personen, die in verschiedenen Etappen aus den ehemaligen Kolonien gekommen waren oder immer noch kamen (Kolonialismus). Die erste, spontane pädagogische Reaktion auf der Handlungsebene war eher defizitorientiert im Einklang mit der in den 1960er Jahren populären kompensatorischen Pädagogik. Nach damaligem Denken galt es, sprachliche Defizite auszugleichen, die entweder durch die soziale Herkunft oder analog dazu durch den „andersartigen“ kulturellen Hintergrund erklärt wurden. So waren die ersten auf Migration zugeschnittenen pädagogischen Konzepte zunächst unter dem Begriff der „Ausländerpädagogik“ (eine genuin deutsche Wortschöpfung) gehandelt. In den 1970er Jahren begann sich dann der Übergang zu einer emanzipatorischen Pädagogik abzuzeichnen, und schließlich kam es zu den ersten Versuchen der interkulturellen Pädagogik. In dieser ersten Generation i.r B. ging es um den korrekten Unterricht für zugewanderte Kinder unter gebührender Berücksichtigung ihrer Kulturen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs in Europa das Bewusstsein über den Wert der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, die diesen Kontinent gekennzeichnet. Diese Idee wurde maßgeblich und zielgerichtet von europäischen Institutionen (zuerst vom Europarat seit seiner Gründung im Jahre 1949, später auch von der Europäischen Kommission) hervorgehoben, propagiert und gefördert. Sprachliche und kulturelle Diversität war schon immer ein Charakteristikum zahlreicher Länder und des europäischen Kontinents gewesen – für Historiker eine Selbstverständlichkeit. Aber das Wissen, dass Europa und jedes in Europa geborene Individuum aufgrund früherer Völkerwanderungen, periodischer geopolitischer Veränderungen, sowie wiederholter Migrationsbewegungen in mehrere Richtungen per definitionem kulturell hybrid ist, war während des 19. Jh. und bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs fast vollkommen abgelehnt, bewusst vergessen und durch den Mythos angeblich reiner nationaler Kulturen ersetzt worden. Seit den Römischen Verträgen von 1957, dem Auftakt des europäischen Integrationsprozesses, begann sich der alternative Diskurs herauszuschälen, dass die Vielfalt der europäischen Sprachen und Kulturen nicht zu Gegensätzen und Konflikten, sondern zur Einigung und zur Einfügung lokaler und nationaler Sprachen und Kulturen in eine supranationale, kooperative Kultur führen sollte. Die Idee der europäischen Integration beruhte auf dem Grundsatz der gleichen Würde und der gegenseitigen Anerkennung von Kulturen. Während die erste Generation der i.n B. (je nach Land ab Mitte bis Ende der 1970er Jahre) v. a. Migration und die damit verbundene Vielfalt der Kulturen und Sprachen im Blick hatte, entsteht ab den 1990er Jahren eine zweite Generation der i.n B., basierend auf der Feststellung, dass kulturelle und sprachliche Vielfalt vielschichtig ist. Migration ist nach wie vor die sichtbarste und hörbarste Form von Vielfalt, und wird in vielen Bildungssystemen sowie in zahlreichen Forschungszusammenhängen als größte Herausforderung wahrgenommen und behandelt. Gleichzeitig ist jedoch nicht zu übersehen, dass zahlreiche historisch ansässige sprachliche Mehrheiten und Minderheiten in europäischen Ländern leben. Sie sind Staatsangehörige der Länder, in denen sie leben, was im Übrigen inzwischen für einen beträchtlichen Teil der Migranten ebenfalls gilt. Für beide Kategorien von Staatsangehörigen (ansässige Minderheiten und ältere wie neuere Zugewanderte und deren Kinder) gilt, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und Anerkennung aller Sprachen und Kulturen oft missachtet wird. Somit erweitert sich der Focus der i.n B. über die Thematik der Integration und der Gleichbehandlung von Migranten hinaus. Angestrebt wird im theoretischen Diskurs eine i. B. aller Menschen, damit sie mit allen Formen kultureller Vielfalt wissend und reflektierend interagieren können.

Die erziehungswissenschaftliche Diskussion zeichnet sich immer mehr durch Austausch und gegenseitige Einflüsse in der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft und im Rahmen nicht nur europäischer, sondern auch anderer supranationaler Organisationen aus. Namentlich die UNESCO seit ihrer Gründung im Jahre 1945 und später die OECD (1987) haben sich dem Thema der Anerkennung und Gleichbehandlung sprachlicher und kultureller Minderheiten verschrieben und kontinuierlich auf die nationalen Debatten Einfluss genommen. I. B. wird zunehmend als globales Anliegen betrachtet. Kritik und die Weiterentwicklung der urspr.en Idee von i.r B. werden zunehmend in einem transnationalen Raum formuliert und diskutiert. Zahlreiche international ausgerichtete wissenschaftliche Gesellschaften bemühen sich um den Austausch über i. B., so dass urspr. nationale Diskurse immer mehr einander befruchten.

3. Von der Interkulturalität zur Diversität

In über 40 Jahren seit der erstmaligen Verwendung in Europa hat der Begriff i. B. einen Wandel vollzogen.

Von Beginn an wurde i. B. kritisiert. Die Argumente waren unterschiedlich, nicht in allen Ländern gleich gewichtet und verteilt, und kamen sowohl aus konservativer (eher national und ethnozentrisch orientierter) als auch aus fortschrittlichen Perspektiven. Letzteren Kritikern ging es letztlich darum, dass die Wertschätzung von Kulturen nicht ausreichend sei, um gleiche Rechte und gerechte Behandlung aller zu erreichen. V. a. der Argumentationskomplex um die Kritik am kulturellen Reduktionismus hat zur Weiterentwicklung der i.n B. beigetragen. Jeder Unterschied, jeder Konflikt werde kulturellen Gründen zugeordnet. Damit verknüpft ist Essentialismus, wonach Kulturen als statisch gesehen und Prozesse der gegenseitigen Befruchtung und des Wandels ignoriert werden. Eine eng verstandene i. B. trage zur Ethnisierung bei und verstärke Diskriminierung. Die einseitige Betonung kultureller Faktoren führe zur Vernachlässigung von sozio-ökonomischer Herkunft und Status. V. a. letztere seien jedoch für ungleiche Bildungsbeteiligung verantwortlich. Diese Lesart wird von Untersuchungen zur institutionellen Diskriminierung flankiert: Hierarchische, segregierende Strukturen der Bildungsinstitutionen stellen Muster bereit, welche Diskriminierung begünstigen.

Das Thema des Bildungserfolgs von allen Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft wurde zunehmend als zentrales Problem aller Bildungssysteme erkannt. Dazu haben international vergleichende Untersuchungen und Berichte der OECD, insb. PISA, wesentlich beigetragen. Laut diesen bedinge der Migrationshintergrund, kombiniert mit ungünstigen sozio-ökonomischen Voraussetzungen und der unzureichenden Kenntnis der Landessprache, entscheidend den Bildungserfolg oder Misserfolg. Würde man nach diesen Ergebnissen urteilen, hätten i. B.s-Programme kaum gegriffen.

Mehrsprachigkeit wurde zunehmend zum Schwerpunkt i.r B. Während die erste Generation der i.n B. einseitig die sprachliche Förderung in der Zweitsprache (Landessprache) und – allerdings nicht in allen Konzeptualisierungen – die Förderung der Erstsprache (Herkunftssprache, Familiensprache) der Kinder mit Migrationshintergrund als unverzichtbar erklärte, wird Mehrsprachigkeit zum Ziel für alle, weil sprachliche Rechte und kulturelle Identität jede Person betreffen, und weil angenommen wird, Mehrsprachigkeit könne interkulturelle Kompetenz fördern. Hier ist eine ideelle Konvergenz mit dem Diskurs der europäischen Institutionen zu erkennen, die das Ziel der Mehrsprachigkeit und des interkulturellen Dialogs programmatisch propagieren.

Die enge Fixierung auf objektiv festzustellende oder imaginäre, statische kulturelle Differenzen wich einem breiteren Verständnis von Diversität verbunden mit dem Gedanken der Inklusion (Inklusion, Exklusion). Zu dieser Erweiterung haben verschiedene Prozesse beigetragen. Die Erklärung von Salamanca (UNESCO 1994) verteidigt mit Nachdruck das Recht aller Kinder auf Bildung unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe, sozialen Lage – propagiert also Inklusion unter Berücksichtigung aller Indikatoren, die sonst Anlass zu Diskriminierung und Exklusion geben. In den darauf folgenden Jahren haben die UNESCO und die OECD wiederholt sanften (also: nicht gesetzlich bindenden) Druck ausgeübt, damit die Regierungen und ihre Bildungssysteme der Maxime der umfassenden Inklusion folgen. Gleichzeitig ist in mehreren Ländern zu beobachten, dass der mehr oder weniger dezidiert gebrauchte Begriff i. B./multicultural education in politischen Stellungnahmen, in Lehrplänen, in weiteren normativen Richtlinien, und parallel dazu im erziehungswissenschaftlichen Diskurs durch den Begriff Diversität ersetzt wird – so in Kanada, im Vereinigten Königreich, in Schweden, um nur einige Beispiele zu nennen. Je nach Land wird im Rahmen des so erweiterten Diversitätsdiskurses zunehmend auch über die pädagogische und curriculare Behandlung religiöser Pluralität diskutiert und reformiert.

Pädagogik der Diversität ist zur dritten Generation oder zum Nachfolgebegriff der i.n B. geworden. Es ist schwerlich anzufechten, dass ein reflektierter pädagogischer Umgang mit allen Manifestationen von Diversität zum Bildungsauftrag gehört (KMK 2013/1996). Zu den Rahmenbedingungen und Instrumenten der Umsetzung in pädagogische Praxis gehören neben den KMK-Empfehlungen (in anderen Ländern äquivalente Schriften), Lehrpläne und die Aus- und Fortbildung der Lehrpersonen. Ob die Umsetzung in pädagogische Praxis gelingt, hängt auch von Formen der Überprüfung ab.