Information

  1. I. Grundlagen
  2. II. Information durch Medien

I. Grundlagen

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1. Philosophische Annäherungen

Spätestens seit den ausgehenden 1990er Jahren ist I. zu einem wichtigen Thema auch in der Philosophie geworden. Unter dem Titel einer „Philosophy of Information“ (Floridi 2011) werden Themen aus den traditionellen Bereichen der Philosophie (z. B. Epistemologie, Ontologie, Ethik) unter bes.r Berücksichtigung dieses Leitbegriffs bearbeitet. In einigen Arbeiten wird I. eine so fundamentale Rolle zugesprochen, wie sie die Begriffe von Wahrheit, Wissen, Sein, Sinn, Gut/Böse einnehmen. Luciano Floridi schlägt zur genaueren Bestimmung einer solchen Philosophie Fragen über die technische Beschaffenheit und Handhabung von I.en, über den Zusammenhang von Wahrheit, Sinn und I. sowie über die praktische, insb. die gesellschaftliche Rolle von I.en vor. Für die aktuellen Diskussionen muss der prägende Einfluss der sog.en mathematischen Theorie der Kommunikation hervorgehoben werden, die unter I. eine quantifizierbare Dimension der Übermittlung von Nachrichten durch ein Medium versteht. Weitere statistisch oder algorithmisch orientierte Versuche zur Bestimmung eines inhaltsneutralen, quantifizierbaren I.s-Begriffes sind in der Diskussion. In der Philosophie, die an Argumente und Diskurse seit Platons „Phaidros“ anknüpfen kann, aber auch in alltagssprachlichen Diskussionen wird der Begriff allerdings etwas anspruchsvoller gefasst und auf den Inhalt der Nachrichten bezogen. Im Sinne der Frage nach Wahrheit und Sinn wird I. dann als durch die Nachricht dargestellte wahre bzw. als faktische oder instruktive Aussage verstanden, als Repräsentation von Sinn oder als anderweitig auf den Erwerb von Wissen bezogen. Diskussionen zu einem semantischen oder pragmatischen I.s-Begriff, zur Relationalität und der notwendigen Bezugnahme auf Kompetenzen und Leistungen der beteiligten Akteure bzw. im Gegenteil zur Unabhängigkeit von I.s-Rezipienten nehmen einen wichtigen Rang ein. Darüber hinaus erscheinen viele bekannte philosophische Probleme und Prinzipien in einem neuen Licht, wenn man die einschlägigen Prozesse als informationelle Prozesse versteht; so etwa Fragen nach der Bedeutung von Moralität und Verantwortung aber auch nach der Trennung von Geist und Körper, nach Identität, Sterblichkeit und nach dem Wesen des Menschseins. Im Sinne der Frage nach gesellschaftlicher Relevanz ist festzustellen, dass die Herstellung, Entwicklung und Regulierung von Verhältnissen informationeller Produktion, Kommunikation und Prozessierung direkte und weitreichende politische Konsequenzen haben. Insofern ist es naheliegend, sie auch als politische Handlungsfelder zu begreifen, auf die sich der politische Prozess erstreckt und die er ganz selbstverständlich einbezieht.

2. Informationspolitik

In der Konstitution politischer Öffentlichkeit ist z. B. deutlich zu sehen, wie die Revolution der I.s-Technologien eine Umwälzung der medialen Infrastruktur bewirkt und wie sie Kommunikationsverhalten und Wahrnehmungsmuster der Menschen verändern kann (Digitale Revolution): Regierungen, Abgeordnete und Parteipolitiker, Gewerkschaften, Verbände und andere NGOs informieren auf ihren öffentlichen Webseiten über die eigenen Tätigkeiten (und kritisieren die der politischen Gegner), sie betreiben Blogs und Podcasts und unterhalten Präsenzen in sozialen Medien. Neue I.s- und Kommunikationstechnologien erlauben auch marginalisierten Gruppen die Kommunikation untereinander oder sogar die Kommunikation der eigenen Positionen in die allg.e Öffentlichkeit. Zugl. wird jedoch auch eine Zersplitterung von Öffentlichkeit, eine Radikalisierung der politischen Meinungen und ein Verlust an respektvoller Kommunikation beklagt, deren Ursachen in der unüberschaubaren Beliebigkeit zahlreicher konkurrierender I.s-, Kommunikations- und Vernetzungsangebote, im relativen Bedeutungsverlust traditioneller Gatekeeper-Institutionen wie öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten und großer Tageszeitungen sowie in der technisch induzierten, weit verbreiteten Knappheit der Formulierung von Äußerungen gesehen werden. Zudem entstehen auch neue Mechanismen der Manipulation, die erst durch bestimmte I.s-Technologien ermöglicht werden, wie die Vorspiegelung vermeintlich breiter öffentlicher Bewegungen durch automatisch agierende Kommunikations-Roboter (sog.e Bot-Netze) oder das öffentlichkeitswirksame Hacken von I.s-Infrastrukturen politischer Gegner durch zivilgesellschaftliche Akteure.

3. Informationsrechte

Mit der informationstechnischen Durchdringung aller Bereiche des individuellen und sozialen Lebens hinterlässt nahezu jede Tätigkeit und jeder Zustand eine informationelle Spur, die von informationssammelnden und -verarbeitenden Systemen genutzt wird. Dahinter stehen manchmal zweifelhafte, aber oft auch legitime Interessen (von Bemühungen zur Gewährleistung von Sicherheit durch staatliche Stellen, über ökonomische Nutzung der Daten durch Dritte oder durch die Handelnden selbst, bis zu Strategien, den je individuellen Lebenswandel gesünder oder nachhaltiger zu gestalten). Ein entscheidendes Regulativ dieser Entwicklung ist das sog.e Recht auf informationelle Selbstbestimmung, nach dem das Individuum selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten entscheidet. Selbst mit einer vollumfänglichen und verlässlichen Gewährleistung eines solchen Rechts erledigt sich das Problem jedoch nicht, sondern verlagert sich als Dilemma und Wertekonflikt in den privaten Handlungs- und Entscheidungsraum. Denn einerseits haben Menschen ein berechtigtes und rationales Interesse an einer komfortablen, kostengünstig und ortsunabhängig verfügbaren Nutzung von Leistungsangeboten Dritter, die sie durch die Zugänglichkeit ihrer I.en ermöglichen müssen. Andererseits haben dieselben Menschen das ebenfalls legitime und rationale Interesse, ihre I.en so sparsam wie möglich preiszugeben, um Missbrauch vorzubeugen und die eigene Privatsphäre zu wahren.

In den Zugangs-, Nutzungs- und Kontrollmöglichkeiten gibt es enorme Unterschiede, die weder zufällig noch ohne Konsequenzen für die sonstigen gesellschaftlichen Chancen von Benachteiligten sind. Als digital divide wird die unterschiedliche Verfügbarkeit und Kontrollierbarkeit von I.s-Technologien im Vergleich zwischen Europa, Nordamerika, Japan, Südostasien sowie Australien einerseits, Lateinamerika, Afrika, Vorderasien, Indien und Russland andererseits bezeichnet. Diese Probleme sind z. T. durch restriktive politische Verhältnisse in den benachteiligten Ländern bedingt, oft allerdings durch das globale wirtschaftliche Ungleichgewicht und die primär ökonomischen Anreizstrukturen für die Anbieter solcher Technologien. In der Konsequenz bedeuten sie freilich sehr ungleiche Chancen auf Partizipation am durch aktuelle I.s-Technologien vermittelten öffentlichen Austausch sowie auf wirkungsvolle und weitreichende Artikulation und Berücksichtigung der eigenen Interessen. In den westlichen Gesellschaften wird zudem neben einer Differenz in der informationstechnologischen Versorgung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten auch eine geschlechterspezifische Benachteiligung unter dem Stichwort des gender gap diskutiert.

4. Autonome Systeme: Robotik und künstliche Intelligenz

Informationsverarbeitende Systeme dienen gegenwärtig in vielfältiger Weise der Vorbereitung von Entscheidungen. Allerdings verarbeiten diese Vorbereitungsprozesse I. einerseits zunehmend in einem Umfang und in einer Weise, die von keinem menschlichen Akteur mehr nachvollzogen werden könnte; andererseits werden auch Verfahren möglich, in denen auch noch die Entscheidungen selbst von solchen Systemen getroffen und umgesetzt werden. In der I.s-Sphäre fallen somit (darum nicht weniger folgenschwere) Entscheidungen über Kreditwürdigkeit, Kriminalitätswahrscheinlichkeit und vieles mehr von Menschen; Robotersysteme wie Drohnen, autonome Fahrzeuge oder auch medizinische Automaten greifen in einer Weise in die physische Welt ein, von der das Funktionieren kritischer Infrastrukturen, aber auch unmittelbar Gesundheit und Leben von Menschen abhängen. Angesichts dieser Entwicklungen sind Diskussionen über die Zuschreibung von Verantwortlichkeiten wie über die Möglichkeiten ethischer „Sozialisation“ solcher Systeme unumgänglich; Diskussionen, die nicht zuletzt davon zehren müssen, wie der I.s-Begriff selbst mit epistemologischen und ethischen Kategorien in Verbindung gebracht und wie diese Verbindungen in informationsverarbeitenden Systemen implementiert werden können.

II. Information durch Medien

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1. Nachrichten

In einem weiteren Sinne ist I. durch Medien alles Wissen über Gegenstände, Sachverhalte und Personen, das von einem Sender zu einem bzw. vielen Empfängern („disperses“ Publikum) transportiert wird. Bei I.en von allg.er Wichtigkeit erfolgt I.s-Weitergabe nicht durch mündlichen Austausch, Zuruf, Befehl, Frage usw., sondern vermittels eines technischen Apparates (Medium). Im Falle von Massenmedien handelt es sich dabei um arbeitsteilig organisierte (Groß-)Institutionen (Rundfunkanstalten, Presseverlage, multimediale Medienhäuser und zunehmend auch Internetprovider) mit einem differenzierten I.s-Angebot. Inzwischen bietet das Internet nicht nur den traditionellen Massenmedien neue Möglichkeiten zur Verbreitung von I.en. Mit den Onlinemedien nimmt auch die Zahl der I.s-Anbieter exponentiell zu, die an den „klassischen“ Medien vorbei um die Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren. Historisch neu ist, dass mittels Digitalisierung der Erzeugung, Weitergabe und Speicherung von I.en kaum physische Grenzen gesetzt sind.

In einem engeren Sinne ist I. der Teil einer Nachricht, der für den Empfänger neu ist. Deshalb hat nicht alles, was Massenmedien und Onlinemedien veröffentlichen, einen bes.n I.s-Wert; aber I. ist doch die rang- wie mengenmäßig bedeutendste Aufgabe der Publikationsmedien. Nicht ohne Grund bedeutete das Wort Zeitung (Presse) bis in die Zeit der Weimarer Klassik hinein dasselbe wie Nachricht. Bis heute ist die Erzeugung und Weitergabe von Nachrichten die wichtigste Funktion aktueller Medien.

2. Einstellungen

Nicht nur in Nachrichten und Berichten werden von den Medien I.en vermittelt. Einfluss auf Denk- und Handlungsweisen in Erziehung (Sozialisation) und Alltagsgewohnheiten haben auch lebenskundliche I.en. Sie bieten ebenso wie als unterhaltend gekennzeichnete und wahrgenommene Programmbeiträge die Möglichkeit der Identifikation und der emotionalen Reaktion. Wie man sich in einer bestimmten Situation verhält, welche Einstellung man zu dem und jenem entwickelt und wie man urteilt, erfahren Mediennutzer aus eher spielerischen Darstellungsformen umso intensiver, je weniger sie sich durch die Art dieser Beiträge gewarnt und zur Vorsicht veranlasst sehen.

3. Realitätskonstruktion

Die von nationalen und internationalen Nachrichtenagenturen (z. B. dpa, AFP, KNA, epd etc.), vom Medienjournalismus und ggf. auch von nicht professionellen Beobachtern von Ereignissen (z. B. mittels Smartphone) erzeugte Nachricht durchdringt als Trägerin von (aktueller) I. die Massenmedien und Onlinemedien in allen ihren Teilen. Nachrichten sind eine eigene Stilgattung und gelten im Rahmen von Programmen als die „klassische“ Form journalistischer Darstellung (Journalismus). Ihr Bedeutungsgehalt hängt vom I.s-Gehalt ab, der ihm von journalistischer oder von Rezipientenseite zugemessen wird. Zur Definition der Nachricht (in Bild oder/und Wort) gehört, dass sie aktuell ist, also etwas enthält, was für den Empfänger einen Unterschied ausmacht, was ihn interessiert und/oder was unter journalistischen Kriterien als relevant angesehen wird. Den Empfänger sollte sie in die Lage versetzen, besser informiert die Bedingungen des eigenen Handelns zu bestimmen.

Was Mediennutzer an I. erfahren, ist vermittelt, d. h. durch die Personen und durch redaktionelle Mechanismen, die in diesen Medien wirken, beeinflusst, verändert, gesteuert und oft manipuliert. Selbst für den erkenntnistheoretischen Realisten kann die I. über ein Ereignis kein völlig getreues und vollständiges Abbild sein. Auch eine informationshaltige Nachricht vermag das Ereignis nur näherungsweise zu erfassen, nicht in seinem ganzen Ablauf, nie in allen seinen Ursachen und Folgen. Nachrichten bieten (re-)konstruierte und damit künstliche Ausschnitte aus einem Prozess, der in der Wirklichkeit (Realität) ohne Anfang und Ende, mehr oder weniger kontinuierlich, abläuft. Oft greifen sie einen Höhe- oder Tiefpunkt heraus und erzeugen damit eine spezifische Vorstellung von Wirklichkeit. Dessen ungeachtet wird mit I.en, die von Medien vermittelt werden, Komplexität reduziert und „soziale Realität“ konstruiert.

4. Dimensionen der Aktualität

Aktualität ist ein zentrales Merkmal von I.en. In der journalistischen Praxis gelten drei Dimensionen als bes. relevant: in chronologischer Hinsicht muss es sich um zeitnahe, beim Empfänger Interesse weckende Ereignisse handeln; in psychologischer Hinsicht müssen sie überraschen, aus dem Rahmen des Gewohnten fallen; in soziologischer Hinsicht müssen sie als wichtig gelten, d. h. von kollektiver Bedeutung sein, zumindest aber von einer Gruppe von Menschen als relevant angesehen werden. Je nach Charakter und Zielsetzung des Mediums werden einzelne Bestimmungsfaktoren der Nachricht stärker oder schwächer betont: Das seriöse I.s-Blatt gewichtet seine Nachrichten ebenso wie die Nachrichtenredaktionen der Rundfunkanstalten (Rundfunk) nach der Position des Ereignisses in einer (vorgestellten) Bedeutungshierarchie, die Boulevardzeitung nach dem Sensationseffekt, das Jugendmagazin nach den Bedürfnissen seiner speziellen Zielgruppe usw. Im Zuge des zunehmend schärferen Wettbewerbs um die Aufmerksamkeit des Publikums spielen dabei nicht nur die Erfahrungen und Einschätzungen der Redakteure, sondern mehr und mehr auch empirische Befunde zum I.s-Verhalten bestimmter Zielpublika eine wichtige Rolle.

5. Nachrichtenfaktoren und Wirklichkeitskonstruktion

In der empirischen Forschung gilt das auf Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge zurückgehende Modell von news values als bes. einflussreich. Danach hat ein Ereignis einen umso höheren Nachrichtenwert und damit Aussicht, aufgegriffen zu werden, je mehr Nachrichtenfaktoren ihm zugesprochen werden können. Dazu gehören v. a.: Prominenz der beteiligten Akteure, Macht des betroffenen Staates, Personalisierbarkeit, räumliche Nähe, Kriminalität, Schwere des Konflikts, Erfolgsgröße. Die Aufzählung der Nachrichtenfaktoren zeigt, dass Konflikte, Gewaltakte, Verbrechen und Katastrophen (Negativismus) eine größere Chance haben, Nachrichtenstoff zu liefern, als geräuschlose Pflichterfüllung, praktizierte Hilfsbereitschaft, ordentliches Verwaltungshandeln und ähnliches, Merkmale also, die erwartete Alltagsnormalität ausmachen.

Das Gesetz der Aktualität lässt i. d. R. nur solche Elemente der Wirklichkeit als nachrichtenfähig erscheinen, die deren Veränderung anzeigen. Der weit größere Teil der Wirklichkeit, in dem sich nichts verändert hat, bleibt ausgeschlossen. Aktuelle I.en enthalten somit eine einseitige Auswahl aus der Gesamtwirklichkeit, getroffen nach dem Kriterium „Veränderung“. Das war zu allen Zeiten so, hat sich inzwischen aber in der multimedialen und globalisierten Welt, in der das Internet zur Schlüsseltechnologie der I.s-Beschaffung und I.s-Übermittlung geworden ist, grundlegend geändert. Waren Nachrichten über Jh. vergleichsweise selten, so erweist sich die Selektion und Bewertung von I.en heute als dringender und zugl. als schwieriger denn je. In einem historisch nie dagewesenen Umfang strömen I.en auf den Menschen ein, dazu mit einer früher nicht erlebbaren zeitlichen Dichte, Eindringlichkeit und Suggestivkraft. Das betrifft die Gleichzeitigkeit und Kombination von Text, Ton und Bild. Es betrifft aber mehr noch die Vielzahl von medialen Plattformen, über die professionell gemachte Filme ebenso wie private I.en, Videos und Nachrichten weltweit verbreitet werden können. In früheren Jh. waren es nur einzelne I.en, die aus weiterer Entfernung zugetragen wurden; die weitaus größte Zahl der Eindrücke stammte aus der Primärwahrnehmung, aus eigenem und unmittelbarem Umgang mit der Wirklichkeit.

Gerade weil heute der I.s-Horizont geografisch und wissenssoziologisch als unendlich erscheint, erfährt der Mensch das meiste medienvermittelt. Verändert haben sich dabei I.s-Reichweite, I.s-Geschwindigkeit und I.s-Dichte, die inzwischen nicht nur den Massenmedien, sondern auch jedem einzelnen (über Social Media) I.s-Weitergabe und globale Präsenz ohne Zeitverzug („Echtzeit“) und an den klassischen Massenmedien vorbei ermöglichen. Diese Entwicklung schwächt die Funktion des professionellen Journalismus als „Schleusenwärter“ für die Selektion, Bewertung und Weitergabe von I.en und erschwert damit den Nutzern von I.en die Einschätzung von deren Qualität. Denn nur selten ist dem Rezipienten eine Kontrolle der vermittelten I. durch Vergleich mit dem primär Wahrgenommenen möglich, fast nur in seinem unmittelbaren lokalen Lebensbereich und auch dort nur situativ eingeschränkt. Das gilt umso mehr für gezielte Falsch-I.en in den sozialen Netzwerken, die aufgrund der hohen I.s-Dichte nur schwer – und zumeist erst nach professioneller Recherchearbeit – als solche identifiziert werden können.

Die Schwierigkeit, die Ereignisse der Realität „objektiv“ festzustellen, hat die Forschung immer wieder bewogen, die I.s-Leistung eines Massenmediums nicht durch Vergleich der von diesem gelieferten Nachrichten mit den – von amtlichen oder privaten Quellen dokumentierten – Ereignissen zu überprüfen, sondern durch Gegenüberstellung mit der „Medienrealität“, wie sie von einem Insgesamt von Medien-Nachrichten geliefert wird. Diese Kapitulation vor dem Verifizierungsproblem mag den Forscherwunsch nach Methodenreinheit befriedigen, lässt aber die eigentliche Frage, inwieweit Medienrealität mit der „wirklichen Wirklichkeit“ übereinstimmt, unbeantwortet; sie verschiebt das Forschungshindernis auf eine andere Ebene – bis hin zu der konstruktivistischen Auffassung, alle Wirklichkeit sei die bloße Folge kognitiver Konstruktionsprozesse (Konstruktivismus).

6. Informiertheit als Gradmesser von Herrschaft

Wer über mehr und zutreffendere I.en verfügt und sie zu nutzen weiß, hat einen Vorsprung. Das gilt im privaten ebenso wie im öffentlichen Bereich und beeinflusst den Wettbewerb bei der Verfolgung politischer, militärischer, wirtschaftlicher und kultureller Ziele. Daher sind zu allen Zeiten Anstrengungen unternommen worden, „Herrschaftswissen“ zu erwerben, Geheimnisse der anderen Seite auszukundschaften, den eigenen I.s-Bestand durch die Rechtsordnung zu schützen. In modernen I.s-Gesellschaften verlieren materielle Ressourcen (Rohstoffe, Energie) ihre Alleinstellung als Machtgrundlagen. Dem gegenüber nehmen die „unkörperlichen Produktivkräfte“ in Gestalt der Ressourcen Wissen(schaft), Forschung und Technik (als angewandte Wissenschaft) an Bedeutung zu. Damit werden Beschaffung, Aufbereitung, Speicherung, Nutzung und Schutz von I.en nicht nur zu entscheidenden Faktoren für die Selbstbehauptung von Staaten und wirtschaftlichen Akteuren. Sie sind auch ein zentraler Faktor für die Entfaltung und Autonomie des Individuums. Die Funktionen der Massenmedien und der anderen Träger von I.en (insb. Social Media) ändern sich dadurch nicht grundlegend, werden aber mehr denn je Motor des gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Wandels.

Je mehr Teilhabe an der Gestaltung der öffentlichen Dinge eine Verfassungsordnung den Bürgerinnen und Bürgern gewährt und je aktiver sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, desto größer wird die Bedeutung, die der mediengestützten I.s-Leistung zukommt. Dazu bedarf es eines I.s- und Kommunikationssystems, das seine Aufgaben in ausreichender Weise erfüllt: die möglichst umfassende, wahrheitsgemäße und verständliche I. über Tatsachen und Ereignisse, die Artikulation der zur Debatte stehenden Themen und die Weitergabe von in der pluralen Gesellschaft vorhandenen, oft kontroversen Meinungen, ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern, rationale, am Gemeinwohl und an den eigenen Interessen und Erfahrungen ausgerichtete Entscheidungen zu treffen.

Autokratischen Herrschaftssystemen entspr. ein mehr oder weniger gleichgeschaltetes, oft zentralgelenktes I.s-Wesen, das dem Souverän und seinen Beratern das alleinige Recht auf umfassendes Informiertsein sichert. In demokratisch verfassten Staaten geht „die Staatsgewalt vom Volke aus“. Aus dem Grundsatz der Volkssouveränität resultiert das Recht und die (zumindest moralische) Bürgerpflicht, sich über die Gegenstände von öffentlichem Belang zu informieren. Der freie Zugang zu diesen I.en ist daher eine notwendige Bedingung für demokratische Verhältnisse.

Der Grad der realen I.s-Freiheit (Meinungs- und I.s-Freiheit) in einem Land war und ist ein untrüglicher Maßstab für den demokratischen Charakter des jeweiligen Herrschaftssystems. Dank der v. a. internetgestützten Möglichkeiten des I.s-Austauschs über Grenzen hinweg werden Verletzungen der Menschenrechte auch in fernen Ländern intensiver wahrgenommen und öffentlich kritisiert. Auf diese Weise können grenzüberschreitende I.en zu einer wirksamen Hilfe für Unterdrückte und Verfolgte werden.