Finanzkontrolle

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1. Der Begriff der Finanzkontrolle

F. ist das Prüfen der finanzwirksamen Aktivitäten der öffentlichen Hand. Ziel ist es festzustellen, ob der Haushalt ordnungsgemäß und wirtschaftlich vollzogen wird. Im Haushaltskreislauf spielt die F. eine bes. Rolle. Nach Aufstellung, Verabschiedung und Vollzug des Haushalts ist sie Voraussetzung für die vierte und letzte Stufe, die Entlastung. Historisch häufig durch den Fürsten als Teil der Exekutive zur Rechnungskontrolle seiner Verwaltung gegründet, ergänzt sie im demokratischen Rechtsstaat die parlamentarische Budgetbewilligung.

Urspr. war die F. in Deutschland im Wesentlichen auf die Prüfung der Rechnung beschränkt (rechnungsabhängige F.). Art. 114 Abs. 2 GG erweiterte dies um die Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowie der Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung (rechnungsunabhängige F.). Die Vorschrift erwähnt die F. nicht, sondern weist dem BRH die Aufgabe des Prüfens zu. Das auf Grundlage des Art. 114 Abs. 2 GG verabschiedete BRHG macht jedoch den BRH zum Organ der F. (§ 1 S. 1 BRHG) und etabliert damit den Begriff.

Neben dem Prüfen ist für den BRH auch das Beraten zu einer gesetzlich vorgesehenen Form der F. geworden. § 88 Abs. 2 BHO eröffnet diese Möglichkeit für die Adressaten Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung bzw. einzelne Bundesministerien. Ihre Grenzen findet die F. durch den BRH dort, wo prüfen und beraten den politischen Entscheidungsspielraum berühren.

2. Ebenen und Arten der Finanzkontrolle

F. findet in Deutschland auf verschiedenen Ebenen statt. Der EuRH prüft die Rechnung der EU, die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben sowie die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung (Art. 287 AEUV). Dies betrifft in Deutschland die im Zuge der geteilten Mittelverwaltung von Bundes- oder Landesbehörden bewirtschafteten EU-Mittel.

Wie der BRH für den Bundeshaushalt sind die Landesrechnungshöfe in gleicher Weise für die F. der Länderhaushalte zuständig. Auf kommunaler Ebene nehmen z. B. Rechnungsprüfungsanstalten oder kommunale Rechnungsprüfungsämter diese Aufgabe wahr.

F. findet auch auf unterschiedliche Arten statt und lässt sich auf verschiedene Weisen kategorisieren. Die interne bzw. exekutive F. liegt in der Verantwortung der Verwaltung selbst. Sie findet statt, etwa durch den Beauftragten für den Haushalt, die Fachaufsicht oder die Innenrevision. Für die gesamte Bundesregierung ist das Bundesministerium der Finanzen mit seinen bes.n, in der BHO verankerten Kompetenzen eine maßgebliche Kontrollinstanz. Die externe F. führen i. d. R. unabhängige Rechnungsprüfungsbehörden (Rechnungshöfe) durch. Für den BRH garantiert Art. 114 Abs. 2 GG die richterliche Unabhängigkeit seiner Mitglieder und der Institution. Entscheidend für die externe F. ist in Deutschland auch deren Lückenlosigkeit. Bereiche der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, die Prüfungen durch den BRH nicht zugänglich sind (prüfungsfreie Räume), darf es nicht geben. Dass er dazu auch bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung Erhebungen vornehmen kann, hat der verfassungsändernde Gesetzgeber in Art. 114 Abs. 2 GG klargestellt.

Daneben besteht die parlamentarische oder politische F. So nimmt das Parlament, etwa in Gestalt des Haushaltsausschusses, Kontrollfunktionen wahr. Dies geschieht während der Haushaltsaufstellung (erstellen und verabschieden des Haushalts), während des Haushaltsvollzugs (sperren oder freigeben einzelner Haushaltsposten) und bei der Entlastung.

Öffentliche F. wiederum findet statt, wenn haushaltsrelevante Themen in der Öffentlichkeit wahrgenommen und diskutiert werden. Eine Grundlage hierfür ist in Deutschland u. a. der Jahresbericht des BRH, die sog.en Bemerkungen. Öffentliche F. hat in Staaten große Bedeutung, wo die interne bzw. exekutive sowie die parlamentarische bzw. politische F. keine volle Wirkung entfalten. Den Rechnungshöfen bleibt dann der Weg an die Öffentlichkeit, um ihren Prüfungserkenntnissen und damit verbundenen Hinweisen und Empfehlungen Gehör zu verschaffen.

F. lässt sich schließlich auch im Hinblick auf den Zeitpunkt unterscheiden. Bei der sog.en Visakontrolle betrachtet die prüfende Stelle eine geplante Ausgabe und gibt sie gegebenenfalls frei. Revision ist hingegen die nachträgliche Überprüfung exekutiven Handelns.

Der BRH führt, soweit bereits prüfbare Verwaltungsentscheidungen vorliegen, auch begleitende Prüfungen durch. Dies bietet sich insb. bei umfangreichen und langwierigen Projekten an und ist Voraussetzung für eine zeitgerechte Beratung von Parlament und Regierung.

3. Wirkungen der Finanzkontrolle

Die F. in ihren verschiedenen Ausprägungen ergänzt zunächst die Haushaltsgesetzgebung und sichert deren Umsetzung.

Als externe F. in Deutschland erzielt der BRH seine Wirkung auf verschiedene Weise. Mit seinem Jahresbericht stellt er dem Parlament die Grundlage für das Entlastungsverfahren zur Verfügung. Gleichzeitig verfolgt er damit aktiv die Umsetzung der in seinem Bericht enthaltenen Empfehlungen. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages befasst sich mit den entspr.en Vorlagen des BRH. Im Zuge des Entlastungsverfahrens macht er sich regelmäßig weit über 90 % der Empfehlungen des BRH aus dem Jahresbericht zu eigen. Die jeweils betroffenen Ressorts müssen auch nach der Entlastung dem Rechnungsprüfungsausschuss weiter Rede und Antwort über die Umsetzung der Empfehlungen stehen.

Nur ein geringer Teil der Prüfungsfeststellungen des BRH findet seinen Niederschlag im Jahresbericht. Den überwiegenden Teil seiner Prüfungserkenntnisse und der daraus resultierenden Empfehlungen richtet der BRH ausschließlich an die geprüften Stellen, die diese Hinweise meist aufnehmen und umsetzen.

Einen erheblichen Teil seiner Wirkung erzielt der BRH im Zuge der beratenden F. gegenüber Regierung und Parlament. Dies betrifft die Phase der Haushaltsaufstellung, die der BRH mit Hinweisen an die Exekutive begleitet. Daneben berät er regelmäßig den Haushaltsausschuss während des Haushaltsaufstellungsverfahrens. Während des Haushaltsvollzugs gewährleistet der BRH über eine kontinuierliche Präsenz im Haushaltsausschuss und ggf. auch in anderen Ausschüssen, dass seine Sachkenntnis den Abgeordneten zur Verfügung steht. Der BRH berät aus eigener Initiative, greift aber auch vom gesamten Ausschuss getragene Prüfungsbitten auf und berichtet jeweils gemäß § 88 Abs. 2 BHO. Er kann dabei häufig auf bereits vorliegende Prüfungserkenntnisse zurückgreifen. Begleitende Prüfungen, z. B. von großen Rüstungs- oder Infrastrukturmaßnahmen, eröffnen ihm die Möglichkeit, das Parlament kurzfristig, aktuell und fortlaufend auch über komplexe Vorhaben zu informieren.

Nicht nur über seinen Jahresbericht, sondern auch über Sonderberichte nach § 99 BHO und über die Weitergabe von Prüfungsergebnissen an Dritte nach § 96 Abs. 4 BHO schafft der BRH Transparenz und erzielt damit Wirkungen nach außen. Diese Wirkung beruht neben der Qualität seiner Berichterstattung auch auf seiner Reputation als neutrale und unabhängige Behörde.