Christliche Männerverbände

Version vom 11. September 2018, 16:06 Uhr von Staatslexikon (Diskussion | Beiträge) (Christliche Männerverbände)

1. Katholische Kirche in Deutschland

Drei Strömungen prägen den Beginn der katholischen Männerverbandsarbeit im 19. Jh.: Zum ersten das spirituell ausgerichtete und eher lose organisierte Männergebetsapostolat, zum zweiten die in der Zeit des Kulturkampfes entstehenden katholischen Casinos, in denen sich Männer aus dem Bürgertum sammeln, und schließlich die sozial orientierten und berufsständisch angelegten Arbeiter- und Gesellenvereine, aus denen später die KAB und das Kolpingwerk als größte katholische Männerverbände hervorgehen werden (Christliche Arbeitnehmerorganisationen). Im November 1938 findet in Fulda die erste überdiözesane und überverbandliche Männerseelsorgekonferenz statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt dort die Neuorganisation der Männerverbandsarbeit mit der Gründung der GKMD. Bis hinein in die späten 1980er Jahre wird die Arbeit der GKMD vom naturständischen Bild des außerhäuslichen Berufsmannes geprägt. Die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse mit Blick auf Geschlechterrollen und Geschlechterverhältnisse (Gender) führen ab 1990 zu einer Neuorientierung. Die von den deutschen Bischöfen (Bischof) im Jahre 2001 erlassenen „Richtlinien für die Männerseelsorge und kirchliche Männerarbeit“ greifen die Veränderungen auf, wenn sie davon sprechen, dass die „katholische Männerseelsorge und Männerarbeit […] biographisch an den Lebenssituationen und Lebensvollzügen der Männer“ ansetzt und daher den Auftrag hat, Männern dabei zu helfen, das eigene „Mannsein zu entfalten“ (Deutsche Bischofskonferenz 2001: 2). Zur Umsetzung dieses Auftrages existieren in den Bistümern (Bistum) strukturell und personell unterschiedlich ausgestattete Fachstellen für Männerseelsorge, die über offene Angebote mit einer „Pastoral der Vielfalt“ Männer ansprechen. Die verbandliche Männerarbeit im engeren Sinne hat dagegen in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung eingebüßt. Beispielhaft dafür steht der Wandel der klassischen Männerverbände KAB und Kolping zu Familienverbänden (Christliche Familienverbände). V. a. in Bayern ist die verbandliche Männerarbeit mit dem „Landesverband katholischer Männergemeinschaften“ und den „Marianischen Männerkongregationen“ noch stark vertreten. Aktive diözesane Männerverbände gibt es darüber hinaus in nennenswertem Umfang in den (Erz-)Diözesen Freiburg (Katholisches Männerwerk), Köln (Gemeinschaft Katholischer Männer im Erzbistum Köln) und Hildesheim (Verband Katholischer Männergemeinschaften). Auf Bundesebene sind aktuell in der GKMD die diözesanen Fachstellen für Männerseelsorge und siebzehn überdiözesane Verbände, darunter der Kolping-Bundesverband und der SKM – „Katholischer Verband für Soziale Dienste“ zusammengeschlossen. Die GKMD versteht sich als ein Netzwerk, das unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips „die kirchliche und verbandliche katholische Männerarbeit in Deutschland fördert, koordiniert und nach außen vertritt“. Das Netzwerk bekennt sich „zu der biblisch grundgelegten personalen Gleichwertigkeit und Würde von Männern und Frauen; sie nimmt ihre geschlechtliche Verschiedenheit und sexuellen Orientierungen ernst“ (Selbstverständnis und Zielvorstellungen der GKMD, verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 17. April 2015). Die GKMD arbeitet eng mit der „Kirchlichen Arbeitsstelle für Männerseelsorge und Männerarbeit in den deutschen Diözesen e. V.“ zusammen, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz die Männerpastoral auf Bundesebene koordiniert.

2. Evangelische Kirche in Deutschland

Die evangelische Männerarbeit blickt ebenfalls auf eine lange, in die Zeit der industriellen Revolution (Industrialisierung, Industrielle Revolution) zurückreichende Geschichte zurück. Am Beginn stehen die Gründung von Jünglings- und Männervereinen, die Johann Heinrich Wichern später zu der Idee einer umfassenden kirchlichen Diakonie weiterentwickelt (Caritas, Diakonie). Mitten im Kriegsjahr 1915 wird mit dem Aufbau eines „Kirchlichen Männerdienstes“ versucht, Männer wieder stärker an Kirche und Gemeinde zu binden. Die Neuorganisation nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt 1946 mit der Verabschiedung der „Echzeller Richtlinien“, in denen die Männerarbeit unter die dreifache Losung „Sammlung der Männer unter dem Wort, Ausrüstung der Männer mit dem Wort, Sendung der Männer durch das Wort“ gestellt wird. Es beginnt die große Zeit der evangelischen Männerarbeit. Primär geht es in den ersten Jahren darum, Männer als „Berufsmänner“ anzusprechen und mit entsprechenden Angeboten zu unterstützen. Die berufsständisch orientierte Ausrichtung führt – ähnlich wie auf katholischer Seite – zu einer starken sozial- und gesellschaftspolitischen Akzentuierung der Arbeit. Der Wandel der Geschlechterrollen und Geschlechterverhältnisse (Gender) wie auch die damit verbundene Erosion traditioneller Männerbilder führen auch in der evangelischen Männerarbeit spätestens nach 1990 zu einer Neuausrichtung bezüglich Selbstverständnis und Zielsetzung der eigenen Arbeit. Heute versteht sich die „Arbeitsgemeinschaft der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland“ als eine Bewegung, die Männer in den Veränderungsprozessen begleitet, „die der gesellschaftliche Wandel für ihr Selbstverständnis bedeutet“ (EKD 2011: 3). Dabei tritt die evangelische Männerarbeit geschlechterpolitisch „für Chancengleichheit und Lebensentfaltung für Männer und Frauen“ (EKD 2011: 3) ein und versteht sich wie die GKMD als gleichstellungsorientierte Anwältin der Anliegen und Interessen von Männern (Gleichstellungspolitik). Die 2011 verabschiedete Konzeption der Männerarbeit der EKD hält folgerichtig fest, dass „neu nach den tragenden Sicherheiten und sinnstiftenden Werten, die für Männer von Bedeutung sind“ zu fragen ist.

3. Ökumenische Zusammenarbeit und weitere Kontakte

Die Neuorientierung der kirchlichen Männerarbeit und Männerverbände ist eingebettet in einen gemeinsamen Such- und Verständigungsprozess. Markstein für die ökumenische Zusammenarbeit ist die empirische Männerstudie „Männer im Aufbruch“ (1998), die die Männerarbeit der EKD und die GKMD als erstes großes gemeinsames Projekt in Auftrag gegeben haben. Diese Untersuchung und die Nachfolgestudie „Männer in Bewegung“ (2009), beide durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert, belegen einen durchgreifenden Wandel im Verständnis der Männerrollen und decken eine Vielfalt von Männlichkeiten mit unterschiedlichen Lebenslagen, Einstellungen, ästhetischen Vorlieben, Konflikten und Ressourcen auf. Die beiden Organisationen geben damit nicht nur der eigenen Arbeit, sondern der Männerarbeit und -politik insgesamt wichtige und nachhaltige Impulse. Eine weitere intensive Zusammenarbeit gibt es auf den Ökumenischen Kirchentagen 2003 in Berlin und 2010 in München. GKMD und Männerarbeit der EKD gehören zu den Gründungsmitgliedern des 2010 gegründeten „Bundesforums Männer – Interessenverband für Jungen, Männer & Väter“. Die GKMD ist zudem Mitglied der „Internationalen Vereinigung Katholischer Männer UNUM OMNES“.