Christliche Bildungs- und Erziehungsverbände

Version vom 9. Juli 2018, 14:12 Uhr von Staatslexikon (Diskussion | Beiträge) (Christliche Bildungs- und Erziehungsverbände)
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Ideengeschichtlich verdanken sich c.B. dem Bestreben, die Bildungs- und Erziehungsidee (Bildung, Erziehung) christlich oder konfessionell zu begründen und zu durchdringen. Es handelt sich um freiwillige Zusammenschlüsse von Einzel- oder juristischen Personen zur Vertretung christlicher Orientierungswerte im Bildungsbereich. Sie sind Ausdruck der verfassungsrechtlich garantierten Vereinsfreiheit wie der innerkirchlich gesicherten Koalitionsfreiheit. Die Finanzierung erfolgt aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden (Spende), staatlichen oder kirchlichen Zuschüssen. Höchstes beschlussfassendes Organ ist i. d. R. die Mitgliederversammlung. Diese wählt den Vorstand, der zumeist ehrenamtlich tätig ist (Freiwilligenarbeit) und den Verband leitet, in größeren Verbänden unterstützt durch eine hauptamtliche Geschäftsführung. Neben Pressemitteilungen geben viele Vereinigungen eine eigene Zeitschrift zur Information ihrer Mitglieder oder der Fachöffentlichkeit heraus.

1. Bedeutung

1.1 Bildungsethische Bedeutung für das freiheitliche Gemeinwesen

C.B. besitzen sowohl bildungsethische Bedeutung für die Aufrechterhaltung eines freiheitlichen Bildungssystems und die Sicherung seiner kulturstaatlichen Grundlagen als auch für eine wertorientierte Bildung des Einzelnen.

Der moderne Staat, der die Freiheit seiner Bürger nicht durch eine teleologische Ordnung normiert, kann nicht selbst sittliche oder geistige Zwecke setzen. Den eigenen Bestand wie seine Produktivität wird der freiheitliche Rechts- und Verfassungsstaat (Rechtsstaat) nur sichern, wenn seine Bürger zur Selbsttätigkeit freigesetzt werden. Dies begrenzt den Staat notwendigermaßen: Der Staat sichert den Rahmen des Bildungssystems; diesen zu füllen, bleibt eine gesellschaftliche Aufgabe, an der zahlreiche Akteure mitwirken. C.B. verdanken ihre Entstehung der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft im 19. Jh. sowie der Durchsetzung liberaler Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit). Pionier war der im späten Vormärz gegründete Borromäusverein. Die Verbände des frühen Sozialkatholizimus (Sozialer Katholizismus), bspw. katholische Gesellen- oder Vinzenzvereine, verstanden ihre sozialreformerischen Anliegen gleichzeitig als Bildungsaufgabe.

Ein die Freiheit seiner Bürger absorbierender Staat entspräche nicht dem neuzeitlichen Freiheitsideal und der Würde des Menschen (Menschenwürde). Aus dieser folgt der individuelle Anspruch, sich frei vergemeinschaften und Bildung ohne politische Einmischung bestimmen zu können. Genauso wäre aber auch die Vorstellung eines in keiner Weise vergesellschafteten Willens eine Fiktion. Sollen sowohl ein bevormundender Tugend- und Versorgungsstaat auf der einen wie auch ein Nachtwächterstaat auf der anderen Seite, der sich auf eine Minimalmoral zurückzieht und vorrangig Notfunktionen erfüllt, abgewehrt werden, bedarf es eines vermittelnden Bindegliedes zwischen Staatstätigkeit sowie Einzelsubjekten, und zwar einer gesellschaftlichen Öffentlichkeit, in der über eine gerechte und gute Ordnung der menschlichen Gesamtpraxis – angesichts begrenzter Ressourcen – diskutiert wird. Eine solche kann der Staat nicht selbst herstellen, er kann nur die Rahmenbedingungen günstig gestalten. Über das Engagement in c.B. nehmen kirchliche Akteure wie einzelne Gläubige an der Ausgestaltung der bildungspolitischen Öffentlichkeit teil und bringen christliche Orientierungswerte zur Geltung.

Als Bildungs- und Erziehungsgemeinschaften vermitteln c.B. ihren Mitgliedern gehaltvolle soziale Erfahrungen und bieten dem Einzelnen Hilfestellung, diese geistig zu verarbeiten und für eigenes pädagogisches Handeln (Pädagogik) fruchtbar zu machen. Dabei geht es um mehr als Wissen oder formale Fähigkeiten. Bildung setzt, soll der Einzelne nicht bloß Funktionär der bestehenden Verhältnisse oder der Interessen der Gemeinschaft sein, die Überzeugung voraus, dass es im menschlichen Leben etwas geben sollte, das über die Mittel der bloßen Daseinserhaltung hinausgeht. Andernfalls würde das Bewusstsein des Subjekts auf das Überlebensinteresse des Kollektivs reduziert. Bildung kann nicht selbst Sinn stiften, sondern bleibt auf ein außerhalb von ihr erzeugtes Ethos angewiesen, das zum pädagogischen Handeln motiviert. Es geht um den Aufbau einer pädagogischen Haltung, die daran interessiert ist, die Selbstbestimmung des anderen zu fördern und seine Freiheit zu stärken. In c.B. geschieht dies in der schöpferischen Auseinandersetzung mit christlichen Werten (Wert) und Traditionen (Tradition), durch die Einübung von Regeln, das Ringen um gemeinsame Überzeugungen und durch Einbindung in eine Verantwortungsgemeinschaft, die ein religiöses Orientierungswissen lebendig erhält.

1.2 Funktionen und Aufgaben

C.B. erfüllen verschiedenartige politische, fachliche, pastorale oder kulturethische Funktionen. Welche Anliegen jeweils im Vordergrund stehen, wird durch Charakter und Auftrag der betreffenden Vereinigung bestimmt.

Bei Fach- oder Berufsverbänden dominiert das politische Anliegen bildungspolitischer, berufs- oder statusgruppenbezogener Interessenvertretung gegenüber staatlichen, kirchlichen oder gesellschaftlichen Akteuren. Fachverbände sind nicht selten Teil größerer Dachverbände, z. B. des DCV oder des DW. Für ihre Mitglieder erbringen sie fachliche Dienstleistungen, bspw. durch Fachberatung, Festlegung von Qualitätsstandards, Erfahrungsaustausch, Fortbildung oder die Herausgabe von Publikationen.

In pastoraler Hinsicht unterstützen c.B. den bes.n Erziehungsauftrag, welcher der Kirche (Katholische Kirche) eigen ist: „In der Erfüllung ihres göttlichen Stifters soll die heilige Mutter Kirche […] alles in Christus erneuern. Ihrer Sorge ist daher auch das ganze irdische Leben aufgegeben, insofern es mit der himmlischen Berufung im Zusammenhang steht; so hat sie auch bei der Förderung und Ausweitung der Erziehung ihre Aufgabe zu erfüllen“ (GE Präambel). Dieser Auftrag ist Teil des Verkündigungs- und des diakonischen Auftrags der Kirche. Zum einen soll Kirche durch Katechese und religiöse Bildung den Glauben (Glaube) weitertragen, wobei die in Freiheit zu vollziehende Glaubensentscheidung auf Befähigung zur Selbstbestimmung, also Bildung, unverzichtbar angewiesen bleibt. Zum anderen trägt die Kirche soziale Sorge dafür, dass alle Menschen ihr Recht auf Bildung verwirklichen und das in der Menschenwürdeidee geschützte Vermögen zur Freiheit entfalten können. In den c.B. verwirklicht sich das Christentum ausdrücklich als Bildungsreligion. Sie unterstützen ihre Mitglieder dabei, ihre jeweilige pädagogische Aufgabe aus christlicher Verantwortung zu erfüllen und ein religiöses Orientierungswissen im Bildungsbereich lebendig zu erhalten. Gleichzeitig tragen c.B. auf diese Weise dazu bei, als eine Art Standesorganisation über Selbstregulation ein christlich-pädagogisches Berufsethos zu sichern.

Kulturethisch tragen c.B. dazu bei, jenes sozial-moralische Fundament zu erhalten, auf das der freiheitliche Rechts- und Verfassungsstaat zum Selbsterhalt angewiesen bleibt, über dessen Gehalte er aber nur äußerst begrenzt verfügen darf. Dabei geht es um jene Orientierungswerte, „die das sozialethische Verhalten des Bürgers im Alltag bestimmen. Sie sind für eine offene Gesellschaft unverzichtbar und stellen ein Stück ihrer Identität dar“ (Häberle 1981: 87). Die freiheitliche Verfassung liefert zwar Orientierungsmaßstäbe; wie die Ziele der Verfassung aber innerlich verwirklicht werden, bleibt Sache des mündigen Bürgers. C.B. sind Ausdruck des Trägerpluralismus im Bildungsbereich, der für das freiheitliche Gemeinwesen charakteristisch ist. Dem Bürger bietet dies die Möglichkeit der Wahl, bedingt aber auch den Zwang zur Entscheidung. Erst aus dem Vorhandensein sich überschneidender, auch konkurrierender Orientierungswerte gewinnt die freiheitliche Verfassungsordnung des Staates „Maßstäbe für Verantwortung“ (Häberle 1981: 92) und inhaltliche Erfüllung.

1.3 Aktuelle Herausforderungen

Unter den Bedingungen einer pluraler werdenden Gesellschaft wird das Bildungssystem weiterhin religiös beeinflusst. Die politisch denkenden Bürger sind zugl. Träger religiöser Haltungen im weitesten Sinne – und umgekehrt. Das Bildungssystem ist der Ort, dieses Ineinander politischer und religiöser Fragestellungen reflexiv zu bearbeiten. Zur deutschen Tradition gehört, dass sich der Staat aus historischen Gründen einer eigenen Zivilreligion enthält und deren Aufgaben vielfach an die großen Kirchen delegiert hat. Der wachsende religiöse Pluralismus bringt es mit sich, den Kreis derjenigen Akteure zu öffnen, die am zivilreligiösen Konsens mitarbeiten, auch im Bildungsbereich. Im Falle der großen Kirchen hat sich das Miteinander von Religion und Politik in langer Übung ausbalanciert, was keinesfalls konfliktfrei vonstattenging. Treten neue Akteure in den Diskurs um die zivilreligiöse Frage ein, sind neue Konflikte denkbar. Notwendig bleiben die Verpflichtung auf bestimmte verfahrensrechtliche Tugenden und ein Mindestkonsens an substantiellen Einstellungen in Form formaler Sittlichkeit.

Bürgersinn steht nicht einfach als Ressource zur Verfügung. Das Zusammenleben bedarf sinnstiftender Lebensdeutungen. C.B. können deutlich machen, dass religiöse Bildung auch unter der Bedingung weltanschaulicher Pluralität notwendig zum allg.en Bildungsauftrag gehört und unverzichtbarer Bestandteil umfassender Persönlichkeitsbildung ist. Sie können eine Vorbildfunktion erfüllen, indem sie sich gegen ein funktional enggeführtes Bildungsverständnis stark machen sowie christliche Orientierungswerte in der öffentlichen Bildungsdebatte profiliert wie dialogbereit zur Geltung bringen. Hierzu bedarf es des Willens und der geistig-intellektuellen Anstrengung, ein eigenständiges christliches Profil zu wahren, auch wenn mit einer schwächer werdenden religiösen Sozialisation gleichfalls unter den eigenen Mitgliedern zu rechnen ist. Deutlich zu machen ist, dass notwendige Toleranz nicht bedeutet, auf einen eigenen konfessionellen Standpunkt (Konfession) zu verzichten. Eine religiös indifferente Lernumwelt wird Identitätsbildung eher erschweren als erleichtern. Ein Bildungssystem, das religiöse Bezüge pädagogisch ersetzen wollte durch eine vermeintlich neutrale Erziehung für Menschenrechte, Demokratie und Zivilgesellschaft, wäre gerade durch die Verleugnung weltanschaulicher Horizonte vereinnahmend für eine bestimmte Sicht auf Religion.

Der liberale Kultur- und Verfassungsstaat muss sich selbst zurücknehmen und seinen Bürgern ermöglichen, Bildung inhaltlich auf eigene Weise, z. B. religiös, zu bestimmen. Die Freiheit im Bildungssystem wird gefährdet, wo der Staat über notwendige Diskriminierungsfreiheit hinaus auf eine Nivellierung religiöser Positionen drängt. Ein freiheitliches Bildungswesen lebt davon, dass Politik und Religion einander nicht vereinnahmen oder funktionalisieren. Wie im Bildungsbereich das rechte Maß zwischen staatlicher Neutralität, religiösen Orientierungswerten und persönlicher Bekenntnisfreiheit gehalten werden kann, muss im gesellschaftlichen Diskurs geklärt werden. Hierfür tragfähige Maßstäbe zu finden, stellt in der pluralen Gesellschaft, gerade angesichts vermehrter Zuwanderung (Migration), eine wachsende Herausforderung dar. C.B., die ihren Auftrag zu kulturell-politischer Diakonie ernstnehmen, sollten sich an dieser Aufgabe engagiert beteiligen und so Verantwortung für gesellschaftliche Stabilität und Integrationsfähigkeit übernehmen.

2. Ausgewählte Verbände

2.1 Fachverbände

Die Kirchen (Kirche) sind traditionell wichtige Bildungsträger, die mit Einrichtungs- oder Personalfachverbänden in allen Bildungsbereichen präsent sind. Diese vertreten die Interessen kirchlicher Träger gegenüber staatlichen und kirchlichen Stellen. Neben bundesweiten Dachverbänden, die größtenteils wiederum auf europäischer Ebene vernetzt sind, bestehen i. d. R. eigenständige, fachspezifisch oder in Diözesen, Landeskirchen oder Bundesländern territorial organisierte Mitgliedsverbände.

Wichtige Organisationen im Bereich frühkindlicher Bildung und Erziehung sind die Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e. V. sowie der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK-Bundesverband) e. V.; letzterer gibt die Fachzeitschrift „Welt des Kindes“ heraus.

Die kirchlichen Schulen werden auf Bundesebene durch den Arbeitskreis Evangelische Schule, der eine eigene wissenschaftliche Arbeitsstelle an der Evangelischen Arbeitsstätte für Erziehungswissenschaft, dem Comenius-Institut in Münster, unterhält, und die Evangelische Schulstiftung in der EKD sowie den Arbeitskreis Katholischer Schulen in freier Trägerschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Herausgeber der Fachzeitschrift „engagement“, und die Vereinigung katholischer Schulen in Ordenstradition – Ordensdirektorenvereinigung vertreten. Umfasst der evangelische Arbeitskreis auch Internate, besteht auf katholischer Seite ein eigenständiger Verband Katholischer Internate und Tagesinternate e. V.

Hochschulpolitische Interessen werden durch die Evangelische Akademikerschaft in Deutschland e. V. und den Hochschulbeirat der EKD sowie das katholische Forum Hochschule und Kirche und die Rektorenkonferenz kirchlicher (Fach)Hochschulen vertreten.

In der Erwachsenenbildung, die durch einen breiten Trägerpluralismus gekennzeichnet ist, bestehen die Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung e. V., die eng mit dem Comenius-Institut zusammenarbeitet und die Zeitschrift „forum eb“ herausgibt, sowie die Katholische Erwachsenenbildung Deutschland – Bundesvereinigung e. V., Herausgeberin der Fachzeitschrift „EB“. Neben der Würzburger Synode bildet die Hirschberger Erklärung von 1992 eine wichtige konzeptionelle Grundlage der katholischen Erwachsenenbildung. Diese formuliert das spezifische Leitbild einer ganzheitlichen Erwachsenenbildung auf dem Hintergrund des christlichen Glaubens (Glaube) und Menschenbildes; Erwachsenenbildung trage dazu bei, das Recht auf Bildung zu sichern, und stelle als eigenständige vierte Säule des Bildungswesens eine öffentlich verantwortete Aufgabe dar.

Im Bereich der außerschulischen Kinder- und Jugendhilfe bestehen der Evangelische Erziehungsverband e. V., der 1920 als Evangelischer Reichserziehungsverband gegründet wurde und rund 500 Akteure der Jugendhilfe vertritt, sowie der Bundesverband katholischer Dienste und Einrichtungen der Erziehungshilfe e. V. Publikationen sind die „Evangelische Jugendhilfe“ und die katholischen „Beiträge zur Erziehungshilfe“.

Von Fachverbänden zu unterscheiden ist der 1885 gegründete Verein katholischer deutscher Lehrerinnen e. V. als Fachgewerkschaft im CGB. Vereinsorgan ist die „Katholische Bildung“. Neben Tarifpolitik liegt ein Schwerpunkt auf der Aufgabe berufsethischer Bildung.

2.2 Verbände und Laienvereinigungen

Katholische Verbände, die Bildungs- und Erziehungsanliegen vertreten, haben ihre Wurzeln im katholischen Milieu des 19. und beginnenden 20. Jh. (Katholizismus). Viele Bereiche des Alltagslebens wurden durch kirchlich gebundene Vereine (Verein) ausgeformt und an die Kirche gebunden, nicht selten in Abgrenzung von sozialdemokratischen oder freidenkerischen Vereinigungen. Ihr Organisationsgrad bewegt sich zwischen kirchlichen Lebensgemeinschaften auf der einen und kirchlichen Bewegungen ohne feste Vereinsstrukturen auf der anderen Seite. Vereine können sich z. B. berufsgruppen-, lebensformen- oder interessenbezogen herausbilden. Zusammengeschlossen sind diese i. d. R. im ZdK.

1920 – zur Blütezeit der Jugendbewegung, wie bereits der Name signalisiert – wurde die DJK als konfessioneller Sportverband unter wesentlicher Beteiligung von Prälat Carl Mosterts gegründet. Die christliche Botschaft soll als Maßstab und Orientierung für das eigene sportliche Handeln dienen. Seit 1992 verleiht der DJK-Sportverband alle zwei Jahre den Ethik-Preis des Sports für sportliche Fairness oder Arbeiten christlicher Sportethik. Die Mitgliedsverbände gehören zugl. den Landessportbünden und Fachverbänden der jeweiligen Sportart an.

Andere c.B. gründeten sich zu Beginn der Bundesrepublik neu, so bspw. die Katholische Elternschaft Deutschlands. Der Verband organisiert die bildungspolitischen Interessen (Bildungspolitik) katholischer Eltern, die sich für eine wertorientierte Bildung auf Basis des christlichen Menschenbildes in Kindertagesstätte und Schule einsetzen. Verbandsorgan ist das „Elternforum“. Zu nennen sind ferner Christliche Jugendverbände, die selbst wichtige Erziehungs- und Sozialisationsorte sind, wie auch die Christlichen Familienverbände.

Die KLB versteht sich als Bildungs- und Aktionsgemeinschaft, die aus christlicher Schöpfungsverantwortung einen ganzheitlichen Bildungsauftrag für Menschen im ländlichen Raum wahrnimmt und dörfliche Regionen zukunftsfähig erhalten will. Gleichzeitig engagiert sich der Verband aus christlicher Solidarität für entwicklungspolitische Anliegen (Entwicklungspolitik).

Auf evangelischer Seite werden bildungspolitische Anliegen häufig nicht von Verbänden, sondern von dauerhaften Arbeitskreisen oder Netzwerken kirchlicher Beauftragter und Fachstellen wahrgenommen. Ein Beispiel ist der Evangelische Dienst auf dem Land, der sich als Interessenvertretung des ländlichen Raumes gegenüber Staat, Gesellschaft und Kirche versteht.

2.3 Akademische Korporationsverbände

Eine Besonderheit des deutschen Kulturraumes ist das Korporationsstudententum (Studentenverbindungen), das sich der national gesinnten, nach Freiheit strebenden Bewegung des 19. Jh. verdankt, die sich in der Studentenschaft als Antwort auf Napoleon formierte. Als Bildungs- und Erziehungsgemeinschaften von Studenten und Alten Herren mit Studienabschluss fördern diese in ihren Reihen ein akademisches Bildungsideal, sittliches Verantwortungsgefühl und die Fähigkeit zur geistigen Auseinandersetzung. Durch umfassende Charakterbildung, politisch-ethische Bildungsarbeit sowie Einführung in die akademische Kultur und deren Wertigkeit soll der Einzelne geistige Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit erwerben, die zur Verantwortungsübernahme in Staat, Gesellschaft und Beruf wichtig sind. Zentral für den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Korporationen sind das Einüben gemeinsamer Regeln, das Ringen um gemeinsame Überzeugungen im freien Diskurs, die basisdemokratische Entscheidung im Convent sowie die Einbindung in eine gelebte Verantwortungs- und Wertegemeinschaft, die bei farbentragenden Verbindungen sichtbar nach außen gezeigt wird.

Christliche Verbindungen lehnen die Mensur als Erziehungsmittel ab. Erste nichtschlagende Verbindung war die bis heute bestehende, aus der Erweckungsbewegung erwachsene Christliche Studentenverbindung Uttenruthia in Erlangen (gegründet 1836).

Die Säkularisierung hatte das katholische Hochschulwesen hart getroffen, im Zuge der katholischen Emanzipation im zweiten Drittel des 19. Jh. bildeten sich eigene katholische Korporationen. Gegen kulturkämpferische Bestrebungen (Kulturkampf) wollten diese religiöses Prinzip und akademische Freiheit verbinden.

Unterschiede bestehen im konfessionellen Standpunkt. Fordern der überkonfessionelle Wingolfsbund oder katholische Verbindungen ausdrücklich ein konfessionelles Bekenntnis, erwarten der Schwarzburgbund oder verbandsfreie überkonfessionelle Verbindungen von ihren Gliedern allein die Orientierung an christlicher Ethik und Auseinandersetzung mit christlichen Positionen.