Bekennende Kirche

B.K. nannte sich während der Herrschaft des Nationalsozialismus der Teil der evangelischen Kirche, der sich gegen die Theologie der Deutschen Christen wandte und sich der nationalsozialistischen Gleichschaltung entzog. Die B.K. trat seit 1934 mit bekenntnisgemäßen Organisationsformen neben die von den Deutschen Christen beherrschten Leitungsorgane auf Reichs-, Landes- und Gemeindeebene und verstand sich als „rechtmäßige“ evangelische Kirche Deutschlands. Mit der Abwehr von Irrlehren und Gewaltmaßnahmen stellte sie den nationalsozialistischen Totalitätsanspruch infrage.

1. Gründung

Der national orientierte deutsche Mehrheitsprotestantismus begrüßte 1933 freudig das „Dritte Reich“. Viele erhofften sich durch den „nationalen Aufbruch“ auch eine Revitalisierung von Christentum und Kirche. Infolge landeskirchlicher Bereitschaft zu einem engeren Zusammenschluss sowie staatlicher Eingriffe wurde bereits im Sommer die Verfassung der DEK verabschiedet. Bei den im Juli in allen Landeskirchen durchgeführten Kirchenwahlen (Kirchliche Wahlen) erzielte die von der NSDAP und Adolf Hitler massiv unterstützte, 1932 gegründete Glaubensbewegung Deutsche Christen einen großen Erfolg. Auf der ersten Nationalsynode (Synode) am 27.9.1933 wurde der deutschchristliche Wehrmachtspfarrer Ludwig Müller zum Reichsbischof gewählt. Die Deutschen Christen übernahmen auch in den meisten Landeskirchen die Macht und veränderten die Kirchenstrukturen in ihrem Sinne.

Neben dem Willen zur Mitarbeit im NS-Staat fand sich unter Theologen und Laien aber auch die Überzeugung: „Kirche muss Kirche bleiben“. Gegen die Deutschen Christen formierte sich am 9.5.1933 eine theologisch heterogene Gruppe zur Jungreformatorischen Bewegung, die ein freies kirchliches Handeln ohne politische Beeinflussung forderte. Forciert wurde die Herausbildung einer innerkirchlichen Opposition durch die Schrift „Theologische Existenz heute!“ von Karl Barth. Darin plädierte der reformierte Theologe für eine Besinnung auf Bibel und Bekenntnis als zentrale Aufgabe der Kirche. Unter Berufung auf das Bekenntnis wurde fortan von oppositionellen Gruppen die rabiate Durchsetzung des Führerprinzips, bekenntniswidrige völkisch-religiöse Parolen sowie die Übernahme des „Arierparagraphen“ in das Kirchenrecht kritisiert. Gegen Letzteres formierte sich am 21.9.1933 unter Führung des Berliner Pfarrers Martin Niemöller der „Pfarrernotbund“, dem sich rund 7 000 Pfarrer anschlossen. Als der Reichsbischof Maßnahmen zur Zwangseingliederung von Landeskirchen in die DEK unternahm, trat die innerkirchliche Opposition am 22.4.1934 in einem Gottesdienst im Ulmer Münster und vom 29. bis 31.5. auf der ersten Reichsbekenntnissynode in Barmen als B.K. in die Öffentlichkeit.

Die B.K. wurde von zwei Kräften getragen: erstens von den drei „intakten“, d. h. nicht deutsch-christlich geführten Landeskirchen Bayerns, Hannovers und Württembergs, die sich gegen eine rechtlich-institutionelle Vereinnahmung der Kirchen durch das NS-Regime wandten und für die Wahrung des Bekenntnisses eintraten, sowie zweitens von den oppositionellen Bruderräten in den „zerstörten“ Landeskirchen, die auf eine Neubesinnung auf das evangelische Bekenntnis drängten. Während der erste Flügel der B. K., dem sich Bruderräte verschiedener „zerstörter“ lutherischer Landeskirchen anschlossen, entschieden lutherischen Bekenntnisses (Luthertum) war, war der zweite Flügel mehrheitlich uniert und von der „Wort-Gottes-Theologie“ K. Barths geprägt. Das gemeinsame Zeugnis der B.K. war die auf der ersten Bekenntnissynode verabschiedete Barmer Theologische Erklärung. Ihr Hauptverfasser war K. Barth, doch waren auch Lutheraner an der Entstehung des Textes beteiligt. In sechs Thesen wurde die Häresie der Deutschen Christen verworfen, der Totalitätsanspruch des Staates abgelehnt und Jesus Christus zur alleinigen Offenbarungsquelle erklärt. Auf der zweiten Reichsbekenntnissynode im Oktober 1934 in Dahlem wurde das „kirchliche Notrecht“ ausgerufen und damit begonnen, eigene bekenntniskirchliche Leitungsstrukturen aufzubauen. Am 22.11. wurde die erste Vorläufige Kirchenleitung der DEK berufen.

Eine große Zahl von Pfarrern wurde wegen ihres Einsatzes für die B. K. durch kirchliche und staatliche Stellen gemaßregelt. Seit 1935 erfasste die B. K. die Betroffenen in Listen und rief die Gemeinden zur Fürbitte in den Gottesdiensten auf.

2. Nach der Spaltung

Im Februar 1936 spaltete sich die innerkirchliche Opposition im Streit über die Zusammenarbeit mit staatlich eingesetzten Kirchenleitungen, den sog. Kirchenausschüssen. Neben der „gemäßigten“ Gruppe der intakten Landeskirchen und den lutherischen Bruderräten, die zu einer bedingten Mitarbeit an den staatlichen Maßnahmen bereit waren, bestand fortan eine „radikalere“ Gruppe unter Führung des Reichsbruderrates und der (zweiten) Vorläufigen Kirchenleitung, welche die Kirchenausschüsse nicht als Leitung anerkannten. Deren Mitglieder waren seit 1937 verstärkt Verhaftungen, Reise- und Redeverboten sowie kirchlichen Disziplinarmaßnahmen ausgesetzt. Die lutherischen Kirchen bildeten einen Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands als Vertretung der B.K. in ihrem Bereich. In den Gemeinden wurde die B.K. vielerorts vor allem von Frauen gebildet, in den Berliner B.K.-Gruppen lag deren Anteil bei rund 80 %.

Dem Kampf der B. K. für organisatorische Unabhängigkeit und bekenntnismäßige Identität korrespondierte kein breiter Protest gegen das NS-Unrecht. Einzelne regimekritischere Stellungnahmen kamen von der bruderrätlichen Minderheit. Zu nennen sind die Denkschrift der zweiten Vorläufigen Kirchenleitung an A. Hitler von 1936, die zur Ermordung des Kanzleileiters Friedrich Weissler führte, sowie die Bußliturgie für einen „Gebetsgottesdienst anlässlich drohender Kriegsgefahr“ von 1938. Der württembergische Bischof Theophil Wurm protestierte in Schreiben an Regierungsstellen gegen die Krankenmorde und die Judenvernichtung. Seit 1938 unterstützte die zweite Vorläufige Kirchenleitung, aber auch die bayerische Landeskirche das sog.e Büro Pfarrer Grüber, das rassisch verfolgten evangelischen Christen bei der Auswanderung half. Zu einem klaren öffentlichen Eintreten für die Juden, wie es die Berliner Lehrerin Elisabeth Schmitz bereits 1936 von der B.K. gefordert hatte, kam es nicht. Gründe hierfür waren ein traditionelles protestantisches Obrigkeitsverständnis, christlicher Antijudaismus und auch Antisemitismus, Angst vor eigener Verfolgung sowie ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein gegenüber Nichtchristen. Nur einzelne wie Dietrich Bonhoeffer gingen in den politischen Widerstand. Andere leisteten verfolgten Juden Hilfe.

In der Nachkriegszeit genoss die B.K. bei den Siegermächten und in der Gesellschaft hohe Reputation. Führende Mitglieder der B.K. setzten sich im Oktober 1945 für das Zustandekommen des sog.en Stuttgarter Schuldbekenntnisses ein. Versuche von Vertretern des Bruderrates, das Erbe der B.K. in eine kirchlich-dogmatische Einheit auf der Grundlage der Barmer Theologischen Erklärung zu überführen, scheiterten am Widerstand der Lutheraner. Die Ordnung der EKD von 1948 trug Kompromisscharakter. Die Erklärung wurde jedoch in die Bekenntnisschriften vieler Landeskirchen aufgenommen.

Die Historiographie zur B.K. lag zunächst in den Händen der Beteiligten. Eine historisch-kritische Forschung setzte erst in den siebziger Jahren ein. In jüngerer Zeit wurde auf Ambivalenzen der B.K. und ihre Defizite angesichts der NS-Verbrechen hingewiesen.