Beichte

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1. Beichte in der katholischen Kirche

Unter B. versteht man im eigentlichen Sinn das persönliche Sündenbekenntnis des Beichtenden vor einem Priester (B.-Vater) (Einzel-B.; Ohren-B.; zu unterscheiden vom „Allg.en Schuldbekenntnis“), im weiteren Sinn das Bußsakrament (Sakrament). Das persönliche Bekenntnis, das alle schweren Sünden vollständig umfassen muss (can. 960 CIC), zählt gemäß der Lehre des Konzils von Trient (1545–63) neben Reue, Bußwerk (Genugtuung) und Lossprechung (Absolution) durch einen mit B.-Befugnis (potestas iurisdictionis) ausgestatteten Priester (can. 966 CIC) zu den Wesenselementen des Bußsakramentes (De poenitentia: Denzinger-Hünermann Rdnr. 1667–1693; Conciliorum Oecumenicorum Decreta/deutsch III 702–709). Das Zweite Vatikanische Konzil hebt die ekklesiale Dimension des Bußgeschehens hervor und so die Verbindung der pax cum Deo mit der pax cum Ecclesia (LG Art. 11). Die liturgische Ordnung der B. enthält der Ordo paenitentiae von 1973, für den deutschen Sprachraum die im Anschluss daran erstellte Studienausgabe „Die Feier der Buße nach dem neuen Rituale Romanum“ (1974). Eine sog. Generalabsolution, d. h. die vor dem (nicht ohne) Einzelbekenntnis erteilte Lossprechung (cann. 961–963 CIC), bleibt im deutschen Sprachraum nach vorsichtiger Öffnung wegen Fehlinterpretationen auf die Situation der Todesgefahr beschränkt, obgleich einige Theologen Bußgottesdienste mit Generalabsolution befürworten. So bleiben Bußgottesdienste zwar eine Bereicherung der Bußpraxis, können aufgrund der tridentinischen Lehraussagen aber das Einzelbekenntnis nicht ersetzen.

2. Beichte nach evangelischer Lehre

Das ganze Leben des Gläubigen soll nach dem Willen Christi Buße sein. In diesem Horizont steht die B., die die 5. Bitte des Vaterunsers konkretisiert und aus dem Sündenbekenntnis (Schuld) und der Absolution besteht. Diese bildet keinen richterlichen Akt, sondern gehört zur Verkündigung des Wortes als Zuspruch der Vergebung; dieser und der Glaube des Beichtenden ersetzen auch eine Genugtuung. Der Verkündigungscharakter der Lossprechung ermöglicht auch den Verzicht auf ein vollständiges Sündenbekenntnis. Aufgrund des Priestertums (Priester) aller Gläubigen ist die Absolution nicht an einen ordinierten Amtsträger gebunden und kann sogar als sichtbares Zeichen entfallen (sog.e Herzens-B.). Neben dieser stillen B. kennt man die allg.e B. der Gemeinde v. a. in Verbindung mit dem Abendmahl (selten als eigene Feier). Der Versuch einer Wiederbelebung der von Luther hochgeschätzten Einzel-B. blieb ohne Erfolg. Das evangelische Verständnis der B. ermöglicht auch bes.e B.-Formen (z. B. Gruppen-B. in Gemeinschaften). Bei heutigen gesprächstherapeutischen Ansätzen sieht man einerseits die Vorteile einer psychotherapeutischen Gesprächsführung, betont aber andererseits die Aspekte der Bußgesinnung und des Freispruches Gottes, damit die B. nicht zu einem Beratungsgespräch ohne Glaubenshilfe wird.

3. Beichtgeheimnis

Die katholische Kirche schärft seit dem IV. Laterankonzil (1215) die absolute Wahrung des B.-Geheimnisses (zu unterscheiden vom Seelsorgegeheimnis; Seelsorge) nachdrücklich ein (Denzinger-Hünermann Rdnr. 814; Conciliorum Oecumenicorum Decreta/deutsch II 245). Diese Schweigepflicht schafft eine Basis des Vertrauens; zudem ist nicht der B.-Vater Zeuge, sondern Gott. Das B.-Geheimnis erstreckt sich auf jedwedes Wissen (Person, Inhalte), das im Blick auf die Spendung des Bußsakramentes erworben wurde (selbst wenn die Lossprechung unterblieb) und darf aus keinem Grund (auch nicht auf Verlangen des Beichtenden) und auf keine Weise (z. B. durch Andeutungen) gebrochen werden (cann. 983, 984 CIC). Daran gebunden sind auch alle, die auf irgendeine Weise Kenntnis aus einer B. erlangt haben (z. B. Dolmetscher, Mithörer). Das kirchliche Strafrecht sanktioniert sowohl den direkten als auch den indirekten Bruch des B.-Geheimnisses (can. 1388 CIC). Im ersten Fall trifft den B.-Vater die Exkommunikation, im zweiten Fall soll er je nach Schwere der Tat bestraft werden; für solche Fälle zuständig ist die Glaubenskongregation (Art. 4 § 1 Nr. 5 Normae de gravioribus delictis vom 21.5.2010, in: AAS 102 [2010] 419–430). Eine andere Person, die das B-Geheimnis verletzt, soll mit gerechten Strafen belegt werden. Johannes von Nepomuk (1350–1393) gilt als Märtyrer des B.-Geheimnisses. Auch das evangelische Kirchenrecht betont die Unverbrüchlichkeit des B.-Geheimnisses, zu dem alles zählt, was in Ausübung der Seelsorge anvertraut wird, doch sehen einige Autoren in sehr schwerwiegenden Fällen die Möglichkeit von Ausnahmen (v. a. Entbindung durch den Beichtenden). Das weltliche Recht schützt grundsätzlich die seelsorgliche Verschwiegenheit; das B.-Geheimnis fällt somit unter das „Berufsgeheimnis“ (Art. 9 Reichskonkordat). So kann kein Geistlicher (auch nicht mit Einwilligung des Beichtenden; der gegenteilige § 385 Abs. 2 ZPO ist insofern unwirksam) zu einer Zeugenaussage oder zur Anzeige von (drohenden) Straftaten (§ 139 Abs. 2 StGB) verpflichtet werden. Auch für einen nichtgeistlichen Gehilfen kann das Zeugnisverweigerungsrecht greifen (§ 53a StPO).