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Aktuelle Version vom 14. November 2022, 05:53 Uhr

1. Begriff und Entwicklung

Unter B. versteht man die durch religiöses oder weltanschauliches Verständnis geprägte Art der Entfernung eines menschlichen Leichnams und die Überführung an einen besonderen, hierfür bestimmten Ort (z. B. Friedhof), wobei dem Verstorbenen zumeist die „letzte Ehre“ erwiesen wird.

Abhängig von Völkern und Kulturen haben sich in der Religionsgeschichte mit Erd- und Feuer-B. (seltener mit einer Ausstellung von Leichnamen) verschiedene B.s-Formen entwickelt. Während man zunächst Verstorbene in der Erde, unter Steinen, in Höhlen oder Grüften, später in Holz- oder Steinsärgen bestattete, verbreitete sich schon in prähistorischer Zeit die Verbrennung (Einäscherung) des Leichnams und die Beisetzung der Aschenreste. Während diese bei Griechen, Römern, Kelten und Germanen weit verbreitet war, konnte sie sich bei den semitischen Völkern nicht behaupten; so galt den Juden (Judentum) die Erd-B. als gottgewollt, obgleich das AT die Leichenverbrennung nicht verbietet.

Die Christen (Christentum) haben seit jeher den Tod des Christen in enger Verbindung mit dem ihres Herrn gesehen. Seine Grablegung nach jüdischer Sitte und seine Auferweckung am dritten Tag bilden die zentrale christliche Glaubenswahrheit. In dieses Heilsereignis sehen sich die Christen durch die Taufe hineingenommen (vgl. Röm 6,3–5). Daher war für sie die B. in der Erde (oft im Umfeld der Kirchen) im Hinblick auf die Auferweckung des Leibes verbindlich, die Feuer-B. (mit Zerstörung des Leichnams) galt als typisch heidnisch, war aber zunächst nicht ausdrücklich verboten; erst Karl der Große belegte 786 die Leichenverbrennung mit der Todesstrafe.

Seit dem 16. Jh. erwachte durch Rückgriff auf die Antike das Interesse an der Feuer-B., wofür auch ästhetische, hygienische und ökonomische Gründe genannt wurden. Im Zuge der Französischen Revolution sowie in der 1848 von Frankreich ausgehenden Feuerbestattungsbewegung wollte man in aufgeklärtem Geist sich bewusst vom christlichen Auferstehungsglauben distanzieren. 1869 beschloss der internationale Freimaurerkongress (Freimaurer) in Neapel in gezielter Absetzung von der christlichen Lehre die Förderung der Feuer-B. („Der Religion des Kreuzes soll eine Religion der Urne entgegengesetzt werden“), 1904 wurde in Berlin der sozialistisch orientierte „Verein der Freidenker für Feuerbestattung“ gegründet. 1878 wurde in Gotha ein erstes Krematorium eröffnet.

Aufgrund der atheistischen Beweggründe verbot der Hl. Stuhl 1886 die Leichenverbrennung und den Beitritt zu entsprechenden Vereinigungen (Denzinger-Hünermann Rdnr. 3188 und Rdnr. 3195–3196). Entsprechend verwarf der CIC/1917 die Leichenverbrennung und untersagte die Umsetzung einer solchen Verfügung (can. 1203 CIC) außer im Notfall (z. B. bei Seuchengefahr; Denzinger-Hünermann Rdnr. 3680). Wer für sich eine Feuer-B. verfügt hatte, durfte kein kirchliches Begräbnis erhalten (can. 1240 § 1,5 CIC). Insofern eine antikirchliche Motivation zurücktrat und die Feuer-B. in anderen Kulturen üblich war, modifizierte das Heilige Offizium 1963 seine Position (Denzinger-Hünermann Rdnr. 4400): Zwar bleibt die Erd-B. nachdrücklich empfohlen, doch wird ein kirchliches Begräbnis nur dem verweigert, der die Feuer-B. in Ablehnung der christlichen Lehre gewählt hat.

Die evangelischen Landeskirchen gaben ihren Widerstand gegen die Feuer-B. bereits zu Beginn des 20. Jh. auf. Eine einheitliche Regelung der Feuer-B. im Deutschen Reich erfolgte mit dem Gesetz über die Feuer-B. vom 15. Mai 1934 (RGBl. I S. 380).

2. Geltendes kirchliches Recht

2.1 Katholische Kirche

Das kirchliche Begräbnis (exequiae ecclesiasticae), das dem Verstorbenen geistlichen Beistand erbittet, seinen Leib ehrt und den Lebenden Trost gibt (can. 1176 § 2 CIC) umfasst die Feier der heiligen Messe (Requiem, Seelenamt oder ähnliches), die Verabschiedung des Leichnams und die Beisetzung. Da jeder verstorbene Gläubige als Glied der Kirche ein Recht auf ein kirchliches Begräbnis hat (can. 1176 § 1 CIC), kann es nur solchen verwehrt werden, die das Gesetz eigens nennt: offenkundigen Apostaten, Häretikern oder Schismatikern, öffentlichen Sündern, denen das Begräbnis nicht ohne Ärgernis gewährt werden kann (bestimmte Tatbestände wie die Zugehörigkeit zu einer antikirchlichen Vereinigung werden nicht mehr genannt), Personen, die aus der christlichen Lehre widersprechenden Gründen die Feuer-B. verfügt haben (can. 1183 CIC) sowie nach staatlichem Recht aus der Kirche Ausgetretene (Allgemeines Dekret der Deutschen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt), sofern der Verstorbene nicht vor seinem Tod ein Zeichen der Reue gegeben hat. Ein Widerspruch der persönlichen Lebensführung zur kirchlichen Glaubenslehre (z. B. ungültige Zweitehe) allein ist kein hinreichender Grund, ebenfalls nicht eine Selbsttötung (Suizid). Muss ein kirchliches Begräbnis abgelehnt werden, haben Angehörige, die darum bitten, Anspruch auf seelsorgliche Begleitung (auch am Grab). Ein Recht auf ein kirchliches Begräbnis haben auch Taufbewerber (can. 1183 § 1 CIC; ähnlich ungetaufte Kinder: can. 1183 § 2 CIC); nichtkatholischen Christen kann es gewährt werden, wenn nicht ihr gegenteiliger Wille feststeht und ein eigener Geistlicher nicht erreicht werden kann (can. 1183 § 3 CIC).

Obgleich die Erd-B. aus theologischen Gründen nachdrücklich empfohlen wird, ist die Feuer-B. nicht mehr verboten (can. 1176 § 3 CIC). Der Umgang mit heute anzutreffenden B.s-Formen (anonyme und halbanonyme B.en, Verstreuen der Asche in der Natur, Aufbewahrung der Urne daheim, Weltraum-B., Diamant-B. usw.) – Ausfaltungen der Leichenverbrennung – richtet sich danach, aus welchem Grund diese gewählt wurden. Oft ist der Blick auf Angehörige oder die Grabpflege maßgeblich oder eine besondere Naturverbundenheit, also nicht eine (bewusst) antichristliche Gesinnung, die für eine Verweigerung nachzuweisen ist. Bringt eine B.s-Form eine solche Haltung (unbeabsichtigt, aber) deutlich zum Ausdruck, ist eine kirchliche Begleitung dieser Phase nicht möglich, was aber nicht die heilige Messe oder die Verabschiedung des Leichnams einschließt.

Die liturgische Feier regelt der Ordo exsequiarum von 1969, für den deutschen Sprachraum Die kirchliche Begräbnisfeier in den Bistümern des deutschen Sprachgebiets, 2009 bzw. Die kirchliche Begräbnisfeier. Manuale, 2012.

2.2 Evangelische Kirchen

Mit der B. geleitet die christliche Gemeinde ihre verstorbenen Glieder zur letzten Ruhe und nimmt sich der Trauernden an, indem sie die Hoffnung auf die Auferstehung der Toten bezeugt. Neben der Erd-B. ist die Feuer-B. ohne weiteres möglich. Die einst aus Gründen der Kirchenzucht eingeführte Möglichkeit des Versagens der kirchlichen B. kommt heute nur noch bei einem Kirchenaustritt in Betracht. Die evangelischen Landeskirchen regeln in ihren jeweiligen Ordnungen den Dienst der Kirche bei der B. (z. B. Leitlinien kirchlichen Lebens der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands von 2002, B.3; Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen in der Fassung von 1999, 2. Teil, VII).