Wirtschaftswachstum

1. Definition und Empirie

Das deutsche StabG von 1967 nennt als eines der vier Ziele des sogenannten magischen Vierecks „stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum“ (Sachverständigenrat 2018/19: 444). Mit Stetigkeit ist dabei die Glättung bzw. idealerweise Vermeidung von Konjunkturschwankungen (Konjunktur) gemeint, was Aufgabe der Stabilitätspolitik ist. Angemessenheit des W.s bezieht sich dagegen auf die durchschnittliche Zuwachsrate des realen BIP über einen längeren Zeitraum, welche man auch als Anstiegswinkel des Produktionspotentials deuten kann. Während früher ein hohes W. als Ausdruck zunehmenden materiellen Wohlstands verstanden und damit grundsätzlich positiv bewertet wurde, werden heute stärker der damit verbundene Verbrauch nicht-regenerierbarer Ressourcen sowie ökologische Folgelasten des W.s wie etwa die globale Erwärmung (Klimawandel) thematisiert.

Welches W. als angemessen gelten kann, hängt aber auch vom Ausgangsniveau des BIP und dem Bevölkerungswachstum ab. So wird man i. d. R. Entwicklungs- und Schwellenländern mit stark wachsender Bevölkerung ein höheres W. zubilligen als reifen Volkswirtschaften mit stagnierender oder rückläufiger Einwohnerzahl, da in letzteren meist bereits ein relativ hohes Wohlstandsniveau erreicht ist. Auch zwischen einzelnen Regionen innerhalb einer Volkswirtschaft gibt es oft große Unterschiede sowohl im Pro-Kopf-Einkommen als auch hinsichtlich des W.s, was Forschungsgegenstand der Regionalökonomik bzw. der New Economic Geography ist.

Empirisch zeigt sich, dass das W. tendenziell umso geringer wird, je höher das Pro-Kopf-Einkommen in der betreffenden Volkswirtschaft bzw. Region bereits ist. So wurden in Deutschland in der Nachkriegszeit anfangs zweistellige Wachstumsraten erzielt, während heute ein W. von 2 % bereits als hoch gilt. Diesen Zusammenhang bezeichnet man auch als bedingte Beta-Konvergenz. Er wird allerdings überlagert von zahlreichen anderen Faktoren, welche das W. beeinflussen, nicht zuletzt auch durch die jeweils betriebene Wirtschaftspolitik. Daher ist es keineswegs immer so, dass ärmere Regionen und Volkswirtschaften schneller wachsen als reichere und somit im Pro-Kopf-Einkommen aufholen (absolute Beta-Konvergenz). Selbst wo dies der Fall ist, vollzieht sich dieser Prozess meistens nur sehr langsam. Der Angleichungsprozess zwischen Ost- und Westdeutschland nach der Wiedervereinigung ist dafür nur einer von vielen empirischen Belegen. Gemäß der sogenannten Eisernen Regel der zwei Prozent verringert sich der Unterschied im Pro-Kopf-Einkommen zwischen armen und reichen Regionen im Durchschnitt um lediglich rund 2 % pro Jahr, d. h. es dauert 35 Jahre, bis er sich auch nur halbiert hat.

Weltweit war das W. pro Kopf in den ärmeren Ländern seit Beginn der 1990er Jahre im Durchschnitt stärker als in den reicheren Ländern, d. h. die globale Einkommensungleichheit ist geringer geworden. Maßgeblicher Grund dafür war die zunehmende Integration früher isolierter Länder in den Welthandel, u. a. durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die Öffnung Chinas. Allerdings hat sich zugleich die Einkommensungleichheit innerhalb der Länder eher verstärkt, was beides den Vorhersagen der Außenhandelstheorie entspricht. Zudem sind die Sorgen um eine mögliche Überforderung des Planeten durch das W. größer geworden. Nachdem sich die Erschöpfung natürlicher Ressourcen durch das W. bisher nicht bestätigt hat, steht dabei heute die globale Erwärmung als mögliche Folge des W.s im Vordergrund.

2. Ursachen

W. kann zum einen durch den Mehreinsatz von Produktionsfaktoren entstehen (extensives W.), zum anderen durch deren effizienteren Einsatz, etwa im Wege verstärkter Arbeitsteilung oder technischen Fortschritts (intensives W.). In ökonomischen Modellen und empirischen Untersuchungen werden diese Zusammenhänge meist durch Produktionsfunktionen dargestellt, wobei häufig eine Produktionsfunktion vom Cobb-Douglas-Typ Verwendung findet. Diese erklärt das Produktionsniveau und das W. mit nur drei Parametern, nämlich dem Einsatz von Arbeit und Kapital sowie dem technischen Fortschritt. Sie geht auf eine empirische Untersuchung von Charles Wiggins Cobb und Paul Howard Douglas aus dem Jahr 1928 zurück, die mit dieser relativ einfachen Funktion das W. in den USA recht gut erklären konnten. Ähnliche Produktionsfunktionen wurden aber auch schon vorher verwendet, u. a. von Johann Heinrich von Thünen und Knut Wicksell.

Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion ist linear homogen, d. h. sie impliziert, dass eine Verdoppelung des Einsatzes beider Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital auch eine Verdoppelung des Outputs bewirkt. Diese Annahme ist allerdings unrealistisch, wie die auf lange Sicht rückläufigen W.s-Raten entwickelter Volkswirtschaften zeigen. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der Begrenztheit anderer, natürlicher Produktionsfaktoren, insb. auch des Bodens. Man kann dem entweder durch explizite Einbeziehung absolut begrenzter Faktoren in die Produktionsfunktion Rechnung tragen oder alternativ unterlineare Homogenität der Produktionsfunktion annehmen. In beiden Fällen führt ein Bevölkerungswachstum zu tendenziell sinkendem Pro-Kopf-Einkommen, sofern die zunehmende Knappheit der natürlichen Ressourcen nicht durch technischen Fortschritt ausgeglichen bzw. überkompensiert wird. In der Realität ist letzteres allerdings bisher meistens der Fall gewesen.

Der Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit setzt sich aus der Zahl der eingesetzten Arbeitskräfte und deren durchschnittlicher Arbeitszeit zusammen, was in der Multiplikation das Arbeitsvolumen ergibt. Das Bevölkerungswachstum wird in der Theorie meist als exogene Variable behandelt, während es in der Realität selbst wiederum von anderen ökonomischen Variablen und institutionellen Voraussetzungen abhängt. So entsteht in wenig entwickelten Ländern oft ein Teufelskreis: Niedriges Einkommen und daraus resultierend geringe Sparfähigkeit der Bevölkerung begünstigen hohe Geburtenraten, da Kinder unter diesen Bedingungen oft die beste bzw. sogar die einzige Art der individuellen Altersvorsorge sind. Ein hohes Bevölkerungswachstum senkt gemäß der auf Robert Solow und Trevor Swan zurückgehenden neoklassischen W.s-Theorie aber wiederum das Pro-Kopf-Einkommen. Denn dann muss ein relativ großer Anteil der – ohnehin geringen – Ersparnis zur Schaffung neuer Arbeitsplätze verwendet werden und steht somit nicht mehr für die Erhöhung der Effizienz der vorhandenen Arbeitsplätze durch Steigerung der Kapitalintensität zur Verfügung. Erst wenn eine gewisse Entwicklungsschwelle überschritten wird, kann sich eine Volkswirtschaft aus dieser Falle befreien und ein autonomes W. in Gang setzen.

Während in der Theorie oft vereinfachend Homogenität der Arbeitskräfte angenommen wird, müssen in der Realität unterschiedliche Qualifikationen berücksichtigt werden. So kann man durch Bildung und Ausbildung das W. erhöhen, auch ohne den physischen Einsatz von Arbeitskraft zu steigern. In der Produktionsfunktion wird dies meist als sogenannter arbeitsvermehrender technischer Fortschritt abgebildet, d. h. die Effizienz der eingesetzten Arbeitseinheiten steigt in jeder Periode um einen bestimmten Prozentsatz. Während dies in einfacheren Modellen exogen geschieht, berücksichtigt die endogene Wachstumstheorie, dass für eine Erhöhung des Humankapitals i. d. R. wiederum der Einsatz knapper Ressourcen nötig ist. Damit wird aus dem ursprünglich originären Produktionsfaktor Arbeit ein reproduzierbarer Produktionsfaktor ähnlich dem Kapital, der durch entsprechende Investitionen vermehrt bzw. in seiner Effizienz gesteigert werden kann.

Im Unterschied zur Arbeit ist Kapital ein grundsätzlich reproduzierbarer Produktionsfaktor. Bei gegebener Sparquote wächst er bei wachsender Bevölkerung quasi automatisch mit, d. h. er hängt zum einen vom W. ab und begünstigt dieses zugleich Die Messung des Kapitalstocks ist sowohl theoretisch als auch empirisch ein schwieriges Problem, da seine Bestandteile sehr heterogen sind und zudem einem relativ raschen Alterungsprozess unterliegen. Entscheidend für das W. sind letztlich die jährlichen Nettoinvestitionen, welche man aus den Bruttoinvestitionen abzüglich der Abschreibungen erhält. Das Niveau der Bruttoinvestitionen wiederum hängt entscheidend von der gesamtwirtschaftlichen Sparquote ab, also vom Anteil der Ersparnisse am BIP. Nach der neoklassischen Wachstumstheorie führt eine Erhöhung der Sparquote jedoch nur vorübergehend zu einem stärkeren W. Langfristig ergibt sich dagegen nur eine Niveauerhöhung des Wachstumspfades, während sein Anstiegswinkel – die W.s-Rate – bei gegebener Produktionsfunktion allein vom Bevölkerungswachstum und der technischen Fortschrittsrate abhängt.

Der technische Fortschritt kann entweder an einen bestimmten Produktionsfaktor gebunden sein oder als faktorunabhängiger Anstieg des Niveauparameters in der Produktionsfunktion modelliert werden. Im letzteren Fall spricht man auch vom Anstieg der totalen Faktorproduktivität, welche als sogenanntes Solow-Residuum in der Dekomposition der einzelnen W.s-Faktoren auftritt. Empirisch ist die totale Faktorproduktivität in jüngerer Zeit die wichtigste Determinante des W.s in Deutschland gewesen, während der Faktoreinsatz selbst nur wenig zugenommen bzw. – im Falle des Arbeitsvolumens – teilweise sogar abgenommen hat.

Frühe Modellierungen des W.s betrachteten den technischen Fortschritt als exogenen W.s-Faktor, der gleichsam „wie Manna vom Himmel“ fiel. In der neueren W.s-Theorie wird er dagegen – ähnlich wie das Humankapital – als abhängig von entsprechenden Investitionen modelliert. Auch die institutionellen Voraussetzungen wie z. B. der Patentschutz (Immaterialgüterrecht) spielen eine Rolle dabei, wie stark das W. durch technischen Fortschritt getrieben wird. Umstritten ist, inwieweit eine aktive Industriepolitik das W. steigern kann. Schon im 19. Jh. hat der deutsche Ökonom Friedrich List dafür plädiert, das inländische W. durch sogenannte Erziehungszölle zu unterstützen, bis die heimische Wirtschaft stark genug für den internationalen Wettbewerb geworden sei. Ähnliche Argumente werden in der neueren Handelspolitik vertreten, bspw. was die gezielte staatliche Förderung von Schlüsselindustrien betrifft. Stärker wettbewerbsorientierte Ökonomen etwa der Österreichischen Schule der Nationalökonomie lehnen dagegen Versuche einer staatlichen Beeinflussung des W.s als „Anmaßung von Wissen“ (Hayek 1996) ab.

3. Optimales Wirtschaftswachstum

In langfristig orientierten Analysen wird W. meist als gleichgewichtiges, sogenanntes steady-state-Wachstum modelliert, in dem alle Variablen entweder konstant sind oder mit der gleichen Rate zunehmen. Schon Karl Marx hatte mit seinem Schema der „erweiterten Reproduktion“ (MEW 24: 492) (einer frühen Input-Output-Analyse) die Bedingungen dafür herausgearbeitet, dass im W.s-Prozess Angebot und Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern (Güter) stets ausgeglichen sind. Eine ähnliche Fragestellung liegt dem Harrod-Domar-Modell zugrunde, welches die keynesianische W.s-Theorie (Keynesianismus) begründete. Unter den – allerdings sehr restriktiven – Annahmen dieses Modells entspricht die gleichgewichtige W.s-Rate stets dem Produkt aus Kapitalproduktivität und Sparquote. Diese Gleichgewichtsbedingung ist aber in der Realität höchstens zufällig erfüllt und der W.s-Prozess gemäß dieser Theorie deswegen immanent instabil („Wachstum auf des Messers Schneide“). Andere keynesianische Theorien wie etwa das Hicks-Modell kommen zu weniger extremen Ergebnissen, bieten aber eine Erklärung der in der Realität auftretenden konjunkturellen Schwankungen des W.s an.

Typisch für keynesianische W.s-Erklärungen ist die Betonung der Nachfrageseite gegenüber den Produktionsbedingungen. Dabei wird häufig die These einer säkularen Stagnation vertreten, die ursprünglich auf den amerikanischen Ökonomen Alvin Hansen zurückgeht. Demnach bleibt in reifen Volkswirtschaften irgendwann die Konsumnachfrage hinter den Produktionsmöglichkeiten zurück, so dass mehr gespart wird als es rentable Investitionsmöglichkeiten gibt. In jüngster Zeit wurde diese These einer Sparschwemme (savings glut) u. a. von Ben Bernanke, Larry Summers und in Deutschland von Carl Christian von Weizsäcker als Erklärung für die niedrigen – teilweise sogar negativen – Zinsen wieder aufgegriffen. Während für eine einzelne Volkswirtschaft Exportüberschüsse ein mögliches Ventil für überschüssige Produkte und Ersparnisse sein können, scheidet diese Möglichkeit für die Weltwirtschaft als Ganzes naheliegenderweise aus. Zudem würden Exportüberschüsse das Problem nur auf Kosten anderer Länder lösen, was aktuell v. a. China und Deutschland vorgeworfen wird. Den einzigen Ausweg sehen die Vertreter der Sparschwemmen-These daher in einer Ausweitung der Staatsverschuldung, womit die privaten Ersparnisse in produktive Infrastrukturinvestitionen (Infrastruktur) gelenkt würden und so das W. quantitativ und qualitativ begünstigen könnten.

Diese Therapie wie auch die zugrundeliegende Diagnose einer Sparschwemme sind allerdings theoretisch und empirisch umstritten. Kritiker wie Stefan Homburg verweisen darauf, dass private Ersparnisse auch durch den Kauf von Grund und Boden oder von Edelmetallen absorbiert werden können, was zu steigenden Preisen auf diesen Märkten führt und so die privaten Vermögen erhöht. Zudem ist die das W. fördernde Wirkung staatlicher Defizitfinanzierung keineswegs gesichert, und die Ursache extremer Niedrigzinsen kann auch in einer zu expansiven Geldpolitik gesehen werden (sogenannte money glut bzw. Geldschwemmen-These). Vermittelnde Autoren wie etwa Hans-Werner Sinn halten es auch für möglich, dass an beiden Thesen etwas dran ist.

In der neoklassischen W.s-Theorie wird die Frage des wohlfahrtsoptimalen W.s-Pfades mit der langfristigen Maximierung des Pro-Kopf-Konsums verbunden, der wiederum entscheidend von der Sparquote abhängt: Naheliegenderweise ginge der Pro-Kopf-Konsum langfristig gegen Null, wenn gar nicht gespart würde, denn dann könnte auch nichts investiert werden und die Produktion bräche irgendwann zusammen. Andererseits wäre aber auch eine zu hohe Sparquote kontraproduktiv. Würde diese im Extremfall z. B. 100 % betragen, so wäre zwar die Produktion auf maximaler Höhe, aber der Konsum betrüge wiederum Null. Die den Konsum maximierende Sparquote muss also irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegen. Nach der zuerst von Edmund Phelps formulierten, sogenannten Goldenen Regel der Akkumulation entspricht sie dem Anteil des Kapitaleinkommens am Gesamtprodukt und wird genau dann realisiert, wenn der Zinssatz der Wachstumsrate der Volkswirtschaft entspricht.

Allerdings ist auch diese Regel nicht unumstritten, denn sie maximiert den Pro-Kopf-Konsum nur auf lange Sicht. Es müssen aber auch die Übergangsperioden beachtet werden, die man bis zur Realisierung der Goldenen Regel durchlaufen müsste. In der Realität liegt der Zinssatz meist über der Wachstumsrate, so dass ein Wechsel zur Goldenen Regel eine Zinssenkung und – daraus folgend – eine Erhöhung der Investitionen implizieren würde. Dadurch würde zwar der künftige Konsum gesteigert, aber in der Übergangsphase wäre Konsumverzicht zu leisten. Daher ist der Übergang zum W.s-Pfad der Goldenen Regel in diesem Fall nicht eindeutig Pareto-effizient (Pareto-Kriterium).

Anders wäre es, wenn in der Ausgangslage der Zinssatz die W.s-Rate dauerhaft unterschreiten würde. In diesem Fall läge sogenannte dynamische Ineffizienz vor, denn sowohl die Übergangsgeneration als auch alle künftigen Generationen könnten dann durch den Übergang zur Goldenen Regel bessergestellt werden. Allerdings ist theoretisch und empirisch umstritten, ob dynamische Ineffizienz in der Realität tatsächlich vorkommen kann oder ob nicht automatische Marktmechanismen dafür sorgen, dass der Zinssatz auf Dauer stets mindestens der W.s-Rate entspricht.

4. Kritik und Grenzen des Wirtschaftswachstums

Die Kritik des W.s setzt an drei Punkten an: Zum einen wird die These vertreten, eine kapitalistische Wirtschaft (Kapitalismus) sei zum W. verdammt, da sonst Arbeitslosigkeit und Absatzkrisen drohten. Zum anderen wird befürchtet, dass ständiges W. früher oder später die natürlichen Ressourcen überfordern werde. Zum dritten wird bezweifelt, dass materielles W. oberhalb bestimmter Schwellen tatsächlich noch die Wohlfahrt fördert. Aus dieser Kritik wird zumeist die Notwendigkeit staatlicher Eingriffe bzw. eines anderen Wirtschaftssystems gefolgert.

Der Zusammenhang zwischen W. und Beschäftigung wurde bereits von Arthur Melvin Okun thematisiert. Gemäß einem nach ihm benannten empirischen Gesetz erfordert eine Senkung der Arbeitslosenquote um 1 % ein W. von 3 % (3:1-Regel). Ohne W. würde dagegen nach einer weit verbreiteten Auffassung die Arbeitslosigkeit zunehmen, weil der technische Fortschritt die Freisetzung von Arbeitskräften zur Folge hätte. Dieser schon von David Ricardo vertretenen Freisetzungstheorie steht allerdings die Kompensationstheorie gegenüber. Demnach schafft der technische Fortschritt selbst W., da er die Realeinkommen erhöht. Es entstehen dann an anderer Stelle neue Arbeitsplätze, welche den Fortfall der durch den technischen Fortschritt obsolet gewordenen Arbeitsplätze kompensieren bzw. sogar überkompensieren. Zudem kann der technische Fortschritt auch für die Verkürzung der Arbeitszeiten eingesetzt werden, in welchem Fall kein W. für die Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung notwendig ist.

Die These einer Überforderung der natürlichen Ressourcen durch W. wurde v. a. durch den sogenannten Meadows-Bericht an den Club of Rome Anfang der 1970er Jahre populär, welcher die baldige Erschöpfung wichtiger Energie- und Rohstoffquellen voraussagte. Ähnlicher W.s-Pessimismus ist aber auch schon früher vertreten worden, so von Stanley Jevons, der im 19. Jh. die Erschöpfung der Kohlevorkommen befürchtete. Bereits 1798 hatte Robert Malthus sein berühmtes Bevölkerungsgesetz aufgestellt, wonach die Nahrungsmittelproduktion mit dem Bevölkerungswachstum nicht mithalten könne. Keine dieser Voraussagen hat sich allerdings bisher bewahrheitet. Vielmehr haben die Marktmechanismen (Markt) knapper werdende Ressourcen teurer gemacht und dadurch zu ihrem Minderverbrauch oder zu ihrer Substitution beigetragen. Bei Umweltgütern wie dem CO2 müssen solche Marktmechanismen allerdings erst künstlich geschaffen werden, um die Ressourcenintensität des W.s zu senken. Geeignete Mittel dazu sind z. B. die Besteuerung umweltbelastender Aktivitäten oder der Handel mit mengenmäßig begrenzten Emissionsrechten (Emissionshandel).

Die wohlstandsfördernde Wirkung materiellen W.s bei niedrigem Einkommen ist unbestritten, sie nimmt jedoch empirischen Untersuchungen zufolge bei steigendem Einkommen stark ab. Gemäß dem sogenannten Easterlin-Paradoxon sind Menschen in ärmeren Ländern teilweise sogar zufriedener mit ihrem Leben als in reicheren Volkswirtschaften. Daraus wird oft geschlussfolgert, dass das BIP als Ausdruck materiellen W.s kein geeigneter Wohlfahrtsindikator ist und durch andere Kennzahlen ersetzt oder zumindest ergänzt werden müsse. So soll insb. immateriellen Komponenten des W.s wie Gesundheit und Umweltqualität stärker Rechnung getragen werden. Allerdings sind die Ausgaben für Gesundheit und Umweltschutz durchaus bereits Bestandteil des BIP. Zudem ist das BIP empirisch hoch korreliert mit den meisten immateriellen Wohlstandskomponenten. Theoretisch erklärt sich dies u. a. daraus, dass reiche Volkswirtschaften sich mehr Ausgaben für Umweltschutz und Gesundheit leisten können. Auch die Präferenzen der Bürger verschieben sich bei bereits hohem materiellen Wohlstandsniveau in Richtung von mehr Umweltschutz und Gesundheit. Diese Befunde relativieren die Kritik am BIP als W.s-Indikator, die zuletzt auch wieder leiser geworden ist.