Gemeinde

  1. I. Geschichtlich
  2. II. Rechtliche Verankerung
  3. III. Gemeindedemokratie
  4. IV. Theologisch
  5. V. Kanonistisch

I. Geschichtlich

Abschnitt drucken

1. Begriff und europäische Verbreitung

G.n waren im alten Europa (1300–1800) fester Bestandteil der gesellschaftlichen und politischen Ordnung. Zu ihren definitorischen Merkmalen gehören das periodische, i. d. R. jährliche Zusammentreten der G.-Mitglieder zur Organisation des Alltags mittels verpflichtender Normen (Stadtrecht, Dorfsatzung) und eigene, die G. repräsentierende und ihre Beschlüsse vollziehende Verwaltungs- und Gerichtsorgane. Damit unterscheiden sie sich von einer zweiten verbreiteten lokalen Gemeinschaftsform, der Kirchen-G.; Territorial können sie sich decken, müssen es aber nicht. G.n verfügen über Besitz und Vermögen im weitesten Sinn (Allmenden, Wälder, Rathäuser u. a.). Zur Erfüllung ihrer Aufgaben können sie direkte und indirekte G.-Steuern erheben.

G. leitet sich ab von gemein, analog wurzelt communitas im lateinischen communis. Weiterbildungen dieser beiden Wörter sind in allen europäischen Ländern bekannt. Gemein und communis sind keine originär juristischen Begriffe, vielmehr sind sie zu vielen Formen von Gemeinschaft hin offen (Staatengemeinschaft, European Community, „die gmain“ [bayerisch], Pfarr-G.). Heute spricht man von G. vorrangig zur Bezeichnung von Stadt und Dorf (Land). G. hat somit einen ausgeprägt lokalen und räumlich begrenzten Bezug. G. in dieser Bedeutung bezeichnet seit dem Spätmittelalter ein Organisationsprinzip des öffentlichen Raumes, das neben bzw. an die Stelle von Herrschaft (Staat) tritt.

Die Organisation des Alltags über G.n verfolgte vorrangig den doppelten Zweck, Frieden zu schaffen und den Gemeinen Nutzen zu fördern. Insofern die G. sich als Friedensverband versteht (pax iurata), womit in ihrem Raum alle Formen von Gewalt (Fehde) delegitimiert werden, und weil sie ihre Ordnungstätigkeit über den Gemeinen Nutzen rechtfertigt, ist sie auch für die Zweckbindung des entstehenden frühmodernen Staates an Friedenssicherung (Landfrieden) und gemeinwohlorientierter Gesetzgebung (gute Policey, bonne police) wegweisend.

Am frühesten entwickelt sich die G. im Mittelmeerraum (11. Jh.), am spätesten in Skandinavien. Schwach ausgeprägt hingegen sind kommunale Formen in England und Russland. Kartiert man die Verbreitung der G., lassen sich drei Zonen ausmachen – eine mediterrane (Italien, Iberische Halbinsel, Südfrankreich), eine skandinavische (Norwegen, Schweden, Finnland) und eine kerneuropäische (Frankreich, Deutschland, Österreich, Niederlande, Schweiz). Sie unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, wie kommunales Recht (Kommunalrecht) geschaffen und weiterentwickelt wird. Die mediterrane Zone bedient sich vornehmlich des Gesetzes (ius statuendi), die skandinavische der Rechtsfortbildung aus dem Gericht (Urteil, Rechtsweisung) und die kerneuropäische entwickelt Mischformen aus beiden.

2. Historische Erscheinungsformen

G.n sind bis in die jüngste Zeit als Stadt-G. und Land-(Dorf-)G. getrennt und damit als unvergleichbar behandelt worden. Die Stadt gilt als Vorform und Laboratorium für die Moderne, das Dorf als rückständig und von adeliger (kirchlicher) Herrschaft durchdrungen. Indessen haben Dörfer und Städte viele Gemeinsamkeiten aufzuweisen, zumal für den G.-Begriff das wirtschaftliche Substrat (ortsgebundene Landwirtschaft, Fernhandel) bedeutungslos ist; die Unterschiede bestehen lediglich im höheren Grad der Differenzierung der Stadt-G. gegenüber der Land-(Dorf-)G. So bildet die Stadt i. d. R. neben dem Stadtgericht (lokalisierte Landgerichtsbarkeit) ein eigenes, für Übertretungen von städtischen Satzungen zuständiges Ratsgericht aus; auf dem Land hingegen sind oft mehrere Dörfer in einer Gerichts-G. integriert.

Die G. ist eine Form der Vergesellschaftung von Bauern bzw. Handwerkern, sie ist die politische Figuration des Standes der laboratores (neben Adel [bellatores] und Geistlichkeit [oratores]). Diese Vergesellschaftung erfolgte durch den Wandel der Arbeitsorganisation von einer auf den Herrenhof (Hofverband, Villikation) orientierten zu einer an das Haus gebundenen individuell-genossenschaftlichen Wirtschaftsweise einerseits und einer Siedlungsverdichtung in Form von Stadt, Markt, Dorf oder ähnlichen lokalen Verbänden andererseits. Stadt und Dorf unterscheiden sich von den alten Hofverbänden (manor, seigneurie) durch feste Grenzen, es sind territoriale, nicht allein personale Verbände. Nicht selten erfolgte in Europa der Übergang von der herrschaftlich geprägten städtischen (und dörflichen) Siedlung zur G. mittels einer coniuratio, durch die sich die Einwohner als moralische (Eid) und rechtliche Körperschaft (Ausbildung des Strafrechts als Ersatz für die Fehde) konstituierten (Eidgenossenschaft).

G. kann man auch beschreiben als formierten Verband von Häusern an einem Ort. An Häusern hängen die politischen Rechte der Bürger (Bürger, Bürgertum) und Bauern, die wirtschaftliche Tätigkeit ist an sie gebunden und auf ihnen lasten die Pflichten (Abgaben, G.-Fronen). Gemeindliche Ämter werden deswegen ausschließlich von den Vorständen solcher Häuser (Hausväter) wahrgenommen. Häuser und Arbeit, beides genossenschaftlich (Genossenschaften) organisiert (Landwirtschaft, Zunft), stiften Werte, die für Bauern und Bürger verbindlich sind (Frieden, Gemeiner Nutzen, Hausnotdurft/auskömmliche Nahrung, Gleichheit in rechtlicher Hinsicht).

Diese Merkmalsgleichheit von Stadt und Dorf wird heute gelegentlich als Kommunalismus abgebildet. Damit werden Stadt und Dorf einerseits gegen andere Korporationen (Universitäten, Zünfte u. a.) abgegrenzt, andererseits als wesensverschieden gegenüber Herrschaft erfasst. Diese wurzelt im Gebotsrecht des adeligen (kirchlichen) Herrn (dem Vorläufer von Jean Bodins Souveränität) und wird durch ihm verantwortliche Lehns- oder Amtleute verwaltet. G. und Herrschaft stehen in einem teils kooperativen, teils gespannten Verhältnis zueinander. Einerseits haben G.n mit den Königen und Fürsten und ihren Amtsträgern über viele Jahrhunderte in der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zusammengearbeitet. Andererseits kam es zu Hunderten von Unruhen und Aufständen im alten Europa, die in der G. ihr organisatorisches Zentrum hatten. Langfristig führte das zu einer stärkeren Integration der G.n in die herrschaftlichen bzw. staatlichen Verbände. Sie drückt sich einerseits darin aus, dass G.n in die Reichs- und Landtage vieler Königreiche (Spanien, Portugal, Frankreich, Schweden) und Territorien (Salzburg, Tirol, Vorderösterreich, Baden, Württemberg) einziehen und neben Adel und Geistlichkeit einen eigenen Stand (Kurie) darstellen, andererseits in der stärkeren Berücksichtigung kommunaler Beschwerden in der obrigkeitlichen Ausarbeitung guter Policey (Gesetzgebung und korrespondierender Verwaltung). Unter „empowering interactions“ (Holenstein 2009: 28) wird diese neue Sicht auf den frühmodernen Staat heute diskutiert. Dass darüber hinaus die horizontale Organisation des Politischen durch die G.n eine Affinität zum freistaatlichen Republikanismus aufweist (Eidgenossenschaft, oberitalienische Stadtstaaten) belegt anschaulich die Transformation der reichsunmittelbaren Hochstifte Chur und Sitten in die freien Republiken Graubünden und Wallis im Verlauf des 16. Jh., die jeweils Bünde von G.n darstellen. Auch die Republik der Niederlande seit dem späten 16. Jh. kann als ein Staat mit stark gemeindlicher Prägung gelten, ebenso manche Neuenglandstaaten wie Massachusetts. Kommunalismus kann so auch als Vorstufe und verwandt zum Republikanismus verstanden werden.

G.n können als primäre Form politischer Vergesellschaftung von Bürgern und Bauern gelten. Sie entstanden am Ende des Hochmittelalters, hatten ihre Blüte vom 15. bis zum 17. Jh. und wurden unter dem Absolutismus stark von der fürstlichen Gesetzgebung und Verwaltung überlagert. In Deutschland ist heute das Bestehen von G.n durch Landesverfassungen und das GG (Art. 28) gesichert. Prinzipiell unterstehen sie staatlicher Aufsicht, die in Europa generell weit in die Frühe Neuzeit zurückreicht. Aber auch die Grade heutiger kommunaler Autonomie (Rechtsetzungshoheit) belegen die großen Kontinuitätslinien. Gegen die deutschen Verfassungsjuristen, Georg Jellinek, Ernst Forsthoff und Carl Schmitt, hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass die G. nicht nur staatlich delegierte Rechte wahrnimmt.

3. Theorien

Seit dem 13. Jh. wurde eine eigene Korporationstheorie durch die Juristen ausgebildet, in der die communitas als Unterfall von universitas ihren Platz hat. Nicolaus Losaeus hat sie handbuchartig zusammengefasst und damit weit in das 17. und 18. Jh. hinein gewirkt.

Die Theologie der Reformatoren (Reformation) und ihre Zentrierung auf das G.-Christentum (Pfarrerwahl durch die G., Lehrentscheidung durch die G.) kann als Theorie zum steilen Aufstieg der kommunalen Autonomie im Spätmittelalter verstanden werden (G.-Reformation), obschon dem Christentum das „Element der Gemeindebildung“ (Maier 1996: 23), anders als den anderen monotheistischen Religionen, eigen ist. Namentlich der Calvinismus, der sich kirchenorganisatorisch weltweit am Modell von Genf ausrichtete, entwickelte eine Ekklesiologie, die in der Praxis stark an die politische G. gebunden blieb oder das Entstehen politischer G.n förderte (Hugenotten).

Johannes Althusius’ „Politica“ (1603) greift auf das korporationstheoretische und ekklesiologische Erbe Europas zurück; er hat Dorf und Stadt als Grundbausteine (conciatio publica) in sein Konzept von Staat eingebaut. Der europäischen G., im Besonderen Genf, der einzig bestehenden Stadtrepublik im Europa des 18. Jh. verpflichtet, ist auch Jean-Jacques Rousseaus „Contrat social“ (1762). Der Gesellschaftsvertrag wird willentlich und individuell geschlossen, in der Absicht, Sicherheit für Freiheit und Besitz herzustellen und das Gemeinwohl zu fördern. Der republikanische Staat J.-J. Rousseaus ist ein Gesetzgebungsstaat, der die Gesetze als Ausdruck internalisierter verbindlicher Normen und Werte (volonté générale) aller Bürger versteht, die auf periodischen Versammlungen durch Abstimmungen erfragt werden. Das kann man als Theorie zur spätmittelalterlichen coniuratio lesen. Das hier vorliegende Volkssouveränitätskonzept hat stark nach Frankreich (Verfassung 1791) ausgestrahlt, aber auch in andere Länder. Immanuel Kants Rechts- und Staatstheorie ist ohne J.-J. Rousseau nicht denkbar, nimmt jedoch dessen kommunalen Geist nicht auf. Anders der süddeutsche Liberalismus, der J.-J. Rousseaus Staatstheorie als G.-Theorie rezipiert in der Absicht, dem Staat über die Implementierung kommunaler politischer Kultur die obrigkeitlichen und bürokratischen Härten zu nehmen. Über Karl von Rotteck und Otto von Gierke reicht diese Tradierung bis Hugo Preuß (Art. 127 WRV), ja über ihn hinaus bis zu Theodor Heuß („Gemeinden sind wichtiger als der Staat“).

II. Rechtliche Verankerung

Abschnitt drucken

1. Staatsrechtliche Einordnung

G.n sind Gebietskörperschaften mit Selbstverwaltungsrecht im Zuständigkeitsbereich der Länder. Sie gehören zur mittelbaren Staatsverwaltung, weil der Staat seine Verwaltungsaufgaben hier nicht durch eigene Behörden erfüllt. Mitglied einer G. sind alle Bürger, die im G.-Gebiet wohnen. Die mitgliedschaftliche Struktur unterscheidet G.n von anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Anstalten, Stiftungen). Weil die Mitgliedschaft an den Wohnsitz geknüpft wird, spricht man von Gebietskörperschaften in Abgrenzung zu Personal-, Real- und Verbandskörperschaften. Da das Recht zur Selbstverwaltung verfassungsrechtlich verankert ist und sich nicht nur auf bestimmte inhaltliche Bereiche bezieht, sondern „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) umfasst, nehmen die G.n. im Rahmen der mittelbaren Staatsverwaltung eine Sonderstellung ein, die in der Trias „Bund, Länder und Gemeinden“ zum Ausdruck kommt. Für das BVerfG sind G.n. eine „Keimzelle der Demokratie“ (BVerfGE 79, 127, 149).

V. a. zur Aufgabenverteilung werden in den G.-Ordnungen der Länder verschiedene G.-Kategorien unterschieden. Am wichtigsten ist die Trennung zwischen G.n, die einem Landkreis (Kreis) angehören, und kreisfreien Städten. Innerhalb der kreisangehörigen G.n wird zumeist zwischen großen, ggf. auch noch mittleren Städten und sonstigen G.n differenziert (vgl. etwa § 4 GO NRW). Zusammenfassend wird von Kommunen gesprochen. Innerhalb der G.n gibt es vielfach örtliche Untergliederungen (Stadtbezirke, Ortschaften), die allerdings keine rechtsfähigen juristischen Personen sind. In den Stadtstaaten Hamburg und Berlin gibt es keine G.n. In Bremen sind die Städte Bremen und Bremerhaven eine „Gemeinde des bremischen Staates“ (Art. 143 BremVerf).

2. Garantie der kommunalen Selbstverwaltung

Die Wurzeln der kommunalen Selbstverwaltung liegen tief. Sie reichen in die germanischen dörflichen Gemeinschaften; der Begriff G. geht auf die gemeinsam genutzte Allmende zurück. Im Heiligen Römischen Reich gab es eine städtische Selbstverwaltung bis hin zu Reichsstädten oder gar Reichsdörfern. Die moderne Entwicklung nahm mit der preußischen Städteordnung von 1808 ihren Ausgangspunkt. Deren Schöpfer, Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein, kam es darauf an, den Bürgern „eine thätige Einwirkung auf die Verwaltung des Gemeinwesens beizulegen und durch diese Theilnahme Gemeinsinn zu erregen und zu erhalten“ (Preußische Städteordnung vom 19.11.1808). Dies rechtfertigt noch heute die Selbstverwaltung.

Nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG muss den G.n das Recht gewährleistet sein, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“. Entsprechende Gewährleistungen enthalten die Landesverfassungen. Garantiert wird nicht nur, dass es G.n mit Selbstverwaltungsrecht gibt („institutionelle Garantie“). Vielmehr vermittelt die Selbstverwaltungsgarantie den G.n auch ein subjektives Recht auf eigenverantwortliche Wahrnehmung ihrer eigenen Angelegenheiten („subjektive Rechtsstellungsgarantie“). Zu den „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ gehören „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben“ (BVerfGE 79, 127, 151 f.). Die G.n haben das Recht, bislang unbesetzte Aufgaben an sich zu ziehen. Zudem werden sie grundsätzlich vor einem Entzug von Aufgaben und – was zunehmend in den Blick kommt – gegen eine Zuweisung von Aufgaben geschützt, die die Spielräume selbstbestimmter Aufgabenwahrnehmung reduziert. Der Bund darf den G.n keine Aufgaben übertragen (Art. 84 Abs. 1 S. 7 und Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG). Die Eigenverantwortlichkeit betrifft das Ob, Wann und Wie der Aufgabenwahrnehmung. Über Selbstverwaltungsangelegenheiten können die G.n unabhängig von Zweckmäßigkeitserwägungen anderer Hoheitsträger entscheiden. Konkretisierend spricht man von „Gemeindehoheiten“, wozu etwa Organisations-, Personal-, Planungs-, Finanz- und Rechtsetzungshoheit zählen. Innerhalb gewisser Grenzen (vgl. etwa § 107 GO NRW) umfasst die Selbstverwaltungsgarantie auch wirtschaftliche Betätigung auf dem Markt.

Das Recht der Selbstverwaltung wird nur „im Rahmen der Gesetze“ garantiert. Einschränkungen sind durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes möglich (Gesetzesvorbehalt). Nach der Rechtsprechung des BVerfG darf dabei der „Kernbereich“ der Selbstverwaltungsgarantie nicht angetastet werden, in deren „Randbereich“ muss den G.n „hinreichender Spielraum“ bleiben (BVerfGE 91, 228, 240). Diese Judikatur überzeugt nicht, da nicht klar ist, was zum Kernbereich gehören soll, und welcher Spielraum im Randbereich noch hinreicht. Besser ist es, jeden Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht anhand des Verhältnismäßigkeitsprinzips (Verhältnismäßigkeit) zu überprüfen. Dagegen sollte man nicht einwenden, dass die kommunale Selbstverwaltung – anders als früher (Art. 184 Paulskirchenverfassung, Art. 127 WRV) – kein Grundrecht ist. Denn das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist auch im Rechtsstaatsprinzip (Rechtsstaat) fundiert und wirkt daher auch im Binnenbereich des Staates, soweit es hier subjektive Rechte gibt. Wenn es zu einer Aufgabenübertragung kommt, muss der Gesetzgeber zugleich Bestimmungen über die Deckung der Kosten treffen (sogenanntes Konnexitätsprinzip, vgl. etwa Art. 78 Abs. 3 NRWVerf).

In prozessualer Hinsicht wird die Selbstverwaltungsgarantie durch die Möglichkeit, gegen Beeinträchtigungen eine Verfassungsbeschwerde zu erheben (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG), ergänzt. Dass die Selbstverwaltung auch die „Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung“ umfasst, stellt Art. 28 Abs. 3 S. 3 Halbs. 1 GG klar. Gewährleistet werden die eigenverantwortliche Aufstellung, Feststellung und Ausführung der Haushalte und eine den Aufgaben angemessene Finanzausstattung. Die Finanzierung der G.n erfolgt durch Anteile am Steueraufkommen, Finanzzuweisungen der Länder und des Bundes sowie durch eigene Einnahmen (Steuern, Beiträge und Gebühren, Kreditaufnahmen, privatrechtliche Entgelte). Art. 28 Abs. 3 S. 3 Halbs. 2 GG verlangt eine „den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle“. Nach der grundgesetzlichen Finanzordnung kann sich diese Hebesatzgarantie nur auf den gemeindlichen Anteil an der ESt und USt (Art. 106 Abs. 5, Abs. 5a GG) sowie auf die GrSt und GewSt (Art. 106 Abs. 6 GG) beziehen. Das Hebesatzrecht darf im Kern nicht angetastet und nicht unverhältnismäßig beschränkt werden (BVerfGE 125, 141, 162 ff.).

Die Selbstverwaltungsgarantie schützt die G.n. nicht vor Rechtsakten der EU, da das Unionsrecht Anwendungsvorrang auch gegenüber dem nationalen Verfassungsrecht genießt. Allerdings hat die Union gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 1 EUV die „lokale Selbstverwaltung“ zu achten. Zudem erstreckt sich das Subsidiaritätsprinzip (Subsidiarität) des Art. 5 Abs. 3 EUV auch auf die „lokale Ebene“. Nach Art. 2 des EU-Subsidiaritätsprotokolls hat die Kommission umfangreiche Anhörungen durchzuführen, um der „lokalen Bedeutung“ der in Betracht gezogenen Maßnahmen Rechnung zu tragen. Die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes kann der Ausschuss der Regionen (der sich gemäß Art 300 Abs. 3 AEUV aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zusammensetzt) vor dem EuGH geltend machen (Art. 8 S. 2 Subsidiaritätsprotokoll).

3. Organisation

In der Organisation der G.n gab es früher erhebliche Unterschiede. Monistischen Systemen mit nur einem Organ – der unmittelbar gewählten G.-Vertretung (sogenannte Ratsverfassung) – standen dualistische Systeme mit einem zweiten Organ – entweder einem Kollegialorgan (Magistratsverfassung) oder dem Bürgermeister (Bürgermeisterverfassung) – gegenüber. Seit den 1990er Jahren stimmen die Kommunalverfassungen weitgehend überein. Überall gibt es zwei unmittelbar gewählte Hauptorgane: die G.-Vertretung und den Bürgermeister.

Die G.-Vertretung (G.-Rat, Rat oder Stadtverordnetenversammlung) repräsentiert die G.-Bürger. Dass das Volk in den G.n eine Vertretung haben muss, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist, hebt Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG hervor. Wahlberechtigt und wählbar sind alle G.-Bürger, einschließlich der ortsansässigen EU-Bürger (Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG, Art. 40 EuGRC). Im Rahmen einer Verhältniswahl muss man sich mal zwischen „starren Listen“ entscheiden, mal kann man Kandidaten aus anderen Listen übernehmen („panaschieren“) oder einem Kandidaten mehrere Stimmen geben („kumulieren“). Die G.-Vertretung entscheidet über alle Angelegenheiten der G., soweit nicht der Bürgermeister (oder ein anderes G.-Organ) zuständig ist. Im politischen Sprachgebrauch wird häufig von „G.-Parlament“ gesprochen. Diese Begrifflichkeit macht deutlich, dass die Vertretung auf unmittelbarer Volkswahl beruht und wie ein Parlament organisiert ist (freies Mandat, Ausschüsse, Fraktionen usw.) und arbeitet (Öffentlichkeit der Sitzungen, Mehrheitsprinzip etc.). Da die G.n Verwaltungsträger sind, ist die G.-Vertretung ein – freilich mit Rechtsetzungsbefugnissen (Satzung) ausgestattetes – Verwaltungsorgan.

Die Leitung der Verwaltung obliegt in fast allen Ländern einem unmittelbar gewählten Bürgermeister (nur in Hessen ist insofern der Magistrat als Kollegialorgan mit dem unmittelbar gewählten Bürgermeister als Vorsitzendem zuständig). Der Bürgermeister (in größeren Städten Oberbürgermeister) ist kommunaler Wahlbeamter auf Zeit. Er vertritt die G. nach außen, hat die Beschlüsse der G.-Vertretung vorzubereiten und auszuführen und erledigt die Geschäfte der laufenden Verwaltung. Rechtswidrige Beschlüsse der G.-Vertretung hat der Bürgermeister zu beanstanden; ggf. ist eine Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen (vgl. etwa § 54 Abs. 2 GO NRW). In Städten ab einer gewissen Einwohnerzahl gibt es neben dem Bürgermeister noch hauptamtliche, von der G.-Vertretung gewählte Beigeordnete mit einem eigenen, durch die G.-Vertretung und/oder den Bürgermeister festgelegten Geschäftsbereich. Der Bürgermeister als Chef der Verwaltung kann den Beigeordneten Weisungen erteilen. In einigen Ländern gibt es zwischen der G.-Vertretung und dem Bürgermeister auch noch Koordinationsgremien (Hauptausschuss, Verwaltungsausschuss, Verwaltungsvorstand, Stadtvorstand), die mit dem Bürgermeister, Beigeordneten, G.-Vertretern und evtl. noch sonstigen Bediensteten der G. besetzt sind.

Um die G.-Tätigkeit über die Wahl von Repräsentanten hinaus demokratisch zu legitimieren (und um den Einfluss der politischen Parteien zurückzudrängen), gibt es verschiedene Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger. Am weitesten geht der Bürgerentscheid, mit dem die Bürgerschaft an Stelle der G.-Vertretung verbindlich über eine Sachfrage entscheidet. Gegenstand eines zulässigen Bürgerentscheids legen die G.-Ordnungen fest. Über bestimmte Angelegenheiten – v. a. Entscheidungen über den Haushalt und staatlich zugewiesene Aufgaben – darf nicht auf diesem Wege entschieden werden. Ein Bürgerentscheid ist erfolgreich, wenn die gestellte Frage mehrheitlich bejaht wird und diese Mehrheit zugleich ein gewisses Quorum (25–30 % der Stimmberechtigten) erreicht. Unter welchen Voraussetzungen sich die G.-Vertretung über den Bürgerbescheid hinwegsetzen kann, ist unterschiedlich geregelt. Die G.-Verwaltung ist verpflichtet, einen Bürgerentscheid durchzuführen, wenn eine gewisse Anzahl von Bürgern (3–15 %) dies in einem Bürgerbegehren verlangt. Z. T. kann dies auch die G.-Vertretung beschließen. Weniger weit geht ein Bürgerantrag, mit dem die G.-Vertretung verpflichtet wird, eine Angelegenheit zu behandeln. Andere Beteiligungsrechte dienen nur der Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung: Bürgerversammlungen, Anhörungsrechte oder die Möglichkeit, gegen den Entwurf des Haushaltsplans Einwendungen zu erheben. Z. T. verlangen spezialgesetzliche Vorschriften eine Bürgerbeteiligung (vgl. für die Bauleitplanung § 3 BauGB, für die Genehmigung von Industrieanlagen § 10 BImSchG). Dies dient nicht nur der „Legitimation durch Verfahren“, sondern auch einem vorgelagerten Rechtsschutz.

4. Aufgaben und staatliche Kontrolle

Mit Blick auf die staatliche Kontrolle ist zwischen Selbstverwaltungsangelegenheiten „im eigenen Wirkungskreis“, die bloß einer Rechtsaufsicht unterliegen, und Auftragsangelegenheiten „im übertragenen Wirkungskreis“ zu differenzieren, bei denen es darüber hinaus eine Fachaufsicht (in Brandenburg und NRW „Sonderaufsicht“) über die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns gibt. Zu den Auftragsangelegenheiten gehören etwa Bauaufsicht und Pass- und Meldewesen. Hier verzichtet das Land auf eigene Behörden auf Ortsebene. Da die übergeordnete staatliche Behörde Weisungen erteilen kann, spricht man auch von Weisungsaufgaben. Bei Selbstverwaltungsangelegenheiten sind Weisungen unzulässig. Allerdings gibt es auch hier Pflichtaufgaben („pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten“) wie etwa Bauleitplanung, Feuerwehr oder Unterhalt von Schulen. Davon sind die freien Aufgaben („freiwillige Selbstverwaltungsangelegenheiten“) zu unterscheiden, die sich etwa auf Wirtschaftsförderung, öffentlichen Personennahverkehr oder „öffentliche Einrichtungen“ beziehen. Hier kann die G. nicht nur über das Wie, sondern auch über das Ob der Wahrnehmung frei entscheiden. Ein allgemeinpolitisches Mandat haben die G.n nicht. Stellungnahmen zu überörtlichen Fragen sind aber zulässig, wenn das G.-Gebiet konkret betroffen ist (vgl. zur Atomwaffenstationierung BVerfGE 8, 122; BVerwGE 87, 228 ff.).

Kreisangehörige G.n werden durch die unteren staatlichen Verwaltungsbehörden (Landrat/Landratsamt im Wege einer „Organleihe“ bzw. – in Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt – Landkreis als Auftragsangelegenheit zur Erfüllung nach Weisung) kontrolliert (zur Zulässigkeit der Kommunalisierung der Aufsicht BVerfGE 87, 331, 341 ff.). Die Aufsicht über kreisfreie (und ggf. auch größere kreisangehörige) Städte obliegt den Behörden der Mittelstufe (Regierungspräsident/Regierungspräsidium oder Bezirksregierung) bzw. dort, wo es keine Mittelstufe gibt (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein), den obersten Landesbehörden (Innenministerium). Hinsichtlich der Aufsichtsmittel ist zwischen vorbeugenden und nachträglichen Maßnahmen zu unterscheiden. Die präventive Aufsicht reicht von der Beratung über Anzeigevorbehalte (die eine sofortige Kontrolle ermöglichen) bis hin zu Genehmigungsvorbehalten (die rechtwidrige Akte durch eine Vorwegkontrolle verhindern); die repressive Aufsicht von der Beanstandung rechtswidriger Handlungen über die Anordnung von Maßnahmen bis hin zur Ersatzvornahme und zur Bestellung eines „Staatskommissars“. Soweit Aufsichtsmaßnamen Selbstverwaltungsangelegenheiten betreffen, kann die G. dagegen klagen. Bei Auftragsangelegenheiten kann gerichtlich nur geltend gemacht werden, dass die Maßnahme die Grenzen der Fachaufsicht überschreitet und die G. daher in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt. Im Übrigen erfolgt die Kontrolle der G.n allein im öffentlichen Interesse. Bürger haben keinen Anspruch auf Aufsichtsmaßnahmen, selbst wenn sie in ihren subjektiven Rechten betroffen sind.

5. Handlungsformen

Als Verwaltungsträger können die G.n. alle Handlungsformen des öffentlichen Rechts (Verwaltungsakt, Verwaltungsvertrag, Rechtsverordnung) und des Privatrechts nutzen. Besonderes Instrument ist der Erlass von Satzungen: „Gesetze im materiellen Sinne“, die sich von Rechtsverordnungen dadurch unterscheiden, dass sie von Selbstverwaltungskörperschaften erlassen werden. Beispiele sind die Hauptsatzung, die Haushaltssatzung, Abgabensatzungen, baurechtliche Satzungen (Bebauungspläne, Veränderungssperren, örtliche Bauvorschriften), straßenrechtliche Satzungen und Eigenbetriebssatzungen. Zuständig ist – der staatlichen Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung vergleichbar – die G.-Vertretung, die als unmittelbar gewähltes Kollegialorgan am stärksten demokratisch legitimiert ist. Satzungen können grundsätzlich nur in Selbstverwaltungsangelegenheiten erlassen werden. Bei Auftragsangelegenheiten bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Die „Rechtsetzungshoheit“ in eigenen Angelegenheiten beruht auf der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie. Soweit in Grundrechte eingegriffen wird, reicht eine generelle Ermächtigung (vgl. etwa § 7 Abs. 1 S. 1 GO NRW) nicht aus. Die „Wesentlichkeitstheorie“ erfordert spezielle gesetzliche Ermächtigungen, die Inhalt und Reichweite des Satzungsrechts vorgeben (vgl. BVerfGE 33, 125, 158; BVerwGE 90, 359, 362 f.).

Für Leistungen im Rahmen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen „Daseinsvorsorge“ gibt es vielfältige „öffentliche Einrichtungen“ (Schulen, Schwimmbäder, Museen, Theater, Alten- und Kinderheime, Obdachlosenunterkünfte, Bibliotheken, Krankenhäuser, Friedhöfe, Ver- und Entsorgungsbetriebe, Kirmesplätze, Parkanlagen, Sportplätze, kommunale Internetauftritte). Nicht dazu gehören öffentliche Sachen im Gemein- oder Verwaltungsgebrauch (Straßen, Verwaltungsgebäude) oder ausschließlich erwerbswirtschaftliche Betriebe. Aufgrund ihrer „Organisationshoheit“ können G.n zwischen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen (Regiebetrieb, Eigenbetrieb, Anstalt des öffentlichen Rechts) und privatrechtlichen Organisationsformen (insb. GmbH oder AG) wählen. Sie können zudem entscheiden, ob sie alle Anteile halten (Eigengesellschaft) oder mit Privaten oder anderen Verwaltungsträger kooperieren (gemischt-wirtschaftliche oder gemischt-öffentliche Unternehmen), ob sie Verwaltungshelfer einbeziehen oder einen Dienstleistungskonzessionär beauftragen (der seine Leistungen durch Entgelte finanziert). Auch das Benutzungsverhältnis kann öffentlich- oder privatrechtlich ausgestaltet sein. Nach den G.-Ordnungen sind alle Einwohner sowie Personen, die in der G. ein Grundstück besitzen oder ein Gewerbe betreiben, berechtigt, öffentliche Einrichtungen im Rahmen ihres Widmungszweckes zu benutzen (vgl. etwa § 8 Abs. 1 und 2 GO NRW). Auswärtige haben nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Bei Streitigkeiten gilt die sogenannte Zwei-Stufen-Theorie. Über die Frage, ob ein Zulassungsanspruch besteht, entscheiden die Verwaltungsgerichte (§ 40 VwGO). Wenn die Art der Inanspruchnahme auf der zweiten Stufe zivilrechtlich ausgestaltet ist, sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Falls eine privatrechtliche Einrichtung geschaffen wurde, hat die G. dem Einwohner eine Zugangsmöglichkeit zu verschaffen (Ingerenzpflicht). Im Übrigen können die G.n bei einem „öffentlichen Bedürfnis“ durch Satzung für bestimmte öffentliche Einrichtungen (Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Fernwärme, Friedhöfe und Schlachthöfe) einen Anschluss- und Benutzungszwang anordnen (vgl. etwa § 9 GO NRW).

6. Aufgabenwahrnehmung zwischen Gemeinden und Landkreisen

Ein Recht zur Selbstverwaltung haben auf kommunaler Ebene auch die Landkreise. Auch bei ihnen wird zwischen Selbstverwaltungsangelegenheiten und staatlichen Auftragsangelegenheiten unterschieden. Zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten gehören „übergemeindliche Aufgaben“ (Krankenhauswesen, Personennahverkehr, Straßenbau, Abfallentsorgung, Schaffung von Breitbandnetzen) sowie „Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben“, wenn eine einzelne G. nicht ausreichend leistungsfähig ist. Bei der „Hochzonung“ von G.-Aufgaben durch den Gesetzgeber ist zu beachten, dass eine „Aufgabe mit relevantem örtlichen Charakter“ den G.n „nur aus Gründen des Gemeininteresses“ entzogen werden darf, was v. a. dann der Fall ist, „wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre“ (BVerfGE 79, 127, 152).

III. Gemeindedemokratie

Abschnitt drucken

Nicht nur nach der Verfassung Bayerns (Art. 11 Abs. 4 BayVerf) dient die „Selbstverwaltung der Gemeinden […] dem Aufbau der Demokratie […] von unten nach oben“ und bilden die G.n die Grundlagen des Staates und des demokratischen Lebens. Städte und G.n sind zuvorderst soziale Gebilde. Seit altersher definieren sie sich aber im Prinzip erst durch die (auch bauliche) Organisation des Gemeinschaftslebens. Schon Pausanias zweifelte, ob man einen Ort Stadt nennen dürfe, „der weder Amtsgebäude, noch ein Gymnasion, noch ein Theater, noch einen Markt besitzt, nicht einmal Wasser, das in einen Brunnen fließt“ (Pausanias 1989: 211). Noch immer spricht viel für die Definition des Perikles: „Wir vereinigen in uns die Sorge um unser Haus zugleich und unsere Stadt, und den verschiedenen Tätigkeiten zugewandt, ist doch auch in staatlichen Dingen keiner ohne Urteil. Denn einzig bei uns heißt einer, der daran gar keinen Teil nimmt, nicht ein stiller Bürger, sondern ein schlechter, und nur wir entscheiden in den Staatsgeschäften selber oder denken sie doch richtig durch“ (Thukydides 1993: II 40). Zum einen weist die Historie auf die Moderne. Zum anderen verdeutlicht sie, dass die auf Autonomie und Autarkie beruhende soziale Organisation von Kommunen auch konstitutiv für demokratische Diskursprozesse, ökonomischen Erfolg, wissenschaftlichen Fortschritt und kulturelle Kreativität ist.

Durch Schutz der und Sicherheit in der historischen Stadt konnte sich individuelle Freiheit – wenngleich zunächst nicht für alle – entwickeln, die Voraussetzung ist für die oben genannten Entwicklungen. Da geht es um individuelle Autonomie, freiwillige Kooperation, intensive Kommunikation, Vielfalt der Kultur. Dieses Bild von der Stadt ist ein ganz anderes, deutlich weniger funktionales als das der Charta von Athen, bei der es um funktionale Stadtbeschreibungen (Wohnen, Arbeiten, Verkehr, Erholung) geht, die den sozialen Zusammenhang gelegentlich fast dekonstruieren.

Es ist auch ein deutlich weniger ökonomistisches Bild als das heute im kommunalen Diskurs über den „Konzern Stadt“ gepflegte, denn dort, wo aktuell im allgemeinen Mainstream der Totalökonomisierung unseres Alltagslebens Stadtpolitik definiert wird, klingt das gelegentlich wie eine groteske Minimalisierung städtischer Funktionen durch begriffliche Verbetriebswirtschaftlichung.

Kommunalpolitisches Leadership ist kein Schönheitswettbewerb möglichst vieler Managementfunktionen, sondern vielmehr die kontinuierliche Arbeit am Narrativ der jeweiligen Stadt. Zwar sind Kommunalpolitik und -verwaltung in Managementdisziplinen, also Fachpolitiken, organisiert. Diese machen indes noch keine Stadt aus, die in ihrer jeweiligen Unverwechselbarkeit Andockstation für Identität und Identifikation sein muss, um Menschen mit Kopf und Herz an sich zu binden. Das gelingt nicht von selbst. Tatsächlich ist das Verhältnis von Zumutungen und Verheißungen des städtischen Lebens oft sehr ungünstig. Im Alltag überwiegen die Zumutungen. Die allfälligen Ärgernisse einer Großstadt, resultierend aus dem Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum, wie Lärm, fehlendes Grün, beengte Wohnverhältnisse, Störungen durch mangelnde Rücksichtnahme, sind die gängigen Tagesordnungspunkte auf Bürgerversammlungen. Die Politik verstärkt diese, indem sie Infrastruktur- und Standortentscheidungen (Fußballstadien, Flughäfen, Straßen, Schienen, Logistikeinrichtungen) trifft, die (negative) raumbezogene Folgen auf die jeweilige Nachbarschaft haben.

Eine Großstadt ist nie ein „Harmoniemodell“, sondern allenfalls der Versuch, die allfälligen Konflikte unter Beachtung der „Goldenen Regel“ halbwegs ordentlich zu lösen. Warum aber gehen die Menschen nicht einfach fort aus der Stadt? Im stadtnahen Umland gäbe es womöglich konfliktärmere Umgebungen und billigere Grundstücke. Zunächst entfaltet das faktische urbane Angebot Bindungswirkung. Gleichwohl bestehen daneben noch immer Heimatgefühl oder Lokalpatriotismus, welche Menschen binden und unausgesprochene Akzeptanz oder zumindest Duldung von Entscheidungen erzeugen, die das allgemeine Wohl betreffen, über das individuelle hinaus.

Demokratie wird in Stadt und Gemeinde beim Ringen um die Gestaltung des Zusammenlebens und des öffentlichen Raumes sichtbar. Sie lebt und verändert sich. Sie bleibt schwierig, manchmal quälend langsam, stets kommunikativ kompliziert und im Ergebnis nicht immer fröhlich – aber ohne Alternative. Dort wo, wie es Jürgen Habermas formuliert hat, das Publikum nur gelegentlich und dann nur zum Zwecke der Akklamation einbezogen wird, ist die Demokratie gefährdet. Und dort, wo man vereinfachend annimmt, dass die volonté de tous automatisch zur volonté générale wird, dass also die Summe von Einzelmeinungen alleine das allgemeine Wohl (Gemeinwohl) definieren kann, auch.

1. Legitimationsbegrenzung repräsentativer Demokratie

Verstärkt gilt die Legitimation der repräsentativen Demokratie als begrenzt, wie speziell und häufig bei Stadtplanung und Stadtentwicklung zu registrieren ist. Auch populäre Politiker erleiden in einschlägigen Bürgerentscheiden Niederlagen, die heute aber nicht mehr das Ende ihrer Amtszeit einläuten. Ohne das Grundvertrauen in Amtsinhaber preiszugeben, wird ihre Gestaltungs- und Handlungsfreiheit eingegrenzt. Die Bürgerschaft „stört“ einerseits gerade bei Eingriffen im öffentlichen Raum die Planungszelle aus Politik und Fachleuten. Andererseits zeigt dies hohe Empathie für ihre Heimatstadt. Ohne diese gibt es keine lokale Demokratie.

Die Sphären von öffentlichem und dem privaten Raum vermischen sich mehr und mehr, z. T. verkehrt sich ihre Bedeutung. Einst galt der private Raum als Raum des Rückzugs, der Intimität, für andere unzugänglich. Heute löst er sich im Internet in millionenfacher Verbreitung des Privaten geradezu auf. Der öffentliche Raum, der Marktplatz in seinem soziologischen Sinn als Ort des Handels, der Kommunikation und des Diskurses über die aktuellen Fragen des Gemeinwesens wird besetzt, temporär privatisiert und mit Events zugestellt, deren kulturelle Qualität in aller Regel hinter dem jeweiligen Werbezweck weit zurückbleibt. Diese z. T. schamlose Aneignung verdrießt die Menschen völlig zu Recht. Schließlich geht es um ihre Stadt. Sie empfinden Shopping Malls und Urban-Entertainment-Centers nur als Fiktion des öffentlichen Raumes. Überall dort, wo das Bürgerrecht durch das Hausrecht ersetzt worden ist, ist der öffentliche Raum entschwunden.

2. Partizipation im Baurecht: Rechtssicherheit heißt nicht demokratische Qualität

Die verrechtlichten Partizipationsmöglichkeiten im Bau- und Planungsrecht erfüllen kaum noch demokratische Teilhabequalitäten. Sie dienen vielmehr meist nur der Herstellung der Rechtssicherheit für Planungen. Öffentliche Auslegung eines Bebauungsplans ist heute i. d. R. ein Fall für Spezialisten und Fachanwälte, die Nachbarn vertreten. Zwei Grundregeln für mehr Demokratie werden dadurch nicht einmal ansatzweise erfüllt: eine niedrige Zugangsschwelle zum Gegenstand der Entscheidung und die wenigstens halbwegs gegebene Repräsentativität der geäußerten Meinungen. Daraus folgt keinesfalls ein Plädoyer gegen solche Beteiligungsverfahren, sondern nur die Erkenntnis, dass diese baurechtlichen Normen nicht in der Lage sind, objektive oder vermeintliche Demokratiedefizite auszugleichen.

3. Direkte Demokratie in der Praxis

Die Bayerische G-Ordnung lässt Bürgerbegehren und Bürgerentscheide (Plebiszit) zu. Dennoch sind die meisten Kommunalpolitiker mit diesem Instrument bisher noch nicht warm geworden. Das gilt sowohl für die aus der Bevölkerung als auch die durch den Rat initiierte Variante. Erstere, das klassische Bürgerbegehren, setzt mindestens eine mengenmäßig relevante Empörung voraus, im erfolgssicheren Fall sogar eine Polarisierung der Bevölkerung. Um das Quorum eines Bürgerbegehrens zu schaffen, muss eine Entscheidung bürgerschaftliche Mobilisierung hervorrufen, die Menschen auf die Straße treibt, um Unterschriften zu sammeln, die Geld und Phantasie mobilisiert, um mit Aktionen auf das Thema hinzuweisen, und die ein Netzwerk von Aktivisten zusammenhält. Kommt es zum Bürgerbegehren, haben das politische Sensorium der Handelnden, das Frühwarnsystem von Parteien und Fraktionen und ihre Fähigkeit zur gesellschaftlichen Konfliktmoderation und -lösung versagt. Das Ratsbegehren als zweite noch unterbewertete Variante delegiert die Entscheidung bewusst an die Stadtgesellschaft zurück. Überwiegend sehen die Ratsfraktionen der Volksparteien darin ein Eingeständnis von Entscheidungsschwäche, gepaart mit der Befürchtung, einen Präzedenzfall für künftige Entscheidungsansprüche der Bürgerschaft zu schaffen.

Nach den traditionsreichen positiven Erfahrungen aus der Schweiz lassen sich Besorgnisse gegenüber kommunalen Bürgerentscheiden bei Beachtung einiger Voraussetzungen abschwächen: Zunächst muss sich ein Thema in eine geeignete Fragestellung kleiden lassen. Denn die Abstimmung ist immer eine Ja-Nein-Entscheidung. Die schwierigen Verflechtungen und Interdependenzen hochkomplexer Projekte lassen sich oft nicht ohne weiteres und in allgemein verständlicher Sprache in eine Alternative auf dem Wahlzettel reduzieren. Außerdem muss eine gesamtstädtische Betroffenheit herrschen. Konstellationen, in denen ein Ratsbegehren zwei Stadtquartiere gegeneinanderhetzt, während der unbeteiligte Rest der Stadt gelangweilt zusieht, haben weder demokratische Qualität, noch sind sie geeignet, zur Befriedung der Stadtgesellschaft beizutragen. Schließlich sollte ein Ratsbegehren artikulationsfähigen bürgerlichen Milieus möglichst nicht die Chance eröffnen, ihre Interessen gegen die anderer, sich traditionell eher zurückhaltend beteiligender Schichten durchzusetzen.

Auch bei Wahlen beteiligen sich die verschiedenen soziodemografischen Schichten different. Wahlen aber erteilen einen nicht ins Detail spezifizierten allgemeinen Gestaltungsauftrag, der zudem „Stellvertreterpolitik“ legitimiert, d. h. den Einsatz für nicht oder weniger artikulationsfähige Schichten. Direkte Demokratie hingegen trifft konkrete Entscheidungen im Einzelfall. So hat z. B. durch das Schulvolksbegehren in Hamburg (2008) eine bürgerliche Bildungsschicht mehrheitlich ein Schulsystem verhindert, das womöglich Verbesserungen für diejenigen gebracht hätte, die sich nicht beteiligt haben. Unausweichliches Schicksal aller Demokratie ist, dass Mehrheiten über Minderheiten entscheiden, Wahl-Mehrheiten nicht Bevölkerungsmehrheiten darstellen und jeder Entscheidung auch das Risiko des Irrtums innewohnt – bis hin zum kollektiven Erschrecken über ein Ergebnis, wie es die Schweiz nach der Entscheidung über den Bau von Moscheen erlebt hat.

Das alles spricht nicht gegen direkte kommunale Demokratie, sondern dafür, geeignete Themen auszuwählen, sie richtig vorzubereiten und einen gesellschaftlichen Diskurs darüber zu führen. Es spricht aber sicher gegen einen inflationären Umgang mit direktdemokratischen Instrumenten.

4. Veränderte politische Kommunikation

Fragen nach der demokratischen Qualität stellen sich auch im Blick auf die interaktiven Anwendungen im Netz. Dort hat sich eine Kommunikationskultur und -geschwindigkeit entwickelt, die herkömmlich aufgestellte Presseämter schwindelig macht und den bisher gepflegten Verlautbarungsstil der Politik auf eine harte Probe oder ganz in Frage stellt. Diese sozialen Netzwerke müssen bedient werden. Sie können einen Quantensprung in der politischen Kommunikation bedeuten, weil sie breite Bevölkerungsschichten jenseits der traditionellen Zeitungsleserschaft erreichen. Auch wenn die politisch Verantwortlichen mehrheitlich inhaltlich-stilistisch wie von den vorhandenen Ressourcen her entsprechende Kompetenzen noch entwickeln müssen, erscheint es eine der Hauptherausforderungen der kommunalen politischen Kommunikation der Zukunft zu sein, amtliche Mitteilungen mit den Regeln des Netzes in Einklang zu bringen. Das Netz ist ein gewissermaßen entörtlichter öffentlicher Raum. Doch kennt es auch Beschränkungen des Zutritts und der Interaktionsbeziehungen: kein grundsätzlicher Unterschied zum historischen öffentlichen Raum, zum Marktplatz; denn auch dort waren nie alle gleichzeitig und haben nie alle mit allen diskutiert. Die empirische Relevanz des öffentlichen Netzraums ist daher wohl nicht schlechter als die der klassischen Medien. Man wird der dort herrschenden public opinion aber nur dann gerecht, wenn man sie eben nicht für allgemeinverbindlich erklärt. Einen großen Unterschied gibt es allerdings: Der klassische öffentliche Raum unterliegt noch der Deutungshoheit der politischen Klasse; jedenfalls bestimmt sie – freiwillig oder unfreiwillig – dort noch die Agenda. Das Netz arbeitet und kommuniziert hingegen ungestört und unerhört vor sich hin. Viele aktive Kommunalpolitiker, insb. aber die von ihnen geleiteten Verwaltungen, stehen dem hilflos gegenüber, da ihre klassischen Kommunikations- und Reaktionsweisen ins Leere laufen.

Ein Partizipationsstaat ist ohne Netz nicht mehr denkbar. Auch kommunale Politik und Verwaltung müssen wohl oder übel im Netz den doppelten Boden des klassischen Verlautbarungswesens mit Darstellung und Gegendarstellung verlassen. Ein Problem ist, dass soziale Netzwerke ausnahmslos auf Privatdiensten wie Google oder Facebook fußen, ohne dass praktikable Alternativen zur Verfügung stünden. Damit verleihen Politik und Verwaltungen auch in den Kommunen diesen mit dem Datenschutz oft wenig verantwortungsvoll operierenden Unternehmen die Aura des Offiziösen und konterkarieren im Extremfall die eigene politische Botschaft.

5. „Betroffene zu Beteiligten machen“

Dieser alte Spruch der Sozialarbeit setzt voraus, dass eine Frage ernsthaft beantwortet worden ist: Wer ist im eigentlichen Sinn von einem Projekt betroffen? Sind es bei einer neuen Straßenbahnlinie nur diejenigen direkten Anwohner, die sich vom Lärm gestört fühlen, oder sind es nicht vielmehr alle potenziellen Nutzer? Beachtet man diese Frage konsequent, kann es gelingen, die Beteiligung vom Geruch des St. Floriansprinzips zu befreien. Dem Publikum wird damit aber auch Verzicht oder die Hinnahme von Zumutungen abverlangt. Partizipation kommt dann dem politischen Gestaltungsauftrag des Gemeinwesens sehr nahe; denn auch Stadträte müssen oft genug Zumutungen für einzelne Teile der Bürgerschaft beschließen, weil es das Große und Ganze erfordert. Beteiligung und Information gehören dabei eng zusammen, denn erst das Wissen um die Umstände ermöglicht es der Bürgerschaft, sich über ein Thema zu erregen, aber auch Einsicht in Fakten und Notwendigkeiten zu gewinnen.

6. Asymmetrische Verbindlichkeit

Die Möglichkeit zu verbindlichen Absprachen und Abmachungen ist sehr asymmetrisch verteilt. Die Stadt hat – wenn sie sich auf ein Verfahren oder ein Ergebnis eingelassen hat – die politische und moralische Verpflichtung, dazu zu stehen. Unorganisierte, spontan oder fest organisierte Öffentlichkeit muss das nicht, kann es oft auch nicht.

Bei den heute üblichen Verfahrensdauern und der Umschlagshäufigkeit in den Wohnquartieren bringt das erhebliche Probleme mit sich. In größeren Städten gibt es Quartiere, in denen sich die Bevölkerung zwischen zwei Wahltagen um 25–30 % verändert. Das kann bedeuten, dass der Politik ihr politscher Vertragspartner abhandenkommt und die neue Bewohnerschaft sich nicht als eine Art Gesamtrechtsnachfolger an einst gefundene Kompromisse gebunden fühlt. Mit dieser Unzulänglichkeit von offenen Partizipationsprozessen wird man leben müssen.

7. Regeln vereinbaren

Ein häufiger Grund für Frustrationen oder gar das Scheitern basisdemokratischer Beteiligungsprozesse ist das Fehlen einer klaren Geschäftsgrundlage. Politikverdrossenheit entsteht dann, wenn Partizipation vorgegaukelt wird, obwohl längst alles entschieden ist oder der in Verwaltung und Politik leider allzu häufig angelegte Sachzwangtrichter alles in eine Richtung lenken. Reichweite der (Mit-)Entscheidungsmöglichkeit, Verfahrensdauer, Verfahrensbeteiligte müssen vorher klar benannt werden. Die Menschen müssen wissen, ob sie mitentscheiden oder nur angehört werden, um die Grundlagen für eine Entscheidung an anderer Stelle zu verbessern. Rechtliche und fiskalische Zwänge sind klar zu benennen, denn in der Partizipationsdemokratie ist wie in der repräsentativen Demokratie das Leben kein Wunschkonzert.

Gute Politik betreibt hier Erwartungsmanagement. Dass die Bürgerschaft dabei gelegentlich das den Verantwortlichen in den Rathäusern sattsam bekannte „Leider geht’s nicht anders“-Gefühl kennenlernt, muss kein Schaden sein, wenn der Entscheidungsprozess auf der Basis klarer Regeln abläuft.

8. Repräsentativität

Alle Beteiligungsformen, die zu politischen Beschlüssen führen, sind auf ihre empirische Repräsentativität hin zu überprüfen. Die Qualität der demokratischen Repräsentation ist bei einem Stadt- oder G.-Rat, der z. B. nach bayerischem Wahlrecht durch Panaschieren und Kumulieren zusammengesetzt wurde, sehr hoch. Meist ist sie höher als die in anderen Beteiligungsprozessen. Am Ende erreichen wohl nur der Bürgerentscheid (bei hoher Beteiligung) und die nach allen Regeln der Kunst durchgeführte Sozialforschung eine vergleichbare Repräsentativität.

Gewiss sind auch die Wahrnehmungen von (Kommunal-)Politikern durch Parteioptik, persönliche Betroffenheit und konkrete Erlebnisse gefiltert, verzerrt, manchmal auch zufällig. Dies trifft aber für nicht repräsentative Online-Abfragen, Blogs und Leserbriefseiten in Lokalzeitungen zumindest gleichermaßen zu und stellt solange kein Problem dar, wie diese Wahrnehmungen nicht für allgemeingültig und verbindlich erklärt werden – was aber regelmäßig geschieht.

Politik ist – kraft Wahl – empirisch relevant, natürlich unter Berücksichtigung der Wahlbeteiligung. Bei Beachtung der genannten Kriterien, vermag das Ratsbegehren, richtig eingesetzt, die repräsentative Demokratie ergänzend zu stärken und könnte auf diese Weise dem Notwehrcharakter des Bürgerbegehrens die Spitze brechen – bei allen Bedenken, denen es begegnet.

Aber Demokratie und demokratische Kultur haben sich stetig verändert. Formale Autorität, wie gewählte Repräsentanten sie noch früher genossen, ist längst einem „gesunden“ Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den Regierenden gewichen. Zum neuen Bild von Politikern und Politik, zu einer Stadtpolitik im Dialog, passt es deshalb durchaus, die kommunale Ebene auch als Laboratorium zur Weiterentwicklung der Demokratie zu verstehen, potentielles Scheitern nicht ausgeschlossen, ganz im Sinne Max Webers: „Es ist ja durchaus richtig, und alle geschichtliche Erfahrung bestätigt es, dass man das Mögliche nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre“. Und, fügt er hinzu, „wer in diesem Kontext vor dem Risiko des Scheiterns versagt, wird nicht imstande sein, auch nur durchzusetzen, was heute möglich ist“ (Weber 1977: 67).

Die Kommune ist und bleibt Grundlage sich wandelnder und weiterentwickelnder Demokratie. So gesehen sind Stadt und G. – ihren alten Wurzeln folgend – auch ein Laboratorium für die (repräsentative) Demokratie.

IV. Theologisch

Abschnitt drucken

Begrifflich bezeichnet G. im Gefüge der katholischen Kirche eine spezifische religiöse Sozialform, die im historischen Längsschnitt und im synchronischen Überblick eine Vielzahl von interkulturellen Erscheinungsformen umfasst. Davon zu unterscheiden ist die politische G. (Kommune), die ihre Angelegenheiten subsidiär selbst regelt (Art. 28 Abs. 2 GG). Doch wurzeln religiöse und zivile Formen in einem gemeinsamen sprachlichen (lateinisch: com-munis, griechisch: koino-nía) und sachlichen Zusammenhang gesellschaftlicher Gemeinschaftsformen.

Soziologisch sind christliche G.n Einheiten auf der unteren von drei Ebenen, die schon in der formativen Periode des Christentums entstehen. Bis heute bilden die Ebenen der lokalen Orts-G., der diözesanen Ortskirche und der universalen Gesamtkirche die organisatorische und theologische Grundstruktur. Auf der Mikroebene ist die kanonistisch geregelte Territorial-Pfarrei (auch die Personal-Pfarrei) angesiedelt, von der es weltweit etwa 220 000 gibt; in Deutschland knapp 11 000 (2015). Auch wenn G. kein kirchenrechtlicher Begriff ist, wird seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Pfarrei meist als G. oder Pfarr-G. bezeichnet. Überdies finden sich auf der unteren Ebene eine Vielzahl untergeordneter oder nebengeordneter, wenig geregelter G.-Typen lokaler und überlokaler Art. Auf der Mesoebene befinden sich die Ortskirche (Diözese) unter bischöflicher Leitung, die ihrerseits durch Pfarreien untergliedert wird, sowie weitere Teilkirchen. Auf der Makroebene liegt die Gesamt- oder Universalkirche, welche die Gläubigen aller Vergemeinschaftungsformen umfasst; die Einheit garantiert der Bischof von Rom (Papst; LG 18). Die Ebenen bezeichnen keine soziale Schichtung, wohl aber aufbauende Sozialgebilde mit abgestuftem theologischem Rang.

Biblisch wurzeln die zentralen Sozialformen von Kirche/G. theologisch im einheitlichen Grundbegriff der ekklēsía (griechisch; Volksversammlung), wobei der christliche Sprachgebrauch auch an die griechische Übersetzung (LXX) der hebräischen qāhāl (Versammlung) anknüpft. Als Selbstbezeichnung ekklēsía (Versammlung) lebt Kirche oder G. mit der gemeinschaftlichen Betonung in den romanischen Sprachen fort (ecclesia, chiesa, iglesia, église), während germanische Sprachen (kirika) sachlich vom Haus ausgehen, das dem „Herrn“ (kyriakē) gehört (Kirche, church, kerk, kyrka).

Im NT umschreibt der Begriff der ekklēsía anthropologisch und theologisch bedeutsame Vollzüge des Kircheseins, ursprünglich die gottesdienstliche Versammlung (1 Kor 11,18). Strukturell verwirklicht es sich auf den drei Ebenen: auf der lokalen Ebene der im Haus versammelten G. (Phlm 1,2; Röm 16,5); auf der mittleren Ebene der dem Bischof unterstehenden Ortskirche in der Stadt (1 Kor 1,2; Gal 1,2); auf der oberen Ebene der Gesamtkirche. Letztere wird in der Körpermetapher der G. als Leib unter Christus, dem Haupt (Kol 1,18), veranschaulicht. So bildet die kirchliche Grundgestalt von Anfang an drei iterative Sozialformen heraus, die als Universalkirche, Diözese und Orts-G. jeweils im Teil das Ganze von Kirchesein verwirklichen und bei aller Vielfalt in der Einheit bleiben.

Geschichtlich entstehen im Lauf der Kirchengeschichte weitere Gestalten und Modelle von G. Dazu gehören die G. in der Fremde (paroikía) (1 Petr), die koinobitische Mönchs-G. der Wüstenväter und folgende monastische Modelle. Auf die Spätantike geht die spätere paroecia (Pfarre) zurück, der kirchliche Seelsorgebezirk. Im Rahmen des mittelalterlichen Pfarrsystems entstehen lokale Bruderschaften und Gilden, im Anschluss an die Konvente der neuen Mendikantenorden überlokale G.-Bildungen. An den „Kommunalismus“ der selbstverwalteten politischen G. im späten Mittelalter knüpft Martin Luther mit der „Gemeindereformation“ (Blickle 1987) an und verschiebt damit Lehre und Leitung exklusiv auf die untere Ebene der G. ohne Konnex mit dem kirchlichen Gesamtgefüge; das scheiternde Modell wird allerdings bald vom obrigkeitlichen Kirchenregiment abgelöst. In der Frühen Neuzeit entstehen kulturell und sprachlich neue Missions-G.n in Amerika und Asien (Mission). Das Konzil von Trient installiert das Standardmodell der Territorialpfarrei als Verwaltungseinheit; gemeindeähnliche Sozialformen wie kirchliche Vereinigungen und Personalverbände wirken im 19. Jh. vitalisierend.

Die Neuentdeckung der G.-Idee im 20. Jh. geht in der ersten Hälfte von Liturgischer, Biblischer und Jugendbewegung aus, die mit Volkssprache, G.-Aufbau vom Altar, laikalem Stundengebet und familialem Charakter („Pfarrfamilie“) nachhaltige Impulse geben. Die Kontroverse um das „Pfarrprinzip“ führt gegenüber der Dominanz der Pfarrei auch andere G.-Formen ins Feld.

Das Zweite Vatikanische Konzil führt in der zweiten Hälfte des 20. Jh. zu einem erneuerten Kirchenverständnis (Volk Gottes, Communio-Ekklesiologie), zur theologischen Aufwertung der Ortskirche, aber auch der Orts-G., die im Glauben sammelt und sendet. Deren Profil sieht das Konzil – in uneinheitlicher Terminologie – in der Repräsentanz der Kirche am Ort und in der Christuspräsenz in noch so kleinen Diaspora-G.n (LG 26). Pastoral bedeutsam sind ihr „dynamischer Ereignis-Charakter, im Vollzug sich immer wieder neu bildende Gemeinschaft, offene und darum missionarische Struktur“ (Lehmann 1982: 9). Typisch sind die drei Grundvollzüge von Verkünden und Bezeugen des Wortes Gottes; Feier des Gottesdienstes und der Sakramente; Ausübung caritativer Dienste (PO 6), die heute weltweit als Trias von Martyria, Leiturgia und Diakonia bekannt und ökumenisch anerkannt werden.

Nachkonziliar hatte die G.-Idee eine Blütezeit, in der man die Volkskirche auf dem Weg zur G.-Kirche sah. Die „Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland“ (1976) plädiert für den Wandel von einer pastoral versorgten zu einer lebendigen, selbstsorgenden G. und befürwortet untergliedernde Sozialformen wie Hauskirchen (LG 11), Personal-G.n, Familienkreisen, geistlichen Gemeinschaften und ähnliches. Der G.-Begriff schlägt sich nieder in der Bildung von Räten (Pfarr-G.-Rat) sowie in der Praxis der G.-Pastoral, G.-Katechese und G.-Caritas, nicht zuletzt in der hohen Zahl von Pastoral- und G.-Referenten (7 770), die mit dem Klerus (etwa 9 000) im G.-Dienst pastoral kooperieren. Inzwischen wird die G.-Form auch kontrovers diskutiert.

Weltkirchlich entstehen v. a. zwei neue Typen von vielgestaltigen Personal-G.n. Einerseits handelt es sich um lokale christlichen Gemeinschaften, wie die Small Christian Communities in Afrika und Asien und die in Lateinamerika beheimateten kirchlichen Basis-G.n (Comunidades eclesiales de base). Typisch sind stabiler lokaler Bezug, überschaubare Größe, Bibel-Teilen, (genossenschaftliche) Selbstorganisation, soziale und diakonale Fragestellungen sowie volksreligiöse Ausdrucksformen; sie erfahren kirchliche Wertschätzung, bisweilen auch Kritik (EN 58). Als gemeindebildend erweist sich ein in Afrika entstandener Asiatischer Integraler Pastoraler Ansatz, v. a. in den Kirchen des Südens. Andererseits entstehen, mehr von (Süd-)Europa ausgehend, neue und mobile Geistliche Gemeinschaften und Bewegungen. Sie sind stärker spirituell, aber auch sozial geprägt. International organisiert, agieren sie aufgrund ihrer Ressourcen oft in weitem Radius. Kirchlich sind sie unterschiedlich anerkannt. Überdies prägen charismatische, pentekostale und evangelikale Bewegungen weltweit christliche Vergemeinschaftungen.

Strukturwandel und Dynamik bringen Großpfarreien hervor, sei es durch Fusion (in Europa) oder durch Wachstum (Kirchen des Südens). Dies führt zum Bedeutungszuwachs untergliedernder G.-Strukturen. Die Pfarr-G. als bleibende Grundgestalt der unteren Ebene ist daher kontextuell zu gestalten und mit der Vielfalt interkultureller G.-Bildung diakonisch und spirituell zu verbinden, da der christliche Glaube auch in der säkularen Moderne die Gemeinschaft mit Gott und das Miteinander sucht und findet.

V. Kanonistisch

Abschnitt drucken

1. Begriff

Die christliche G. war Identifikationsort der Versammlung der Christen eines bestimmten Gebietes. Dieser erfuhr früh seine Weiterentwicklung zur Parochie (Pfarrei). Mit dem 3. Jh. bildet die Pfarrei die unterste Ebene der kirchlichen Strukturen in Abhängigkeit vom Bistum heraus (can. 515 CIC; can. 625 CCEO). Im Zuge der protestantischen Reformation entstand der Begriff der Kirchen-G., eine kirchenverfassungsrechtliche Umkehrung der katholischen Tradition. Dies galt insb. für die Frage der Kirchenverwaltung (kirchliche Verwaltung). Während die katholischen Pfarreien stets der Vigilanz des bischöflichen Stuhls in allen Angelegenheiten unterworfen waren, gestanden die Reformatoren den Kirchen-G.n, aufgrund des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen, weitgehende Autonomie, inkl. der Pfarrerwahl zu (WA 11: 408–416). Katholischerseits wurde daran festgehalten, die Diözesen in Pfarreien zu gliedern (Conc.Trid. Sess. XXIV: 13). Das Zweite Vatikanische Konzil wertete die G. auf, indem die „Orts-G.“ als „Vergegenwärtigung“ der Orts- und Weltkirche herausgestellt wurde (CD 26).

Kirchen-G. bezeichnet seit dem 20. Jh. nicht nur ein bestimmtes kirchliches Territorium, sondern auch die Gesamtheit der dazu gehörenden Personen. Seither sind auch nach katholischem Verständnis im deutschen Sprachraum Kirchen-G. und Pfarrei Synonyme. Mit den diözesanen Strukturreformen treten neben die Kirchen-G./Pfarrei neue Institutionen, die in die kanonischen Strukturen zu integrieren sind. Die Kirchen-G. ist Träger des Kirchenvermögens, soweit nicht traditionell andere kirchliche Rechtsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit existieren. Die Vermögensverwaltung obliegt dem Pfarrer (can. 532 CIC), der durch einen pfarrlichen VVR unterstützt wird. Der CIC akzeptiert abweichende Regelungen, die sich aufgrund der staatskirchenrechtlichen Normen und partikularer Gewohnheiten (can. 5) ergeben können. In Deutschland sehen die staatlichen und kirchlichen Gesetze vor, dass Laien beschließend an der Vermögensverwaltung mitwirken. Der Pfarrer ist als geborenes Mitglied des VVR nicht notwendig Vorsitzender. Aufgrund der unterschiedlichen Kompetenzen von kanonisch-rechtlichem VVR und Kirchenvorstand bzw. pfarrlichem VVR, beschreiben die Begriffe zwei unterschiedliche Institutionen.

2. Staatskirchenrecht

Im deutschen Staatskirchenrecht bezeichnet Kirchen-G., mit Geltung der WRV, die kleinste kirchliche Verwaltungseinheit mit Anerkennung als K.d.ö.R., Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 WRV. Staatsrechtlich geht es um die Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis v. a. in der kirchlichen Vermögensverwaltung. Dazu wird auf Ideen des deutschen Staatskirchentums und den protestantischen Begriff der Kirchen-G. zurückgegriffen. Beide haben die Rechtsentwicklung der WRV der Staatskirchenverträge beeinflusst. Art. 13 RK bestätigt den katholischen Kirchen-G.n (und weiteren kirchlichen Rechtsträgern) den Status einer K.d.ö.R., mit allen Rechten und Pflichten. Art. 13 RK enthält nicht nur eine Bestandsgarantie, sondern eröffnet auch neu zu errichtenden Kirchen-G.n oder Kirchen-G.-Verbänden diese Rechtsstellung. Diese Bestimmung des RK war erforderlich, weil die Länderkonkordate (Konkordat) mit Bayern (1924), Preußen (1929) und Baden (1932) keine entsprechende Regelung enthielten. Die evangelischen Kirchenverträge enthalten keine vergleichbare Regelung. Hier sind die Landeskirchen auf die verfassungsrechtlichen Bestimmungen verwiesen. Gleichwohl präsumieren die evangelischen Kirchenverträge das, was Art. 13 RK festschreibt. Daher kann man hier eine vergleichbare Bestandsgarantie annehmen. Das entspr. auch den Grundsätzen der Neutralität und Parität des Staates, Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 1 WRV.

Das österreichische Staatskirchenrecht kennt die K.d.ö.R. nicht. Jedoch erkennt es für den weltlichen Rechtsbereich die Rechtspersönlichkeit der kanonischen Rechtspersonen an. Hier bedarf es des Begriffes der Kirchen-G. nicht.

In der Schweiz besteht seit der Reformation die Besonderheit, dass den kantonalen Landeskirchen und örtlichen Kirchen-G. ein öffentlicher Rechtsstatus zukommt, der schwerlich mit dem kanonischen Recht (Kirchenrecht) vereinbar ist. Unter allen Rechtsträgern ist die Kirchen-G. neben der kanonischen Pfarrei der dominante staatliche Rechtsträger des Lebens in der Ortskirche. Hier kumulieren alle rechtlichen Kompetenzen, bis zur Auswahl und Präsentation der Seelsorger. Dem Bischof bleibt die förmliche Ernennung des Präsentierten. Nach dem schweizerischen Recht besteht ein strenges wohnortbezogenes Territorialprinzip.

3. Kirchengemeindeverband

Unter KGV wird im katholischen Kontext der rechtlich verbindliche Zusammenschluss mehrerer Kirchen-G.n (Pfarreien) in einem Seelsorgebereich oder anders bezeichneten pastoralen Raum verstanden. Der Zusammenschluss von Kirchen-G.n zu einem KGV ist von den beteiligten Kirchen-G.n beim Ortsordinarius zu beantragen. Über die Errichtung wird eine Urkunde ausgestellt. Der KGV bedarf als K.d.ö.R. der Anerkennung der zuständigen Landesbehörde. Die Errichtung eines KGV kann zum Jahresbeginn oder während des Haushaltsjahres erfolgen. Der KGV hat seinen Sitz in der betreffenden bürgerlichen G. (bei mehreren in einer davon). Für den KGV erlassen die zuständigen Ortsordinarien Satzungen und übertragen die Leitung einem Priester als leitendem Pfarrer. Die Satzungen der KGV variieren aufgrund der bischöflichen Gesetzgebungsvollmachten je nach Bistum. Zu den Kernaufgaben der KGV gehören Verwaltungsaufgaben, wie die Finanz- und Rechtsträgerschaft der pastoralen Kooperation der rechtlich selbständig fortbestehenden Kirchen-G.n, Anstellungsträgerschaft aller nicht pastoralen Dienste der Kirchen-G., Betriebsträgerschaft von eigenen Einrichtungen, Organisation und Finanzverwaltung der örtlichen Büros etc. Organ des KGV ist die Verbandsvertretung. Sie setzt sich zumeist aus jeweils zwei Mitgliedern der betreffenden Kirchenvorstände bzw. Verwaltungsräte der Kirchen-G.n zusammen. Die Beschlüsse werden mehrheitlich gefasst. Einstimmigkeit ist nicht erforderlich.

In den evangelischen Kirchen wird unter KGV eine kirchliche Vereinigung i. S. d. landeskirchlichen Kirchenordnung verstanden, die zugleich K.d.ö.R. ist. Der KGV versteht sich als Solidargemeinschaft aller ihm angeschlossenen Kirchen-G.n. Grundstücke und Gebäude stehen hier im Eigentum des Verbandes, der auch die Finanzhoheit besitzt. Der Verband ist Arbeitgeber für die Mitarbeitenden in den angeschlossenen Kirchen-G.n. Er wird von einem Verbandsvorstand geleitet, dessen Mitglieder von der Verbandsvertretung gewählt und mit den laufenden Geschäften betraut werden. Es ist nicht vorgesehen, dass ein Pfarrer die Leitung ausüben muss.